US-Niedergang in Westasien – Ursachen und Folgen (Teil. 8)
(last modified Thu, 03 Aug 2023 10:03:05 GMT )
Aug 03, 2023 12:03 Europe/Berlin

Niedergang der US-Hegemonie in Westasien und seine Auswirkungen auf das diktatorische Regime in Saudi-Arabien

Die Beitragsreihe „US-Niedergang  in Westasien – Ursachen und Folgen“ wurde aus einer Forschungsarbeit mit dem Titel „Folgen des Niedergangs der US-amerikanischen Macht in Westasien“ in der Abteilung für angewandte Forschung extrahiert und in 12 Teile gegliedert.

Das Scheitern und der Niedergang der westlichen liberalen Ordnung sind eine Tatsache, die sich in der   internationalen Ordnung  abspielt. Die Vereinigten Staaten von Amerika als Führer dieser Ordnung hat  Schwäche erlitten und die Komponenten ihrer  wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und ideologischen Macht schwinden. Die USA sind  laut   verfügbaren Beweisen und Fakten sowie dem Bekenntnis ihrer politischen Persönlichkeiten und Forschungs-Think Tanks, in komplexen Problemen gefangen und die Anzeichen des Niedergangs ihrer globalen Autorität sind in verschiedenen Dimensionen sichtbar. In dieser 12-teiligen Beitragsreihe  möchten wir Ihnen, liebe Zuhörer, Beispiele für den Machtverlust dieser globalen Hegemonialmacht  in Westasien bringen.

In diesem Teil der Beitragsreihe wollen wir versuchen, die Auswirkungen des  Niedergangs der US-Hegemonie in Westasien auf das saudische   Regimes zu untersuchen. Mit dem Niedergang der Hegemonie der USA und der Verringerung ihrer regionalen Rolle gegenüber gewissen  Ländern im westasiatischen Raum wird die politische, militärische und wirtschaftliche Sicherheit von Ländern wie Saudi-Arabien, die keine Stütze   in der Bevölkerung haben, gefährdet. Diese Bedrohungen können auf drei Ebenen untersucht werden: national, regional und international. Diese drei Analyseebenen sind irgendwie miteinander verflochten. Beispielsweise treten interne Bedrohungen in einigen diktatorischen Regimen in der Region, zu denen Proteste der Bevölkerung und Widerstand der internen Elite gegen die herrschende Staatsordnung  stärker auf, wenn sie die Unterstützung oder das Schweigen der USA erhalten. Denn interne Drohungen und  Proteste gegen die saudi-arabische Herrschaftsstruktur wurden mit grünem Licht der USA vom König noch stärker unterdrückt.

Zu den Fällen, die die diktatorischen Regime in der westasiatischen Region, einschließlich Saudi-Arabien, stets bedrohen, gehören die Frage der Menschenrechte, die Illegitimität der Herrschaftsstruktur und die Abhängigkeit von Großmächten, insbesondere den Vereinigten Staaten. Mit dem Machtverlust der USA und ihrem allmählichen Rückzug aus der Region werden Länder wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Bahrain anfälliger für ihre eigenen internen Probleme. Denn bisher haben diese Länder mit der Unterstützung und Anleitung Washingtons Gewalt eingesetzt, um interne Proteste zu unterdrücken. Im Folgenden werden wir Ihnen, liebe Zuhörer, einige der internen Probleme und Krisen Saudi-Arabiens erwähnen, die, wenn sie nicht die Unterstützung der Vereinigten Staaten haben, Anlass für eine Schwächung des saudischen diktatorischen Regimes sein können.

