Feb 28, 2017 18:57 CET

Wir sagten, dass im Koran ungefähr 30 Verse über Schafa`a stehen, nämlich die Vermittlung eines Geschöpfes zwischen Gott und ein anderem Geschöpf. Diese Fürbitte kann der Abwendung eines Übels oder zur Erreichung eines Segens im Diesseits und im Jenseits  gelten.

 

 

 Es gibt viele Fürsprecher am Jüngsten Tag. An erster Stelle stehen die Propheten und ihre Nachfolger, allen voran der Prophet des Islams (S). Außerdem können die Engel, die Religionsgelehrten und die Märtyrer am Jüngsten Tag Fürsprache einlegen.

Diesmal möchten wir die Frage behandeln, für wen Fürsprache eingelegt werden kann.

 

Das Wort Schafa`a شفاعت  ist von dem Verb  schaf `   شَفع abgeleitet, welches soviel bedeutet wie „mit etwas zusammenkommen und übereinstimmen“.  Wer im Leben eine besondere spirituelle Verbindung zu seinen Fürsprechern angeknüpft hat, kann im Jenseits Fürsprache von diesen erwarten.  D.h. die Gottesfreunde werden für diejenigen bei Gott vermitteln, die ihnen Liebe entgegenbrachten, so wie sie dachten und sich von ihnen lenken ließen.   In vielen Überlieferungen wird zur Liebe zum  Propheten (S) und den Edlen aus seinem Hause (F) angespornt, weil durch diese Liebe auch die geistige und seelische Verbindung zu diesen wächst. Wie jeder der jemanden liebt, sich diesem anpasst, ist  auch der die Nähe zum Propheten und den Imamen Suchende  um ein Verhalten bemüht, dass  diesen Auserwählten zusagt. Diese Liebe wirkt sich daher sowohl positiv auf den Glauben als auch auf die Moral des Menschen aus. Sie  lässt ihn weniger sündigen und  verhindert, dass er sein Herz an die falschen Dinge hängt.

Die Voraussetzungen für Fürsprache im Jenseits, werden im Leben geschaffen. Schafa`a – die Fürsprache – kommt durch die  Beziehung, die im Diesseits  zu Gott und zu den Großen der göttlichen Religion angeknüpft wurde, zustande.  Diese Vermittlung ist ein Segen seitens Gott.  Wenn also jemand keine Beziehung zu Gott und dem Propheten und den Edlen aus seinem Hause,  durch die der Segen Gottes verteilt wird, gehabt hat, bleibt ihm die Fürsprache verwehrt. Imam Sadiq (F)  sagt: „Jeder, der möchte, dass die Fürsprache ihm etwas nützt, muss bestrebt sein, Gott zufrieden zu stellen. Wisset, dass niemand die Zufriedenheit Gottes erreichen wird, es sei denn durch Befolgung Gottes und des Propheten und der Gottesfreunde aus dem Hause von Mohammad (Gottes Segen sei auf ihm und Friede  seinem Hause)“  (Bihar  ul Anwar, Band 75)

Die Fürsprache des Erhabenen Propheten (S) und der anderen Vermittler am Jüngsten Tag hängt von bestimmten Kriterien ab. Eines der wichtigsten Kriterien ist der Glaube an Gott. Die Fürsprache ist für jemanden möglich, dessen Glaube nicht durch Sünden in Gefahr geraten ist.

Der Prophet des Islams (S) sagt: „Die Fürbitte gilt nicht für die Zweifler, die Götzendiener und die Ungläubigen, sondern für die Gläubigen, die nur Den Einen Gott anbeten.“  (Mizan al Hikma, Band 4)

 

Die Fürsprache gilt für die Gläubigen, welche aus Unachtsamkeit  und nicht aus Eigensinn und Feindschaft gegen Gott, den Höchsterhabenen, eine Sünde begangen haben. Die Gläubigen schämen sich, wenn sie an ihre Sünden denken. Sie flehen Gott, den Allbarmherzigen, um Vergebung  an, erklären ihre Reue und sagen wie im Abu Hamza Thumali Gebet (Mafatih ul Dschinan):

„O Gott, meine Sünde geschah nicht aus Eigensinn und Aufsässigkeit und nicht weil ich Dein Gebot für unwesentlich gehalten habe und nicht darauf achten wollte, sondern es war ein Fehler, denn ich aus Leichtfertigkeit  begangen habe. Mein Ego hat mich überlistet und mein egoistischen Wünschen haben mich übermannt.“

