Filmfestival Cannes: Protest gegen Rassismus
Der Rassismus im internationalen Kino insbesondere in Hollywood blickt auf eine lange Vergangenheit zurück. In vielen Filmen kommen Farbige als Untertanen von Weißen vor. Einige sagen, dass diese Darstellung weiterhin der Realität entspricht.
Der amerikanische Regisseur Spike Lee, der die Jury bei den 74. Filmfestspielen in Cannes leitet, erinnerte am ersten Festivaltag an George Floyd und sagte: „In den USA schlachten sie noch immer Afro-Amerikaner ab.“ Auf der Eröffnungszeremonie des Festivals betonte Spike Lee, dass die Ermordung von Schwarzhäutigen in den USA ein Ende finden muss. Lee sagte mit Anspielung auf den vorherigen US-Präsidenten: „In dieser Welt laufen viele Gangster herum ... Der Orange Agent (er meinte Donald Trump), dieser Mann dort in Brasilien und und – sie alle sind Gangster. Sie halten sich an keine Moral. Das ist die Welt, in der wir leben, und wir müssen uns gegen solche Gangster äußern und gegen sie protestieren!“
Die Filme von Spike Lee drehen sich meistens um Probleme des Rassismus sowie soziale und politische Fragen. Der Farbige auf dem Poster der diesjährigen Filmfestspiele in Cannes soll offensichtlich an ihn erinnern. Spike Lee wurde voriges Jahr zum Juryleiter gewählt, und hat diese Aufgabe 2021 inne, weil im vorigen Jahr das Festival ausfiel. Spike Lee ist der erste Juryleiter, dessen Abbildung auf dem Poster dieser Festspiele erscheint.
Spike Lee hat im vergangenen Jahr einen Kurzfilm im Cyber-Raum veröffentlicht, welcher das wiederholte Gewaltmodell der US-Polizei gegen schwarze Bürger verdeutlicht. Während der weitgehenden Proteste international gegen die Ermordung von George Floyd durch einen US-Polizisten, stellte er diesen Film mit dem Titel „Three Brothers“ auf seine Instagram Seite. Dieser Film verdeutlicht die Parallelen zwischen der realen Tragödie und der Geschichte der Phantasiefigur von Radio Raheem in dem Film „Do the right thing“ (Mach das Richtige), den Lee 1989 gedreht hat und in dem Radio Raheem von der Polizei erwürgt wird. Der Film „Drei Brüder“ wird mit der Frage eingeleitet: „Wird die Geschichte aufhören sich zu wiederholen?“ In weniger als zwei Minuten zeigt er Szenen von der Ermordung von mehreren Schwarzhäutigen. Die Ermordung von George Floyd und die Ähnlichkeit dieses Verbrechens mit dem Mord in dem Film von Spike Lee aus dem Jahre 1989, demonstriert, welche wertvolle Rolle das Kino bei Erfüllung seiner menschlichen Pflicht hinsichtlich Aufklärung und Prognosen für die Zukunft spielen kann.
Seit dem Film „Gone with the Wind“ (vom Winde verweht), bis zu dem Film „12 Years a Slave „(12 Jahre Sklave) hat Hollywood zahlreiche Filme und Serien produziert, die den Rassismus in der US-Gesellschaft zeigen. Nicht alle davon wurden berühmt, aber die gesellschaftliche Realität hat sich nicht geändert und trotz aller schönen Parolen und Propaganda existieren Rassendiskriminierung und der Rassismus in den USA weiter.
Über die heutige Diskriminierung von Afro-Amerikanern ist kaum ein Film gedreht werden. Wie oft hatten die Afro-Amerikaner in Hollywood bislang überhaupt die Möglichkeit Filme zu drehen, die ihren Landsleuten gleicher Herkunft etwas genützt haben? Welche Regisseure haben einen Film gegen die Rassendiskriminierung gegenüber Schwarzen gedreht?
Bekanntlich liegen die Ursprünge der Rassendiskriminierung sehr lange zurück. Sie fallen in eine Zeit, in der Montesquieu und andere damit beschäftigt waren, die theoretischen Grundlagen für die Zivilgesetze im Westen festzulegen. Es klingt unglaublich, aber dieser bekannte Denker des 17. Jahrhunderts hat sich in seinem Werk „Der Geist der Gesetze“ gefragt, ob denn der Geist Gottes den Körpern von Schwarzen innewohnen könne!
In vielen Filmen der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts werden die Schwarzen als jämmerliche Gestalten hingestellt, die ohne die blauäugigen blonden Weißen zugrunde gehen würden. In diesen Filmen ist überall der herrische Blick von oben auf die Untertanen zu verspüren und diese Einstellung wird sogar in diesen Filmen gefördert. Das berühmteste und vielleicht schlimmste Beispiel für einen rassistischen Hollywoodfilm ist der Film „Vom Winde verweht“ von Victor Fleming in dem die Weißen die Herren der Schwarzen sind und die Anhänger des rassistischen Geheimbundes Ku-Klux-Klan ans Tageslicht treten.