Armut, Arbeitslosigkeit und Unterkunft  sind drei  der größten Probleme der Menschen in Saudi-Arabien. Wenn man vom Ölreichtum Saudi-Arabiens und seinen Einnahmen aus dem Haddsch hört, lässt sich kein Zweifel daran aufkommen, dass alle Menschen in Saudi-Arabien in völligem Wohlstand und Komfort leben.  Man weiß aber nicht, dass dieser Reichtum nur  in die Taschen einer kleinen Minderheit in Saudi-Arabien  fließt und die  einfachen Menschen daran keinen Anteil haben. Armut ist eines der größten Probleme, mit denen die Menschen in Saudi-Arabien zu kämpfen haben. Laut dem Bericht des Nationalen Komitees zur Bekämpfung der Armut in Saudi-Arabien leben etwa 39 % der Menschen in diesem Land unterhalb der Armutsgrenze.  Obwohl der verstorbene saudische König Abdullah bin Abdulaziz zu seinen Lebzeiten den Bau einer halben Million Wohneinheiten für Saudis anordnete, ist davon  jetzt keine Rede mehr. Die Folge ist, dass nun rund  60 Prozent der Menschen,  etwa 20 Millionen Menschen,  in Miethäusern leben.  Das wichtigste Problem in diesem Bereich ist der Rückgang des Angebots auf dem Wohnungsmarkt und der kontinuierliche Anstieg der Mieten.

Ein weiteres wirtschaftliches Problem der Jugend des ölreichen Landes Saudi-Arabien ist die Beschäftigung.   Laut Statistik liegt die Arbeitslosenquote unter den Staatsangehörigen des Landes bei fast 13 %, während nach Schätzungen des Saudi-Arabiens Statistikzentrums etwa 10 Millionen Gastarbeiter  in diesem Land leben. Ein weiteres Problem ist die Saudisierung der Arbeitskräfte, während der Arbeitsmarkt im privaten Sektor von ausländischen Gastarbeitern hauptsächlich aus Südasien dominiert wird. Und der öffentliche Sektor, dessen Mitarbeiter sich in Regierungsorganisationen und Büros ausruhen, anstatt über Arbeit und Produktion nachzudenken, ist polarisiert. Zusätzlich zu dem Beschäftigungsproblem hat wirtschaftliche Stagflation infolge der Umsetzung konservativer und liberaler amerikanischer Wirtschaftspolitik im letzten Jahrzehnt zu einem Anstieg der Inflation in Saudi-Arabien geführt.

Eine weitere Krise in Saudi-Arabien ist die Umwandlung des  Staates in einen Polizeistaat. Saudi-Arabien als Führer und Avantgarde der Anti-Iran-Bewegung spürt derzeit die Gefahr des Niedergangs und Zusammenbruchs und versucht, diese Gefahr durch die Umwandlung  des Landes in einen Polizeistaat zu überwinden. Die Erhöhung des Militärbudgets in den letzten Jahren, Sicherheitsmaßnahmen einschließlich Sicherheitsarmbänder für Pilger während der Hadsch-Zeremonie im Jahr 2015,  Druck auf einflussreiche saudische Prinzen in diesem Jahr, die Konfrontation zwischen Kronprinz Muhammad bin Nayef und Kronprinz Mohammed bin Salman und viele andere Fälle deuten eindeutig darauf hin, dass Sicherheitsmaßnahmen  in Saudi-Arabien  insbesondere nach der Umwandung des Kriegs in Jemen in einen Zermürbungskrieg massiv  erhöht worden sind.  Die Niederlage Saudi-Arabiens  im Jemenkrieg  ist - trotz der uneingeschränkten Unterstützung der USA für die Verbrechen der saudischen Koalition gegen das jemenitische Volk -  eines der klaren Zeichen für den Niedergang der US-Hegemonie in Westasien und die Stärkung der  Widerstandsachse.

