May 03, 2021 12:21 Europe/Berlin
  • Ramadan 2021: An der Schwelle zur Helligkeit (6)

Zwei Drittel des Monats Ramadans sind vorüber. Mögen alle Gäste Gottes auch im letzten Drittel noch reichlich Wegzehrung von der Ramadan-Tafel mitnehmen können.

  

 

Wenn der  Mensch von der Barmherzigkeit und den Gnaden Gottes fernbleibt, so liegt es hauptsächlich daran, dass er den Wünschen und Begierden seines Egos in die Falle gegangen ist. Eines der vielen Gebote der religiösen Lehre zur Beherrschung der triebhaften Neigungen ist das Fastengebot. Das Fasten ist eine gute Übung. Bei regelmäßiger Wiederholung  wird die Selbstbeherrschung gegenüber Sünden im Menschen gestärkt. Der Fastende wird willensstark und kann mehr als zu jeder anderen Zeit sich von Sünden fernhalten. Der Prophet (S) hat über den Monat Ramadan gesagt: 

Wenn die Mondsichel des Ramadan erscheint, werden die verbannten Satane in Ketten gelegt. Die Satane werden im gesegneten Monat Ramadan angekettet! Bittet daher Gott um Beistand, damit sie nicht die Oberhand über euch gewinnen.“

Damit die Satane nicht den Menschen besiegen, muss er sich besonders im Monat Ramadan vor dem Drängen des Egos hinsichtlich der Befolgung von  Gelüsten hüten.  Das Wort „Gelüste“ umfasst Liebe, Neigung und Verlangen nach Genüssen und  Erfüllung von Begierden des Egos.  Verlangen zählt zu den menschlichen Eigenschaften und ist erforderlich damit er seine Bedürfnisse erfüllt.  Wenn der Mensch zum Beispiel kein Verlangen danach verspürt, etwas zu essen, gerät seine Gesundheit in Gefahr. Auch die  Fortpflanzung des Menschen geschieht dank des sexuellen Verlangens. Falls die Neigungen des Menschen im Einklang mit der weisen Absicht Gottes stehen, sind sie also etwas Gutes.  Ein Begehren wird jedoch etwas Unerwünschtes, wenn es den Verstand beherrscht anstelle dass umgekehrt der   Verstand es unter seiner Kontrolle hat. Jede Unter- oder Übertreibung in Bezug auf ein natürliches Verlangen lässt den Menschen aus dem Gleichgewicht geraten.        

 

Das Prinzip der goldenen Mitte ist auch im Fastenmonat anzuwenden. Einige schaden sich selber durch Über- und Untertreibung.  Zum Beispiel halten sie nicht Maß bei der Einnahme der Speise vor Beginn des Fastentages oder  beim Fastenbrechen und beachten nicht alle Ernährungshinweise. Oder sie übertreiben und untertreiben hinsichtlich ihrer religiösen Pflichten.  Dabei gilt nicht nur für das Fasten sondern generell im Islam, dass der Mensch den ausgewogenen Weg der Mitte wählt und dieses Maß nicht unter- oder überschreitet.

                           

Wie beim letzten Mal wollen wir einige Regeln für den Fastenden anführen. Eine wichtige Angelegenheit im Zusammenhang mit dem Fasten ist Kaffarah. Kaffarah ist die Sühne die unter bestimmten Umständen zu leisten ist, wenn nämlich jemand absichtlich im Monat Ramadan gegen das Fastengebot verstößt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn der Fastende willentlich etwas tut, was das Fasten ungültig macht, ohne religionsgesetzlich dazu berechtigt zu sein. Sein Fasten wird ungültig und er muss es bis zum nächsten Ramadan nachholen und außerdem eine Sühne leisten.  Wenn aber jemand aus Angst davor, gesundheitlich Schaden zu nehmen und eventuell durch das Fasten seine Gesundheit zu gefährden, das Fasten abbricht und etwas zu sich nimmt, muss er keine Sühne leisten. Allerdings ist er verpflichtet, den Fastentag später nachzuholen. 

Eine Sühne ist aber wiederum zusammen mit dem Nachholen notwendig, wenn der Gläubige annimmt aus berechtigtem Grunde nicht zum Fasten im Monat Ramadan verpflichtet zu sein und daher nicht fastet,  sich später jeder herausstellt, dass er in Wirklichkeit zum Fasten verpflichtet gewesen war.

 

Ebenso muss der Fastende  unter anderem in folgenden zwei Fällen neben dem Nachholen des Fastens auch Sühne leisten:

Beim Aufstoßen gerät etwas vom Mageninhalt in den Mund und er schluckt es absichtlich wieder herunter.

Jemand, dessen Aussagen nicht zuverlässig sind,   sagt, dass der Abend angebrochen ist und der Fastende bricht aufgrund dieser Aussage sein Fasten ab, stellt aber im nachhinein fest, dass er zu früh das Fasten beendet hat. 

Die Sühne kann je nachdem in verschiedenen Formen geleistet werden, zum Beispiel ein längeres durchgehendes Fasten nach Ramadan  oder die Speisung von einer größeren Zahl von  Bedürftigen.

Der Fastende ist nur zum Nachholen und nicht zur Sühne verpflichtet, wenn er in Unkenntnis von einer Fastenregel   etwas getan hat, was sein Fasten ungültig macht. Zum Beispiel wenn er  seinen Kopf während des Fastens völlig unter Wasser getaucht hat und nicht wusste, dass das Fasten dadurch ungültig wird.