Ein Schwarzer ist im US-Kino – angefangen bei „Vom Winde verweht“ bis zu der Animation „Tom & Jerry“ ein freundlicher immer zur Verfügung stehender Diener. Er ist laut diesen Filmen sozial schwach gestellt, ungebildet, emotional geladen, kann nicht nachdenken und steht wenn er Glück hat im Dienste der Weißen. Das Bild des schwarzen Dieners in dem Film „Vom Winde verweht“ ist ein allgemeingültiges Bild in der US-Gesellschaft gewesen, gegen das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allmählich einige Künstler und die Weltbevölkerung protestiert haben.
Sidney Poitier ist der bekannteste unter den Künstlern und Leuten, die dieses Klischee und diese rassistischen Einstellung gegenüber den Schwarzen bekämpft haben. Sidney Poitier trat dieser Meinung in seinem bekannten Film „Lilies of the Field (die Lilien des Feldes) entgegen. Für diesen Film wurde er mit dem Oscar ausgezeichnet. Als dieser von den Bahamas stammende US-Schauspieler und Regisseur, der auch in anderen Werken die eingefahrene diskriminierende Einstellung gegenüber den Schwarzen bekämpft hat, im Jahre den Oscar 1964 erhielt, hatte die US-Filmindustrie nach 50 Jahren zum ersten Mal einen Schwarzhäutigen auf die Liste der Kandidaten für den Oscar gestellt. Dies signalisierte, dass Hollywood erst von da an die Darstellung der Schwarzen in den US-Filmen parallel zu den Änderungen in der US-Gesellschaft zu verändern begann.
In Wahrheit ist dies den Anstrengungen der Afro-Amerikaner in der Filmbranche zu verdanken, die die Oscar-Verleiher auf sich und ihre Leistungen aufmerksam machten. Das Ergebnis war, dass Regisseure wie Spike Lee mit Filmen wie „Malcolm X“ und „12 Jahre Sklave“ sowie Moonlight (Mondlicht) auf der ganzen Welt das Interesse von Filmfreunden für die Kunst und die Fähigkeiten der Afro-Amerikaner in der Kinowelt gewinnen konnten.
Das internationale Kino insbesondere das Kino in den USA, wo die Wiege des Rassismus steht, ist noch weit davon entfernt ein ideales Kino zu sein und manchmal zeigt der Protest von Größen der Kinowelt, dass weiterhin der Rassismus existiert und die Menschheit schwer belastet.
Vor kurzem forderte zum Beispiel der bekannte amerikanische Schauspieler, Regisseur und Schriftsteller Tom Hanks die Filmproduzenten auf, ernsthafter den Rassismus zu bekämpfen und die schweren Folgen des Rassismus zu veranschaulichen.
In einem Artikel, den Tom Hanks nur einige Tage nach dem 100. Gedenktag an das Massaker von Tulsa für die New York Times schrieb, heißt es, dass die Geschichte meistens von Weißen wie er selber geschrieben wurde, wobei in der Regel die Geschichte der Afrikastämmigen wie zum Beispiel das schreckliche Massaker in Tulsa, unbeachtet blieb.
Am 31. Mai und am 1. Juni 1921 stürmten die amerikanischen Rassisten das Viertel Greenwood in Tulsa und setzten hunderte von Häusern der Afro-Amerikaner in Brand. Mehrere Hundert Schwarzhäutige wurden umgebracht und ungefähr 800 Afro-Amerikaner wurden verletzt. Diese Katastrophe wird als schlimmster Fall von rassistischer Gewalt in der Geschichte der USA bezeichnet.
Tom Hanks forderte in seinem Artikel seine Kollegen auf, in Form von historischen Filmen die Geschichte des Rassismus in diesem Land aufzuarbeiten. Die Botschaft von Tom Hanks an die Filmregisseure und Filmproduzenten erschien dieses Jahr, während schon seit mehreren Jahren die fehlende ethnische Vielfalt in der Filmindustrie in der Öffentlichkeit bemängelt wird.
Natürlich drehen sich die Nachrichten über das Festival von Cannes nicht nur um den Protest des Juryvorsitzenden gegen Rassismus. Daher nun noch kurz einige Notizen zu diesem Kulturereignis:
Das Festival fand voriges Jahr nicht statt, begann aber dieses Jahr am 6. Juli unter dem Motto „Rückkehr des Kinos zu den Präsenzereignissen“.
Thierry Frémaux, der Leiter des Festivals in Cannes und sein Team hatten es gewagt, den Traum von einer Präsenzveranstaltung zu verwirklichen und so trafen die Kinostars und Journalisten unter Beachtung des Gesundheitsprotokolls und bei laufenden Coronatests in der französischen Küstenstadt Cannes wieder zusammen.
Der Film „Qahreman“ (Der Held) von Asgar Farhadi war einer der drei Filme, die auf dem 74. Filmfestival von Cannes vorgeführt wurden und in der Wettbewerbsabteilung mit 23 Filmen aus verschiedenen Ländern um die Goldene Palme wetteiferten. Das Festival ist am 17. Juni zu Ende gegangen.