Was sind die strategischen Ziele Irans zur Abwehr interventionistischer Pläne im Kaukasus?
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ParsToday – Der sogenannte „Sangesur-Korridor“, der von einigen außerregionalen Mächten unterstützt wird, erscheint äußerlich als ein Transitprojekt zur Anbindung der Enklave Nachitschewan an die Republik Aserbaidschan. Aus Sicht Irans jedoch stellt er eine geopolitische Bedrohung mit weitreichenden sicherheits-, wirtschafts- und politischen Konsequenzen dar.
(last modified 2025-08-08T19:38:38+00:00 )
Aug 08, 2025 21:35 Europe/Berlin
  • Was sind die strategischen Ziele Irans zur Abwehr interventionistischer Pläne im Kaukasus?

ParsToday – Der sogenannte „Sangesur-Korridor“, der von einigen außerregionalen Mächten unterstützt wird, erscheint äußerlich als ein Transitprojekt zur Anbindung der Enklave Nachitschewan an die Republik Aserbaidschan. Aus Sicht Irans jedoch stellt er eine geopolitische Bedrohung mit weitreichenden sicherheits-, wirtschafts- und politischen Konsequenzen dar.

Ali-Akbar Velayati, Berater des Oberhaupts der Islamischen Revolution für internationale Angelegenheiten, warnte in Reaktion auf die erneute Diskussion über den „Sangesur-Korridor“ einige regionale und außerregionale Regierungen. Er betonte, dass Iran seine nationalen und regionalen Interessen energisch verteidigen werde und jeder Versuch, illegitime Ziele im Südkaukasus durchzusetzen, auf entschlossenen Widerstand Irans stoßen werde.

Irans Ablehnung dieses Projekts geht weit über einen simplen Grenzstreit hinaus und basiert auf tiefgreifenden geopolitischen, sicherheitsrelevanten und historischen Überlegungen. Die Landverbindung über die armenische Provinz Sjunik ist Irans einziger Zugang zu den Märkten Europas und des Kaukasus. Eine Umsetzung des Sangesur-Korridors ohne armenische Kontrolle würde diese Verbindung unterbrechen und Iran von wirtschaftlichen Vorteilen der Region abschneiden.

Iran ist nicht grundsätzlich gegen die Öffnung von Verkehrswegen in der Region, macht jedoch die Wahrung der armenischen Souveränität und den Schutz der eigenen Interessen zur Bedingung. Der Korridor ist Teil eines langfristig angelegten, geopolitischen Projekts unter US-Führung mit klaren Interventionsabsichten. Als Gegenstrategie setzt Iran auf die Vertiefung der Beziehungen zu Armenien, gemeinsame Investitionen und die Beibehaltung des Status quo an den Grenzen.

Der Südkaukasus besitzt aufgrund seiner wirtschaftlichen Potenziale und strategischen Lage hohe Bedeutung für die Islamische Republik Iran. Die Umsetzung des Sangesur-Korridors könnte zu geopolitischen Veränderungen, wachsender Instabilität und einer Plattform für gemeinsame Intrigen der US-amerikanisch-zionistischen Achse führen.

Um dem entgegenzuwirken, verfolgt Iran Maßnahmen, die auf die Wahrung der nationalen Sicherheit, territorialen Integrität und geopolitischen Position abzielen. Dazu gehören der Ausbau alternativer Routen, Investitionen in Transitwege über den Hafen Tschabahar (Sistan und Belutschistan), den Hafen Anzali (Gilan) und Bahnverbindungen nach Zentralasien und Russland. Weitere Schritte umfassen Handelsabkommen, gemeinsame Investitionsprojekte und die Einrichtung einer Freihandelszone in Norduz an der Grenze zu Armenien.

Iran hat zudem in den vergangenen Jahren massiv in die Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur investiert, was zu einer besseren Anbindung im Nordwesten und einer höheren Transportkapazität führte. Angesichts der Mitgliedschaft in der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und in den BRICS setzt Iran auch auf die Kooperation mit Russland, Indien und China sowie auf die Nutzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (ECO), um regionale Integrationsprozesse zu fördern.

Der Sangesur-Korridor ist somit Teil eines komplexen Szenarios, das Irans wirtschaftliche Position in der Region schwächen könnte. Mit einer mehrschichtigen Strategie aus aktiver Diplomatie, Infrastrukturentwicklung, Exportdiversifizierung und Stärkung seiner Rolle auf den globalen Energiemärkten kann Iran diese Bedrohung nicht nur abwehren, sondern neue Chancen für wirtschaftliches Wachstum und regionale Stabilität schaffen.

Die Umsetzung dieses Fahrplans würde Iran nicht nur vor geopolitischen Risiken schützen, sondern auch die wirtschaftliche Position des Landes im Kaukasus, in Zentralasien und in Eurasien festigen.