Guardian empfiehlt VR-Besichtigung des Golestan-Palastes
Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung war 2020 von den Reiseeinschränkungen betroffen. Es ist eine Herausforderung für die Tourismusindustrie für eine Umstellung.
So haben einige Staaten inzwischen zur Verbesserung der Marktsituation virtuelle Reisetouren initiiert. Die Deutsche Zentrale für Tourismus wirbt mit 360-Grad-Videos, ebenso wie die Nationale Tourismusbehörde Japans. Letztere stellt virtuell die schönsten Sehenswürdigkeiten Japans vor. Auch die Organisation für Afrikareisen bedient sich der Internetmöglichkeiten um Millionen Reisefreudige, die vorerst zu Hause bleiben müssen, mit den touristischen Anziehungspunkten auf diesem Kontinent vertraut zu machen. Nadschib Balala, Tourismusminister von Kenia, hat eine Kampagne für virtuelle Reisetouren über die Sehenswürdigkeiten in seinem Lande in Gang gesetzt. Finnland hat allerdings schon im Jahre 2018 von den Möglichkeiten der Virtuellen Realität, nämlich gleichzeitigen Darstellung und Wahrnehmung, Gebrauch gemacht und eine VR-Stadttour durch Helsinki produziert.
Eine virtuelle Besichtigungstour setzt sich in Wahrheit aus mehreren Bildern zusammen, die dem Gesichtsfeld entsprechen. Dabei wird das Fisheye-Prinzip zugrunde gelegt. Mit Hilfe dieser Videos können die Anwender von einem mehr oder weniger entfernten Ort virtuell komplette historische Anlagen und Museen besichtigen und erleben. Bei einigen virtuellen Reisetoren gibt ein Sprecher außerdem Erklärungen zu den besichtigten Bauwerken und Ausstellungsstücken.
Vor kurzem hat die Zeitung Guardian ihren Lesern 10 Vorschläge für eine virtuelle Besichtigungstour von interessanten Bauwerken während der Corona-Pandemie unterbreitet. Zu diesen Gebäuden gehört zum Beispiel der Grabkomplex des Sultans Barquq in Ägypten, Schloss Versailles in Frankreich, das Casa Batlló in Spanien sowie das Bubble-Tent in Australien. Auf der Liste stehen ebenso ein Gebäude in den USA, ein Turm in Russland und eine Burg in Bulgarien. Außerdem ein Gebäudekomplex in England sowie in Indien und schließlich auch der Kach-e Golestan in Teheran.
Über diesen Palast heißt es im Guardian:
„Die Kadscharen-Dynastie hat circa 140 Jahre im Iran geherrscht und von Anfang an Teheran zu ihrem Sitz gewählt. Die Kadscharen-könige waren jeder bestrebt prächtige Gebäude in der Hauptstadt zu hinterlassen und der Golestan-Palast im Herzen Teherans ist einer von ihnen. Es ist einer der ältesten Paläste in der Stadt und ein Gebäude, welches laut der Abteilung für Weltkulturerbe der UNESECO eine Kombination der östlichen und westlichen Kunst und Architektur darstellt.
Die Anlage des Golestan-Palastes liegt im Süden Teherans und in der Nähe des Großen Bazaars der Stadt. Er ist ein von in- und ausländischen Touristen besuchtes Reiseziel.
Die Geschichte des Golestan-Palastes in seiner heutigen Form beginnt vor circa 200 Jahren, als Agha Mohammad Chan die Herrschaft der Kadscharen begründete. Sein Nachfolger Nasreddin Schah, der als erster iranischer Großkönig nach Europa reiste hat nach seiner Rückkehr einen neuen Baustil ins Land gebracht. Das Bauwerk Schams ol Emarat der Golestan-Palastanlage liefert ein deutliches Beispiel für diesen Wandel in der Baukultur.
Die Benennung der Palastanlage mit Golestan geht auf den Bau eines großen Saales namens Golestan (Rosengarten) zurück, der zur Zeit des ersten Kadscharenkönigs Agha Mohammad Chan begonnen wurde und unter dem Kadscharenkönig Fathali Schah im Jahre 1216 nach der Hidschra und dem Mondkalender, d.h. 1801 nach christlicher Zeitrechnung fertig wurde.
Der Grundstock des Golestan-Palastes ist allerdings ein Gebäude aus der Zeit der Safawiden, wodurch die Geschichte dieses Palastes in Wahrheit noch weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Unter dem Safawiden-König Schah Abbas wurden nämlich 1590 vier große Gärten auf dem ehemaligen Festungsgelände von Tahmasp-Schah angelegt und zwischen 1668 und 1698 wurde dort ein Diwan-Chaneh - ein Gerichtshof - gebaut. Auch die Herrscher der Zand-Dynastie nutzten dieses Gebäude. Dennoch liegen aus diesem Zeitraum nur vereinzelte Spuren vor. Zu nennen wäre der Reisebericht aus dem Jahre 1619, in dem der italienische Weltreisende Pietro Della Valle in einem Abschnitt die Stadt Teheran mit ihrem großen Plantanengarten, der die Zitadelle der Safawiden umgab, beschrieben hat. Ein weiteres Dokument ist ein Bild, das der französische Orientalist und Maler Eugène Flandin 1840 von dem ältesten heute noch erhaltenen Teil des Golestan-Palastes namens Tacht-e Marmar angefertigt hat. Dieser Einzelpalast ist nach dem Marmor-Thron auf seiner Vorterasse benannt.
