Jul 07, 2017 14:27 CET

Die ariden und semiariden Klimaverhältnisse in einem großen Teil Irans haben zu der architektonischen Vielfalt beigetragen. Wegen der relativ geringen Niederschlagsmengen waren besonders die Einwohner in den großen Ebenen um die Speicherung von Wasser bemüht.

 Im Iran wurden kilometerlange unterirdische Brunnenkanäle angelegt. Es wurden Wasserdämme und Wasserspeicher gebaut. Die Wasserspeicher nannten sich Ab Anbar. ("Ab" bedeutet "Wasser" und "Anbar" bedeutet "Speicher").

Besonders in den Städten in der Wüstennähe spielten diese Ab Anbar eine zentrale Rolle. Sie waren in allen Stadtteilen anzutreffen.  Bei Bau von diesen Wasserspeichern  mussten viele Dinge in Betracht gezogen worden, wie der Wasserdruck, die Vergipsung der Speicherwände, die Belüftung und Filterung und Verhütung von Wasserverschmutzung. Wasserspeicher waren im alltäglichen Leben der Bevölkerung von großer Bedeutung. Dies lässt sich auch an den schönen Verzierungen dieser Bauwerke ablesen und an den weisen Sprüchen, die manchmal über dem Eingang zu diesen Speichern standen.

Ein Ab Anbar ist ein überdachtes Wasserbecken, das normalerweise tiefer als die Erdoberfläche in einem Kellerraum liegt. In dem wasserarmen Gebieten  werden diese Wasserbecken aus Regenwasser oder aus den saisonbedingten  Wasserläufen gespeist. Die Speicherung erfolgte normalerweise im Winter und das angesammelte Wasser wurde im Sommer verbraucht.

Für die Klärung des Wassers benutzte man verschiedene Methoden, nicht nur physikalische sondern auch chemische.   Zum Beispiel wurde eine bestimmte Menge Salz dem Wasser hinzugefügt, um Bakterien  abzutöten oder Kalkmischungen verwendet und es wurden Beutel  mit Kohle zur Verhütung von Geruchsentwicklung eingesetzt.

Die Wasserspeicher kann man unterscheiden nach allgemeinen Speichern, die sich in den einzelnen Vierteln, in Karawansereien und Dörfern und an wichtigen Verbindungswegen befinden und  die privaten Wasserspeichern in Häusern.

Die öffentlichen Wasserspeicher bauten Wohlhabende,  Stadtverwalter oder Wohltätige. Die Unkosten wurden somit  aus dem Volksvermögen oder aus Stiftungsgeldern bestritten.

Ein Wasserspeicher lag meistens im Zentrum eines Viertels, neben religiösen- und Lehrstätten, Handels-  oder Erholungsorten.  An den verbliebenen Beispielen sieht man, dass die öffentlichen Wasserspeicher ein größeres Speichervolumen hatten und einen längeren Zeitraum über den Bedarf der Stadtbewohner decken konnten.

Die privaten Wasserspeicher lagen in der Regel unter dem Gebäude oder unter dem Gebäudehof. Auch sie waren so groß, dass sie eine lange Zeit  den Bedarf der Hauseinwohner erwidern konnten.

Die wichtigsten baulichen Elemente eines Ab Anbar sind: Anlage  für Wasserspeicherung, Abdeckung der Speicheranlage, Lüftungskanal, Windturm, Treppen, Paschir – und ein hübscher Toreingang. Paschir wurde der kleine unterirdische Raum genannt wo der Wasserhahn des Speichers lag.

Die Anlage zur Speicherung war vier- oder recheckig oder auch achteckig und zylindrisch und lag zum größten Teil oder ganz unterhalb der Erdoberfläche.  Einige zylindrische Reservoirs konnten bis zu 3 Tausend Kubikmeter Wasser aufnehmen.   Aber es gab auch riesige Speicher mit einer Aufnahmekapazität von 100 Tausend Kubikmetern. In solchen Speichern  wurden im Innern Säulen eingebaut, die die Decke stützten.

