Warum hat Selenskyj plötzlich einer Präsidentschaftswahl zugestimmt?
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ParsToday – Die überraschende Bereitschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, nun doch Präsidentschaftswahlen im Land abzuhalten – nachdem er dies monatelang unter Kriegsbedingungen strikt ausgeschlossen hatte –, hat Analysten dazu veranlasst, die Hintergründe dieses Kurswechsels genauer zu untersuchen.
(last modified 2025-12-12T20:28:13+00:00 )
Dez 12, 2025 21:25 Europe/Berlin
  • Ukrainischer Präsident Wolodymyr Selenskyj
    Ukrainischer Präsident Wolodymyr Selenskyj

ParsToday – Die überraschende Bereitschaft des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, nun doch Präsidentschaftswahlen im Land abzuhalten – nachdem er dies monatelang unter Kriegsbedingungen strikt ausgeschlossen hatte –, hat Analysten dazu veranlasst, die Hintergründe dieses Kurswechsels genauer zu untersuchen.

Laut Berichten von ParsToday bringen einige Experten Selenskyjs plötzliche Kehrtwende in Zusammenhang mit mehreren Faktoren: einer weitreichenden Korruptionsaffäre, der prekären Lage der ukrainischen Streitkräfte an der Front sowie dem Versuch, Sicherheitsgarantien von den USA zu erhalten.

Die New York Times schreibt dazu: Selenskyj versuche, durch sein verändertes Auftreten gegenüber der Wahlfrage – nachdem er zuvor erklärt hatte, dass Wahlen im Krieg unmöglich seien – Washington zu konkreten Sicherheitszusagen zu bewegen. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass US-Präsident Donald Trump jüngst darauf hingewiesen hatte, ein Sieg Russlands im militärischen Konflikt mit der Ukraine sei „unausweichlich“ und je länger der Krieg dauere, desto schwieriger werde die Lage für Kiew.

Die Zeitung erinnert zudem daran, dass Selenskyjs jüngste Aussagen zur Wahlfrage inmitten einer innenpolitischen Krise erfolgen. Eine massive Korruptionsaffäre, in die Berichten zufolge auch Andrij Jermak, sein ehemaliger Stabschef, verwickelt sein soll, hat die innenpolitische Lage erheblich verschärft. Zugleich führen die jüngsten militärischen Erfolge Russlands an der Front dazu, dass sich der Druck auf Selenskyj erhöht.

Die plötzliche Zustimmung zu Wahlen erfolgt also in einem komplexen Schnittpunkt aus innenpolitischen Spannungen und internationalen Entwicklungen:

Innere Spannungen und eine wachsende Legitimationskrise

Selenskyj steht im eigenen Land unter massivem Druck. Die umfassende Korruptionsaffäre, die selbst höchste Regierungsebenen erreicht hat, hat das Vertrauen der Bevölkerung in die Führung stark erschüttert. Gleichzeitig haben die wiederholten militärischen Rückschläge und Rückzüge ukrainischer Truppen berechtigte Zweifel an der politischen und militärischen Führung geweckt. Kritische Stimmen im Parlament, darunter der Abgeordnete Oleksij Hontscharenko, fordern inzwischen sogar offen Selenskyjs „bedingungslosen Rücktritt“.

Externer Druck – vor allem aus den USA

Der wichtigste externe Faktor ist die veränderte politische Atmosphäre in Washington. Donald Trumps deutliche Aussage über den „unausweichlichen Sieg Russlands“ sowie seine Forderung nach Wahlen in der Ukraine senden ein klares Signal nach Kiew. Die New York Times interpretiert Selenskyjs Kurswechsel als „Verhandlungstaktik“: Indem er Bereitschaft zu Wahlen zeigt, versucht er, im Gegenzug langfristige und konkrete Sicherheitszusagen der USA zu sichern. Hintergrund ist eine zunehmende Unsicherheit über die Kontinuität westlicher Unterstützung.

Reaktion auf russischen Druck und eine juristisch-politische Debatte

Russland kritisiert seit Monaten die mangelnde demokratische Legitimation Selenskyjs, dessen reguläre Amtszeit im Mai 2024 endete. Wladimir Putin bezeichnete die Nichtabhaltung von Wahlen als „strategischen Fehler“ Kiews. Die nun erklärte, wenn auch eingeschränkte Bereitschaft Selenskyjs zu Wahlen kann als Versuch verstanden werden, russischen juristisch-politischen Argumenten entgegenzuwirken und die internationale Diskussion zu beeinflussen.