Interview mit Willy Wimmer
Man kann fast vermuten, wenn Martin Schulz mit seiner SPD mit diesen Überlegungen scheitert, ist der Bundespräsident erheblich beschädigt. Denn das würde deutlich machen, dass seine Vermutungen in eine Niederlage geführt haben, das übersteht keiner.
ParsToday: Herr Wimmer, ich darf Sie ganz herzlich begrüßen zu diesem Interview!
Wimmer: Guten Tag Herr Shahrokny, guten Tag nach Teheran!
ParsToday: Herr Wimmer, von der Bundestagswahl sind inzwischen über 100 Tage vergangen, bis schließlich die Medien am Freitag einen Durchbruch, noch keine Einigung, bei den Sondierungsgesprächen vermeldeten. Warum haben die Sondierungsgespräche, Verhandlungen über eine Koalitionsregierung, solange gedauert?
Wimmer: Im Nachhinein muss man fast den Eindruck haben, dass die ersten Sondierungen über die sogenannte Jamaika-Koalition, also mit den Grünen, mit den Liberalen, dass das eine Theaterveranstaltung gewesen ist. Man hat uns wochenlang glauben lassen, dass dabei etwas Vernünftiges herauskommen würde. Dann stellte sich im Nachhinein heraus, dass offensichtlich die noch im Amt befindliche Bundeskanzlerin die Ganze als Theaterveranstaltung empfunden und ganz bewusst gegen die Wand gefahren hat, dadurch, dass sie die Verhandlungsführung nicht wahrgenommen hat. Die jetzt mit den Sozialdemokraten durchgezogenen Gespräche innerhalb einer Woche sind die unter dem Druck des Bundespräsidenten zustande gekommen. Man kann fast vermuten, wenn Martin Schulz mit seiner SPD mit diesen Überlegungen scheitert, ist der Bundespräsident erheblich beschädigt. Denn das würde deutlich machen, dass seine Vermutungen in eine Niederlage geführt haben, das übersteht keiner. Abgesehen davon, dass sich diese Fragestellung dann auch für Frau Merkel, Herrn Schulz und vor allen Dingen für Herrn Seehofer, ergeben. Das muss man im Zusammenhang mit diesen Sondierungen nüchtern sehen.
ParsToday: Warum eine Niederlage, wenn bei diesen Sondierungsgesprächen ein Durchbruch erzielt worden ist?
Wimmer: Wir müssen ja sehe, dass sich Herr Schulz der Partei, der Sozialdemokratischen Partei, mit diesen Sondierungsgesprächen stellen muss. Nachdem, was man aus der SPD hört, ist das hoch umstritten, wie Herr Schulz für seine Vorstellung in der SPD eine Mehrheit bekommen könnte. Wenn er da scheitert, dann kommen die Folgen, von denen ich eben gesprochen habe. Aber es gibt natürlich eine weitere Konsequenz, für die deutsche Öffentlichkeit: im Ergebnis der Sondierungsgespräche ist gestern(Freitag) der Eindruck erweckt worden, als gäbe es in der in Deutschland hoch umstrittenen Migrationsentwicklung eine Festlegung der drei Partner, Merkel, Schulz, Seehofer, und zwar die Festlegung, dass die jährliche Immigranten 150.000 bis 220.000 nicht übersteigen würde. Das ist gestern(Freitag) während des ganzen Tages im Eindruck so vermittelt worden. Gestern Abend in einem ZDF-Interview hat Herr Schulz auf die Frage gesagt: Mit Richten einer Begrenzung, wenn Hunderttausende kommen, dann kommen eben Hunderttausende. So kann man Deutschland auseinanderjagen. Man muss vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser Sondierungen fast den Eindruck haben, dass das Ziel von Frau Merkel, Herrn Schulz und Herrn Seehofer ist, Deutschland ins Chaos zu stürzen. Anders kann man das nicht bewerten.
ParsToday: Herr Schulz hatte früher eine große Koalition ausgeschlossen. Wie erklärt sich dieser Sinneswandel bei ihm?