Hisbollah-Generalsekretär: Unsere Geduld ist nicht unbegrenzt
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ParsToday – Der Generalsekretär der libanesischen Hisbollah, Scheich Naeem Qassem, hat im Gespräch mit dem Fernsehsender al-Mayadeen die regionalen Entwicklungen sowie die Rolle Irans und des Revolutionsführers bei der Förderung der Ziele der Widerstandsachse erörtert.
(last modified 2025-07-12T08:47:57+00:00 )
Jul 11, 2025 18:14 Europe/Berlin
  • Hisbollah-Generalsekretär: Unsere Geduld ist nicht unbegrenzt

ParsToday – Der Generalsekretär der libanesischen Hisbollah, Scheich Naeem Qassem, hat im Gespräch mit dem Fernsehsender al-Mayadeen die regionalen Entwicklungen sowie die Rolle Irans und des Revolutionsführers bei der Förderung der Ziele der Widerstandsachse erörtert.

In einem ausführlichen Interview mit al-Mayadeen, das am Donnerstag ausgestrahlt wurde, äußerte sich Scheich Naeem Qassem zu verschiedenen Themen, darunter die Unterstützung des Gazakrieges, der Krieg in Libanon, die aktuelle politische und militärische Lage der Hisbollah sowie das Pager-Attentat und Entwicklungen im Zusammenhang mit Iran.

Laut ParsToday erklärte er: „Nach dem zionistischen Angriff auf Gaza wurde im Führungsgremium der Hisbollah eine Sitzung abgehalten. Daraus resultierte die Entscheidung, Gaza zunächst begrenzt zu unterstützen und die Entwicklungen zu beobachten, bevor eine endgültige Entscheidung getroffen wird.“

Er fügte hinzu: „Einige Wochen nach Beginn der Unterstützungsoperationen kamen wir zu dem Schluss, dass ein umfassender Kriegseintritt nicht erforderlich ist, da die angestrebten Ziele auch ohne einen solchen erreicht werden konnten.“

Als Ziele dieser Unterstützungsfront nannte der Generalsekretär unter anderem die Bindung zahlreicher israelischer Truppen im Norden, die Vertreibung der Siedler zur Erzeugung sozialer, wirtschaftlicher und sicherheitspolitischer Krisen sowie das Verursachen möglichst hoher Verluste unter israelischen Soldaten.

Hisbollah wusste nichts von der Operation „Al-Aqsa-Sturm“

Scheich Qassem betonte, dass es vor der Operation „Al-Aqsa-Sturm“ keine Koordinierung mit den palästinensischen Widerstandsgruppen gegeben habe: „Wir wussten nichts von dieser Operation und sind deshalb nicht in einen umfassenden Krieg eingetreten.“
Er sagte weiter, Hisbollah habe ein Schreiben von Märtyrer Mohammed Deif, dem Oberbefehlshaber der al-Qassam-Brigaden, erhalten, in dem bestätigt wurde, dass die Unterstützung der Hisbollah ausreichend sei, um die geplanten Ziele zu erreichen.

Qassem fügte hinzu, dass nach seinen Informationen selbst Teheran nichts von der Operation am 7. Oktober wusste – ebenso wenig wie einige Hamas-Kommandeure außerhalb Gazas.

Was geschah beim Pager-Anschlag?

Zum Thema der manipulierten Pager erklärte der Hisbollah-Generalsekretär: „Seit anderthalb Jahren bestand eine Sicherheitslücke im Zusammenhang mit dem Pager-Kauf. Die eingebauten Sprengsätze waren so beschaffen, dass sie mit den vorhandenen Mitteln nicht zu erkennen waren.“

Zwei Tage vor der Explosion seien verdächtige Anzeichen aufgetreten, darunter Hinweise auf eine Manipulation der Pager. Dies habe Israel veranlasst, seine Operation vorzeitig zu starten.
Laut Qassem befanden sich zudem 1.500 weitere präparierte Pager in der Türkei, die auf Bitten des libanesischen Übergangs-Premiers Nadschib Miqati an Präsident Erdoğan vernichtet wurden.

Er bezeichnete das Risiko menschlicher Infiltration innerhalb der Hisbollah angesichts der Überwachungs- und Drohnentechnologien des Feindes als sehr gering. Ein sicherheitsrelevantes Eindringen, insbesondere unter hochrangigen Mitgliedern oder inneren Führungskadern, habe es nicht gegeben. Sollte sich das Gegenteil beweisen lassen, werde dies öffentlich gemacht, betonte Qassem.

