Begegnung im herbstlichen Teheran mit iranischer Skulptur und ausländischen Skulptur- und Objektkünstlern
Gegenstände zu beseelen ist eine der wichtigen Eigenschaften der Kunst. Die Kunst vermag harte Stoffe wie Metall und Stein in eine zartes liebenswertes Kunstwerk zu verwandeln. Nicht jedes Formen ist gleich Schaffen einer Skulptur, sondern hinter diesem Formen muss es eine Idee, Kreativität oder eine Innovation geben.
Vor kurzem beendete die siebte Teheraner Skulpturbiennale , die im Museum für Zeitgenössische Kunst stattfand, ihre Arbeit. Diese Biennale hat die iranischen Skulpteure und Freunde der Skulptur umeinander versammelt . Diese siebte Biennale ist das wichtigste nationale Ereignis auf dem Gebiet iranischer Skulptur. Sie stand diesmal unter dem Motto "Wasiat" (Lage, Situation) und es nahmen 78 Kunstwerke an dem Wettbewerb und 16 in der Abteilung "Gäste" teil .

Abgesehen von diesem Ereignis sind in diesem Herbst die Werke der plastischen Kunst auch im Rahmen der Ausstellung für iranisches metallenes Kunsthandwerk in dem historisch-kulturellen Niawaran-Komplex zu sehen.
Im Museumspalast dieses Komplexes - wurde in Anwesenheit des südkoreanischen Botschafters anlässlich des 55.Jahrestages der Herstellung diplomatischer Beziehungen zwischen Iran und der Republik Südkorea - eine Ausstellung für auserlesene Werke der Metallkunst Irans eröffnet. Mehr als 60 Werke von iranischen Künstlern sind hier zu sehen, von Qalamzani, den traditionellen Metallgravuren und Muschabak Feles - die kunstvolle Anfertigung von gitterartigen Metallflächen durch Ausheben der Zwischenräumen, und traditionellem Schmuck bis Metallfiguren und goldbeschlagenem Stahl (Kuftegari) sowie malilehsazi - Herstellung von Schmuck und Gegenständen mit feinem Silberdraht. Gemäß Übereinkunft zwischen der Botschaft der Republik Korea soll die Ausstellung mit iranischen Kunsthandwerk und Metallskulpturen Ende November in der Hauptstadt der Republik Südkorea , Seoul, zu Gast sein.
Kim Seung Ho , Botschafter der Republik Südkorea in Iran, sagte auf der Eröffnungsfeier dieser Ausstellung in Teheran: "Wir brauchen die östliche Kunst, um ein neues Bild von der Menschlichkeit zu schaffen. Wir hoffen dank des Auftrages, den der neue Osten hat, und durch Nutzung der Kunst und der Menschenliebe eine bessere Welt schaffen zu können. Die Ressourcen Irans sind immer noch für die Kontinuität der koreanischen Wirtschaft von vitaler Bedeutung. Wir sind Iran für die Gewährleistung von Frieden und Stabilität in dieser sensiblen geografischen Region dankbar."

Am 22. Oktober wurde im Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst eine Ausstellung mit Skulpturen des englischen Bildhauers Tony Cragg , ehemaliger Direktor der Kunstakademie Düsseldorf, eröffnet. Sie wird 3 Monate dauern. 80 Werke von Tony Cragg, die in der Mehrheit sehr groß und schwer sind, wurden per Lkw in den Iran gebracht . Sie werden später auch im Isfahaner und Kermaner Museum für Zeitgenössische Kunst exponiert werden.
Auf der Eröffnungsfeier zu dieser Ausstellung sagte Tony Cragg: "Der Vorschlag, dass ich in Iran ausstelle, hat mich überrascht. Wir haben Iran nur aus der Ferne gekannt, aber als ich vor einigen Monaten ins Land gekommen bin, hat mir die Bevölkerung von Iran und ihre Kultur gut gefallen."
Tony Cragg hat an der Kunstakademie Düsseldorf und der Universität für Schöne Künste in Berlin gelehrt und einen wesentlichen Beitrag zur Ausbildung von deutschen Künstlern und Gestaltung ihrer Ideen beigetragen. Seine Ausstellung im Iran fördert die kulturellen Beziehungen zwischen Iran und Deutschland.
Die Ausstellung "rischeha wa sangha" (Wurzeln und Steine) umfasst 60 Skulpturen und 140 Zeichnungen von Tony Cragg - die er zwischen 1970 bis 2017 schuf. Die Skulpturen bestehen aus industriellen Werkstoffen, Plastik, Bronze, Holz, Gestein und Metall. Nicht nur ihre äußere Form und ihr Inhalt ist von Bedeutung sondern auch das Material. Dieser Künstler benutzt zumeist einfache Materialien. In seinen Werken ahmt er nicht die Natur nach. Es kommt ihm auf die Suggestionen und Interpretationen an, die jedes Material auslöst. Da die Objekte der plastischen Kunst keine praktischen Funktionen erfüllen müssen, verleiht diese Kunst den Materialien ihren ursprünglichen Formenreichtum zurück. Wie Tony Cragg sagt begegnen wir im Alltag vielen verschiedenen Materialen , die eine Funktion erfüllen müssen und sich wiederholen, aber die Kunst der Skulptur wirkt dieser Wiederholung entgegen und entwirft neue Ideen. Tony Cragg kündigte an, dass er für den Skulpturengarten des Teheraner Museums für Zeitgenössische Künste ein Denkmal entworfen hat und dieses im Iran anfertigen wird.

