Mrz 26, 2021 04:52 Europe/Berlin

Am 13. des Monats Farwardin – des ersten Monats im  neuen iranischen Sonnenjahr ist im Iran der Tag der Natur und der krönende Abschluss der Noruz-Feiern. Wir werden in diesem Beitrag von der Geschichte dieses Tages und seinem Brauchtum  berichten.

 

                  

Der so genannte „sizdah be dar“ gehört zu den alten Bräuchen der iranischen Völker - es ist ein jährlicher Noruzbrauch am  13. des neuen Jahres – und dieser Tag  wurde in der Islamischen Republik zum „Tag der Natur“ ernannt. Die  Iraner verbringen ihn mit der Familie oder mit Freunden im Freien.

In der Antike gab es viele Feste im Iran und auch heute gehört das Feiern zur Kultur der Iraner. Die nationalen und religiösen Feste lassen die Hoffnung in ihren Herzen nicht erlöschen und die Menschen zusammenrücken.

Der gemeinsame  Brauch zum 13. Frühlingstag im Iran ist auch ein Symbol für die Einheit des Volkes, und vor allen Dingen auch für die Verbundenheit des Menschen mit der Natur. Viele alte Feste stehen in Verbindung mit der Natur und auch neue Feste – wie das internationale Fest anlässlich der Bekämpfung der Umweltverschmutzung, das vielleicht noch keine 2 Jahrzehnte alt ist. Der Schutz der Umwelt, der Gewässer und des Bodens und der Luft und der Artenvielfalt ist ein Anliegen der Iraner, das seit mehreren Tausend Jahren in ihrer Kultur verwurzelt ist. Aufgrund ihrer traditionellen und religiösen Gewohnheiten, vermeiden sie es bei einem Ausflug in die Natur Zweige abzubrechen  und der Pflanzenwelt durch Verschmutzung des  Wassers und des Bodens zu schaden und hässliche Spuren von sich in der Natur zu hinterlassen.   

 

 

Die antiken Traditionen haben im Laufe der Geschichte  den  Filter des Denkens und  Fühlens der Iraner passiert und sind bis heute erhalten geblieben. Jede von ihnen hat eine bestimmte Bedeutung. Der Sizdah be dar –Brauch bedeutet wörtlich soviel wie : am Dreizehnten das Haus verlassen - . Die ersten 12 Noruztage galten in der Antike als  ein Wahrzeichen für die „12tausendjährige Schöpfung“ und der dreizehnte Tag bildete den Abschluss der Noruzfeiern.

Auch heute noch finden sich Millionen von Iranern am 13. Farwardin gemäß dieser alten Sitte in der Natur ein, um danach wieder in den Arbeitsalltag zurückzukehren.  

Es ist zu sagen, dass in allen Noruzbräuchen der Iraner der tiefere Sinn der Zusammengehörigkeit steckt. Der Islam befürwortet und unterstreicht diese freundschaftliche Verbundenheit und verbindende Gemeinsamkeiten. Die Pflege des gemeinsamen Brauchtums beginnt schon einige Zeit vor dem Neujahrsfest mit dem großen Frühjahrsputz in den Häusern aller Bürger und endet mit dem gemeinsamen Treffen in der Natur. 

                       

Jeder Brauch aus der Vergangenheit beinhaltet viele  Geschichten. Über den Brauch von sizdah be dar der Iraner steht in vielen Quellen etwas geschrieben. Einige meinten es sei ein Glückstag und andere es sei ein Pechtag, weshalb  man  nicht zu Hause bleiben, sondern vor die Stadt ziehen sollte.

Der iranische Gelehrte  Abu Raihun Al-Biruni, der von 973 bis 1048  lebte,   hat,  viele  Jahrhunderte bevor eine Wissenschaft namens Ethnologie begründet wurde, auf diesem Gebiet Forschung betrieben. Er ist der Ansicht, dass die Zahl 13 in der Vergangenheit für die Iraner etwas Positives und eine Glückszahl war. In seinem Buch Al Baqiyah  (Buch der Hinterlassenschaften früherer Jahrhunderte) schreibt er über die Iraner in der Antike  und über die Tage im iranischen Jahr. Bezüglich  13. Farwardin, also den 13. Tag im ersten Monat des neuen Jahres, heißt es dort: „Die Iraner der Antike haben jedem Tag im Monat einen Namen gegeben und den 13. Tag jeden Monats nannten sie „Tir Ruz“. „Tir“ war der Name eines mächtigen Engels und eines großen hellen und günstigen Sterns.“

Also ist der Tir Ruz, nämlich der 13. Tag jeden Monats für die Iraner etwas Gutes und Gesegnetes gewesen. Außerdem heißt es in einer Erzählung der iranischen Mythologie, dass an einem solchen Tag, also am Tir Ruz,  und im Sommermonat Tir des iranischen Kalenders mit einem „Tir“ - einem Pfeil - aus dem Bogen des mythischen Helden Arasch  die Grenze zwischen Iran und  dem Nachbarland Turon festgelegt worden sei. Somit erinnert die Zahl 13 in der iranischen Kultur  an einen gesegneten Tag.   

