Gefahr der IS-Terror-Miliz in Afghanistan (und für Zentralasien) und ihre Bekämpfung (2)
Wir haben davon gesprochen dass die IS-Terrorgruppe in Afghanistan Fuß gefasst hat und werfen nun einen Blick auf die Ziele dieser Terrorgruppe im Norden Afghanistans und auf die Gefahren für die Sicherheit der mittelasiatischen Länder.
Die Ansicht, dass Afghanistan nicht das Endziel der IS-Terrorgruppe ist, ist weit verbreitet. Gemäß dieser Ansicht ist Afghanistan nur eine Brücke, um die IS-Kräfte nach Zentralasien und Kaukasus zu bringen. Deshalb sind die IS-Terroristen nicht nur bestrebt sich im östlichen Nangarhar, sondern auch in den nördlichen Provinzen Afghanistans wie Kunduz zu stationieren. So kommt es, dass die Nord- und Nordostprovinzen Afghanistans neben der Gewalt der Taliban seit einigen Monaten auch Zeuge der Präsenz der IS-Terrormiliz sind. Es heißt, dass eine große Zahl von IS-Paramilitärs aus Tschetschenien, Usbekistan und Tadschikistan versuchen, sich in den Provinzen Faryab, Sar-e Pol, Kunduz und Sangan und Dschuzdschan im Norden des Landes an den Grenzen mit Zentralasien, zu stationieren. In den sechs nördlichen bzw. nordwestlichen Provinzen Badachschan, Tachar, Kunduz , Balch, Dschuzdschan, Faryab und Badghis halten sich auch die Gruppen Tehrik Taliban Pakistan, Laschkar Taiba und Islamische Bewegung Usbekistan auf. Aus der Sicht Russlands ist daher heute die Gefahr der IS-Terrormiliz und der Gruppen, dir ihr nahestehen, für die zentralasiatischen Länder sehr groß.
Entlang der turkmenisch-afghanischen und der tadschikisch-afghanischen Grenze sind wir Zeuge der Aktivitäten von Paramilitärs, und von schwarzen Flaggen, die die IS-Terroristen gehisst haben. Da eine größere Zahl von Staatsbürgern der zentralasiatischen Länder und des Kaukasus sich der IS-Terrormiliz in Syrien und Irak angeschlossen hat, herrscht unter den IS-Terroristen auch die Vorstellung, dass die Bevölkerung in diesen Ländern wie die in der Farghana-Tal die IS-Terrromiliz begrüßen werde. Aber viele sagen, dass sich die Staatsangehörigen zentralasiatischer Länder wie Tadschikistan nicht der IS-Terrormiliz in Syrien aus religiösen Motiven sondern nur wegen Geld angeschlossen haben. Der Sold, den die IS-Terrormiliz zahlt, ist für die jungen Arbeitslosen aus zentralasiatischen Ländern ein großer Anreiz.
Die Präsenz der IS-Terrormiliz in den zentralasiatischen Ländern und im Kaukasus hat große Besorgnis in dieser Region sowie in Russland und China hervorgerufen. Diese Terrorgruppe ist im Begriff ihre finanziellen Quellen zu verlieren, vor allen Dingen das Einkommen aus dem Verkauf von irakischem und syrischen Erdöl. Daher kann sie nicht wie vorher hohe Söldnerlöhne an ihre Mitglieder zahlen und kehren immer mehr Mitglieder aus Zentralasien und dem Kaukasus in ihre Länder zurück. Möglicherweise werden sie sogar als Arbeitssuchende in Russland einreisen. Eine große Besorgnis Moskaus bildet also die Rückkehr der IS-Terroristen aus Syrien und Irak.
Da Russland die IS-Terrormiliz in Syrien bombardieren ließ und zu ihrer schweren Niederlage beitrug, fürchtet die Regierung in Moskau die Rachemaßnahmen dieser Terrorgruppe, die ihre Kräfte nach Zentralasien und dann als Arbeitssuchende getarnt nach Russland schicken könnte.
