Iranisches Kunsthandwerk (60 - letzter Teil)
Liebe Freunde! Dies ist nun der letzte Teil unserer Reihe über das iranische Kunsthandwerk. In dieser Reihe haben wir über die vielen verschiedenen Arten des iranischen Kunsthandwerkes gesprochen. Sie erfuhren von seiner mehrere tausend Jahre alten Geschichte und wie die Menschen im Iran alle Materialen die ihnen die Natur zur Verfügung stellte, künstlerisch und kreativ zu Zier- und Gebrauchsgegenständen verwandelt haben.
Die kunsthandwerklichen Gegenstände im Iran werden aus Ton, Stein, Holz, Metall, Stoff, Leder und Glas angefertigt. Früher waren sie natürlich fester Bestandteil des Alltags und dienten Gebrauchszwecken, heute dienen sie jedoch mehr der Dekoration und Raumgestaltung.Dennoch gibt es noch immer viele Beschäftigte auf dem Sektor des Kunsthandwerkes. Dies und die relativ hohe Wertschöpfung sowie die wichtige Rolle, die das Kunsthandwerk für das Deviseneinkommen des Landes spielt, zählen zu den wichtigsten wirtschaftlichen Gründen für die Wahrung und den Ausbau des iranischen Kunsthandwerkes.
Das Kunsthandwerk gilt aus wirksamer Faktor für den Fortschritt der Entwicklungsländer, weil es eine Grundlage für kulturelle, gesellschaftliche und wirtschaftliche Tätigkeiten bietet. Nicht nur die Bemühungen in einigen Ländern um die Wiederbelebung des Kunsthandwerkes zeugen von seiner Wichtigkeit. Es werden auch von internationalen Fachinstitutionen wie die UNESCO (Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur), oder die internationale Arbeitsorganisation, das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen und das Zentrum für historische, künstlerische und kulturelle Forschungen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit, Untersuchungen über dieses Handwerk betrieben, Konferenzen zu diesem Thema einberufen und Projekte in die Wege geleitet.
Es sollte auch erwähnt werden, dass die Beachtung des Kunsthandwerkes in den östlichen Ländern zunächst von gesellschaftlichen Faktoren beeinflusst wurde und dem Ziel diente, die Beschäftigungslage zu verbessern. Das Kunsthandwerk hat für einen Teil der Bevölkerung Einkommensmöglichkeiten geschaffen. Aber mit der Zeit kam ein weiteres Motiv hinzu, nämlich die Wiederbelebung der Bräuche der einheimischen Kultur und der nationalen Identität. Die Freunde der nationalen Identität richteten daher ihr Augenmerk auf das diesbezügliche Potential des Kunsthandwerkes. Diese Entwicklung stärkte das Kunsthandwerk erheblich auf der Welt und insbesondere in den Entwicklungsländern, zumal die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit der politischen Unabhängigkeit der bis dahin von Kolonialmächten beherrschten Länder einherging.
Gemäß Forschungsergebnissen und angesichts der verschiedenen Fundgegenstände bei archäologischen Ausgrabungen lässt sich sagen, dass der Kontinent Asien die Wiege und ursprüngliche Heimat des Kunsthandwerkes ist. In Ländern wie Iran, Indien und China blickt das Kunsthandwerk auf eine sehr lange Geschichte und Tradition zurück und kann sich auf reiche Erfahrungen stützen.
Das Kunsthandwerk ist in diesen Ländern nicht nur von bedeutendem kulturellem Wert, sondern hat auch Jahrhunderte wenn nicht Tausende Jahre lang zu einer Art wirtschaftlichem und sozialem Gleichgewicht beigesteuert. Denn das Kunsthandwerk hat immer für eine große Gruppe von Handwerkern in den Städten und auf dem Lande Arbeitsplätze und Einkommensquellen geschaffen. Es wird als ein wichtiger Faktor für eine bessere finanzielle Lage der Dorfbewohner betrachtet.
Die wichtigsten Elemente des Kunsthandwerkes sind zunächst die Anwendung einer festen Technik und die körperliche Kraft gewesen. Aber die Methoden und Arbeitsmittel haben sich mit der Zeit geändert und sich den Entwicklungen in der Technik angepasst. Gerade auch wegen der technischen Weiterentwicklung werden viele Dinge, die ehemals von Hand angefertigt wurden, aufgrund Änderung der Methodik heute nur noch industriell hergestellt. Aber zugleich hat der Gebrauch von neuen Werkzeugen und von besserem Material dank industrieller Weiterentwicklung auch erheblich zu einer Weiterentfaltung des Kunsthandwerkes geführt und in manchen Fällen geholfen, dass ein Kunsthandwerk überhaupt erhalten bleibt.