 

Die Form der Überdachung von Wasserspeichern war verschieden: Kuppelförmig, flach , sichel- oder kegelförmig. Über den Wasserspeichern ragten Windtürme in die Höhe, die zur Kühlung des Wassers dienten und Luftströmungen ins Innere einließen.  Diese Windtürme  wurden aus quadratischen Ziegelsteinen so angelegt dass von 4 Seiten aus Luft in den Turm eindringen,  in den Keller zum Wasserspeicher herabströmen  und das gespeicherte Wasser kühlen konnte.  Durch weitere Luken drang die kühle Luft auch in anliegende Räume.   Die Häuser in Wüstennähe wurden früher mit je einem Windturm an jeder Hausecke gebaut.

 

An der Seite  des Wasserspeichers schloss sich zumeist hinter einem Torbogeneingang eine Treppe an, die zu der Stelle, wo sich der Wasserhahn befand, hinunterführte.  Diese Treppe war oft steil, aber sie war breit.  Und so konnten mehrere Personen  bequem gleichzeitig mit  einem Wasserschlauch, oder Krug usw. zum Wasser heruntergehen.  Meistens gab es im Paschir mehr als einen Wasserhahn. Die Wasserhähne lagen einen Meter über der Wasseroberfläche im Speicher und so blieb das Wasser, das aus den Hähnen floss frei von Teilchen, die sich am Speicherboden  abgesetzt hatten.

Einige Wasserspeicher hatten zwei Treppengänge, von denen einer für die  religiösen Minderheiten bestimmt war. Zum Beispiel der Rig-Wasserspeicher in Yazd war auf diese Weise  angelegt worden. Der schönste Teil der Wasserspeicher war der Torbogeneingang. Vor den Treppenstufen lagen meistens mehrere breite steinerne Plattformen, an dem sich die Besucher  gerne zu einem Plausch ausruhten.

Andre Godard, der französische Irankenner schreibt in seinem Buch über die Bauwerke in Iran hinsichtlich des Baumaterials für Wasserspeicher:  „Die Wasserbecken der Speicher sind meistens aus Gestein, das es vor Ort gibt  und aus Ziegelsteinen. Um diese Becken wasserdicht zu machen, werden sie mit Sarudsch vergipst: Eine besondere Mischung aus Kalk und Asche. Für das Gewölbe oder die Decke werden Gipsblöcke benutzt und deren Zwischenabstände mit Ziegelsteinen ausgefüllt.“

Der Iraner Hussein Me`mariyan schreibt , dass die Ziegelsteine für Wasserspeicher  besonderer Art waren. Sie waren gelbfarben und wurden Ab-Anbari-Ziegel genannt und nur für diese Bauwerke verwendet.  Vor ihrer  Verwendung wurden die Ziegel tief in Wasser getaucht. Für das Gemäuer wurde ein Mörtel aus Sand, Kalk, Lehm und Sarudsch benutzt. Es wurden auch bestimmte Punkte beachtet, wie die Lage und Art zur Füllung des Speichers und die Reinigung des Wassers und Freihaltung von Schmutz.

Die Treppen des Wasserspeichers waren aus Gestein, damit sie dem regen Verkehr überstehen.  Der Eingangsbogen war mit Kachelwerk und Ziegeldekor, mit Stalaktitendekoration und Inschriften in Nastaliq oder Sols-Schrift verziert.  Den Schriften war der Name des Erbauers  und Begründers  und das Baujahr zu entnehmen.

Den ältesten bekannten Wasserspeicher hat es in der historischen Stadt Ur, in der Nähe des heutigen irakischen Basra,  gegeben. Auch im Byzantinischen Reich ließ Kaiser Justinus im 6. Jahrhundert vor Christus  einen Wasserspeicher errichten. Er bestand aus zwei Becken, hatte 1001 Säulen und wurde als 1001-Säulen-Wassserspeicher bekannt.

Der älteste Wasserspeicher Irans  stammt aus der Zeit der Ilamer. Er liegt im Zikkurat Choga Zanbil in der Provinz Khuzistan und ist ungefähr 3500 Jahre alt.

Ein alter Wasserspeicher aus der Islamischen Epoche ist der Azduddulah- Deylami-Speicher aus dem 4. Jahrhundert nach der Hidschra, d.h. dem 10. Jahrhundert nach Christus. Er wurde in der Provinz Fars erbaut und  aus einem Stausee in der Nähe gespeist. Durch ihn konnten Tausend Menschen in einem Jahr mit Wasser versorgt werden. Der Seyyed Ismail-Wasserspeicher in Teheran  entstand ein Jahrhundert später (11. Jahrhundert) . Er wurde mehrmals restauriert und wird heute als nationales Kulturerbe geschützt.