Die hohen Amtsträger im russischen Verteidigungsministerium haben vor kurzem bekannt gegeben, dass sich circa 4500 Angehörige dieses Landes und aus Zentralasien unter den IS-Terroristen und anderen Terrorgruppen im Irak und Syrien befinden und nach Kriegsteilnahme in ihre Herkunftsländer zurückkehren werden. Auch gab das Forschungszentrum der Vereinigten Staaten von Amerika in New York bekannt, dass 2400 Russen, 500 Usbeken und Kirgisen, 386 Tadschiken, 360 Turkmenen und 300 Kasachen in der IS-Terror-Gruppe aktiv sind und eine potentielle Bedrohung für die Sicherheit der Region darstellen.
Der Stellvertreter des Provinzialrates der Provinz Faryab, Afghanistan gab bekannt , dass 135 Familien von Terroristen aus Usbekistan, Tschetschenien und Pakistan in den Distrikten Paschtun Kut, Qaysar und Ghurmatsch in dieser nordafghanischen Provinz ansässig geworden sind und die Ansiedlung der Angehörigen von ausländischen Terroristen weiter anhält. Das bedeutet, dass man es mit einer organisierten Niederlassung dieser Familien in Nordafghanistan zu tun hat. Die afghanische Regierung macht Pakistan dafür verantwortlich.
Es heißt dass die ausländischen Terroristen nicht nur afghanische Taliban ausbilden, sondern sie auch mit modernen Waffen ausgerüstet haben. Abdul Qadir Qaderi, Befehlshaber des Distriktes Paschtun Kut sagt, dass die Terroristen aus dem Ausland damit beschäftigt sind, unter den Einheimischen Kräfte zu rekrutieren. Die Zahl der IS-Terroristen, die in verschiedenen Gebieten Afghanistans, darunter den Provinzen Nangarhar und Lugar im Osten, Zabul im Süden und im zentralgelegenen Uruzgan untergekommen sind, ist gestiegen. Im Rahmen des geplanten Groß-Chorasan nimmt die IS-Terrormiliz also gezielt die Umquartierung seiner Kräfte nach Afghanistan und Zentralasien vor und wird dabei bis zu den Grenzen zu dem chinesischen Autonomiegebiet Xingjiang vordringen.
Wegen Niederlage in Syrien und Irak und Scheitern des geplanten Nahost-Kalifats hat diese IS-Terrorgruppe die Durchführung des Planes von einem Groß-Chorasan-Kalifat im zentralasiatischen Raum und in Afghanistan in Angriff genommen. Daher versucht sie als erstes ihre Kräfte nach Afghanistan zu holen und in diesem Land zu organisieren und sie dann nach Zentralasien und auf den Kaukasus zu schicken. Eines der Hauptziele dieser Terrorgruppe besteht darin, in das Ferghana-Tal zu gelangen, wo bereits mehrere radikale Gruppen operieren.
Das Ferghana—tal wird vom Fluss Syrdarja in westlicher Richtung durchflossen und ist eines der fruchtbarsten Gebiete in Zentralasien und das wichtigste Versorgungsgebiet für Nahrung in dieser Region. Dort wird Baumwolle, Weizen, Reis, Gemüse und Obst angebaut. Die nur 300 km lange und bis höchsten 110 km breite Talsenke ist mit fast 15 Millionen Einwohnern das am dichtesten besiedelte Gebiet Zentralasiens. Der Bevölkerungszuwachs der letzten 10 Jahre betrug 32 Prozent. Die Bevölkerung besteht vor allen Dingen aus Usbeken, aber es leben auch Tadschiken und Kirgisen in dieser Region. Das Ferghana-Tal gilt als Zentrum für radikale Muslime.