Abgesehen von den Gemeinsamkeiten, welche Kunsthandwerk aus aller Welt aufweist, übermittelt jeder Zweig des Kunsthandwerkes eines Landes, anderen Völkern Informationen und eine Vorstellung von den Traditionen und der Kultur des Gebietes, aus dem es stammt. Dank der weitgespannten Beziehungen, der modernen Kommunikationsmittel und der Bekanntschaft der Völker miteinander, sind schöne kunsthandwerkliche Gebrauchs- und Dekorgegenstände aus aller Welt erwerbbar geworden.
Mit kunsthandwerklichen Gegenständen lassen sich Innenräume sehr schön gestalten und daher hat sich ein Trend zur Verwendung von kunsthandwerklichen Gegenständen anstelle von Industrieprodukten für die Raumgestaltung durchgesetzt. So kann der Jugendstil, der Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa aufkam, als eine Bewegung in Ablehnung gegen die Verbreitung von üppig verzierter maschinell hergestellter Massenware betrachtet werden.
Eine Ähnlichkeit der im Jugendstil in Grafik und Architektur und Innendekoration beliebten geschwungenen Linien und der blumigen Ornamente zu der islamischen Kunst ist unverkennbar. Die Vertreter des Jugendstils (auch „Art nouveau“ genannt) haben sich in der Tat eingehend mit der Ästhetik islamischer Verzierungen und ihren abstrakten Mustern und Ornamenten zur Ausschmückung von Gebäudeflächen und Gegenstanden beschäftigt.
Ende des 19. Jahrhunderts setzte außerdem die Arts- und Crafts-Bewegung in England ein und vermischte sich mit dem Jugendstil. Diese Bewegung wurde von einer Gruppe von Handwerkern, Künstlern, Designern und Architekten begründet. Deren gemeinsames Ziel war die erneute Zuwendung zum künstlerischen Handwerk. Diese Bewegung wollte erreichen, dass die angewandten Künste des Kunsthandwerkes den höheren Status schöner Künste erhalten. Zudem strebten sie eine Verbesserung der sozialen Bedingungen an. Auf der Suche nach anderen und neuen Ausdrucksformen der Kunst befassten auch sie sich mit den dekorativen Künsten im Islam und vor allen Dingen, wie die Vertreter des Jugendstils, mit der iranischen Kunst aus der Islamischen Glanzepoche. Darin sahen sie eine Kunst die der zunehmenden Vorherrschaft von Maschinen spirituelle und moralische Werte entgegensetzen kann.
Der britische Künstler, Architekt und Ingenieur William Morris, einer der Begründer der Arts- and Crafts-Bewegung, schrieb am 13. April 1877 wie folgt an einen Freund: „Gestern habe ich einen alten persischen Teppich aus der Zeit von Schah Abbas gesehen. Er hat große Bewunderung bei mir ausgelöst. Ich habe bislang keinen Einfall gehabt, der so ähnlich gewesen wäre wie die wundervollen Ideen in solchen Teppichen.“ Morris beschäftigt sich daraufhin jahrelang mit dem Entwurf von Teppichmustern. Er betont zwar dass seine Muster deutlich das westliche moderne Denken wiederspiegeln sollen, aber dennoch ähneln seine Entwürfe eindeutig denen aus dem Orient. 1893 hat er über den kostbaren Teppich aus der Grabstätte von Scheich Safi addin Ardabeli, der im Victoria and Albert-Museum in London aufbewahrt wird, gesagt: „Dieser Teppich ist ein außergewöhnliches Exemplar von einer klugen und regelmäßigen Schönheit und präsentiert die Grundlagen für den Entwurf eines Perserteppichs.“
Das Kunsthandwerk lässt sich als ein gemeinsames Erbe der Menschheit betrachten. Es kann als einen Faktor für die Zusammenarbeit der Länder gelten. Die Erfahrungen, die jedes Land auf diesem Gebiet speziell gesammelt hat, können ein guter Rückhalt für diese Zusammenarbeit und für das gegenseitige Verständnis liefern. Die Kenntnis von geeigneten Strategien zur Förderung und Unterstützung des Kunsthandwerkers sowie Verbesserung seines Status entsprechend der kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen jedes Landes bilden ein wertvolles Thema für die internationale Forschung auf dem Gebiet des Kunsthandwerkes. Neben den so genannten Drittweltländern widmen auch die anderen Staaten dem Kunsthandwerk ihre Aufmerksamkeit. Das Kunsthandwerk ist sogar in einigen Ländern als Faktor für die Weiterentwicklung im Gespräch.
In jedem Land, ob nun Entwicklungs-, Schwellen- oder Industriestaat begegnen wir einem typischen Kunsthandwerk. Von den mehr als 230 Staaten der Welt sind 100 Mitglied im Weltrat des Kunsthandwerkes. Die Wertstellung dieses Handwerkes hängt von der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Situation eines jeden Landes ab.
Liebe Freunde! Damit geht nun unsere Reihe über das iranische Kunsthandwerk zu Ende. Wir danken für Ihre Aufmerksamkeit.