Jul 22, 2016 13:13 CET

Mit einem herzlichen Gruß an Sie liebe Hörerfreunde. Sie erinnern sich, wir haben uns in der Provinz Buschehr herumgesehen und ihre natürlichen und wirtschaftlichen Gegebenheiten kennengelernt. Heute befassen wir uns mit der historischen Geografie dieser Provinz und der Hafenstadt Buschehr.

Aus Unterlagen und Dokumenten geht hervor, dass die Region Buschehr aufgrund ihrer strategischen Lage schon immer ein idealer Platz für Marinestützpunkte und Hafenanlagen gewesen ist. Das galt schon im dritten Jahrtausend vor Christus, als die Region ein wichtiges Zentrum des Kaiserreiches von Elam war. Unter den Achamäniden war Persien in 20 Provinzen, den so genannten Satrapen, aufgeteilt, eines davon war Buschehr, das sich in den westlichen Bergregionen des Zagros befand.  Ardeschir Babakan ließ die Stadt Ram-Ardeschir bauen, etwa 8 km vom heutigen Buschehr entfernt. Heute sind die Ruinen als “Rayschahr” (ریشهر) bekannt. Zur Zeit der Sassaniden war die Stadt modern und wohlbelebt, man nannte sie ریو شهر (Rioschahr). Noch einige Jahrhunderte nach dem Islam war die Stadt weiterhin ein blühendes Handelszentrum, so dass man noch im 16. und 17. Jahrhundert nach Christus von einer großen und blühenden Handelsstadt sprach. 1301 im Sonnenkalender wurde die antike Stadt und Region Rioschahr (ریشهر) auf die Liste der nationalen Denkmäler Irans gesetzt.

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Die strategische Lage und die wirtschaftliche und kommerzielle Bedeutung des Persischen Golfes waren stets für diverse Staaten und Länder von größter Bedeutung, um Wissen auszutauschen, Reichtum zu erlangen und die Macht zu erweitern. Die erste europäische Invasion im Persischen Golf und an seinen Küsten erfolgte durch die Portugiesen; sie wollten angeblich ihre Interessen gegenüber ägyptischen und venezianischen Geschäftsleuten behaupten. 1506 erfolgte der Angriff. Der Safawiden-König Schah Abbas drängte 1301 im Mondkalender die Portugiesen vom Persischen Golf zurück. Gegen Ende der Safawiden-Ära wurde der Süden Iran nochmals von europäischen Aggressoren und einigen Nachbarstaaten angegriffen; Nader-schah Afschar versuchte da, sich Marine aufzustellen, um die Sicherheit und die Verbindung zwischen Inseln und Küsten am Persischen Golf zu gewährleisten. 1735ernannte er Abdellatif-Khan Daschtestani mit dem Titel Darya-Beigi, etwa Admiral, zum Oberbefehlshaber aller Küsten und Häfen im Süden und in der Region Daschtestan. Latif-Khan wählte das heutige Buschehr, damals noch ein kleines Dorf, zu seinem Stützpunkt. Von dieser Zeit erlebte Buschehr seine Blüte als wichtigen Hafen am Persischen Golf.

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 Mit Karim-Khand Zand erweiterten die Engländer ihren Einfluss an Küsten und Inseln im Persischen Golf und besonders in Buschehr, hier holten sie sich eine Genehmigung zur Gründung eines Handelshauses.  Die Kadscharen, die die Zandiyeh-Dynastie ersetzten, hatten keinen großen Einfluss am Persischen Golf. So konnten die Engländer ihr Einflussgebiet permanent erweitern, 1812 regierte dann praktisch das britische Generalkonsulat in Bushehr über den Persischen Golf.  Die englischen Vertreter sahen sich als die Starken in der Region und als Gebieter über Leben und Eigentum der Menschen. Während der Herrschaft von Nasseredin-Schah, etwa 1857, sah das britische Imperium seine illegalen Interessen in Herat und Afghanistan durch die   iranische Regierung gefährdet, daher griff es den Süden Irans an und brachte die Insel Khark unter Kontrolle. Dann besetzten englische Truppen Buschehr. Tapfere Kämpfer aus Tangestan, Daschtestan und Buschehr leisteten bis ans Blut Widerstand.

Die Engländer haben vor dem ersten Weltkrieg Buschehr wieder angegriffen; 1913 brach ein heftiger Kampf zwischen englischen Truppen und den Menschen in der Region aus. Der bekannte Anhänger der konstitutionellen Monarchie im Süden Irans, Rais-Ali Delwari, und die Bürger von Daschtestan und Tangestan spielten dabei  eine wichtige Rolle. Ihre Kämpfe gegen den ausländischen Imperialismus ist ein goldenes Kapitel in der Geschichte des Widerstands der Iraner.

