Jul 27, 2020 02:39 Europe/Berlin

Der Monat Dhul Hidscha ist angebrochen und der Ruf Abrahams hallt im  Universum wider:

 

 

 

:« یا ایها النّاس ان اللّه دعاکم الى الحجّ

Ihr Menschen! Gott ruft euch herbei zur Vollbringung des Hadsches.

                            

So eilt herbei zur Kaaba! Die Heilige Moschee in Mekka ist normalerweise  in diesen Tagen Gastgeber von Millionen von Menschen, die dem Aufruf  Gottes gefolgt sind.  Doch dieses Jahr können die Muslime nicht zum Hadsch kommen.  Dies ist höchst bedauerlich für sie.

Die Kaaba während der Ausbreitung von Covid-19 -ein ungewöhnliches Bild

 


Überall auf der Welt finden große und kleine Konferenzen zu verschiedenen Themen statt. Aber keine von diesen Zusammenkünften  ist so gewaltig, wie die Zusammenkunft von Hunderttausenden von Pilgern in Mekka und keine Zusammenkunft ist so alt wie diese. Hadsch ist der Kongress zum Thema Tauhid, Ichlas, Ibadat, Dua und Munadschat –Einheit Gottes, ausschließliche Liebe zu Gott, Seine Anbetung und Seine Anflehung. Es ist der Kongress von Millionen Teilnehmern, die der Welt entsagt haben, die Bereitschaft für die Reise ins Jenseits einüben und ihr Ego ignorieren:  Eine Übung für den Pfad zu Allah, und die Anstrengung auf dem Wege Gottes,  die gedankliche Vertiefung und die Öffnung des inneren Auges. Hadsch ist ein mehrtägiges Training, zur Vorbereitung des Menschen auf den Kampf  gegen alles, was ihn von dem Weg zum Ewigen Glück und zur Rechtleitung abhält.

Während des Hadsches macht der Pilger die Erfahrung, dass er allem, was er am Weltlichen liebt eine Absage erteilen muss, wenn er an das Ewige Glück gelangen will: seiner Heimat, seinem Besitz und seinen Lieben.  Er muss die Härten der Reise, Schlaflosigkeit und Sorge auf sich nehmen und die gewohnte Kleidung ablegen und auf Schmuck verzichten. Es geht darum, dass er der Aufforderung Gottes folgt und andere Rufe nicht mehr hört. Wahrheit und Gerechtigkeit sollen Dreh- und Angelpunkt für ihn sein. Er soll jeden Augenblick darauf achten, nicht gegen den Befehl Gottes zu verstoßen.  Der Hadschpilger soll die Ichbezogenheit hinter sich lassen, damit er sich läutern kann von dem moralisch Hässlichen. Solange ihm das nicht gelingt, hat er nicht den wahren Sinn des Hadsches begriffen und wird nicht wirklich ein Pilger zum Hause Gottes sein. 

                  

Die Hadschzeremonie ist eine Verbildlichung der verschiedenen Befindlichkeiten des Gott suchenden Menschen. Dieser nimmt alle Mühen aus Liebe zu Gott auf sich. Der Teilnehmer an diesem großen Kongress strebt danach sich zu bessern und die Seele zu läutern, näher zu Gott zu kommen und sich von den weltlichen Abhängigkeiten freizumachen. Beim Hadsch ist diese Trennung von den weltlichen Vorlieben kein asketischer Akt eines Einzelnen, isoliert von der Gemeinschaft. Hadsch ist eine Verknüpfung der Individualität mit der Gemeinschaft und verbildlicht auf gewisse Weise, dass in der Islamischen Gesellschaft niemals der Einzelne zugunsten der Gemeinschaft und die Gemeinschaft zugunsten des Einzelnen geopfert wird, sondern dass Gemeinschaft und Einzelner zusammen einen Sinn ergeben und zusammen sich entfalten können.