                     

Eine der Nächte im letzten Abschnitt des Monats Ramadan ist die Nacht der Bestimmung. Vermutlich ist es die Nacht  zum 19., 21. oder 23. Tag des Monats Ramadan . Diese Nacht der Bestimmung, auch Nacht des Schicksals genannt,  ist die wichtigste Nacht in jedem Jahr. Imam Sadiq (F) hat sie das Herz des Ramadans genannt  und Gott hat sie im Koran als eine segensreiche Nacht beschrieben, die mehr wert ist als 1000 Monate. 

 

Gott hat eine ganze Sure über diese Nacht herabgesandt – die Sure 97    (Qadr). Sie lautet:

بِسْمِ اللَّهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِیمِ

إِنَّا أَنْزَلْنَاهُ فِی لَیْلَةِ الْقَدْرِ ﴿۱﴾ وَمَا أَدْرَاکَ مَا لَیْلَةُ الْقَدْرِ ﴿۲﴾ لَیْلَةُ الْقَدْرِ خَیْرٌ مِنْ أَلْفِ شَهْرٍ ﴿۳﴾ تَنَزَّلُ الْمَلَائِکَةُ وَالرُّوحُ فِیهَا بِإِذْنِ رَبِّهِمْ مِنْ کُلِّ أَمْرٍ ﴿۴﴾ سَلَامٌ هِیَ حَتَّى مَطْلَعِ الْفَجْرِ ﴿۵﴾

 

Im Namen Allahs,des Allerbarmers, des Barmherzigen

Wir haben ihn (den Koran)  ja in der Nacht der Bestimmung hinabgesandt.

Und was lässt dich wissen, was die Nacht der Bestimmung ist?

Die Nacht der Bestimmung ist besser als tausend Monate.

Es kommen die Engel und der Geist in ihr mit der Erlaubnis ihres Herrn mit jeder Angelegenheit (die festgelegt wurde)  herab.

Frieden ist sie (diese Nacht)  bis zum Anbruch der Morgendämmerung.

                         

Diese Worte Gottes beinhalten den Hinweis auf die Bestimmung, die hohe Bedeutung der Nacht der Bestimmung sowie  den Hinweis darauf,  dass es den Verstand der Menschen übersteigt, zu begreifen wie bedeutungsvoll diese Nacht ist. In dieser Nacht, die für sich alleine besser ist als tausende  Monate, steigen zahlreiche Engel auf die Erde herab und bis zum Morgen sind die Tore zur göttlichen Barmherzigkeit für Seine Diener offen. Imam Ridha (Friede sei mit ihm) hat gesagt:

„Gott legt in der Nacht der Bestimmung das was von diesem Jahr bis zum nächsten geschehen wird, fest. Gutes oder Schlechtes, bezüglich des Lebens oder Todes oder der Versorgung. Daher wird das, was Gott in dieser Nacht festgelegt hat mit Sicherheit eintreten.“

Natürlich bleibt trotzdem die Entscheidungsfreiheit des Menschen bewahrt. Es kommt auf die Eignung der Menschen und ihren Glauben, ihre Gottesfürchtigkeit und die Lauterkeit ihrer Absicht und ihre Taten an, wie die göttliche Vorsehung aussieht.  Die  Gläubigen sollen die  Nacht der Bestimmung dem Gebet und Anrufung Gottes widmen.

 

 

Alle Muslime glauben daran, dass die Nacht der Bestimmung in den Monat Ramadan fällt und zweifeln nicht daran. Denn Gott hat einerseits in der obigen Sure 97 gesagt, dass in der Nacht der Bestimmung der Koran herabgesandt wurde und andererseits heißt es im Vers 185 der Sure 2 (Baqara):  

Der Monat Ramaḍān (ist es), in dem der Koran als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist ...

Damit steht fest, dass die Nacht der Bestimmung in den gesegneten Monat Ramadan fällt.  Es gibt verschiedene Ansichten darüber ob es nun die Nacht zum 19., zum 21. oder zum 23. des Fastenmonats ist.  Es bleibt verborgen, welche dieser drei Nächte mit Sicherheit die Nacht der Bestimmung ist, und dahinter verbirgt sich eine Weisheit.

Bei der Ungewissheit über den Zeitpunkt des Todes verhält es sich ähnlich. Gott lässt den Menschen nicht den Zeitpunkt seines Todes kennen, damit er jederzeit auf den Abschied von dieser Welt und die Reise in Jenseits vorbereitet sei.  Ähnlich bleibt auch der Jüngste Tag allen verborgen und ungewiss ist auch der Tag, an dem der Imam der Zeit (Gott möge sein Erscheinen beschleunigen) erscheint. So wird einerseits verhindert, dass die Sündigen ihre üblen Pläne auf einen bestimmten Zeitpunkt  ausrichten,  und andererseits werden die Gläubigen dazu motiviert, verstärkt darauf zu achten nicht zu sündigen. Bei solchen Dingen mag der Grund dafür liegen,  dass keiner wissen soll, wann genau die Nacht der Bestimmung im Monat Ramadan ist.

Imam Ali (Friede sei mit ihm) hat den Grund darin gesehen, dass die Gläubigen mehrere Nächte als die Nacht der Bestimmung betrachten sollen, damit sie mehr als nur eine Nacht  mit gottesdienstlichen Werken verbringen und sich von der Sünde entfernen und ihr Gott-Dienen steigern.

                            

In der Nacht zur Bestimmung werden die Sünden vergeben. Es ist eine goldene Gelegenheit das Herz zu läutern. Diese Nacht bietet die beste Gelegenheit, Schlechtes durch Gutes,  Streit durch  Frieden und Unrecht durch Wohltätigkeit zu ersetzen.  Wir sollten aufrichtig einen Schritt für unsere ewige Bleibe tun und durch rechtschaffene Werke doppelte Belohnung ernten.

 

siehe auch

https://parstoday.com/de/radio/program--das_leben_meistern_mit_hilfe_des_korans

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