Iranische Architektur und Kultur-Teil 36
Im Iran enstanden für die Handelskarawannen die von einem wichtigen Handelszentrum zum anderen zogen an den Verbindungswegen Karawansereien und Raststätten, von denen Historiker wie James Dawn zu berichten wissen.
Dawn schreibt, dass in allen Epochen an wichtigen Verbindungswegen Karawansereien und Burgen gebaut wurden, die Handels- und Militärzwecken dienten. Nicht viele von diesen sind erhalten geblieben: eine größere Anzahl fielen wegen einer Änderung im Straßenverlauf oder natürlichen Ereignissen der Zerstörung anheim. Andere wurden jedoch restauriert.
Die Karawansereien haben auch als Unterkunft für Reisende gedient. Manch ein Reisender übernachtete dort für einige Tage um das Eintreffen einer neuen Karawane abzuwarten und mit ihr weiter zu ziehen.
Das Wort „Karawansara“ setzt sich aus Karawan – gleich eine Gruppe von Reisenden und dem Wort Sara im Sinne von „Haus“ und „Ort „ zusammen. Beide Wörter entspringen der alten Pahlavisprache. Die Karawanserei ist ein Ort an dem Karawanen eine Rast einlegen. Diese größten Herbergen in den islamischen Gebieten weisen meistens einen quadratischen oder rechteckigen Grundriss auf. Sie werden durch einen weiten, hohen Eingang betreten dem sich ein Gang mit Gewölbedecke anschließt. Dieser führt in den Innenhof. Dieser Hof ist von Steinplattformen umgeben, neben denen Einbuchtungen liegen. Hier konnten sich die Karawanen ausruhen. Hinter diesen Plattformen schlossen sich kleine Kammern für Übernachtungen an. In zweistöckigen Karawansereien wurden die unteren Kammern zur Lagerung von Waren genutzt und die Reisenden zogen sich zum Ausruhen in die Kammern im zweiten Stock zurück.
In den Karawansereien war auch ein besonderer Teil für Pferde und Tiere gedacht. Zu beiden Seiten des Innentors wurden Stuben für Wächter und den Karawansereibesitzer gebaut. Jede Karawanserei hatte normalerweise einen Brunnen, der manchmal in der Hofmitte lag.
Geschichtlichen Quellen ist zu entnehmen, dass unter der Achämeniden mit der Errichtung von Karawansereien begonnen wurde. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot hat in seinem fünften Buch von solchen Herbergen berichtet, welche von den achämenidischen Königen zwischen Schousch und Sardes erbaut wurden. Er erwähnt 111 ähnliche Gebäude, die an der 2500 km langen Strecke zwischen der Hauptstadt der Achämeniden und der Stadt Sardes errichtet worden waren. Die Karawanen legten diesen Weg in 3 Monaten zurück. Der Bau der Karawansereien war für die Herstellung von Wohl und Sicherheit der Karawanen und Sonderboten wichtig. Unter den Arsakiden wurde ebenso auf den Schutz der Karawanen und den Ausbau der Wege im Iran großen Wert gelegt. Besonders an der Seidenstraße wurden zahlreiche Karawansereien errichtet. Auch die Sassaniden bauten ihr Wegnetz aus. Aus dieser Zeit sind noch Karawansereien erhalten, wie zum Beispiel Deyr Gatschin , Robat Anuschirawan und Darwaze-Gatsch wa Kenar Siah.
Die Deyr Gatschin – Karawanserei zählt heute zu den nationalen Baudenkmälern Irans. Sie liegt nahe bei Teheran und ist fast 1800 Jahre alt. Deyr Gatschin wird auch die Mutter der iranischen Karawansereien genannt, weil sie für alle Bedürfnisse der Reisenden gesorgt hat. Eine Mühle, ein Hinterhof, sanitäre Anlagen und eine Badeanstalt gehörten zu dieser Anlage und später wurde auch noch eine Moschee angebaut.
Die Deyr Gatschin-Karawanserei hat 6 Türme und ist nach dem 4-Eywan-Modell gebaut. Die Grundfläche beträgt 12 Tausend Quadratmeter. Früher wies diese Karawanserei 43 Zimmer , einen prächtigen Eywan für Könige, 18 Ställe und 2 Warenlager auf. Diese Karawanserei ist heute ein Reiseziel für in – und ausländische Touristen.
