Schutz des iranischen Kulturerbes außerhalb des Landes
Kürzlich wurden Bilder vom Taq-e Kasra im Irak veröffentlicht auf denen der Einsturz eines Teiles der Decke dieses historischen Bauwerkes zu sehen war. Webaktivisten und Kulturfreunde haben in diesem Zusammenhang die irakische Regierung wegen Versäumnisse bezüglich des Erhalts dieses iranischen Kulturerbes kritisiert.
Einige Völker haben sich im Laufe der Zeit aufgelöst und ihre Identität verloren, während andere nur auf eine kurze Geschichte zurückblicken können.
Das Volk der Iraner gehört zu den wenigen Völkern der Welt , welche trotz einer langen Vergangenheit von mehreren tausend Jahren nicht ihre Identität verloren sondern sie gepflegt haben. Der geografische Raum, auf den sich die iranische Zivilisation im Laufe der Geschichte ausgewirkt hat, ist sehr ausgedehnt gewesen und in diesem Raum sind viele Spuren aus den geschichtlichen Epochen verblieben. Sie befinden sich heute geografisch gesehen außerhalb der Grenzen Irans, bleiben aber Wahrzeichen der iranischen Kultur und Kunst in früheren Jahrhunderten. Die iranische Kultur hat in einem großen Raum, der von China bis an die Grenzen Europas reicht, und unter vielen Völkern in Mittelasien, auf dem Indischen Subkontinent und in der Arabischen Welt Spuren hinterlassen. Diese Völker haben mit den Iranern Handel betrieben, standen in direkten Beziehungen zu ihnen oder haben familiäre Beziehungen angeknüpft.
Durch die gesellschaftlichen Veränderungen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene und das Auftreten von neuen Faktoren, welche die Kommunikation fördern, haben sich Bedingungen ergeben, mit deren Hilfe die Völker in den Gebieten des iranischen Kultureinflusses eine größere Konvergenz untereinander anstreben können.
Der iranische Kulturraum geht weit über die politischen Grenzen des Landes hinaus. In einem Gebiet, das von Mittelasien bis zum Subkontinent und von Irak bis Kaukasus und Kleinasien reicht, existiert ein wichtiger Teil des iranischen Kulturerbes. Dies gilt natürlich auch bei anderen Ländern, wie zum Beispiel für die Türkei. So befindet sich ein großer Teil des türkischen Kulturerbes aus der Zeit des Osmanischen Reiches heute in anderen Ländern des Mittleren Ostens (mit Ausnahme Iran).
Im Irak sind zahlreiche Spuren des iranischen Kulturerbes vorhanden. Die Hauptstadt Irans lag früher einmal circa 9 Jahrhunderte lang auf heutigem irakischen Boden – nämlich unter den Arsakiden (3.Jahrhundert vor bis 3. Jahrhundert nach Christus) und den Sassaniden (3. Jahrhundert bis 7. Jahrhundert nach Christus.)
Beide Dynastien lagen im Streit mit dem Römischen Reich und zogen es daher aus Sicherheitsgründen vor, dass ihre Hauptstadt in der Nähe der gemeinsamen Grenzen mit diesem Imperium liegt. Zu der Zeit wies der Irak, welcher auf die Zivilisation im Zweistromland zurückblicken konnte, eine interessante Kultur- und Sprachvielfalt auf und war Gastgeber vieler semitischer Volksgruppen. Die iranische Herrschaft über dieses Gebiet ließ auch die Kultur der arischen Völker, die in den Iran eingewandert waren, Einfluss gewinnen. Als das Reich der Sassaniden im 7. Jahrhundert zugrunde ging und die Islamische Ära im Iran begann, ließ der Einfluss der iranischen Kultur im Irak nicht nach. Mit den Buyiden (im 10. bis 11. Jahrhundert nach Christus); die mit den Schiiten sympathisierten, konnten die Iraner ihre politische Macht im Irak zurückgewinnen und sich in Bagdad das Abbasiden-Kalifat untertan machen. In den darauffolgenden Jahrhunderten, wo die Mehrheit der Iraner sich zu der schiitischen 12-Imame –Rechtsschule bekannte, nahm der politische und kulturelle Einfluss Irans im Irak einen religiösen Charakter an. Denn die Grabstätten von sechs schiitischen Imamen aus dem Hause des Propheten liegen auf irakischem Boden und in der irakischen Pilgerstadt Nadschaf wurde das größte und erste schiitische Theologiezentrum gegründet.