Der Begründer der Kadscharen-Dynastie Agha Mohammad Chan hat Ende der Zand-Dynastie und nach dem Tod von Karim Chan Zand im Jahre 1779 die Krise im Inland ausgenutzt und bewirkt, dass der Stamm der Kadscharen von seinem wichtigsten Wohngebiet Dascht-e Gorgan nach Teheran umsiedelt. Zu Noruz im Jahre 1796 ließ er sich in der Zitadelle in Teheran zum Großkönig Irans krönen. Sein Nachfolger Fathali Schah ließ die Zitadelle weiter ausbauen und ausschmücken.
Ein weiterer Kadscharen-König, nämlich Nasereddin Schah reiste als erster Großkönig Irans gleich dreimal nach Europa. Er regierte fast 50 Jahre lang. Unter seiner Herrschaft erfuhr der Golestan-Palast erneut wichtige Veränderungen und diese waren teilweise von Europa beeinflusst.
Wie der Saadabad Palast im Norden Teheran nimmt auch der Golestan-Palast keine große Fläche ein. Das Schöne an dieser Palastanlage sind die vielen verschiedenen unterschiedlichen Gebäude, die jedes für sich eine andere Atmosphäre im Innern besitzen. Jedes Gebäude hat seinen eigenen Namen
Sonnen-Gebäude (Schams-e Emarat)
Klause des Karim Chan (Chalwat-Karimchani)
Marmor-Thron-Terrasse (Eywan-e tachte-Marmar)
Hauptsaal ( Talar-e Asli)
Museumskammer - auch Salam-Saal (Otaq-e Muzeh/Talar-e Salam)
Spiegel-Saal (Talar-e Ayineh)
Diamanten-Saal ( Talar-e Almas)
Windturm-Saal (Talar-e Badgir)
Wasserbecken-Pavillon (Hauz-Chaneh)
Elfenbein-Saal (Talar-e `adsch)
Gefäße-Saal (Talar-e Zuruf)
Brillanten-Saal (Talar Brillian)
Ein weiteres Gebäude dient der Ausstellung von Fotos (Aks- Chaneh) und ein anderes beherbergt ein Museum für Volkskunde (muzeh mardom schenasi)
Eine besondere Abteilung des Golestan-Palastes ist ein Archiv mit alten Fotos genannt Album-Chaneh. Es enthält eine größere Sammlung von Bildern aus der Zeit der Kadscharen-Könige und ist das zweite dieser Art auf der Welt. Nach Erfindung der Fotokamera führte Iran Fotoapparate aus Europa ein, und die Fotografie fand im Lande Verbreitung. Dies war vor allen Dingen der Freude des Kadscharenherrschers Nasereddin Schah an dieser neuen Technik zu verdanken. Ein weiterer Faktor für die Verbreitung der Fotografie war die Einstellung von ausländischen Fotografen an der technischen Universität Dar-al-Fonun, die dort iranische Studenten mit der Kunst des Fotografierens vertraut machten. Nasereddin-Schah hat selber Aufnahmen gemacht und Bilder von seinen Gemahlinnen, der Umgebung, dem Palast und seinen Bediensteten hinterlassen. Er war der erste im Iran, der unter Anwendung eines Spiegels ein Selfie von sich selber oder auch mit seinen Gemahlinnen machte. Zwar hat dieser Kadscharenherrscher in Bezug auf die Verwaltung des Landes kein rühmliches Arbeitszeugnis hinterlassen, aber er hat ein großes Bilderarchiv angelegt, das uns heute als Album-Chaneh des Golestan-Palastes bekannt ist – als (Foto-)Alben-Haus. In diesem Teil des Golestan-Palastes werden 1040 Alben mit verschiedenen Bildern von bekannten Fotografen der Kadscharenzeit aufbewahrt. Die Sammlung umfasst circa 4000 Einzelbilder im Klein- und Großformat.
Die Alben im Album-Chaneh enthalten unter anderem Fotos von der Tacht-e Dschamschid – der Persepolis in Shiraz -, und alte Aufnahmen von Taq-e Bostan (Kermanschah), Bilder von der Lieblingsfrau des Schahs, Anis al Daulah, sowie der Freitagsmoschee von Neyschabur in Nordostiran, von der Pilgermoschee Imam Husains (F) im irakischen Karbala und Bilder von Sahebqaraniye – einem anderen Palast in Teheran sowie von der Teheraner Altstadt.
Der Golestan-Park war früher sehr groß. Zahlreiche Bäume standen zwischen den Palästen und weite Grünanlagen breiteten sich zwischen ihnen aus. Wegen dem Städtebau sind von diesem großen Park heute jedoch nur noch 5,5 Hektar verblieben.
Dennoch wurde der Golestan-Palast 2013 während der 37. Jahressitzung des UNESCO-Ausschusses für das Weltkulturerbe, die in Kambodscha stattfand, in die Liste für das Weltkulturerbe aufgenommen.
Zum Schluss möchten wir Sie noch einladen im Internet diesem Palast in Teheran einen Besuch abzustatten, um einen kleinen Eindruck von seinen Sehenswürdigkeiten zu gewinnen: von dem bunten Kachelwerk und dem Brillantensaal und dem Bodenbelag im Salam-Saal, der Marmorthron-Terrasse usw. Die Darbietung im Internet ist zwar noch nicht perfekt und das meiste ist nicht auf Englisch sondern auf Persisch. Dennoch lohnt sich ein Blick auf folgende Seite http://www.golestanpalace.ir/
Klicken Sie einfach auf die verschiedenen Felder in der oberen Leiste um sich Videos und Bilder von dieser historischen Anlage anzuschauen.