Mystik in Rot    (1-Schahadat und Schahid)  
(last modified Sun, 16 Aug 2020 23:26:10 GMT )
Aug 17, 2020 01:26 Europe/Berlin

Anlässlich des Monats Muharram möchten wir die Bedeutung des Schahadats im Islam betrachten. 

  

 

 

Das arabische Wort Schahadat bedeutet wörtlich Zeugnisablegung und ein Schahid ist ein Zeuge. Im religiösen Sinne wird das Wort Schahid  für jemanden verwendet, der mit seinem Martyrium  (Schahadat) die Wahrheit bezeugt.  Ein Schahid ist ein Märtyrer, und sein Märtyrertod ist Zeichen für seine Liebe zu Gott. Ein Märtyrer hat sein Leben bewusst für die Religion Gottes eingesetzt. Der Prophet (S) hat das Schahadat als den edelsten Tod bezeichnet und Imam Ali hat gesagt, es sei die würdigste Art zu sterben.  Ein Schahid wird am Jüngsten Tag neben den Propheten Zeugen über die Handlungen der Menschen sein.

 

Der Heilige Koran hat an mehreren Stellen die hohe Bedeutung der Märtyrer hervorgehoben. Wer wegen seines Glaubens sein Leben einsetzt und opfert gehört zu den Wahrhaftigen  Er wird mit Licht  belohnt. Dies verheißt Gott im Vers 19 der Sure 57 (Hadid) mit folgenden Worten:

 

: «وَ الَّذِینَ آمَنُوا بِاللَّهِ وَ رُسُلِهِ أُولئِکَ هُمُ الصِّدِّیقُونَ وَ الشُّهَداءُ عِنْدَ رَبِّهِمْ لَهُمْ أَجْرُهُمْ وَ نُورُهُمْ»،

Und diejenigen, die an Allah und Seine Gesandten glauben, das sind die stets Wahrhaftigen und die Zeugen (Schahada)  vor ihrem Herrn. Sie erhalten ihren Lohn und ihr Licht (im Paradies). ...

 

Gemäß der Islamischen Weltanschauung ist das Martyrium – das Blutzeugnis – in Wahrheit kein Tod, sondern gehört zum ewigen Leben: Der  Märtyrer betritt durch die Pforte des Opfertodes die Unvergänglichkeit und Ewigkeit. Deshalb heißt es, dass ein Schahid immer lebt. Mit seinem Märtyrertod wechselt er – ohne in die Zwischenwelt überführt zu werden – von dem Leben in der Materie direkt in das überirdische Leben.   Dies ist ein großes Glück, das Gott den wahrhaftig Gläubigen beschert.  Gott bezeugt dies, indem er im Vers 169 der Sure 3 (Al-i Imran) spricht:

« وَلَا تَحْسَبَنَّ الَّذِینَ قُتِلُوا فِی سَبِیلِ اللَّهِ أَمْوَاتًا بَلْ أَحْیَاءٌ عِنْدَ رَبِّهِمْ یُرْزَقُونَ»،

 

Und meine ja nicht, diejenigen, die auf Allahs Weg getötet worden sind, seien (wirklich) tot. Nein! Vielmehr sind sie lebendig bei ihrem Herrn und werden versorgt

 

Ähnlich lautet das Gotteswort im Vers 154 der Sure 2 (Baqara)

«وَلَا تَقُولُوا لِمَنْ یُقْتَلُ فِی سَبِیلِ اللَّهِ أَمْوَاتٌ بَلْ أَحْیَاءٌ وَلَکِنْ لَا تَشْعُرُونَ»

Und sagt nicht von denen, die auf Allahs Weg getötet werden, sie seien tot! Nein! Vielmehr sind sie lebendig; aber ihr nehmt es nicht wahr.

 

Dieser Vers ist ursprünglich an einige in der Zeit des Propheten gerichtet, die glaubten, dass diejenigen, die auf dem Wege Gottes kämpfen und Märtyrer werden, ausgelöscht worden sind. Er richtet sich aber auch allgemein an die Muslime und regt sie dazu an, tiefer über Tod und Leben nachzudenken und nicht wie viele, die   das Leben zeitlich und örtlich auf diese Welt beschränkt sehen, die Märtyrer für tot zu halten.

Schahadat bedeutet im engeren Sinne auf dem Wege Gottes zu sterben. Für die Beerdigung von  jemanden, der im Kampf für Gottes Sache Schahid – Märtyrer – wurde, gelten andere Beisetzungsregeln.  Während ansonsten für einen Muslim vor der Beerdigung eine besondere rituelle Ganzwaschung vorgenommen und er in ein Leichentuch gehüllt wird, wird jemand, der im Kampf auf dem Wege Gottes getötet wurde und den Märtyrertod fand, mit derselben Bekleidung die er während seines Blutzeugnisses trug, beigesetzt.  Aber nicht  nur im Kampf mit der Waffe kann ein Muslim den hohen Rang des  Schahadat erreichen. Vielmehr sind  gemäß islamischer Überlieferung eventuell auch bei anderen Umständen die Bedingungen für das Schahadat erfüllt; zum Beispiel falls jemand auf der Suche nach Wissen starb. Ebenso ist jemand ein Schahid, der im Krankenbett die Welt verlässt, während  er das Recht Gottes, des Propheten und des Prophetenhauses anerkennt, und drittens erreicht jemand  der sein  Hab und Gut standhaft gegenüber Angreifern verteidigt hat und dabei den Tod findet ebenso den Rang des Märtyrers.

