Interview mit Dr. Yavuz Özoguz
(last modified Wed, 13 Jun 2018 15:16:43 GMT )
Jun 13, 2018 17:16 Europe/Berlin

"...eine der wichtigsten Parolen beim Quds-Tag: "Juden, Muslime und Christen, Hand in Hand gegen Zionisten"

Interview auf YouTube: https://youtu.be/XO1GbVZHeDQ

ParsToday: Herr Dr. Özoguz, ich darf Sie ganz herzlich begrüßen zu diesem Interview.

Özoguz:  Assalamu Alaikum aus Deutschland.

 

ParsToday: Ja, vielen Dank. Herr Dr. Özoguz, von dem internationalen El-Quds-Tag sind inzwischen einige Tage vergangen. Trotzdem hat dieser Tag an Aktualität nicht verloren. Medien in Deutschland berichten weiterhin darüber und Sie gehörten zu den Organisatoren und  haben auch an dieser Kundgebung  teilgenommen. Deshalb möchte ich Sie als erstes fragen, wie die Stimmung dort war?

 

Özoguz: Also ich darf Sie korrigieren. Ich war nicht Organisator des Quds-Tages, sondern habe lediglich eine Fahrt dorthin aus der fernen Stadt Bremen und Umgebung organisiert. Und ich möchte Ihnen bevor ich auf den Quds-Tag eingehe,  nur vermitteln, wie im Augenblick die Stimmung hier in Deutschland eingepeitscht durch die Zionisten ist. Wir haben mehrere Städte, die dieses Jahr nicht mit dem Bus nach Berlin fahren konnten, darunter auch die Stadt Delmenhorst, aus der ich kommen, von der wir zwei Busse gestartet hatten. Dann die Busse aus Aachen, die wurden kurzfristig abgesagt. Aus München wurden Busse kurzfristig abgesagt. Alles durch den Einfluss der Zionisten, die großen Druck auf die Busunternehmen gemacht haben, so dass die Busunternehmen kurzfristig zurückgesteckt haben. Dennoch ist es uns und auch den Aachenern und auch anderen - Gott sei Dank -  gelungen,  nicht nur diejenigen, die sich für den Bus angemeldet haben alle nach Berlin zu bringen, sondern weil wir dann kurzfristig umgerüstet haben auf PKWs,  haben wir noch mehr Leute dahin gebracht. Die Folge war, der diesjährige Quds-Tag war seit - ich denke mal - mindestens 10 Jahren - der erfolgreichste aus muslimischer Sicht. Wir hatten eine Teilnehmerzahl von 2400. Lassen Sie sich nicht von den Zahlen, die in den Medien stehen,  irreführen. Das sind alles Zahlen, die nur das Ziel haben,  die wahre Teilnehmerzahl runterzudrücken. Wir haben genaue Zähler, die am Rand stehen und die Teilnehmer zählen und uns dann das mitteilen. Wir untertreiben nicht, wir übertreiben nicht, sondern sagen Ihnen die genaue Zahl. Es waren 2400 und damit fast doppelt so viel, wie letztes Jahr. Das hängt unter anderem natürlich mit der unglaublichen zionistischen Feindschaft zusammen, die sich in Deutschland den Weg bahnt. Aber es hängt natürlich auch mit den brutalen Ereignissen in Palästina zusammen, diese Massaker, die dort stattfinden. Die Einnahme ganz Jerusalems unterstützt durch die USA und vieles andere mehr. Jedenfalls, es war mit Abstand einer der erfolgreichsten Quds-Tage. Lassen Sie mich zum Quds-Tag noch etwas sagen. Es war ein sehr friedlicher Quds-Tag. Die Parolen, die Plakate, die Flaggen waren sehr diszipliniert. Und diesmal waren auch einmalig