Cragg weiter: Wenn jemand diese Ausstellung besichtigt, wird er womöglich denken dass ich sehr verschiedene Formen in diesen Jahren ausprobiert habe, aber in Wirklichkeit liegen meinen Werken feste Themen zugrunde. Diese nehmen nur verschiedene Formen an. Eines der Themen meiner Werke ist die Beziehung zwischen Mensch und Natur. Einige Werke erscheinen sehr geometrisch geordnet aber ihre geometrische Gestalt beruht auf Inspiration seitens der organischen Natur des Menschen. Diese komplizierten Formen befinden sich nicht nur an der Oberfläche sondern sie treten, von einer inneren Struktur ausgehend, an der Außenseite zu Tage. Ein weiteres Thema in meinen Werken ist die Beziehung zwischen Wissen und Glauben.
Wissen und Philosophie setzen den Dingen die ich weiß Grenzen, aber außerhalb des Wissens gibt es Dinge, die ich nicht kenne und die Skulptur ähnelt Dingen, die ich nicht kenne und die nicht zu sehen sind."
Im Oktober war auch der japanische Künstler Norioky Haraguchi im Museum für zeitgenössische Künste in Teheran zu Besuch. Er kam um nach 40 Jahren sein Werk "Materie und Denken" (Ölbecken) zu sehen. Dieses Werk hat er zum ersten Mal 1977 in Kassel, Deutschland ausgestellt. Es wurde im gleichen Jahr für das Museum für moderne Künste in Teheran erworben. Inzwischen ist es eines der Wahrzeichen dieses Museums . Das Kunstobjekt sollte dieses Jahr unter Aufsicht seines Kreateurs Haraguchi nach 40 Jahren restauriert werden.
Bei seinem Treffen mit dem Leiter des Museums für Zeitgenössische Künstler in Teheran, Ali Mohammad Zare, sagte dieser japanische Künstler, an dem Gebäude des Museums habe sich nach vierzig Jahren nichts geändert, aber Teheran und sein Straßenbild habe inzwischen große Veränderungen erfahren. Er hoffte das sein Werk "Materie und Denken" , das nun schon seit vierzig Jahren im Teheraner Museum für Zeitgenössische Künste exponiert ist noch viele weitere Jahre in diesem Museum bleibt und berichtete:
"Vor einiger Zeit hat eine Iranerin in Japan eine Ausstellung gegeben. Sie hat mich auf dieses Kunstobjekt im Teheraner Museum angesprochen und gesagt, dass es sich nach 40 Jahren noch immer in diesem Museum befindet. Sie erzählte: `Als ich klein war habe ich zusammen mit meiner Mutter dieses Werk gesehen und die Begegnung mit ihm hat dazu beigetragen, dass ich mich der Kunst zugewandt habe.` .Norioky Haraguchi erklärt: "Dieses Gespräch hat dazu geführt, dass ich nun im Iran bin und das Werk restauriere möchte.":
Über sein Werk "Materie und Denken" sagt er: "Es ist ein abstraktes Werk, in dem die Zeit eine Rolle übernimmt. Vor 40 Jahren haben die Besucher es auf eine bestimmte Weise gedeutet und möglicherweise deuten sie es heute auf eine andere Weise. Das Material, mit dem ich das Becken gefüllt habe, ist verbrauchtes Öl. Damals war vorher bei der Herstellung von plastischen Kunstwerke noch kein Stoff wie Öl verwendet worden."

Haraguchi verwendet Industriestoffe wie Stahl und Beton in seinen Werken. Vielleicht liegt dies daran, dass er in der Industriestadt Yokosuka aufgewachsen ist. Sein Kunstobjekt "Materie und Denken" besteht aus einem quadratischen flachen Stahlbecken, welches mit schwarzem Öl angefüllt ist. Da das Öl im Gegensatz zu Wasser seine Eigenschaft Licht zu reflektieren bewahrt, wirkt das Werk von Haraguchi wie ein großer am Fußboden liegender Spiegel.
Norioky Haraguchi ist Jahrgang 1946 und ein Vertreter des Minimalismus. In den 60iger und 70iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde er von der Künstlerbewegung Mono-ha inspiriert, deren Grundsatz es ist , ein Zusammenspiel zwischen natürlichen und industriellen Materialien zu kreieren. Haraguchi zählt heute zu den wichtigen Anführern dieser Bewegung. Er stellte bereits als Student seine Werke aus. Das war in einer Zeit ,als es zunehmend politische Krisen wie die Studentenaufstände gegen den Vietnamkrieg und den Sicherheitspakt Japans mit den USA gab. Seine ersten Zeichnungen und Skulpturen spielen auf die Ästhetik militärischer Ausrüstung und Gegenständen der Schwerindustrie an. Später setzte er Materialien wie Eisenbalken, Maschinenersatzteile, verbrauchtes Öl und Reifen ein. Er unterscheidet sich dadurch von anderen modernen Künstlern der Mono-ha Bewegung , die in der Hauptsache Materialien aus der Natur verwenden.
In Anwesenheit des japanischen Künstlers wurde übrigens bei den Restaurierungarbeiten ein ganzer Eimer von Münzen und kleinen Gegenständen aus dem verbrauchten Öl, das ungefähr 5 tausend Liter umfasst, herausgeholt. Circa drei cm hatte sich der Ölspiegel gesenkt und es wurden 800 Liter nachgefüllt. Nach Ansicht des Künstlers waren keine weiteren Maßnahmen zur Restaurierung nötig. Haraguchi ist der Ansicht, dass die spirituellen und kulturellen Beziehungen zwischen den Menschen durch ein Kunstwerk erhalten bleiben. Er sagte, er freue sich, dass er erneut in den Iran gekommen ist und sein Kunstobjekt auch noch nach 40 Jahren existiert und völlig heil ist. Er sagte: Ich habe nun das Gefühl, dass das Museum in all diesen Jahren unabhängig von der Zeit blieb, während ich es bin, der alt geworden ist."