Auf den iranischen Inseln im Persischen Golf (10 - Kisch)
Eine historische Sehenswürdigkeit auf Kisch ist "Kariz". Es ist eine ursprüngliche Qanatanlage, die seit mehr als 2500 Jahren besteht und inzwischen in eine unterirdische Stadt verwandelt wurde.
Kariz , auch Kahriz , ist ein persisches Wort und bedeutet Qanat. Qanat ist eine Erfindung der Iraner, die so alt ist wie die antike Kultur ihres Landes. Es sind unterirdische Wassertunnel, die an einem höher gelegenen Hauptbrunnen (Tschah Madar) beginnen und bis zum "Mazhar" verlaufen, wo das Wasser an die Erdoberfläche tritt. In vielen iranischen Gebieten mit trockenem und warmem Klima nutzt die Bevölkerung noch immer dieses alte Wasserversorgungssystem.

Der Qanat von Kisch wurde wahrscheinlich zur Zeit der Arsakiden, die ab dem 3. Jahrhundert vor Christus bis Anfang des 3. Jahrhunderts nach Christus herrschten, angelegt. Die Anlage ist 15 km lang und eine der wichtigsten Trinkwasserressourcen für die einheimische Bevölkerung. Der Qanat liefert klares Süßwasser. Es handelt sich in der Hauptsache um Regenwasser. Dieses passiert unterwegs verschiedene Sedimentgesteine und Korallengestein und wird auf diese Weise gefiltert. Die Bevölkerung hat früher auch den Qanat für die landwirtschaftliche Bewässerung benutzt und sogar einen Teil an die Schiffe der südlichen Anrainerländer des Persischen Golfes wie Oman und die Emirate verkauft.

Zu dem unterirdischen Kanalsystem eines Qanats gehört immer eine größere Anzahl von Brunnen, aus denen, zwischen dem Ausgangsbrunnen bis zur Austrittsstelle, Wasser an die Oberfläche geholt werden kann. Der Qanat, sprich Kariz von Kisch hatte ursprünglich 274 solche Brunnen. 74 davon gehören zu der unterirdischen Stadt Kariz, dem Ziel unseres heutigen Ausflugs auf Kisch. Einige davon blieben unberührt und andere hat man kegelförmig verändert und nutzt sie zur Belüftung und für den Einfall von Tageslicht. Der Kariz von Kisch liegt durchschnittlich 8 m über dem Meeresspiegel und im Durchschnitt 12 m unter der Erdoberfläche. An einigen Stellen erreicht er eine Tiefe von 16 m.

Das Wasser im Kariz von Kisch fließt so langsam, dass man denkt es steht. Einer der Mutterbrunnen des Qanats liegt beim alten Safin und eine weitere Abzweigung von diesem Mutterbrunnen kommt aus Richtung des Dorfes Baghu. Beide unterirdischen Kanäle verbinden sich schließlich im Kariz-Komplex mit einem dritten und ziehen zu der historischen Stadt Harireh weiter, wo das Wasser aus dem Qanat an der Oberfläche austritt, d. h. dort liegt der Mazhar.

Die Temperaturen in den unterirdischen Gängen von Kariz betragen 22 bis 25 Grad. Der Feuchtigkeitsgrad steigt im Sommer und den schwülen Jahreszeiten an. Die Höhe der Gänge beträgt 8 m und die Gangdecke enthält Muscheln, Korallen und Fossilien. Die Betreuer der unterirdischen Stadt sind der Meinung, das Kariz aufgrund von zwei besonderen Eigenschaften eine Aufnahme in die Liste internationaler Bauwerke verdient. Erstens weil Kariz im Korallengestein angelegt wurde und zweitens wegen der vielen Muscheln und Korallen die es an der Decke seiner Gänge aufweist. Früher konnte man diese nur in Museen für Naturkunde oder beim Tauchen betrachten. Doch die Besucher von Kariz haben in dieser unterirdischen Stadt die größte Korallenkollektion vor sich. Es sei erwähnt, das Kariz in der Vergangenheit keine unterirdische Stadt war, sondern ein Netz aus unterirdischen Wassertunneln. In dieser unterirdischen Stadt können die Besucher eine Vorstellung von dem alten Wasserversorgungssystem gewinnen.
Allerdings ist das Wasser in dieser unterirdischen Stadt nicht mehr so sauber, wie das Wasser, das an anderen Stellen dem Qanat entnommen werden kann. Es ist daher nicht mehr zum Trinken geeignet.