Die Senke umfasst den Norden Tadschikistans, den Osten Usbekistans und den Süden Kirgisiens. Die Städte Dschalalabad und Osch von Kirgisien, Sughd von Tadschikistan und Namangan von Kirgisien gehören ganz oder zum Teil dazu. Das kirgisische Namangan und usbekische Andischan sind die beiden wichtigsten Ausgangspunkte der Operationen der Islamischen Bewegung Usbekistans und des Usbekistan-Zweiges der Hizb Al Tahrir. Das Ferghana-Tal ist also auf drei Ethnien verteilt und die sich noch weiter in Volksstämme gliedern. Wenn die IS-Terrormiliz ihre Position in diesem Tal stabilisieren kann, beherrscht sie nicht nur vitalen Ressourcen der Länder in dieser Region, darunter die Nahrungsressourcen, sondern kann auch leicht Verbindungen zu allen Ländern in der Umgebung herstellen. Russland ist davon überzeugt, dass die Präsenz der Terrorgruppe IS in Afghanistan und ihre Anstrengungen ihre Mitglieder in die zentralasiatischen Länder einzuschleusen und dort Kräfte anzuheuern, eines der geopolitischen Ziele der USA in Zentralasien und in Nachbarschaft der südlichen Grenzen Russlands darstellt. Dieses Ziel soll über den Korridor Afghanistan verwirklicht werden soll.
Allerdings bestehen schon seit langem in der Geschichte Konflikte und Spannungen zwischen den Ethnien im Ferghana-Tal. Dort versuchen extremistische und terroristische Gruppen die Klüfte zwischen Ethnien für ihre Ziele und Pläne auszunutzen. Radikale Glaubenstendenzen nützen diesen Gruppen. Im Ferghana-Tal befinden sich mehrere Gruppen wie die Tehrik Islami Usbekistan, die Hizb Al Tahrir und die Nihsat-e Islami und das ist für die Ziele der IS-Terrromiliz im zentralasiatischen Raum, sehr wichtig, Zugleich liegt Afghanistan genau neben diesem Gebiet und daher interessiert sich diese Terrorgruppe für dieses Land.
Wenn die IS-Terrormiliz die Produktion von Drogen und deren Transit aus Afghanistan an sich reißen kann, wird die Sicherheit der Länder in der Region, darunter Russland und China ebenso in Gefahr geraten. Diese Länder sehen in Wahrheit in den IS-Terroristen die Soldaten der USA, deren Mission darin besteht, in ihrer Umgebung in Zentralasien und bis an die Grenzen Chinas Krisen hervorzurufen. Deshalb haben China und Russland ihre Aktivitäten in Afghanistan verstärkt, um in Zusammenarbeit mit den Taliban und deren Aufrüstung gegenüber der IS-Terrormiliz, letztere hinter den Grenzen der zentralasiatischen Länder und dem Kaukasus zu stoppen. Allerdings denken einige, dass Russland durch Aufbauschen der Gefahr der IS-Terrorgruppe in Afghanistan seine Präsenz in diesem Land verstärken und seine militärische Kooperation und Sicherheitszusammenarbeit mit den Ländern in Zentralasien und auf dem Kaukasus steigern will.
Wenn China durch Beitrag zum Friedensprozess in Afghanistan seine Sorge über die zukünftigen Sicherheitsentwicklungen in Afghanistans kundtut, so werden diese Bemühungen Pekings dennoch damit gedeutet, dass es allseitig in Afghanistan, welches erneut in den Brennpunkt der Konflikte und den Zusammenprall der regionalen und internationalen Mächte verwandelt wird, präsent sein möchte . Moskau hält es nicht für unwahrscheinlich, dass diese Konflikte sich auf Zentralasien und den Kaukasus ausbreiten werden. Zentralasien und der Kaukasus sind wie der Hinterhof Russlands und für Moskau, welches sich als der große Bruder dieser Region versteht, ist die Sicherheit und Stabilität in diesen Gebieten von elementarer Wichtigkeit. Die Instabilität in Afghanistan ist wegen der negativen Folgen für die Sicherheit in der zentralasiatischen Region und auf dem Kaukasus auf keinen Fall für Moskau und Peking erfreulich.