Flaggen verschiedener Länder dabei, die sich um die große Palästina-Flagge geschart haben. Flaggen aus der Islamischen Republik Iran, aus dem Libanon, Türkei, Pakistan, Syrien. Ich weiß jetzt nicht,  was ich da alles gesehen habe, sogar eine Europa-Flagge und ganz viele Deutschland-Flaggen waren dabei, die alle ihre Unterstützung ausdrückten,  für die Sache der Palästinenser, für die Befreiung der Palästinenser von 70 Jahren Unterdrückung. Und weil dieser Quds-Tag so groß und gleichzeitig so diszipliniert war, gab es ein Ereignis, was - Gott sei Dank -  die aufmerksamen Muslime zum einen verhindern konnten und zum anderen dann auch aufgedeckt haben. Es gab zwei ältere Leute, die mit einer Flagge der Islamischen Republik Iran extrem unflätig waren, Schimpfworte rumbrüllten und ein Auftreten gezeigt haben, das überhaupt nicht mit dem Auftreten eines Moslems - geschweige denn eines Anhängers der islamischen Befreiungstheologie -  im Einklang zu bringen war. Und das ist natürlich sofort, den Musliminnen und Muslimen aufgefallen. Und sie haben sie zur Räson gerufen und ihnen klargemacht, dass dieses Verhalten nicht OK sei. Aber das wurde aufgenommen und der eine oder andere von denen hat dann versucht,  mit der Flagge der Islamischen Republik Iran in Richtung der Zionisten zu marschieren,  um ein Krawall auszulösen. Die Orden haben sie festgehalten und sofort zurückgebracht. Nun das Ganze war so auffällig, dass wir dann im Anschluss, das Filmmaterial gesichtet haben und uns diese Dinge sehr genau angeschaut haben. Und einem Bruder ist es dann gelungen,  aus einem Filmmaterial aus dem Jahre 2016, also vor zwei Jahren bei einer Demonstration der Linken - ja, da ging es nicht um Muslime, da ging es um Linke, die für Palästina demonstriert haben, da waren auch keine Muslime anwesend - dass genau diese zwei Leute dort mit wiederum ganz anderen Flaggen aufgetreten sind und einige Juden verprügelt haben, um Krawall zu erzeugen. Und dann wurde sofort deutlich, das waren Eingeschleuste, von Zionisten eingeschleuste Leute, die nichts anderes vorhatten,  als Krawall zu erzeugen, damit die Medien darüber berichten können. Gott sei Dank ist es ihnen bei dieser Demonstration beim Quds-Tag nicht gelungen. Und wir haben das ganze aufgedeckt, haben es ins Internet gestellt. Ich habe gesehen, Sie haben den entsprechenden Artikel nun auch schon gebracht. Es ist sehr wichtig, dass wir auf solche Machenschaften des Zionismus hinweisen. Der große Erfolg dieses Quds-Tages hing auch damit zusammen, dass diesmal auch - vielleicht das erste Mal seit 10 Jahren - sehr viele islamische Gelehrte mit ihrer islamischen Gelehrtenkleidung dabei waren, vorne weggelaufen sind, zusammen mit den jüdischen Rabbinern, die zu Gast waren. Und so war das Ganze ein riesen Erfolg, ein so großer Erfolg, der zum zweiten Teil Ihrer Frage führt. nämlich zu der extremen Feindschaft, die die Medien derzeit gegenüber dem Islam und den Muslimen leider zeigen, insbesondere natürlich gegenüber den Teilnehmern an diesem Quds-Tag.