In der Islamischen Ära haben viele Faktoren zur Verbreitung und Weiterentwicklung von Karawansereien beigetragen. Die wichtigsten waren religiöse, wirtschaftliche aber auch militärische Faktoren. Aus Reiseberichten, Geographie- und Geschichtswerken können wir viel über Handel, Pilgerfahrten, Reisen und Karawansereien erfahren. Der iranische Dichter und Schriftsteller Naser Chosro, der besonders durch seinen Reisebericht berühmt wurde, weist in diesem auf zahlreiche Karawansereien hin, in denen er unterwegs Halt machte. Zum Beispiel bei der Beschreibung seiner Reise von Nain nach Tabbas in der Wüste schreibt er: "Wir erreichten eine schöne Karanwanserei die einen großen Wasserspeicher besaß. Ohne diese Karawansereien mit ihrem kostbaren Wasser, hätten wir die Wüste nicht durchqueren können.“
Die ersten muslimischen Herrscherdynastien legten großen Wert auf die Errichtung von Bauwerken für die Allgemeinheit wie Karawansereien. Im 11. Jahrhundert nach Christus begann die Entfaltung der islamischen Künste insbesondere der Baukunst. Gebäude wie Moscheen und Karawansereien wurden meistens in Gestalt des zwei oder vier-Eywan-Modells gebaut. Diese Entwicklung hielt bis zu dem verheerenden Mongoleneinfall an.
Die nachfolgenden Generationen der Mongole begannen sich für die iranische Kultur zu interessieren. Auch sie verliehen dem Handel, der Wirtschaft und dem Bau von Karanwansereien einen Aufschwung und überließen deren Schutz den Heereskräften. Chadscheh Raschideddin Faslollah machte sich durch die vielen öffentlichen Bauwerke wie zahlreiche Karawansereien in der iranische Geschichte einen Namen. Im Reisebericht des Italieners Marco Polo lesen wir in dem Abschnitt über Iran und seine Reise von Yazd nach Kerman: „Yazd ist eine große Stadt und seine Einwohner sind Muslime. Wenn sie von Yazd nach Kerman ziehen wollen, sind sie 8 Tage unterwegs und müssen die Wüste durchqueren. Aber unterwegs gibt es drei Karawansereien zum Ausruhen, und dadurch wird ihr Weg erleichtert.“
Zweifelsohne war die Ära der Safawiden das goldene Zeitalter des iranischen Karawansereienbaus. Der Handel im Inland und mit dem Ausland erlebte eine Blütezeit und die Pilgerreisen von Iranern und die Reisen von Ausländern in den Iran nahm augenfällig zu. An der Wegstrecke zu Pilgerorten wie der Heiligen Stätte von Imam Resa in Maschhad, der Ruhestätte Imam Husseins in Karbala und dem Grab Imam Alis in Nadschaf wurden zahlreiche Karawansereien erbaut und die meisten davon gibt es heute noch. Zur Zeit der Saffawiden wurden wegen der Ausfuhr von Waren nach Europa , China und Indien, die iranische Handelsstraße zu den Grenzen des Landes ausgebaut.
Es sind also 25 Jahrhunderte seit der Entstehung der ersten Karawansereien im Iran vergangen. Wie Forscher, darunter der amerikanische Iranist Professor Arthur Pope meinte, war die Begründung des Karawansereibaus im Iran ein großer Erfolg für die iranische Architektur und der Karawansereibau hat nirgendwo anders auf der Welt die besonderen Funktionen und Merkmale , die er im Iran besitzt. Die Karawansereien sind auch gesellschaftlich gesehen von Bedeutung. Reisende die aus allen Orten in die Karawansereien kamen , nahmen miteinander Kontakt auf und erfuhren über die verschiedenen Ansichten und Bräuche.
In der alten persischen Dichtung taucht öfters das Wort Karawanserei auf. Oftmals wird in der Poesie der Mensch als Reisender in der Karawane des Lebens bezeichnet und die Welt mit einer Karawanserei verglichen. Der auf das Weltliche ausgerichtete Mensch wird gemahnt, dass das Leben auf der Erde vorübergehend ist.