Deutschland führt Kontrollen an Grenzen Polens und Tschechiens ein, um Asylsuchende fernzuhalten
(last modified Wed, 27 Sep 2023 20:10:56 GMT )
Sep 27, 2023 22:10 Europe/Berlin
  • Deutschland führt Kontrollen an Grenzen Polens und Tschechiens ein, um Asylsuchende fernzuhalten

Berlin - Die deutsche Regierung will Polizeikontrollen an den Grenzen zu Polen und der Tschechischen Republik einführen, um den Zustrom von Asylbewerbern einzudämmen, sagte ein deutscher Beamter.

Der Beamte teilte POLITICO am Dienstag mit, dass diese „vorübergehenden Kontrollen an ausgewählten Grenzübergängen“ „in den nächsten Tagen“ beginnen würden.

Die deutschen Staats- und Regierungschefs geraten zunehmend unter Druck, gegen die wachsende Zahl von Asylbewerbern vorzugehen, von denen viele inzwischen die Grenzen Polens und der Tschechischen Republik überschreiten. In den ersten acht Monaten des Jahres 2023 beantragten rund 204.000 Menschen in Deutschland Asyl, 77 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Da Polen und die Tschechische Republik Mitglieder des passfreien Schengen-Raums sind, gewährt ein von diesen Ländern ausgestelltes Visum den Inhabern freien Zugang zu 27 Staaten in ganz Europa.

Gleichzeitig hieß es in Medienberichten, die polnische Regierung sei in einen Visa-Betrugsskandal verwickelt, der zur Inhaftierung von sieben Personen und zur Entlassung des stellvertretenden Außenministers geführt habe.

Deutschland, das an Polen grenzt, hat Warschau um eine offizielle Erklärung zu dieser Angelegenheit gebeten. Bundeskanzler Olaf Scholz forderte eine „Aufklärung“ des Vorwurfs, dass bis zu 350.000 Migranten bei polnischen Konsulaten EU-Schengen-Visa gekauft hätten.

„Ich möchte nicht, dass Polen die Leute einfach durchwinkt und anschließend über unsere Asylpolitik diskutiert“, sagte Scholz vor einer Menschenmenge in Nürnberg.

Mitglieder der rechtsgerichteten polnischen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) reagierten auf Scholz‘ Anschuldigungen im Visa-Korruptionsskandal: Polens Außenminister Zbigniew Rau forderte die deutsche Bundeskanzlerin auf, „von Äußerungen abzusehen, die unseren gegenseitigen Beziehungen schaden“.

Rau warf Deutschland außerdem vor, sich in die inneren Angelegenheiten seines Landes einmischen zu wollen.

Die regierende PiS-Partei hatte zuvor das Vorliegen eines Fehlverhaltens eingestanden, bestand jedoch darauf, dass das Ausmaß des Problems viel geringer sei, als die Medienberichte vermuten ließen.

Polens stellvertretender Außenminister Piotr Wawrzyk wurde entlassen und später ins Krankenhaus eingeliefert, nachdem eine durch den Skandal ausgelöste Beunruhigung Berichten zufolge zu Selbstverletzungen geführt hatte.

Unterdessen hat die polnische Staatsanwaltschaft sieben Personen angeklagt, die der Korruption und der Teilnahme an der beschleunigten Visaregelung verdächtigt werden.

In diesem Zusammenhang warnte die Botschaft der Tschechischen Republik in Neu-Delhi Visumantragsteller vor jeglicher Praxis, bei der ein Dritter verspricht, Visa zu bearbeiten oder Belege für Visumanträge, wie etwa Arbeitserlaubnisse, zu beschaffen.

Letztes Jahr erklärten tschechische Beamte, dass solche Angebote betrügerisch seien. Sie bestanden jedoch auch darauf, dass nur von tschechischen Staatsbehörden ausgestellte Visa und Belege akzeptabel seien, was den Verdacht der Bestechung und Korruption aufkommen ließ.

Berichten in polnischen Medien zufolge wurden seit 2021 etwa 250.000 Visa gegen Bestechungsgelder ausgestellt, die jeweils Tausende von Dollar kosteten. Die Reise nach Polen galt als Zwischenschritt zur Einreise nach Nordwesteuropa oder in die USA.

Das Nachrichtenportal Onet berichtete von einem Fall, in dem eine Gruppe Inder bis zu 40.000 US-Dollar für Visa bezahlte und vorgab, an einem Bollywood-Film zu arbeiten, um nach Polen zu fliegen und später nach Amerika zu gelangen.

In den Skandal waren Staatsangehörige aus Hongkong, Taiwan, Saudi-Arabien, Singapur, den Philippinen, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten verwickelt, die vermutlich ebenfalls überhöhte Gebühren gezahlt hatten.