Reaktion der Hisbollah nach dem Waffenstillstand in Libanon

Mit Blick auf die fortgesetzten israelischen Angriffe auf den Libanon nach dem Waffenstillstand sagte Qassem: „Unsere Geduld ist nicht unbegrenzt.“
Er betonte zugleich, dass der anhaltende Druck die Hisbollah nicht zum Einlenken zwingen werde. „Hisbollah wird niemals kapitulieren.“

Der Generalsekretär wies darauf hin, dass sich die Bewegung derzeit in einer Phase der Stärkung befinde. Sollte Israel den Libanon angreifen, werde Hisbollah kämpfen.
Er reagierte auch auf zionistische Behauptungen, 500 Waffenlager der Hisbollah zerstört zu haben, und erklärte: „Sie sprechen nur vom Süden des Litani-Flusses – doch der Libanon ist groß, und ich möchte dazu keine weiteren Details nennen.“

Die Rolle Irans für die Standhaftigkeit des Widerstands

Qassem sprach über Irans Rolle während des Krieges und betonte, dass Teheran zu der Einschätzung gelangt sei, ein direkter Kriegseintritt würde unweigerlich zu einer Konfrontation mit den USA führen – ein Szenario, das ganz im Sinne Israels gewesen wäre.

Er fügte hinzu: „Daher war es besser, dass Iran sich nicht direkt beteiligte, sondern seine finanzielle, militärische, politische und mediale Unterstützung fortsetzte – ein entscheidender Beitrag zur Standhaftigkeit unseres Volkes und der gesamten Widerstandsachse.“

Qassem unterstrich zudem, dass Ayatollah Khamenei, Irans Revolutionsführer, die Entwicklungen in Gaza und Libanon täglich verfolge und regelmäßig Berichte erhalte. Seine Aufmerksamkeit und Anteilnahme seien außergewöhnlich.

Hisbollahs Haltung zur Lage in Syrien

Der Generalsekretär betonte, dass die Entwicklungen in Syrien auch Auswirkungen auf Gaza gehabt hätten. Mit dem Zusammenbruch der syrischen Regierung habe sich Syriens Unterstützungsrolle ebenfalls verändert.

Er bezeichnete eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel als äußerst gefährlich und mahnte: „Syrien darf sich nicht auf diesen Weg begeben.“
Qassem zeigte sich zuversichtlich: „Unser Vertrauen in das syrische Volk ist groß – es wird eine Normalisierung ablehnen. Das ist ihre und unsere Verantwortung.“

Er verwies auf die anhaltende Besatzung syrischer Gebiete durch das zionistische Regime und sagte: „Israel hält 600 Quadratkilometer der Golanhöhen und von Quneitra besetzt, und die syrische Regierung hat nichts unternommen. Sie haben der syrischen Armee und dem Staat jegliche militärische Kraft genommen und setzen ihre Aggressionen fort.“

Qassem bezeichnete das zionistische Regime als „gierig, kriminell, unersättlich und barbarisch“ und hob hervor, dass die USA – als größter Tyrann der Welt – Israel unterstützten.

Dennoch betonte er, dass Hisbollah keine direkten Maßnahmen zur Einflussnahme auf die syrische Regierung hinsichtlich der Normalisierung ergreifen werde, da keine institutionelle Verbindung bestehe. Theoretisch lehne man die Normalisierung jedoch klar ab.

Innere Entwicklungen im Libanon

Abschließend äußerte sich der Hisbollah-Generalsekretär auch zu den innenpolitischen Entwicklungen und zur Haltung von General Joseph Aoun. Er lobte dessen Positionen und sagte: „Von Anfang an war klar, dass er stets betonte, Israel müsse sich aus dem Libanon zurückziehen.“

Diese Grundsätze entsprächen vollständig denen der Hisbollah und seien tief patriotisch verankert. Qassem betonte, dass die „heilige Dreifaltigkeit“ aus Armee, Volk und Widerstand die aktuelle Stärke des Libanon darstelle.

„Die Welt überlegt heute, wie sie mit dem Libanon umgehen soll – denn dieser Staat ist stark. Wäre Libanon schwach, würde sich niemand für ihn interessieren.“