             

Von den Makellosen Imamen aus dem Hause des Propheten (A) liegen weitere Überlieferungen vor, welche die Ausdehnung des Begriffes „Martyrium“ zeigen. So hat der Prophet des Islams (S) gesagt: „Wer wegen der Verteidigung seiner Familie  getötet wird, ist ein Schahid, ebenso wie jemand, der  wegen Verteidigung seines Eigentums getötet wird, auch derjenige der bei der Verteidigung seines Nachbarn getötet wird ... und jemand, der kämpft um sich selber zu verteidigen und dabei getötet wird.“

 

Wir entnehmen solchen Überlieferungen, dass viele den Rang des Märtyrers erreichen. Vor Gott nehmen die Märtyrer noch einmal unterschiedliche Stufen ein. Um die höheren Stufen für Märtyrer zu erreichen, genügt es nicht auf dem Wege Gottes  zu sterben, sondern es zählen auch die Anstrengungen beim Dschihad-i Akbar – dem Großen Dschihad, wobei der Große Dschihad die Bekämpfung der inneren Neigungen zum Bösen ist. Der Große  Dschihad  - der Kampf gegen die Triebseele – verhilft auf hohe Stufen, die möglicherweise weit  über die Rangstufen des Dschihad Asghar – des Kleinen Dschihad, nämlich der bewaffnete Kampf für die Sache Gottes - hinausgehen. Die Märtyrer werden also  noch einmal unterschiedlich eingestuft und zwar gemäß dem Grad der Läuterung ihrer Seele während des Großen Dschihads.

 

In der Islamischen Kultur hängt der Wert von gottesdienstlichen Werken des Menschen von seiner Absicht ab. In Wahrheit ist die Absicht eine Tat zu vollbringen, der Kern dieser Tat und ihre Seele. Gott - gepriesen sei er – rechnet sogar einem Diener, der aufrichtig beabsichtigt hat Ihm zuliebe eine gute Tat zu vollbringen, dieses Werk an und belohnt es auch dann,  falls er sein Vorhaben nicht verwirklichen konnte.  Dies zeugt von der großen Huld Gottes gegenüber Seinen Dienern. In einer Überlieferung heißt es: „Jemand der Gott aufrichtig und ehrlich um die Schahadat– um den Märtyrertod – bittet,  den wird Gott auf die Stufe der Schahada – der Märtyrer erheben, selbst wenn er im Bett (eines natürlichen Todes) gestorben ist.“

                  

Außer denjenigen, die auf dem Wege Gottes getötet wurden können also auch noch andere zum Schahid werden – zum Märtyrer. Man achte aber auf folgendes Wort von Imam Ali, dem Fürsten der Gläubigen (Friede sei mit ihm) über den Dschihad, nämlich: „Eine der Himmelspforten, welche Gott für Seine besonderen Freunde geöffnet hat, ist die Pforte des Dschihad.“ Nicht jeder ist es demnach würdig, dass die Pforte des Dschihad für ihn geöffnet wird.  Mit anderen Worten nicht jeder ist es würdig ein Mudschahid zu sein – jemand, der sich für die Sache Gottes anstrengt, und Gott öffnet diese Paradiespforte nur für Seine besonderen Freunde.

                     

Im Vers 69 der Sure 4 (Nisa) nennt Gott die Märtyrer (Schahada) zusammen mit den Propheten, den Wahrheitsliebenden und den Rechtschaffenen. Aus diesem Vers geht hervor, dass die Märtyrer zu den  besten Gefährten zählen und ihre Gesellschaft den Gehorsam gegenüber  Gott und Seinem Propheten (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) voraussetzt. Es heißt dort nämlich:

 

«وَ مَنْ یُطِعِ اللّهَ وَ الرَّسُولَ فَأُولئِکَ مَعَ الَّذینَ أَنْعَمَ اللّهُ عَلَیْهِمْ مِنَ النَّبِیِّینَ وَ الصِّدّیقینَ وَ الشُّهَداءِ وَ الصّالِحینَ وَ حَسُنَ أُولئِکَ رَفیقًا»
Wer Allah und dem Gesandten gehorcht, die werden (am Jüngsten Tag)mit denjenigen von den Propheten, den Wahrheitsliebenden, den Märtyrern und den Rechtschaffenen zusammensein, denen Allah Gunst erwiesen hat. Welch gute Gefährten jene sind!

 

Man achte hierbei darauf, dass diejenigen, die bei Gefechten den Märtyrertod sterben, einmalige Vorzüge erlangen. Zum Beispiel werden ihnen gleich beim ersten Tropfen ihres vergossenen Blutes alle Sünden vergeben. Wie wir schon sagten, bedarf ihr Körper nicht der rituellen Totenwaschung und keines Leichentuches. Das Weinen um sie hat den besonderen Vorzug, ihr Ziel und ihren Weg zu erhalten und sich an der Schaffung von  Heldentum mitzubeteiligen. Für das Beweinen der Märtyrer  werden die Trauernden von Gott mit der  Vergebung von Sünden belohnt und innerlich geläutert.