In der unterirdischen Stadt von Kisch erwartet die Besucher auch ein Museum. Zu der Museumsausstellung gehören Fossilien, die von Münchener Fachleuten untersucht und ihrer erdgeschichtlichen Epoche zugeordnet wurden. In der Fossilienkollektion befinden sich u.a. die Reste einer Schildkröte, welfpche vor 570 Millionen Jahren gelebt hat.

Das Museum hat jedoch noch mehr zu bieten. Der Besucher erfährt nähere Angaben über den Persischen Golf und die Insel Kisch, zum Beispiel über ihre geologische Entstehung, die Kultur und die Geografie, die Geschichte und ihre Vegetation, die Wasserressourcen und klimatischen Bedingungen. Von besonderer Bedeutung sind die alten Karten und Urkunden über den Persischen Golf, die belegen, dass sein Name sich seit eh und je auf den Iran bezogen hat.
Mit der Herrichtung der unterirdischen Stadt Kariz wurde 1999 begonnen und zwar auf Initiative der Herren Hadschi Husseini und Rustai. Begonnen hat man an dem Punkt, wo die drei Kanäle im Qanat aufeinandertreffen. Die vorhandenen Kanäle, die nur zur Weiterleitung des Wassers dienten, wurden verbreitert. Die unterirdische Stadt wurde also auf dem alten Qanatsystem aufgebaut.
In dem Kultur und Tourismuskomplex der unterirdischen Stadt auf Kisch gibt es auch einen kleinen traditionellen Markt mit mehreren Gängen. Dort werden Werke einheimischer Künstler ausgestellt und es gibt ein Fotogeschäft und ein traditionelles Teehaus und Restaurant. Kurzum: Wer Kisch besucht, der sollte es nicht verpassen, auch diese unterirdische Stadt zu besichtigen.

Übrigens ist eine Erweiterung der unterirdischen Stadt Kariz geplant und es sollen ein Kinosaal und ein Freiluft-Amphitheater, zwei Burgen nach antikem Modell, ein Hotel und Gästesuites eingerichtet werden. Ebenso will man einen typisch iranischen Garten anlegen, in dem die verschiedenen iranischen Volksgruppen mit ihren Trachten und ihrer Folklore und traditionellem Theater vorgestellt werden. Auf dem Plan steht außerdem eine Klinik zur Heilbehandlung mit Mergel.
Das zukünftige Ausbauprogramm umfasst auch die Anfertigung von Wandreliefen zur Abbildung von iranischen Bauwerken und historischen Denkmälern, wie zum Beispiel das Naqsch-Rustam in Shiraz. Nach der dritten Bauphase dieser Anlagen können die Besucher mit einem Boot über den Qanat fahren und von dort aus die Geschichte der Haft Chan Rostam - die sieben Feuerproben des Helden Rostam - aus dem Schahnameh des weltbekannten iranischen Dichters Firdausi verfolgen. An sieben Punkten des unterirdischen Kanals werden für sie - untermalt mit Lichtspiel und Vertonung - die sieben Abenteuer des Helden Rostams im Schahnameh rekonstruiert. Am Ende der Bootsfahrt soll ein Naqal - ein Erzähler - aus dem berühmten Poesiewerk Firdausis – dem Buch der Könige - vortragen.