Willkommen Eyd-e Noruz (1 - Noruz im Laufe der Geschichte)
Unter dem Begriff Eyd, sprich: Fest, wird im Volksmund allgemein das Eyd-e Noruz – nämlich das antike iranische Neujahrsfest verstanden.
Unter dem Begriff Eyd, sprich: Fest, wird im Volksmund allgemein das Eyd-e Noruz – nämlich das antike iranische Neujahrsfest verstanden.
Eyd beginnt am ersten Tag des Frühlings. Laut iranischer Mythen wurde Noruz schon in vorgeschichtlicher Zeit von Dschamdschid, dem vierten der legendären Könige in der iranischen Mythologie eingeführt. In pahlavie- und manichäischen Texten wird dieses Fest oft erwähnt. Auch Reliefe auf der Perespolis, der alten Palastanlage der Achämeniden in der Provinz Fars - zeigen, dass bereits zur Zeit dieser Herrscherdynastie, also vom 7. bis zum 4. Jahrhundert vor Christus, das Noruzfest als traditionelles Fest der Vorfahren gefeiert wurde.
Das Noruzfest ist eines der beiden Jahresfeste der arischen Völker. Diese pflegten anlässlich der warmen und der kalten Jahreszeit zu feiern. In der Awesta, dem Buch der zoroastrischen Religion, wird die kalte Jahreszeit, nämlich Winter und Herbst, Zima genannt. Die warme Jahreszeit, nämlich Frühling und Sommer wird dort mit Hama bezeichnet. Vor sehr langer Zeit dauerte die kalte Jahreszeit 10 Monate und die warme nur 2 Monate, so steht es im Vendidad der Awesta,. Aber später hat man nach einem sieben Monate langem Sommer und fünf Monate langem Winter unterschieden und anlässlich jeder dieser beiden Jahreszeiten wurde gefeiert. Die Sommerzeit wurde gefeiert, wenn die Herden wieder auf die Weiden gebracht werden konnten, und wenn sie wieder im Stall bleiben mussten, wurde die Winterzeit gefeiert und man legte Vorräte für die Kälte an.
Der Achämenidenkönig Kyros der Zweite, hat 538 vor Christus das Noruzfest zum Nationalfest des Landes erklärt. Anlässlich des Festes wurde der Dienstgrad von Soldaten erhöht, ein Teil der Gefangenen begnadigt und ein allgemeiner Frühjahrsputz, nicht nur in den Häusern sondern an allen öffentlichen Plätzen, angeordnet.
Die Nachfolger des Kyros pflegten diese Sitten weiter. Zur Zeit von Darius dem Zweiten wurde das Noruzfest offiziell auf der Persepolis gefeiert. In den Inschriften aus der Achämenidenzeit wird nicht direkt auf das Noruzfest verwiesen, doch es lässt sich aus ihrem Inhalt schließen, dass die Bevölkerung das Fest kannte und die achämenidischen Herrscher es feierlich begingen. Darius der Erste ließ 416 vor Christus anlässlich des Noruzfestes Goldmünzen prägen. Auf einer Seite dieser Münze war ein Bogenschütze zu sehen. Unter den Achämeniden wurde das Noruzfest innerhalb der Zeit vom 21. Esfand – dem letzten Monat des alten Jahres, bis zum 19. Ordibehescht, dem zweiten Monat des neuen Jahres gefeiert.
Nach den Achämeniden herrschten die Arsakiden und dann die Sassaniden. Auch unter diesen Dynastien wurde das Noruzfest begangen. Noruz und Mehregan waren die beiden wichtigsten von den vielen Festen, die im Laufe eines Jahres gefeiert wurden. Unter den Sassaniden, die circa 400 Jahre lang vor Beginn der islamischen Ära im Iran herrschten, dauerte das Noruzfest mindestens 6 Tage. Zunächst feierte die Bevölkerung das so genannte Noruz-e kutschek – das kleine Noruz oder Volksnoruz - vom ersten bis zum 5. Farwardin, dem ersten Monat des neuen Jahres. Der sechste Farwardin auch Chordad-Ruz genannt war der Tag an dem der König im engsten Kreis das große Noruzfest – Noruz-e bozorg beging. Während des kleinen Noruzfestes kam jeden Tag eine andere Bevölkerungsschicht an den Königshof. Bauern, Kleriker, Soldaten, Handwerker und Etablierte konnten an ihrem jeweiligen Tag Anliegen vortragen und der König kam ihren Bitten am sechsten Tag nach. Aber das Noruz-e bozorg am sechsten Tag feierte der König nur mit seiner Familie, Verwandten und anderen ihm Nahestehenden.
Auch nach Beginn der Islamischen Ära haben die Iraner wie ihre nicht-muslimischen Vorfahren das Noruzfest gepflegt. Während der Herrschaft der Abbasidenkalifen und unter den darauffolgenden iranischen Regenten insbesondere unter den Samaniden in Groß-Chorasan und unter den Buyiden im Südiran haben die Verwalter der lokalen Gebiete eine entscheidende Rolle bei dem Erhalt des Noruzfestes und seiner Sitten unter der Bevölkerung gespielt.
