Nov 29, 2016 11:56 CET

Inzwischen haben Sie einen Eindruck von den Stationen, die der Mensch  in der Regel nach der Auferstehung von den Toten passieren muss, gewonnen.Neben der Station  der Waage (Mizan), an der die Taten des Menschen gemessen werden, und der Station der Verrechnung (Hisab) muss der Mensch auch die Station Sirat hinter sich bringen.

 

Die Station Sirat  wird in den Überlieferungen auch als Brücke oder Brücke über die Hölle bezeichnet.  Natürlich ist keine Brücke wie die im Diesseits üblichen gemeint. Gemeint ist vielmehr der Weg (Sirat), über den der Mensch an das wahre Ewige Glück gelangen kann.  Über die Sirat-Brücke kehrt der Mensch zu Gott zurück – und erfährt Seine Gnade oder, falls er abstürzt,  Seinen Zorn .

Gott hat einen bestimmten Sirat , nämlich den Sirat-ul mustaqim  für den Menschen festgelegt. Diesen soll der Mensch im Leben gehen, um in Gottes Nähe und zu Seinen Gnaden im Paradies  zu gelangen.

Ob und wie  jemand die Sirat-Brücke, die über den Höllenabgrund  führt, hinter sich bringt, hängt  nun davon ab,  ob und wie er den Weg Gottes  im Leben gegangen ist.  Über Seinen geraden Weg spricht Gott im Vers  108 der Sure Yusuf (12):

"Sprich: `Das ist mein Weg: Ich rufe zu Allah; ich und diejenigen, die mir folgen, sind uns darüber im Klaren. Und gepriesen sei Allah (der keinen Teilhaber hat) ; und ich gehöre nicht zu den Götzendienern.`"

Imam Sadiq (F)  sagt über den Sirat und die Sirat-Brücke :  „Die Menschen gehen auf verschiedene Weise über den Sirat, wobei der Sirat schmaler ist als ein Haar und schärfer ist als ein Säbel. Die eine Gruppe legt den Sirat blitzschnell zurück  und einige überqueren ihn wie auf der Flucht.  Eine Schar bringt ihn mühselig langsam und kriechend hinter sich. Manche gehen ihn  wie normal auf Füßen entlang, andere in einem ständigen Auf und Ab,  so dass sie manchmal das Feuer erfasst und manchmal wieder loslässt“ (Bihar ul Anwar, Band 7)

 

Je besser jemand im Leben gehandelt und gedacht hat, desto schneller und leichter gelangt er auf die rettende andere Seite der Sirat-Brücke   und alle fünf Gruppen die Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) nennt überwinden den Sirat im Jenseits, wie auch immer, und gelangen ins Paradies, weil sie gläubig waren.   Aber jeder der nicht die Sirat-Brücke ins Paradies überqueren kann, stürzt ins Feuer der Hölle.  Diese Unglückseligen sind zwei Gruppen:  Die arroganten Frevler und Unterdrücker, die keinerlei Hoffnung auf Rettung haben und auf ewig in der Hölle bleiben und   diejenigen, die eine Zeitlang in der Hölle bleiben müssen, bis sie rein werden und sich dann den Geretteten anschließen dürfen.

 

Der Sirat ist ein Weg, den jeder Mensch ausnahmslos gehen muss und alle werden die Hölle zu Gesicht bekommen.   In den Versen 71 und 72 der Sure Maryam (Sure 19) lesen wir nämlich:

  „Und keiner ist unter euch, der sie (die Hölle) nicht passieren wird -  das ist eine von deinem Herrn beschlossene Fügung.“

„Dann werden Wir die Gottesfürchtigen erretten, die Frevler aber werden Wir darin auf den Knien belassen.“

 

Die Anhänger des Propheten fragten ihn, nach Offenbarung dieses Koranverses,  ob er auch  die Hölle sehen wird. Er sagte: „Ja! Aber wir werden sie blitzschnell hinter uns lassen.“

Wer die Brücke über den Höllenabgrund  heil und möglichst rasch überwinden will, muss sich vor der Liebe zum Weltlichen hüten.  Der Mensch muss sich im Leben Gott zuliebe Mühe geben und jemand wird umso schneller die Sirat-Brücke hinter sich bringen, je mehr er  sich von der Liebe zum Weltlichen freihält. Er überwindet sie blitzschnell,  wenn ihn  nichts im Leben von der Liebe zu Gott abhalten konnte. Das beste Beispiel ist der Prophet Gottes  (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause). Er  ist 63 Jahre alt geworden aber nicht einen Augenblick lang hat sein Herz  an der Welt gehangen. Nicht einen Augenblick hat er ans Herrschen, an Besitz oder andere weltliche  Dinge gedacht. Also bringt er die Sirat-Brücke blitzschnell hinter sich.  Andere überqueren je nach dem Grad ihrer Liebe zum Leben rasch, langsam oder nur sehr mühevoll die Sirat-Brücke.  