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Schauen wir uns nun die Hafenstadt Buschehr etwas genauer an. Ihre Geschichte ist alt, manche datieren sie auf die Zeit der Sassaniden. Dafür spricht, dass man am Imamzdeh in Buschehr Münzen aus dieser Zeit gefunden hat. Ein weiterer Beweis sind die Ausgrabungen und Funde bei den Ruinen der Zitadelle von Rayschahr( ریشهر) in der Nähe von Buschehr. Wie viele andere iranische Städte erlebte auch Buschehr durch seine Geschichte hindurch ziemlich viele Höhen und Tiefen. Die Herrschaftszeit von Karim-Khan Zand bedeute jedoch für die Stadt Blüte und besonderen Aufschwung. Sie stieg zum wichtigen Konkurrenten der Hafenstadt Basra im Irak auf. Diese befand sich damals als zentraler Warenumschlagplatz im Persischen Golf auf dem Höhepunkt. Geschäftsleute in Buschehr konnten einen Großteil des Handels im Persischen Golf und Indischen Ozean für sich beanspruchen. Buschehr zählte zu den ersten Städten, in der die Lithografie Einzug fand. Hier entstanden noch vor vielen anderen Städten in Iran neue Industrien wie Elektrizität und Eisfabriken.  Die besondere wirtschaftliche und politische Lage der Hafenstadt Buschehr zog zahlreiche ausländische Firmen und Konsulate anderer Länder an.

Heute hat sich Buschehr weiterentwickelt, sie zählt zu den wichtigen Küstenstädten Irans, in der die maritime Wirtschaft und Weiterverarbeitungsindustrie Fuß gefasst hat. Zahlreiche Kais und Hafenanlagen ermöglichen Be- und Entladen großer Frachter. Der Hafen birgt zudem zahlreiche historische Gebäude und Denkmäler auf. Alte Wohnhäuser, der Ghawam-Wasserspeicher, die Ruinen von Rayschahr ریشهر, die Scheich Saadun-Moschee sowie zahlreiche Wahlfahrtsorte und Pilgerstätten sind als Bespiel zu nennen.

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Die Wohnhäuser zeichnen sich mit ihrer besonderen einheimischen Architektur aus. Diese hat sich den klimatischen Bedingungen der Region angepasst. Die Formen sind einfach und die Architektur gleicht allen anderen Städten am Küstenstreifen im Süden.

Vor den meisten Häusern befindet sich ein Gang mit zahlreichen Säulen. Der Gang führt von einer Seite zu den Zimmern und auf der anderen Seite in den Hof. Das Dach der meisten Zimmer ist mit Holz und Stoffuntersätzen sowie  Holzbrettern bedeckt. Die Dächer sind flach und auf kurzen Wänden gebaut. Im Hof findet man Bassins und Wasserspeicher. Die meisten Häuser sind aus kalkhaltigen Korallensteinen gebaut, die von Gips zusammengehalten werden. Die Türen sind aus Waldholz mit prächtigen Verzierungen. Zu den wichtigen Häusern mit ihren historischen und architektonischen Merkmalen zähen die Residenz des Richters, Rais-Ali Delwari und das Malek-Gebäude.

Das Malek-Gebäude befindet sich im südlichen Teil der Altstadt von Buschehr, es wurde vor etwa einem jahrhundert gebaut. Der Stil wird seit etwa 200 Jahren an den Küsten des Persischen Golfes gebraucht. Es ist inspiriert von der Architektur der Zandiyeh-dynastie und Anfängen der Kadscharen. Es wurde zunächst als Wohnstätte genutzt, später änderte sich das in verschiedenen Richtungen. Malek wurde wiederholt restauriert, zunächst von den Kadscharen, dann von den Engländern während des ersten Weltkrieges, später hat man dort noch Veränderungen vorgenommen. Das Gebäude hat verschiedene Teile, die miteinander verbunden sind: ein geschützter Teil, Turm, Königssaal, einige Iwane und Wohnräume. 1377 im Sonnenkalender wurde das Gebäude als nationales Denkmal registriert.

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Das Haus von Rais-Ali Delwari ist ein ebenso wertvolles Gebäude; es befindet sich 45 Km von Buschehr entfernt in der Stadt Delwar. Nach Restaurierung und Bauarbeiten wird es heute als Kulturkomplex genutzt. Heute ist das Anthropologische Museum dort untergebracht, auch das traditionelle Dorfleben ist dort festgehalten.

Wie zu Beginn der Sendung gesagt,  war Rais-Ali Delwari ein bekannter Kämpfer im Süden Irans und Anhänger der konstitutionellen Monarchie. Er kämpfte gegen die Besatzung Englands und hat sich damit bei den Iranern verewigt.

Wasserspeicher sind sicherlich weitere Sehenswürdigkeiten von Buschehr, von denen es nicht wenige gibt. Der Ghawam-Wasserspeicher ist einer der bekanntesten. Er befindet sich an einer Hauptstraße und zählt etwa 150 Jahre. Seinerzeit haben die Kadscharen einheimisches Baumaterial dafür verwendet. Konstruktion und Dach bestehen aus widerstandsfähigem Sedimentgestein; drei Säulenreihen und vier Bügen decken das Gebäude ab. Zwei Meter der Anlage befinden sich über dem Boden, und etwa 2.60 M unter dem Boden. Die Innenfläche ist mit sehr resistentem Mörtel bedeckt. An der Außenfassade sind in regelmäßigen Abständen Fenster angebracht, 120 mal 90 cm groß. Von innen her sind sie mit einem Netzwerk aus Steinen bedeckt.

Wir hoffen, dass unsere Ausführungen Ihnen einen kleinen Überblick geben konnten, nächste Woche werden uns weiter mit der Stadt und Provinz Buschehr befassen.