                         

Die Trennung vom Zuhause und die Reise an einen fernen Ort in Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes, ruft die Szene der Todesstunde und Trennung von allem was der Mensch an Weltlichem besessen und geliebt hat,  wach. Der Hadsch ist ein kleines Beispiel für die große Versammlung am Jüngsten Tag. Beim Hadsch kommen alle nebeneinander zu stehen; ohne Unterschied und ohne Privileg. Arm und Reich versammeln sich alle in Weiß gekleidet am Hause Allahs... Alle hoffen auf Gottes Barmherzigkeit, Gunst und Gastgeberschaft. Sie hoffen, dass Gott ihren Hadsch anerkennt und fürchten zugleich, dass Er ihn ablehnen könnte.     Wie oft nennt sich jemand Hadschpilger, obwohl Gott in Wahrheit seinen Hadsch nicht akzeptiert und er sich umsonst Mühe gemacht hat.  Doch den aufmerksamen Pilger erinnert der Hadsch an den Jüngsten Tag. An den Tag, wo er besorgt vor seinem Herrn erscheinen muss, damit der gerechteste aller Richter, ein Urteil über seine Taten fällt und über seinen Ausgang im Jenseits bestimmt:  das Paradies oder das Feuer der Hölle.

Den Versen des Korans und den Überlieferungen ist zu entnehmen, dass der Hadsch  nicht nur einen einmaligen Segen für den einzelnen Pilger mit sich bringt, sondern auch großen materiellen und immateriellen Nutzen  für die Islamische Ummah – die Islamische Weltgemeinde; und zwar in Gegenwart und Zukunft.  Diese nützlichen Wirkungen sind Wirtschaftsaufschwung, Einheit und Brüderlichkeit, Lösung der Probleme in den islamischen Gesellschaften,  Beilegung von Meinungsverschiedenheiten, Demonstration des Kräftepotentials der Islamischen Weltgemeinde und Bereitschaft zum Aufbau der universalen Islamischen Zivilisation, um einige dieser allgemeinnützigen Vorzüge des Hadsches zu nennen.  

Der Prophet (S) hatte ein Jahr vor der Eroberung von Mekka mit den Götzendienern in dieser Stadt einen Vertrag abgeschlossen, der als Friedensvertrag von Hudaibiya bekannt wurde und gemäß dem er und seine Anhänger  in Mekka den kleinen Hadsch (Umra) durchführen und für drei Tage dort verweilen durften. Zusammen mit 2000 Muslimen begab er sich nach Mekka und nachdem sie an einem Ort in der Nähe der Stadt in den Weihezustand getreten waren, zogen sie zum  Heiligtum in Mekka und begannen mit der Umkreisung der Kaaba. In diesem politisch gesehen sehr wichtigen und schicksalhaften Moment sagte der Prophet zu seinen Gefährten: „Entblößt eure Schultern und vollzieht den Tawaf (die Umkreisung der Kaaba) auf eine Weise, dass die Götzendiener eure lederne Haut und eure starken Arme sehen können.“

Die Muslime befolgten diese Anweisung und die Götzendiener sahen den Propheten und seinen Anhängern bei der Hadschzeremonie zu. Zwischen der Bereitschaftskundgebung der  Pilger, nämlich  dem wiederholten Ruf Labaik allahuma Labaik –„Hier bin ich o  unser Allah, hier bin ich“ , rief Abdullah ibn Rawaha einer der Anführer der Muslime, auf den Propheten weisend, den Götzendienern zu: "Ihr Kinder der Ungläubigen! Macht den Weg frei für  den Gesandten Gottes! Macht den Weg frei und wisset dass das Glück durch das Bekenntnis zur Botschaft des Propheten Gottes zustande kommt. O Herr! Ich glaube an das Wort dieses geehrten Mannes und betrachte es als rechtens, seiner Anweisung zu folgen.“

                       

Es wird deutlich, dass die Umkreisung der Kaaba für den Propheten und seine Helfer  auch eine Art Machtdemonstration gegenüber den Götzendienern war. Der Hadsch war ein gottesdienstlicher Akt und demonstrierte zugleich die Größe des Islams und die Strategie zur Bekämpfung der Götzenverehrer.