Die einen  haben gläubig gelebt und gehandelt und haben sich angestrengt, um ihre Liebe zum Weltlichen  zu überwinden. Sie werden zwar nicht blitzartig, aber in Windeseile über die Sirat-Brücke zum Paradies hinübergelangen. Weniger schnell schaffen jene Gläubige die Überquerung, die sich weniger angestrengt haben als sie.   Sie brauchen soviel Zeit wie ein Reiter.  Bei den  Gläubigen, die nicht sündenfrei sind, dauert es  so lange,  wie wenn jemand zu Fuß ist.  Es sind jene von denen Gott im Vers 32 der Sure Nadschm (53 ) sagt:  

 „ die die großen Sünden und Schändlichkeiten meiden – (mit Ausnahme leichter Vergehen -)“.

Gott verspricht ihnen Vergebung.

Die Gläubigen in dieser Gruppen  verspüren natürlich stärker das Feuer der Hölle in dem Abgrund unter der Sirat-Brücke. Unterdessen hat es  die letzte Gruppe von Gläubigen,  die mehr als sie gesündigt haben,  am schwersten. Nur mit Müh und Not kommen diese Gläubigen auf der  Sirat-Brücke vorwärts, bis sie schließlich doch noch ins Paradies gelangen.

In vielen Überlieferungen wird die Sirat-Brücke mit einer  sehr schmalen scharfen Säbelklinge verglichen.  Dies soll verdeutlichen, mit welcher Haargenauigkeit die Taten des Menschen am Jüngsten Tag gemessen und verrechnet werden.  Deswegen muss der gläubige Mensch im Leben genau darauf achten, was er tut, damit er über diese schmale scharfe Sirat-Brücke hinüber kann. Dieser Weg ins Paradies ist im Grunde dasselbe wie der gerade Weg der Gott-Dienstbarkeit, den der Mensch im Diesseits vorsichtig und in Befolgung der göttlichen Gebote und der Wegweisung der Propheten und Gottesfreunde gehen soll.

Ob und wie er diesen Sirat im Leben geht, ist entscheidend dafür, ob er die Sirat-Brücke im Jenseits überquert oder nicht auf ihr weiterkommt und abstürzt. Es gibt  nämlich auf der  Sirat-Brücke noch einige schwer passierbare Stellen. 

Sie werden Aqaba genannt.

Mit Aqaba werden Hindernisse auf einem Pfad durchs Gebirge bezeichnet, an denen der Mensch in  die Tiefe stürzt, falls er nicht achtgibt.   Der Mensch begegnet auf der Sirat-Brücke  solchen kritischen Stellen. Jede dieser Aqaba  ist nach einem religiösen Gebot benannt- wie Aqaba des Gebets, des Fastens, der Pfandtreue, des Welayats (der Anerkennung der Statthalterschaft der Makellosen Imame)  –des Glaubens an den Einen Gott, des Ablassens von der Lüge, des Ablassens von der üblen Nachrede usw. An jeder dieser kritischen Stellen auf der Sirat-Brücke wird der Mensch nach seinem Handeln in Bezug auf diese Punkte gefragt.  Wenn er sich rechtfertigen kann und Gott sich seiner erbarmt, dann kann er diese kritische Stelle hinter sich bringen und bis zur nächsten weitergehen.  Wenn er glücklich alle Aqaba auf der Sirat-Brücke hinter sicher gebracht hat, gelangt er schließlich ins Paradies.  Wenn er sich aber an einer dieser kritischen Stellen nicht rechtfertigen kann oder ein rechtschaffenes Tun unterlassen hat, dann kommt er nicht weiter und stürzt an dieser Stelle in den Schlund der Hölle hinab. 

 

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