Sünder, die ihre schlechten Taten nicht bereuen und sich deswegen nicht schämen, sondern sie sogar genießen, sind von der Fürbitte ausgeschlossen.  Der Prophet (S) hat gesagt: „Wer eine Sünde begeht und sie nicht bereut,  ist kein Gläubiger und es gibt keine Fürbitte für ihn. Er zählt zu den Frevlern und Gott der Höchsterhabene hat gemahnt,  dass  die Frevler keinen Helfer und keinen Fürsprecher, der angehört wird,  haben.“  

Gemäß Koran und Überlieferungen können also nur diejenigen auf Fürsprache hoffen, die die Gebote Gottes und die Weisungen des Propheten (S) und der Imame befolgen.  Dies steht damit genau im Gegensatz zu der Vorstellung einiger, die argumentieren, die versprochene Fürbitte würde ein Ansporn zum Sündigen und zur Flucht vor den Pflichten sein.

Laut den religiösen Quellen ist eindeutig das Handeln nach den religiösen Geboten und der Gehorsam gegenüber Gott, dem Propheten (S) und den Makellosen Imamen die Vorbedingung für eine Vermittlung vor Gott.  (D.h. Fürsprache ist für die möglich, die grundsätzlich  ihre religiösen Pflichten erfüllt und die Gebote Gottes befolgt haben, aber unter bestimmten Umständen einen Fehler begingen.   Sie können Gottes Barmherzigkeit im Jenseits erfahren. Wer sich jedoch nicht scheut zu sündigen und sich in keiner Weise dafür  schämt,  dem wird die Fürsprache verwehrt.

In den Versen 42 bis 48 der Sure Mudathir  (74) werden die Eigenschaften von einigen, die keine Fürsprache erfahren, genannt und zwar im Rahmen eines Gespräches  zwischen den Paradiesbewohnern und den Hölleninsassen.

 

„`Was hat euch in Saqar (das Höllenfeuer) geführt?`“

 „Sie werden sagen: `Wir gehörten nicht zu denjenigen, die beteten`,“

„ `und wir pflegten nicht den Armen zu speisen`,“

„`und wir pflegten auf schweifende Reden mit denjenigen einzugehen, die solche führten`,“

 
„`und wir erklärten stets den Tag des Gerichts für Lüge`“

„`bis die Gewissheit zu uns kam.`“

„Nun nützt ihnen die Fürsprache derjenigen nicht, die Fürsprache einlegen (können).“

 

Die Paradiesbewohner fragen die Hölleninsassen, wieso sie in die Hölle geraten sind. Und diese bekennen, dass sie nicht gebetet haben, und dass sie nicht den Hungernden zu Essen gaben. Sie gestehen,  dass sie mit schlechten Leuten verkehrten und die Wahrheit vernachlässigten und schließlich, dass sie nicht an den Jüngsten Tag glaubten.  Die Höllenbewohner gestehen laut dieser Stelle im Koran ein, dass sie diese schlechten Gewohnheiten beibehielten, bis sie starben.

Schließlich verheißt Gott im letzten dieser Verse, dem Vers 48 der Sure 74), dass ihnen keine Fürsprache mehr etwas nützt.

Der Vers 48 bestätigt also erneut, dass es die Fürsprache gibt.  Allerdings sind diejenigen, die in die Hölle abgeführt werden, nicht würdig, Fürsprache zu erhalten.

Bei der Fürsprache gibt es keine Benachteiligung.  Und jeder kommt, wenn er dessen würdig ist, in den Genuss dieses Segens.  

Die Fürbitte gilt also  nicht für jeden. In der Überlieferung steht, dass der Propheten für jemanden, der seine Nachkommen schlecht behandelt, keine Fürbitte einlegt. Imam Ali (F) überliefert folgende Worte des  Propheten Gottes: „Wenn ich den löblichen Rang (den Rang der Fürsprache) erhalte, ermittle ich für die Sünder meines Volkes und Gott  akzeptiert meine Fürsprache. Und bei Gott! Für diejenigen, die meine Familie und Nachkommen schlecht behandelt haben, werde ich nicht vermitteln.“

So sprach der Prophet  auf Gottes Geheiß, denn Gott hat ihn im   Vers 23 der Sure Schura ( Sure   42 ) angewiesen zu sagen:

"Ich verlange von euch keinen Lohn dafür (für die frohe Verheißung von Gott), es sei denn die Liebe zu den Verwandten….“ Wobei  nach Ansicht der schiitischen Korankommentatoren die Verwandten des Propheten gemeint sind.