Nicht ohne Grund hat der Vater der Islamischen Revolution Iran, der verstorbene Imam Chomeini gesagt: Wenn ihr Labaik Labaik – „hier bin ich, unser Allah“ ruft erteilt ihr allen Götzen eine Absage und schmettert allen kleinen und großen Abgöttern ein klares Nein entgegen...Geht eifrig und erfüllt mit Gnostik nach Masch`ar-al-Haram und nach Arafat  und vermehrt an jeder Station (der Hadsch-Zeremonie ) das Vertrauen des Herzen auf die Verheißungen Gottes und in die Regierung der Unterdrückten und vertieft euch gedanklich, wenn ihr schweigt und ruht, in die Verse Gottes und denkt an die Rettung der Entbehrenden und Entrechteten aus den Fäusten des Weltimperialismus.“

Der Hadsch zeigt im Kleinformat die ideale islamische Gesellschaft und die neue islamische Zivilisation. An der Hadschzeremonie nehmen Menschen aus allen Völkern und Kulturen teil.  Sie kommen aus allen Teilen der Erde und versammeln sich, um die Achse der Einheit zu bilden und ihre Dienstbereitschaft gegenüber dem Einen Gott kundzugeben. Diese alljährliche Übung für die Einheit ist in Wahrheit eine internationale Übung der  Muslime für die universale Regierung unter Führung des Verheißenen Imam Mahdi (möge Gott sein Erscheinen beschleunigen).  In den Überlieferungen heißt es, dass unter seiner Regierung die Menschen ein derartiges Niveau an Vernunft und Moral erreichen, dass ihre Konflikte und Kriege enden und sie miteinander in Freundschaft, Brüderlichkeit und Nachsicht leben. Die riesige Versammlung zum Hadsch spiegelt solche Szenen der Eintracht wieder: die Eintracht und die Gemeinschaft der Hadschpilger aus allen Ländern und allen verschiedenen Sprachräumen. Diese Beispiele sind zwar klein und unvollkommen aber sie demonstrieren den Unterschied zwischen einem würdigen Leben des Menschen und jenen ungesunden Lebensweisen, welche die Menschheit heute erlebt.

Die Seele des Hadsches, die oftmals vergessen wird,  ist das Wissen um den Vali Amr – des verantwortlichen Befehlshabers und die Bereitschaft die Verwaltung des Statthalters Gottes zu akzeptieren. Imam Mohammad Baqir (Friede sei ihm) hat beim Anblick derer, die die Kaaba umkreisten, gesagt: „In der (vorislamischen) Zeit der Unwissenheit haben die Leute ebenso sieben Mal die Kaaba umkreist! Wisset! Bei Gott! Die Menschen sind mit dem Hadsch beauftragt, nur um dessen Zeremonien durchzuführen und Halq und Taqsir (Abrasieren oder Kürzen des Kopfhaares  bzw. Kürzen der Finger- oder Fußnägel) vorzunehmen und ihrem Bündnis und ihren Gelöbnissen treuzubleiben und um sich an uns (die Imame aus dem Prophetenhaus) zu wenden und uns die Statthalterschaft zu bestätigen  und ihre Liebe zu uns kundzugeben und uns ihre Unterstützung anzubieten.“

 Dieses Geheimnis, nämlich die Kundgabe der Treue gegenüber dem Unfehlbaren Imam und die Bereitschaft ihm zu befolgen, ist es, was den  Hadsch gemäß Abraham über einen Hadsch in Unwissenheit stellt. Es ist in Wahrheit die Seele und Vollendung des Hadsches und ein solcher Hadsch ist es, der die Voraussetzungen für die weltumfassende Islamische Zivilisation unter Leitung des Imams der Zeit – dem verheißenen Imam Mahdi (adsch) - schafft.

 

 

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