Jul 07, 2017 14:41 CET

Die Menschen im vorislamischen Iran, die unter der korrupten und diskriminierenden Regiment der Sassaniden gelitten hatten, sind innerhalb kurzer Zeit zu der neuen Religion übergetreten und haben ein neues Leben begonnen.

Der amerikanische Iranist Arthur Pope sagte darüber: „Der Islam hat mit seinem menschlichen und volksfreundlichen Gesicht neue Neigungen unter dem Volk hervorgerufen. Schlichte Losungen traten an Stelle der vorherigen Tendenzen und denn zum Teil sehr komplizierten religiösen Hierarchiesystem. Der Islam nannte alle „Brüder“ und verlieh dem normalen Bürger Würde und einen neuen Wert. Die Muslimwerdung der Iraner hatte einen erstaunliche Einwirkung auf die Kunst, die Architektur und die Kultur dieses Volkes. Die neue iranische Architektur nach Beginn des Islams, legte den Grundstein für zahlreiche Beispiele eines neuen Baustils  in Form von religiösen Lehrstätten (Madresseh), Moscheen, Husseiniyeh (Trauerhallen) Takiyeh und sogar  Häusern.“

 

Die Geschichtswerke berichten davon, dass in den ersten Jahrhunderten nach der Hidschra überall im Iran, in Städten und auf Dörfern der Moscheenbau üblich wurde. Die älteste Moschee im Iran entstand schon bald im ersten Jahrhundert nach der Hidschra (7. bis. 8. Jahrhudnert nach Chr. ).  Zu den religiösen Bauwerken im Iran gehört aber auch das Takiyeh für den Trauermonat .

Anfangs war das Takiyeh ein Ort, an dem sich Berufsgilden  versammelten oder bestimmte Zeremonien stattfanden, oder sie diente Bedürftigen. Aber ab der Zeit der Saffawiden diente es nur noch den Trauerversammlungen und zwar zuerst in zentraliranischen Städten wie Kaschan und Qazwin.

Zur Zeit der Qadscharen, als die T`aziyeh-Darstellung ihren Höhepunkt erreicht wurden die Takiyehs zur Bühne dieses zeremoniellen Passionsspiels.  Um Sie mit der Bauart der Takiyehs vertraut zu machen, führen wir einige typische Beispiele aus verschiedenen Teilen Irans an.

Der Amir Tschachmaq-Komplex in Yazd nahe der großen Wüste ist einer der typischsten historischen Anlagen in dieser Stadt. Sie liegt an der Kreuzung der vier Hauptstraßen von Yazd und besteht aus einer Moschee, einem Takiyeh, einem kleinen Bazar und zwei Wasserspeichern. Ein riesiges hölzeneres Nachl, welches wie  eine große Baumkrone aussieht – gehört ebenso dazu . Diese Anlage wurde im 9. Jahrhundert nach der Hidschra, 15. Jahrhundert nach Christus erbaut und zwar in Auftrag von Amir Dschilaleddin Tschachmaq, dem Statthalter von Yazad und seiner Gemahlin Seti Fatema Chatun.

An der Nordseite der Anlage  liegt ein großer Platz der seit eh und je Tschachmaq-Platz genannt wird. Einer der Wasserspeicher wurde zum Wasser-Museum der Stadt Yazd umgewandelt. Am Eingang zu der Anlage steht auf einem Stein das Baujahr und der Erbauer eingemeißelt. Die Kachelmosaike an diesem Bauwerk sind ein besonders schönes Beispiel für diese Art des Flächendekors im 9. Jahrhundert. Der hölzerne Nachl, der gegenüber der Moschee steht,  wird am Aschura-Tag, dem 10. des Trauermonats in Gedenken an den Heldentod Imam Husseyns  von der Bevölkerung durch die Stadt getragen und wieder an seinen Platz zurückgebracht.  Das Takiyeh ist wie die meisten religiösen Stätten im Iran an zwei Minaretten zu erkennen. Diese hohen Türme sind mit bunten Kachelwerk verziert. Hinter dem Hauptgebäude mit jeweils 5 offenen Gewölbekammern zu beiden Seiten der Minarette liegt der Eingang zum Wasserspeicher,  eine Treppe die auf das Flachdach des Takiyeh hinaufführt, ebenso wie der Eingang zu den Minaretten.

 

Die Fassadenfläche ist aus glasierten Ziegelsteinen und Kachelwerk. Am unteren Minarettrand stehen Inschriften im Kufi-Schriftstil geschrieben, aber auch die Mauerwände und die Umrandungen der Gewölbekammer zieren Inschriften aus Koranversen und den Namen Gottes auf schönem Kachelwerk.