 

ParsToday: Herr Dr. Özoguz, gab es bei  dieser Kundgebung bzw. diesem Fußmarsch auch Redner, die sich auch zum Wort gemeldet haben?

 

Özoguz: Nun, der Fußmarsch startete mit einer Rede, in der es darum ging,  die aktuelle Lage zu beschreiben. Es gab zwischendurch einen Halt mit einer relativ kurzen Rede eines palästinensischen Gastes. Diese Rede in der Mitte auf der halben Strecke musste verkürzt werden, weil wir an dem Tag hier in Deutschland eine Rekordhitze von über 34 Grad in Berlin hatten, was zur Folge hatte, dass die besonders jungen Demonstranten, die  dort Schwierigkeiten hätten kriegen können, wenn wir stehen geblieben wären. So sind wir also weitergegangen. Und das Ganze startete traditionell am Adenauerplatz und endete am Wittenbergplatz. Und dort gab es dann auch noch einmal Reden, dieses Mal von den mitgelaufenen jüdischen Rabbinern. Und auffällig war, dass natürlich auch eine ganze Reihe von islamischen Gelehrten, deren Vereine auch in dem Dachverband IGS organisiert sind, und natürlich auch einige Gelehrte vom Islamischen Zentrum Hamburg (IZH) u.a. der Leiter der Islamischen Akademie Dr. Torabi dort anwesend war. Das wiederum hat jetzt dazu geführt, dass die Medien wirklich seit Tagen - wir haben ja nun schon Mittwoch, der Quds-Tag war am Freitag gewesen, in Deutschland ein Tag später am Samstag,  insbesondere die zionistisch-orientierten Springer-Medien,  gegen die Schiiten in Deutschland, gegen das IZH schießen. Dazu einige Beispiele: Sie versuchen z.B. die IZH aus der Schura Hamburg rauszuschmeißen. Sie machen einen riesen Druck auf die Schura Hamburg und sagen: Wer gegen Israel demonstriert, der verstößt gegen die Staatsräson Deutschland, sie wollen das Existenzrecht Israels nicht anerkennen und solange sie das nicht tun,  dürfen sie nicht in der Schura Hamburg sein, entweder muss die Schura Hamburg das Islamische Zentrum Hamburg rausschmeißen oder aber der Staatsvertrag wird auf Eis gelegt. Und da wird ein riesen Druck aufgebaut. Auf der anderen Seite wird über die Medien ein weiterer Druck aufgebaut, dass die IGS, der Dachverband, aus dem Beirat der Humboldt-Universität rausfliegen soll, die mitbestimmt wie und wo über den Islam gelehrt wird. Das soll auch nicht geschehen, solange dieser IGS nicht das Existenzrecht Israels anerkennt und sich eindeutig vom Quds-Tag nicht distanziert, was sie nicht getan haben,  bisher. Und so sehen Sie wie hier ein unglaublicher Druck aufgebaut wird, der natürlich auch mit der Islamischen Republik Iran zu tun hat. Die Boykott-Maßnahmen sind ja nun bekannt, die zwar noch nicht offiziell verkündet wurden, aber alle möglichen Firmen haben sich ja schon zurückgezogen von dort. Also es ist eine wirkliche Zuspitzung der Entwicklungen, die von den Zionisten gewünscht ist und von den hiesigen Medien ausgeführt wird. Die Schiiten täten gut daran, wenn sie sich unter dem Banner des Islam, unter dem Banner der Befreiungstheologie, die von solch einer Persönlichkeit, wie die Heiligkeit unserer Zeit Imam Khamenei angeführt wird, zusammenschließen würden. Denn der Druck hat wirklich enorm zugenommen.

 

ParsToday: Herr Dr. Özoguz, auch im Vorfeld des internationalen Quds-Tages gab es in den Medien große Diskussionen über den Sinn dieses Tages. Was haben die Muslime dagegen tun können oder haben sie etwas dagegen unternehmen können?

 

Özoguz: Nun es ist wirklich eine sehr,  sehr schwierige Situation, denn es treten hier alle möglichen Personen und Persönlichkeiten auf, unter anderem der neue Antisemitismus-Beauftragte der Stadt und der wollte nichts weniger als ein Verbot der Demonstration. Sie müssen dazu wissen, in Deutschland ist das Demonstrationsrecht ein Grundrecht, das  im Grundgesetz verankert ist. Und wer dazu aufruft, der will das Grundgesetz ändern, nur damit wir nicht gegen Israel demonstrieren können. Also was für ein Aufruf. Und gleichzeitig wurde eine ganze Reihe von Lügen erzählt. Wir sind dieses Jahr z.B. nicht über den Kurfürstendamm gelaufen, sondern über eine Parallele Strecke. Und im Vorfeld hieß es, es sei den Gegnern gelungen,  uns vom Kurfürstendamm abzubringen, das wäre immerhin schon einmal eine erste Maßnahme, weil im Kurfürstendamm wären wir zu nah an den Zentren der Juden. Das war ein absoluter Blödsinn, anders kann ich das nicht ausdrücken. Denn dieses Jahr viel halt der letzte Freitag auf eine Zeit, in der auf dem Kurfürstendamm seit mehreren Tagen die wohl europaweit größte Oldtimer-Show stattfand. D.h. der Kurfürstendamm war von einem Ende bis zum anderen Ende voll mit uralten Fahrzeugen und es wäre gar nicht möglich gewesen,  da durchzulaufen. Und das war der Grund für die Verlagerung auf eine Parallelstraße. Also es wird wirklich mit sehr unlauteren Mitteln gekämpft. Das ist ein grundsätzliches Problem, das die Muslime hier haben. Ihre Gegner dürfen lügen, sie dürfen jegliches Unrecht begehen. Sie dürfen sogar aufrufen, dass das eigene Gesetz auf den Kopf gestellt wird. Und wir als Muslime müssen mit unseren islamischen Idealen und mit unseren ethischen Werten natürlich immer auf dem Weg der Wahrheit und Wahrhaftigkeit bleiben. Und das ist ein sehr ungleicher Kampf, aber auf der anderen Seite verlassen sich die Muslime darauf, dass Allah sie schützen wird inshaallah. Jedenfalls ist die Grundstimmung in Deutschland im Monat Ramadan, der ja nun langsam zu Ende geht,  bezüglich Islam und Muslime nicht besser geworden.