Der vielleicht wichtigste Alarm für die derzeitigen saudischen Herrscher sind neben den Fürsten, die Macht und Monarchie beanspruchen, die Takfiri-Terroristen. Terroristen, die ihre gesamten Ausgaben für Waffen bis hin zu Nahrungsmitteln, Kleidung und Logistik  aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Bahrain erhalten. Die Einführung strenger Sicherheitsmaßnahmen im Binnenraum Saudi-Arabiens erfolgte auch in der Hoffnung, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit der IS-Ideologie  in Saudi-Arabien  verringert  und dass damit den saudischen Herrschern  die nötige Zeit zur Bewältigung der Krise gegeben wird. Dabei muss gesagt werden, dass IS aus dem Takfiri-Wahhabi-Denken abgeleitet ist. Durch die Unterstützung von IS versuchte Riad, die legitime Regierung von Bashar al-Assad in Syrien zu stürzen, doch nach der Niederlage von IS gelten seine Überreste  nun als Bedrohung für das saudische Königreich.

Die Zwietracht zwischen Sunniten und Schiiten durch die saudischen Machthaber  ist ein weiteres Beispiel für die richtungsweisende Politik  Washingtons für  die saudische  Innenpolitik. Um ihre Inkompetenz zu vertuschen und die Ausbreitung sozialer Unzufriedenheit unter Muslimen zu verhindern, versuchen Riads Herrscher,  Schiiten und Sunniten gegeneinander auszuspielen. Sie unterdrücken jede Aktivität der Schiiten rigoros und schaffen sogar viele Hindernisse für die Schiiten. Schiitische Gelehrte werden unter  haltlosen Unterstellungen   verhaftet und sogar hingerichtet wie Ayatollah Scheich  Nimr Baqir al-Nimr. Die saudischen Herrscher hetzen radikale Wahhabiten gegen die Schiiten auf und geben vor, dass die Schiiten ein Problem mit den Sunniten hätten. Das ist genau die Politik, die sie in der gesamten islamischen Welt verfolgen, um Schiiten und Sunniten gegeneinander auszuspielen. Dies geschieht in einer Situation, in der, wie die Entwicklungen des letzten Jahrzehnts in Syrien und im Irak gezeigt haben, sowohl die Schiiten  als auch die Sunniten  mit dem Takfiri-Wahhabismus Probleme haben.

Zusätzlich zu dem bereits Erwähnten hatten  die erbärmlichen Bedingungen in den Gefängnissen und die weit verbreiteten Verletzungen der Rechte der Gefangenen, die diskriminierenden Bedingungen gegenüber Frauen  die massive  Kritik des UNO-Menschenrechtsrats   zur Folge. Obwohl das sehr geschlossene System und die intransparente Funktionsweise der Institutionen und Gremien in Saudi-Arabien die Sammlung von Statistiken und Informationen für verschiedene Institutionen, darunter die Vereinten Nationen, Human Rights Watch(HRW), UNICEF und andere Menschenrechtsinstitutionen, nicht zulassen, werden dem Land doch  seit jeher massive Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Im Oktober 2013 sagte Joe Strock, Direktor der Westasien-Abteilung von Human Rights Watch: „Ich fordere die internationale Gemeinschaft auf, gleichzeitig mit der Veröffentlichung des Berichts im Zusammenhang mit der regelmäßigen Untersuchung der Menschenrechtssituation in Saudi-Arabien durch die Organisation Human Rights Watch den notwendigen Druck auf Riad auszuüben, um Menschenrechte  zu respektieren."

Abschließend sei darauf hinzuweisen, dass alle Aktionen des saudi-arabischen Regimes gegen die eigene Bevölkerung, die wir in diesem Programm erwähnt haben, wie ein Feuer unter der Asche bleiben werden, welches Saudi-Arabien erfassen würde, wenn das Land die Unterstützung der Vereinigten Staaten und anderer Großmächte verlöre. Aus dieser Sicht sind die Gründe für die Angst von Ländern wie Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten vor dem Niedergang Amerikas im westasiatischen Raum klar.

Damit sind wir – liebe Hörerfreunde – am Ende unseres heutigen  Beitrags angelangt und sagen Ihnen alles Gute bis zu einem weiteren Beitrag!