Kein Erbarmen mit den Schmetterlingen ohne Flügel
Epidermolysis bullosa, bekannt als Schmetterlingskrankheit, ist eine vererbbare schwere Hauterkrankung. Bei diesem Leiden ist die Haut sehr brüchig. Sie blättert bei der kleinsten Schädigung ab und es bilden sich Wunden und Blasen. Es gibt noch keine endgültige Heilungsmethode für diese Krankheit aber es gibt Mittel zur Linderung der mit ihr verbundenen Schmerzen. Eines der wichtigsten Behandlungsmittel, welche diese Art von Patienten brauchen, ist ein spezieller Wundverband.
Aber nach der Wiedereinführung der Sanktionen im Mai 2018 sind große Probleme bei der Beschaffung dieses Verbandes für die unter der Schmetterlingskrankheit leidenden Menschen im Iran aufgetreten.
Epidermolysis bullos zieht die Haut und die Schleimhäute in Mitleidenschaft. Ursache ist eine angeborene Mutation in bestimmten Genen, deren Proteine u.a. für den intakten zellulären Aufbau der Haut notwendig sind. Die geringste Reibung oder Schädigung der Haut führt zur Bildung von Blasen und Wunden und zur Hautablösung. Für die Betroffenen ist das Risiko an Hautkrebs zu erkranken erhöht.
Im Jahre 1886 hat man zum ersten Mal diese Krankheit erkannt. Inzwischen hat man zwischen 16 bis 23 Gene festgestellt, die bei einem Defekt verschiedene Formen der Schmetterlingskrankheit hervorrufen. Der Grad der Erkrankung reicht von milde bis zu tödlich. Unterschieden wird nach EB simplex, welches zur Schädigung der Epidermis führt , EB junctionalis (EBJ) mit Spaltbildung zwischen der Epidermis und Dermis und die sehr seltene EB distrophica mit Brüchigkeit der Haut und Schleimhäute und Bildung von Blasen, die Vernarbungen hinterlassen. Die Häufigkeit der Krankheit beläuft sich auf 2 bis 4 von hunderttausend Personen. Es gibt weltweit schätzungsweise 500 Tausend Menschen mit dieser Krankheit.
Die Schmetterlingskrankheit kommt unter allen Völkern vor und Frauen und Männer sind im gleichen Maße davon betroffen. Die meisten haben diese Krankheit über einen Elternteil oder über beiden Eltern geerbt.
Bei der rezessiven Vererbung tritt die Erkrankung zumeist überraschend in der Familie auf. In der Regel sind beide gesunde Eltern unwissend Träger des veränderten Gens. Die Wahrscheinlichkeit der Erkrankung eines Kindes an EB beträgt dann bei jeder Schwangerschaft 25 Prozent.
Bei der dominanten Vererbung hat ein Elternteil die Krankheit und das Risiko der Übertragung beträgt bei jeder Schwangerschaft 50 Prozent.
Bei Kranken, die unter der Epidermolysis bullos simplex leiden und deren obere Hautschicht , die Epidermis , brüchig ist, bilden sich keine Finger- und Fußnägel. Bei der EB junctionalis ist auch die Dermis unter der Epidermis mit beschädigt. Die Blasenbildung bei dieser Art von Epidermolysis bullos gefährdet ernsthaft die Gesundheit des Kranken, denn es kann zu besonders schweren Entzündungen und zu starkem Wassermangel im Körper kommen. Blasen auf den Schleimhäuten, wie in der Speiseröhre und im Magen, den oberen Atemwegen, in den Därmen und im Blasen- und Genitalbereich können lebensgefährlich für die Betroffenen sein.
Die Bezeichnung Schmetterlingskrankheit wurde gewählt, weil die Haut der Betroffenen so empfindlich ist wie die Flügel eines Schmetterlings. Die Krankheit kann sich mit der Zeit so sehr verschlimmern, dass das Leben des Kranken in Gefahr gerät und immer mehr Blasen an Händen und Füssen auftreten. Bei einigen Kranken kann sogar der ganze Körper befallen werden und aufeinanderfolgende Entzündungen die Rettung des Betroffenen immer mehr erschweren. Diese Entzündungen klingen nur sehr langsam ab. Die Schmetterlingskrankheit zählt immer noch zu den Krankheiten, die sich nicht heilen lassen. Die einzige Behandlung besteht darin, die Haut vor weiteren Entzündungen infolge von Verletzungen und Blasen zu schützen.