Es ist übrigens interessant dass  Gott im Vers 47 der Sure Sabba ( 34 ) außerdem den Propheten wie folgt anweist: „Sag: Was auch immer an Lohn ich von euch hätte verlangen können, das gehört euch. …“

In Wahrheit hat der Prophet Gottes (S) die Gläubigen aufgefordert, seiner Familie Freundschaft und Liebe zu erweisen, damit sie dank dieser Liebe auf die Makellosen Imame aus seinem Hause hören und damit sie durch deren Befolgung Rettung finden.

 

Auch  diejenigen, die nicht an die Fürsprache des Propheten glauben, sind von der Schafa`a ausgeschlossen. Gemäß dem Buch Kanz ul Ummal  wird von dem Prophetengefährten Zaid Ibn Arqam  überliefert, dass der Prophet Gottes (S)  gesagt hat:  „Meine Fürsprache am Jüngsten Tag ist wahr, also wird jemand, der nicht daran glaubt, nicht  zu denen gehören, für die Fürsprache eingelegt wird. In dieser Gruppe sind auch die Ungläubigen und die Götzendiener, für die es keine Fürsprache gibt.“

Mohammad Ibn Abi Umayr überliefert von Imam Musa Ibn Dschafar (Imam Kadhim) (F):  „Gott lässt nur die Ungläubigen und Leugner und Abgeirrten und Götzendiener in der Hölle sein…“ Laut einem weiteren Bericht hat der Propheten (S) gesagt: „Meine Fürsprache ist für die, die eine große Sünde begangen haben mit Ausnahme der Götzenanbetung und dem Frevel!“

Neben den Götzendienern und den Ungläubigen erfahren auch diejenigen nicht die Fürsprache des Propheten Gottes(S), die in der Religion übertreiben.  Denn der Prophet hat gesagt: „Meine Fürsprache wird zwei Gruppen nicht erreichen: den gewaltsamen Mächtigen und Unterdrücker und den Übertreiber, der die Religion überschritten hat.“

Die Fürsprache gilt also nicht absolut sondern ist bedingt. Eine dieser Bedingungen besteht darin, das tägliche Gebetsritual ernst zu nehmen. Wer es auf die leichte Schulter nimmt, ist von der Fürsprache ausgeschlossen. In einer Überlieferung vom Propheten des Islams (S) heißt es:

„Niemals erreicht denjenigen, der seinen Gebetsdienst nicht ernst nimmt, meine Fürsprache. Bei Gott! Ein solcher wird nicht bei mir am (Paradies-) Brunnen eintreffen.“

Auch ist folgender Bericht von Abu Basir, einem engen Vertrauten Imam Sadiqs (F) bekannt:

„Ich hatte Humaida, die Gemahlin von Imam Dschafar Sadiq (F) aufgesucht, um ihr zum Verscheiden des Imams (F) zu kondolieren. Sie weinte und da musste ich auch weinen. Dann sagte sie: `O Abu Mohammad! Wenn du Imam Sadiq (F) gesehen hättest, als er starb, hättest du etwas Erstaunliches erlebt. Der Hadhrat (Imam) öffnete seine gesegneten Augen und sagte: `Holt alle herbei, die mit mir nahe stehen.` Da haben wir alle herbeigeholt und niemanden vergessen. Der Imam (F) schaute sie an und sagte: `Fürwahr! Meine Fürsprache  wird niemandem zuteil, der das Gebet nicht ernst nimmt.“  (Usul-e Kafi, Band 3)

 

Gemäß Imam Sadiq ist also die Vernachlässigung des Gebetes so schlimm, dass der Mensch von der Fürsprache ausgeschlossen wird. Demnach ist es erst recht eine große Sünde, das Ritualgebet überhaupt nicht zu verrichten oder einzustellen. Doch auch wenn jemand das Gebet zu verrichten pflegt, aber seine Vernachlässigung  für unbedeutend hält, hat er eine Sünde begangen und bringt sich selber um die Fürsprache der Imame aus dem Hause des Propheten.   

 

Tags