Auch in der Stadt Kermanschah in Westiran gibt es ein historisches Takiyeh. Es nennt sich Moawen ul Molk und erinnert an die Qadscharenära. Wie das Tschachmaq-Takiyeh liegt es  in der Altstadt, und zwar in einem Viertel namens Abschuran. Hussein Chan, der unter dem Beinamen Mo´in ur Ruayaa bekannt wurde, ließ es erbauen. Dieses Takiyeh besteht aus  drei Bauten, der Husseiniyeh, der Zeynabiyeh und der Abbassiyeh. (nach Imam Hussein, seiner Schwester Zeynab und seinem Bruder Abbass aleihom salam) benannt.  Das Takiyeh liegt 6 m tiefer als der Erdboden . Neben den Eingangstreppen befindet sich  eine kleine Trinkwasserstelle. Die Bemalung des Kachelwerkes an dieser Trinkwasserstelle erinnert an den Bruder Imam Hussein, Abbass, auch bekannt als Abu-l Fasl- , Er sitzt hoch zu Ross, hat den Säbel gegürtet und trägt ein Banner auf dem ein Satz aus dem Koran steht: „Die Hilfe von Gott und der Sieg ist nah.“ Einige zünden hier  eine Kerze an und tragen Gott ihre Bitten vor.

 

Der gesamte Eingang dieser Anlage   in Kermanschah ist mit feinem Kachelwerk geschmückt. Ihre  Husseiniyeh besteht aus einem kleinen Hof in der Mitte eines zweistöckigen Gebäude mit  Kammern und Wandnischen rundherum. In den Wandnischen sind auf Kachelwerk Szenen von den Trauerzeremonien der iranischen Herrscher und des Königshofs von Salomo abgebildet.  Feine geometrische Muster  umrahmen diese Gemälde. Hier und dort stehen Reime über das Gebäude und das Baujahr , die der Dichter Waleh aus Kermanschah   verfasst hat.

Das bekannteste Takiyeh im Iran ist der Takiyeh-Dulat – der Regierungstakiyeh.  Nassereddin Schah ließ  1867 den Bau beginnen. Das kostspielige Bauwerk war nach 5 Jahren fertig. Zu der Zeit gab es bereits in Teheran circa 45 Takiyeh.

Das Takiyeh-Dolat lag an der Südwestseite des Golestan-Palastes neben dem Schams-ul Amareh und gegenüber der Imam-Moschee und wurde von  Husseinali Mehrin entworfen. Das stattliche Gebäude blieb jedoch nicht erhalten und um mehr darüber zu erfahren, muss man auf alte Bilder und  historische Angaben zurückgreifen

Dieses Takiyeh ähnelt von der Struktur her einer Karawanserei. Von außen war es 8-eckig und innen  vollständig zylindrisch mit einem Durchmesser von 60 m . Es bestand aus 4 Stockwerken mit einer Gesamthöhe von 24 m. 20 Tausend Menschen fanden darin Platz. Das Takiyeh war damals schon aus einer Entfernung von  circa 35 zu sehen.

In jedem Stockwerk waren Logen und Torbögen. Einige Logen hatten auch Fenster. Die Außenfassade war aus Gestein und gebrannten Ziegeln und die Toreingänge  zierten flache Gewölbe.

In der Mitte lag die Szene, auf der das Passionsspiel auf einer runden Plattform mit einer Höhe von circa einem Meter und einem Durchmesser von circa 20 m vorgeführt wurde. Die Darsteller betraten die Szene über mehrere Treppen. Um das Plateau herum führte ein 6 m breiter Weg, auf dem sich die Pferde und Soldaten für das Passionsspiel bewegen konnte.  An den Wänden führten auch für Zuschauer breite Steinbänke entlang.

 

Das Takiyeh-Dulat hatte 3 Eingänge.   Es war auch ein hoher Rednersitz aus einem einheitlichen Marmorfelsen herausgearbeitet worden. An  allen 4 Seiten der Bühne lagen Wasserbecken . Für Licht sorgten Fackeln und  große Kronleuchter.

Das Gebäude hatte im Grunde kein Dach. Doch befand sich oben ein Gerüst aus halbrunden Langhölzern, welches besonders im Winter mit einem schweren Zelttuch überdeckt wurden. Gegen Ende der Quadscharenzeit wurde die Holzverstrebung durch Eisenverstrebungen ersetzt.

Viele Jahre lag wurde im Takiyeh-Dolat das Ta`ziyeh, das besondere Passionsspiel für Imam Hussein durchgeführt, aber allmählich entstanden moderne Theatersäle und so verlor diese Versammlungsstätte an Bedeutung. Das Gebäude wurde schließlich wegen Problemen im Fundament im Jahre 1947  abgerissen, an seiner Stelle steht heute eine Bank.