 

Heute denkt wohl kaum noch einer, dass der 13. Farwardin Glück oder Pech beschert. Es ist einfach ein Tag, an dem die Menschen ihr Haus verlassen und in die Natur gehen, um gemeinsam ein paar frohe Stunden zu verbringen. Wenn die Corona-Epidemie vorbei ist und Sie einmal in den Iran zur Noruzzeit kommen und am 13. des Noruzfestes in einer der Städte Irans zu Gast sein sollten, werden sie sehen wie sich in den Parks und in der Natur die  Familien umeinander versammelt haben; wie einer von ihnen gerade ein Feuer herrichtet um Tee und Essen zu kochen, oder die Kinder ein Seil für eine provisorische Schaukel zwischen zwei Bäumen angebracht haben oder Ball spielen oder die jungen Mädchen zum  Spaß Grashalme zusammenknoten. Vom frühen Morgen an finden sich die Familien an einem grünen Plätzchen ein, und breiten dort eine Matte aus, um gemeinsam in der Natur einen Tee zu trinken und sich das Mittagessen zu teilen. Sie verbringen ein paar schöne friedliche Stunden miteinander und kehren bei Abenddämmerung  frohen Mutes heim.  Letztes Jahr ruhte diese schöne Sitte der Iraner wegen Covid 19 und auch dieses Jahr scheuen viele Familien wegen der Ansteckungsgefahr wie an anderen Tagen im vergangenen Jahr größere Versammlungen. Doch irgendwann  wird Corona zu Ende sein und dieser schöne Brauch aufleben. Wir sollten nun von den verschiedenen Speisen sprechen, deren Zubereitung für den 13. Farwardin und das Picknick im Freien üblich ist.

                             

Auch die Kinder genießen den Tag der Natur

 

 

Zum sizdah bedar oder besser gesagt zum „Tag der Natur“ gehören traditionell bestimmte Speisen. Jede Familie bringt Essen mit in die Natur oder es wird in der Natur wird gemeinsam ein Essen vorbereitet. Auch der Überschuss an Nüssen und Trockenfrüchte (Adschil), an Süßigkeiten und Obst, welcher von den Festtagen und der Bewirtung der Noruzgäste vorhanden ist, kommen mit zum gemeinsamen Picknick und zum Anbieten. Der Tag der Natur soll ein angenehmer Abschluss gemeinsam mit der Familie und den Verwandten, Freunden oder Bekannten sein.

In den westlichen  Gebieten Irans  sind „Kufteh“ ein beliebtes Mittagessen für das gemütliche Treffen in der Natur.  Kufteh sind Klöße aus Hackfleisch mit Reis und Kräutern in einer Soße. Sie werden gerne mit traditionellem Fladenbrot gegessen. Andere traditionelle Gerichte für diesen Tag sind Kräuterreis mit gebratenem Fisch oder die verschiedenen Arten von geröstetem Fleischhappen (Kebab). In einigen Teilen Irans ist es fester Brauch am Tag der Natur  Feldkräuter zu pflücken und damit eine Speise oder eine Asch (eine dicke Suppe) zuzubereiten.

    Überhaupt sind dicke Suppen mit Weizen- oder Gerste oder mit Suppennudeln besonders beliebt.  Auf dem Speisetuch, welches am 13. Farwardin in der Natur ausgebreitet wird, kommt auch Samanu oder Halwa zu stehen. Samanu wird aus Weizensprossen zubereitet und Halwa  mit Speisefett, Mehl, Safran,  Rosenwasser und Zucker. In der Provinz Süd-Chorasan im Osten Irans und in der zentral gelegenen Provinz Yazd nahe der Wüste werden extra für den Tag der Natur verschiedene Arten von Halwa vorbereitet. Als Zwischenmahlzeit wird ein Gefäß mit Kopfsalatblättern herumgereicht, welche, in Sekandschabin eingetaucht, sehr schmackhaft sind. Sekandschabin ist ein Sirup  aus Zucker, Essig und Wasser, der mit Pfefferminze seine besondere Geschmacksnote erhält.

Es ist ein traditioneller Brauch, dass das  Sabzeh vom Haft-Sin-Sofreh – also die ergrünten Sprossen vom Noruz-Fest-Tuch in die Natur mitgenommen  und ihr dort am Fluss oder an einem Bach zurückgegeben werden. Ein alter Brauch ist es Grashalme zusammenzubinden in der Hoffnung, dass Probleme gelöst werden. Dieser Brauch wird natürlich mehr oder weniger nur  noch zum Spaß betrieben, denn es ist ein Aberglaube.   

 

 

Aber dieses Jahr gelten   wegen Covid 19 für den  Tag der Natur wie im vergangenen Jahr Einschränkungen. Die Familien verbringen lieber den Tag der Natur auf der Terrasse oder auf dem Flachdach oder im Hinterhof oder der Wohnung. Denn Corona ist noch nicht zu Ende und die Übertragung dieses Virus muss weiterhin verhindert werden. Auch wir hoffen dass alle auf der  Welt  in  diesen Tagen dennoch eine gute Zeit verbringen und alles bald wieder besser sein wird.  

 

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