Die kulturellen Beziehungen zwischen Iran und Irak sind niemals abgebrochen. Sie hielten auch in der Zeit der Qadscharenherrschern im Iran an. Nach dem ersten Weltkrieg und dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches wurde Irak zu einem unabhängigen Land. Iran erkannte sofort die Unabhängigkeit Iraks an. Allerdings hat die lange Beziehung zwischen beiden Ländern, nachdem die Baath-Partei im Irak an die Macht gelangte, unter der Willkürherrschaft Saddam Huseins gelitten. Nach dem Sturz dieses Diktators lebte sie jedoch wieder auf.
Zur Zeit der Sassaniden lag also die Hauptstadt Irans im heutigen Irak und zwar am Tigris. Der Sitz der Sassaniden war ein Komplex aus sieben kleinen Städten, weshalb die Araber ihn Madain, was die Mehrzahl von Madina (Stadt) ist, nannten. In einer dieser Städtchen welches Asbambar hieß, wurde das Bauwerk Taq-e Kasra (auch Taq-e Kasra) errichtet. Dieses große Backsteingewölbe überdachte den Audienzsaal der Sassanidenherrscher. Nachdem die muslimischen Heerscharen Madain besetzten, wurde dem iranischen Prophetengefährten Salman-Farsi die Verwaltung anvertraut. Seine Grabstätte neben dem Taq-e Madain besteht noch. Von den restlichen Bauwerken aus der Zeit der Sassaniden, die bis zum 7. Jahrhundert herrschten, sind nur noch Ruinenfelder in Umgebung des Gewölbes verblieben. Der Taq-e Kasra hat Baumeister im Iran bis in die Neuzeit architektonisch inspiriert, so Husein Amanat beim Bau des unteren Gewölbes des Azadi-Turmes in Teheran im Auftrage des Schahs und auch den französischen Architekten Andre Godard beim Bau des iranischen Nationalmuseums in der iranischen Hauptstadt.
Die Sassaniden, die in der antiken Stadt Ktesiphon herrschten nannten den Taq-e Kasra auch Taq-e Chosrau und Eywan-e Mada`in. Es handelt sich um das höchste Gewölbe aus handgefertigten Ziegelsteinen. Das Meisterwerk iranischer Architektur wurde im 3. oder 6. Jahrhundert errichtet. In diesem Thron- und Audienzsaal wurden traditionelle iranische Feste – wie das Noruz (Neujahrs)-fest begangen.
Gemäß den archäologischen Untersuchungen geht der Beginn der iranischen Architektur ungefähr auf das 7. Jahrtausend vor Christus zurück. Die traditionelle iranische Baukunst hat besondere Merkmal zum Beispiel sind hohe überdachte Vorterrasse (Eywan) typisch, ebenso hohe Säulen.
Das hohe Gewölbe Taq-e Kasra erinnert an die ehemalige Bedeutung der Stadt Ktesiphon, von der nur ein Trümmerfeld übrig geblieben ist. Taq-e Kasra sollte öffentlich die Macht und den Reichtum der sassanidischen Dynastie demonstrieren. Den Eingang des riesigen Torbogens schmückte einst ein schwerer vielfach gemusterter Brokatvorhang.
Taq-e Kasra ist 25 m breit und an seiner höchsten Stelle 30 m hoch. Seine Länge betrug 43 m. Der Geograph Ibn Chordadbeh (9. Jahrhundert) hat dieses Gewölbe als das schönste Bauwerk aus Ziegelsteinen und Gips beschrieben. An den Innenwänden war Taq-e Kasra verziert gewesen mit buntem Marmor- und Glasmosaiken, welche Triumphzüge der Sassaniden zeigten unter anderem ist Chosrau auf einem gelben Pferd nach Eroberung von Antiochia (heute Antakya in der Türkei) zu sehen gewesen.