Der Seldschukenherrscher Dschalal-e Daula Malik Schah hat 467 nach der Hidschra, im 11. Jahrhundert nach Christus, 8 bekannte Astronomen und Mathematiker, darunter der vor allem als Dichter im Westen berühmt gewordene Hakim Umar Khayyam, beauftragt, den iranischen Kalender zu verbessern. Diese Gruppe von Gelehrten legte den Frühlingsanfang als Beginn des neuen Kalenders fest. Dieser so genannte Dschalali oder Maliki-Kalender gilt auch heute noch im Iran und ist der genaueste Sonnenkalender der Welt. Er beginnt am 1. Farwardin, das ist außer bei Schaltjahren wie das diesjährige, der 21. März. In diesem Jahr, dem Jahr 2020, ist bereits am 20. März der erste Tag des iranischen Sonnenjahres.
Im Laufe der Islamischen Ära insbesondere unter den Safawiden, die ab Anfang des 16. Jahrhundert fast 250 Jahre lang im Iran regierten, wurden einige Noruzbräuche mit islamischen Sitten verknüpft und erhielten einen religiösen Inhalt. Die schiitischen Gelehrten betrachteten den Neujahrsbeginn als ein gesegnetes Ereignis, weil Noruz gemäß einer Überlieferung der Tag ist, an dem Adam, der Vater der Menschheit, erschaffen wurde. So gewann das Noruzfest in der islamisch-iranischen Kultur einen festen Platz. Die muslimischen Iraner schmückten das antike Noruzfest mit dem religiösen Gedankengut.
Gemäß einigen Überlieferungen soll auch Imam Mahdi (adsch.) zu Noruz widerkehren.
Über die Segensfülle von Noruz heißt es in einer Überlieferung von Imam Sadiq (F) :
„Noruz ist der Tag, an dem Gott mit Seinen Dienern das Bündnis schloss, dass sie Ihm dienen und keinen Teilhaber an Seine Seite stellen und dass sie an Seine Gesandten und an Seine Statthalter glauben sollen. Es ist der erste Tag, an dem die Sonne aufging, und die regenbringenden Winde zu wehen begannen und die Blumen und Blüten auf der Erde erschaffen wurden.
Es ist der Tag, an dem die Arche Noah (S) auf dem Berg Dschudi gelandet ist und der Tag, an dem ein Volk aus Angst vor dem Tod seine Häuser verließ. Es waren Tausende. Gott ließ sie sterben und erweckte sie an diesem Tag wieder zum Leben.
Es ist der Tag, an dem Dschibril (Gabriel) dem Propheten (S) erschien und es ist der Tag, an dem Ibrahim (Abraham) F) die Götzen seines Volkes zertrümmerte, und es ist der Tag, an dem der Prophet Gottes, den Fürsten der Gläubigen Ali (F) seine Schultern besteigen hieß, damit er die Götzen der Qureisch vom Haus Gottes (der Kaaba) herunterstößt und zerschmettert.“
Noruz wird von der Bevölkerung als altes Kulturerbe geschätzt und jedes Jahr gefeiert. In einigen Ländern war es in der Vergangenheit teilweise verboten, offen das Noruz zu begehen. In der Ex-Sowjetunion durfte die Bevölkerung in einigen zentralasiatischen Sowjetrepubliken wie Turkmenien, Kirgisien und Tadschikistan nicht zu Noruz feiern. Dieses Verbot galt bis zur Regierungszeit von Michael Gorbatschow. Aber die Bevölkerung in diesen Ländern pflegte heimlich ihr Noruzfest oder feierte es auf dem Dorf. Andere haben mit Einverständnis der lokalen Behörden das Fest unter einem anderen Namen gefeiert. Zum Beispiel in Tadschikistan unter dem Namen Tulpenfest oder Achter-März-Fest. Als die Taliban in Afghanistan die Macht in der Hand hatten, war es auch dort untersagt, das traditionelle Noruzfest zu feiern. Die Talibanregierung erkannte nur den Mondkalender und nicht den Sonnenkalender an.
Zu dem großen geografischen Gebiet, in dem in der Vergangenheit das Noruzfest Sitte war und heute noch ist, gehören viele Länder, wobei in einigen das Fest nicht unter dem Namen Noruz aber unter ähnlichen Namen gefeiert wird. Zum Noruzfest-Gebiet gehören der gesamte Nahe Osten, der Balkan, Kasachstan, Tartarestan, Uyguristan , Sudan, Zanzibar und Kleinasien vom Kaukasus bis zum südrussischen Astrachan. Aber auch in Nordamerika, in Indien, Pakistan, Bangladesch, Bhutan, Nepal und Tibet wird Noruz gefeiert. Einige Länder haben die ursprünglichen Noruzbräuche variiert. So wird in Afghanistan das Noruzfesttuch mit Obst geschmückt, während im Iran dieses Festtuch mit 7 Dingen gedeckt wird, deren Name mit dem persischen „S“ , nämlich Sin beginnen . Dieses Tuch wird daher sofreh-haft-sin genannt. In Ägypten und in China sind heute in einigen Teilen Feste üblich geworden, die dem Noruzfest ähneln.
Am 30. März 2009, nämlich dem 10. Februar des iranischen Sonnenjahres 1388, hat das kanadische Parlament den ersten Frühlingstag jedes Jahres als Nationalfest der Iraner und zahlreicher anderer Völker zum Nowruz Day ernannt. Und am 24. Februar 2010 verabschiedete die UNO eine Resolution im Sitz dieser internationalen Organisation in New York und erkannte das Noruzfest als internationalen Noruztag und den Tag der Kultur des Friedens auf der Welt an. Noruz steht seitdem also als internationales Fest zu Buche.