 

ParsToday: Herr Dr. Özoguz, lassen Sie mich hier auch die Frage aufwerfen, in wieweit die Öffentlichkeit über diesen Tag informiert ist? Ist sie aufgeklärt darüber?

 

Özoguz: Nun die Öffentlichkeit weiß nur zwei Dinge. Das eine ist,  der Quds-Tag ist irgendwas mit Demonstrieren gegen Israel. Und das andere ist, das Ganze geht vom Iran aus. Und diese beiden Faktoren reichen aus,  um den gesamten Quds-Tag zu verurteilen. Denn Iran gilt hier leider als Pariastaat, als Ausgeburt des Bösen, selbst wenn man also äußerlich so tut, als wenn man diesen Atomvertrag irgendwie retten will,  von europäischer Seite. Das Ganze ist nur Heuchelei. Letztendlich faktisch wird man die Islamische Republik Iran im Stich lassen. Man wird es allein lassen und man wird die übelsten Boykottmaßnahmen, die jetzt zutreffen auch gewähren lassen. Und auf der anderen Seite ist natürlich jegliche Kritik und jegliche Information - selbst wenn sie wahrhaftig ist - über den Gründungsmythos Israels, der aus Unrecht stattgefunden hat, dass dieser Staat auf Vertreibung beruht und sobald die Vertreibung Ende hat, würde dieser Staat nicht existieren. All solche Informationen können Sie hier sagen so viel Sie wollen, die werden nicht ankommen, denn die zionistische Presse hält mit all ihrer Macht dagegen, insbesondere die Springer-Presse als Vorreiter des Zionismus in Deutschland. Und diese beiden Faktoren führen dazu, dass wir diesbezüglich wirklich einen schweren Stand haben. Aber lassen Sie mich bei all dieser Schwierigkeit, die ich auflistete, eine kleine Anekdote auch erzählen, wie offensichtlich selbst der Satan hilft, dass die Islamische Republik Iran auf dem Weg Gottes wandelt. Denn wie Sie wissen,  stehen wir nicht nur kurz vor dem Ende des Monats Ramadan, wir stehen auch am Anfang der Fußball-Weltmeisterschaften. Und neben all den traurigen Nachrichten kam dann auch in den deutschen Medien die Nachricht, dass die iranischen Fußball-Spieler wohl mehr oder weniger barfuß und ohne Kleider spielen müssten, weil ihr Sponsor bzw. ihr Einkleide,  nämlich die amerikanische Firma Nike aus Boykottgründen die Iraner nicht mehr ausstatten würde. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, haben sie alle sehr stark geschmunzelt und gelacht, denn es ist auf der einen Seite ein Skandal, anders kann ich das gar nicht ausdrücken, dass in der Islamischen Republik Iran ein Fußballverband existiert, der seine Ausrüstung ausgerechnet aus den USA kauft, als wenn es nicht hinreichend z.B. deutsche Ausstatter geben würde. Und ich denke mal Hosen und Shirts kann man auch in der Islamischen Republik Iran herstellen. Aber dass das dann eben von oberer Stelle, von Trumps Aktivitäten dazu geführt hat, dass endlich die Islamische Republik Iran auch in diesem Punkt dann gegenhalten muss, dafür waren wir richtig dankbar. Und so gesehen sind all diese Feindschaften, all das,  was im Augenblick geschieht, nur eine Chance für uns hier in Deutschland,  uns enger zusammenzuschließen. Was soll das mit diesem Staatsvertrag in Hamburg. Die Muslime haben nur Schaden davon. Die Muslime sollen sich zusammenschließen. Und dann werden sie inshaallah auch der Mehrheit der Bevölkerung, entsprechend Ihrer Frage, erläutern können, diese Massaker zu beenden und endlich zur Befreiung der Menschen dort beizutragen. Und entsprechend war auch eine der wichtigsten Parolen beim Quds-Tag: "Juden, Muslime und Christen, Hand in Hand gegen Zionisten". Und diese Parole werden wir sicherlich noch solange rufen, bis der Zionismus beendet wird.

 

ParsToday: Vielen Dank Herr Dr. Özoguz für diese Einschätzungen.

 

Özoguz: Vielen Dank aus Deutschland.

 

 

 

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