Es gibt nur Behandlungsmittel zur Linderung der Schmerzen, die die Schmetterlingskrankheit verursacht. Von besonders großer Wichtigkeit ist ein spezieller Wundverband, welcher in verschiedenen Ländern hergestellt wird. Am besten ist der Spezialverband für EB-Kranke aus Schweden. Vor der Verhängung der Sanktionen gegen Iran, verlief die Besorgung dieses Spezialverbandes problemlos. Aber seit Mai 2018 und der Wiedereinführung der Sanktionen ist der Erhalt dieses Verbandes, den die EB-Kranken unbedingt benötigen, mit großen Schwierigkeiten verbunden.
Im Iran gibt es um die 1000 Menschen, die an der Schmetterlingskrankheit leiden. Wegen erneuter Verhängung von Sanktionen können sie nicht mit dem Spezialverband versorgt werden, den sie zur Linderung ihrer Beschwerden brauchen. Infolgedessen befinden sich inzwischen 300 von ihnen in einem kritischen Gesundheitszustand und sind nach Mai 2018 und der Auferlegung der Sanktionen leider 15 von ihnen bereits der Krankheit erlegen. Gemäß dem Leiter des EB-Hauses in Iran ist die Besorgung dieses ausländischen Verbandmaterials für die Patienten deshalb so wichtig, weil keine andere Art von Wundverband den Kranken etwas nützen würde. Nach erneuter Verhängung der Sanktionen hat man mit der Firma Mölnlycke in Schweden Verbindung aufgenommen und um Lieferung des Verbandes gebeten. Aber deren Antwort lautete, dass wegen der Sanktionen keine Möglichkeit bestünde, diese Art von Verbandmaterial an den Iran zu verkaufen.
Jeder von uns hat sich schon einmal geringfügig verletzt und Schmerzen verspürt und schnell versucht diese zu stillen. Nun stelle man sich ein Kind vor, das heftige Schmerzen aushalten und damit leben muss. Ein Kind, dessen Haut so empfindlich ist wie die Flügel eines Schmetterlings und bei der geringsten Verletzung Blasen bildet und sich ablöst. Ein Kind das noch nicht mal wagt, seine Spielsachen anzufassen: Kleine Schmetterlinge mit schwachen verletzten Flügeln. Sie kommen mit diesem Leiden auf die Welt und dauernd greift die Krankheit einen neuen Teil ihrer Haut an.
Die wichtigsten ersten Symptome für die Schmetterlingskrankheit sind Atembeschwerden, Haarausfall, Blasenbildung in der Nähe der Kehle und im Mund, erschwertes Schlucken, Blasenbildung aufgrund von Temperaturveränderungen, Zahn- und Zahnfleischeschwerden und Veränderungen der Nägel. Wie gesagt, kennt man noch keine endgültige Heilung und man kann nur durch Beachtung besonderer Bedingungen wie geeignete Ernährung und eben das Anlegen des Spezialverbandes die Zahl der Wunden reduzieren. Manchmal kann der Kranke wegen der heftigen Verletzungen noch nicht einmal Kleidung tragen und manchmal verliert er aufgrund der Schmetterlingskrankheit eine Gliedmaße oder sogar das Leben.
Zu den Schmerzen, mit denen die EB-Kranken im Iran zu kämpfen haben, kommt noch ein anderer Schmerz namens Sanktionen der Vereinigten Staaten von Amerika, welche diese Kranken buchstäblich am Leib zu spüren bekommen. Der Rohstoff für Medikamente wird in vielen Fällen vom Iran eingeführt, während die meisten Arzneimittelfirmen im Ausland jedoch nicht bereit sind, das Land zu beliefern. Diese Blockade trifft auch die EB-Kranken sehr hart. Die USA haben bekannt gegeben, sie hätten Arzneimittel von der Liste ihrer Sanktionen gegen die Islamischen Republik Iran genommen. Die Sanktionen sind aber so konstruiert, dass sie nur den Eindruck erwecken, der Zugang zu Nahrungs- und Arzneimitteln würde nicht blockiert. Aber in der Praxis werden mit diesen Sanktionen viele lebenswichtige Aspekte einer Gesellschaft ins Visier genommen. Die großen Schwierigkeiten, die dadurch für die Iraner die an der Schmetterlingskrankheit leiden, heraufbeschworen wurden, sind ein anschauliches Beispiel dafür.
Die Kinder, die unter der Schmetterlingskrankheit leiden, wissen nicht was Sanktionen sind und wo das Land liegt, das sie verhängt hat, aber sie bekommen die schweren Auswirkungen der skrupellosen Sanktionspolitik der USA schmerzhaft zu spüren.
Ist es nicht schon lange an der Zeit, dass die internationale Völkergemeinschaft eine Reaktion auf diese unmenschliche Politik der USA zeigt und fordert, dass die Herren dieses Landes den erpresserischen Missbrauch ihres Machteinflusses beenden?