Der Boden des Taq-e Kasra war aus mächtigen schweren Marmorplatten, auf denen Seidenteppichen mit Gartenmotiven ausgelegt waren. Der Thron befand sich am Ende eines großen Torbogens hinter einem Vorhang, welcher nur wenn der König Gäste in Empfang nahm, beiseite gezogen wurde. In dem Buch Chasais ul Kubra von Dschalal ad-din as Suyuti heißt es, an dem Tag, an dem Prophet Mohammad (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) geboren wurde, entstand ein Riss in diesem Thronsaal.
Im Laufe der Jahrhunderte sind viele Schäden an dem antiken Gebäude entstanden. Mehrmals wurden Restaurierungsmaßnahmen vorgenommen, bis schließlich 1888 ein Drittel des Bauwerkes bei einer Überflutung zerstörte wurde. Als Saddam Husain im Irak herrschte, erlaubte er den Fachleuten von UNESCO nicht, das Bauwerk zu untersuchen, sondern beschwor eine Situation herauf, die eine Streichung aus der Liste des Weltkulturerbes zur Folge hatte. Denn es bereitete diesem Diktator Missbehagen, dass Taq-e Kasra an die Bedeutung der Iraner zur Zeit der Sassaniden erinnerte. Von den bei Ausgrabungen gefundenen Gegenständen in Umgebung des Taq-e Kasra und den Ruinen von Ktesiphon ist auch nur wenig in den irakischen Museen zu sehen und das meiste wird heute im Berliner Pergamon-Museum ausgestellt. Eine kleinere Kollektion befindet sich im Metropolitan Museum in New York. 2015 und 2016 drohte Taq-e Kasra wegen der massiven Präsenz der IS-Terrormiliz im Irak ernsthaft die Gefahr, zerstört zu werden. Die Terroristen waren nur noch 60 km von dem antiken Bauwerk entfernt.
Im Gefolge der US-Offensive auf Irak im Jahre 2003 sind an einigen Stellen des historischen Baudenkmals Schäden entstanden. 2005 bat der Leiter des Direktionsrates des irakischen Amtes für Kulturerbe mit Hinweis auf die Gefahr der vollkommenen Vernichtung des Taq-e Kasra und der umliegenden Anlage, den Iran und andere Länder, um Unterstützung bei der Rekonstruktion und dem Schutz der Anlage.
Einige Jahre später lud die irakische Regierung, nach den unermüdlichen Bemühungen von Kulturfreunden und Medien, ein tschechisches Unternehmen ein, Taq-e Kasra zu restaurieren. Inwieweit dieses Unternehmen bei der Restaurierung erfolgreich war bleibt dahingestellt. Jedenfalls dauerte es nicht lange, und die Schutzschicht, die über dem Mauerwerk angebracht worden war, zerbröckelte, und einige Risse traten wieder zum Vorschein. Während der Restaurierung wurden Werkzeuge eingesetzt, die Schäden an archäologischen Werken verursachen können.
In den letzten Jahren waren im Iran viele Reaktionen auf die Schäden, die am Taq-e Kasra entstanden sind, seitens Kulturfreunden, Archäologen und in den Medien zu hören. Sie forderten, dass der antike Gewölbebau in Form einer Zusammenarbeit zwischen Iran und Irak restauriert wird. Das Ministerium für Kulturerbe Irans hat bei Gesprächen mit den zuständigen Verantwortlichen im Irak die Bereitschaft Irans zur Restaurierung des Bauwerkes erklärt. Obwohl der Irak dies begrüßte, hat sich jedoch bis heute noch nichts in dieser Hinsicht getan.
Das kulturelle Erbe aus der iranischen Zivilisationsgeschichte, welches sich außerhalb der geografischen Grenzen des Landes befindet, sollte so bald wie möglich seitens der Länder und der Islamischen Republik Iran vor der Zerstörung beschützt werden. Außerdem gibt es zahlreiche Fälle des Diebstahls von immateriellen Kulturerbe Irans, welche von internationalen Einrichtungen verfolgt werden müssen. Zu diesen Kulturdiebstählen zählt, dass andere Länder, zumeist in der Nachbarschaft, berühmte iranische Persönlichkeiten, iranische Bräuche und sogar Kulturwerke iranischen Ursprungs unter ihrem Namen verzeichnen. Es sollte die Verantwortung verspürt wird, dies zu unterbinden.