Sep 15, 2018 05:59 CET
  • Iranisches Kunsthandwerk (58-am Meer )  

Die Entstehung des  Kunsthandwerkes ist  im Grunde den Anstrengungen der ersten Menschen zu verdanken, die danach suchten die vorhandenen Gaben in der Natur für ihre Lebensbedürfnisse zu nutzen.  In unserer Zeit hat  das Kunsthandwerk   unbestritten besondere Vorzüge, wie die große Wertschöpfung, geringes Investitionskapital, einfacher Zugang zu dem Rohmaterial und den Werkzeugen und die Möglichkeit einer landesweiten Verbreitung. 

 

 

 

    Dazu kommt, dass Kunsthandwerk  nicht die Umwelt zerstört, ein Zusatzeinkommen ermöglicht, den Tourismus ebenso fördert wie den kulturellen Austausch. Das Kunsthandwerk nimmt also in den Plänen für den Wirtschafts- und Sozialausbau der Länder einen besonderen Platz ein.

                                        

Ein großer Teil Irans grenzt an große  Gewässer: im Süden ist es  der Persische Golf und der  Golf  von Oman und im Norden das Kaspische Meer. Der Persische Golf bietet einen großen Raum für Meerestiere wie Fische, Korallen und Muscheln, Meeresschwämme usw.  Da der Iran auch über den Golf von Oman Zugang zu den warmen Gewässern des Indischen Ozeans hat, kann er auch an die Hartteile von dortigen Muscheln und  Korallen gelangen. So steht den Kunsthandwerkern an den Meeresküsten Irans eine große Auswahl an Rohmaterial zur Verfügung.  Mit den Schalen von Muscheln  fertigen sie in ihren kleinen Werkstätten schöne Utensilien an und verkaufen sie auf dem Bazar. Muschelmosaike und bemalte Muscheln sind am meisten zu finden, aber auch Eingravierungen auf Muscheln oder auf Schneckengehäuse oder verzierte Seeigel und Seesterne ebenso wie haltbar gemachte Fische, Korallen  und kleine Figuren aus Muschelschalen oder aus  Kieselsteinen vom Strand. 

Das schöne Kunsthandwerk in den südiranischen Bazaren erfreut sich einer großen Vielfalt.  Am Persischen Golf im Süden Irans werden auch mit Muschelschalen usw. Schmuckstücke hergestellt –wie Ketten, Armbänder, Ringe, Ohrringe, und Anhänger. Überall in den Küstenorten und auf den Inseln im Persischen Golf, wie der größten von ihnen, - die Insel Qeschm, wird das Kunsthandwerk mit Muscheln gepflegt.

                                                  

In der Provinz Hormozgan am Persischen Golf ist neben dem Kunsthandwerk auch schon seit langem ein anderes  Handwerk üblich, nämlich das Knüpfen von Fischernetzen und die Anfertigung von weiteren Hilfsmitteln  für den Fischfang. Das wichtigste Hilfsmittel für den Fischfang ist das Fischernetz und die Einheimischen, insbesondere die vom Fischfang leben, fertigen selber ihre Netze  an. Dieses Handwerk wurde von Generation zu Genration weitergegeben. Zwar stellt heute die Fischfanggesellschaft Süd (Schilat Dschonub)  den Fischern maschinell hergestellte Netze zur Verfügung, dennoch wird auf einigen Dörfern und in Häfen der südiranischen Provinz Hormozgan immer noch das Handwerk des Netzknüpfens gepflegt.

Für den Fischfang im Persischen Golf werden auch halbrunde Reusen benutzt, die sich Gergur oder Gargur nennen. Mit einem Seil wird diese Reuse ins Wasser heruntergelassen. Das Seil ist mit einem Stück Korken versehen, um die Stelle an der sich die Reuse unter Wasser befindet, zu markieren. Die Fische dringen durch eine Klappe in die Reuse ein, können sie aber nicht mehr verlassen. Es bleiben aber nur große Fische in dieser Reuse stecken und kleinere können durch die Maschen wieder entkommen. 

Es gibt 4 verschiedene Gargur-Arten, die sich  durch ihre Größe und die Zahl ihrer Klappen voneinander unterscheiden. Jede Gargur-Art hat einen eigenen Namen. Eine heißt zum Beispiel „Gargur Amani“ und eine andere „Gargur do kissehi“.    Solche Reusen werden an Stellen ins Wasser gelassen, wo sich viele Einzelgänger unter den Fischen aufhalten, oder auf der Wanderstrecke von besonderen Fischsorten  wie der Sorte „Sangsar“ (Pomadasys).   Die besten Fangplätze für den Einsatz  dieser  Reusen  befinden sich in der Umgebung der Koralleninseln, an felsigem Meeresboden sowie bei den Erdölbohrinseln oder Pipelines unter Wasser.

Die manuelle Anfertigung von Reusen (Gargur-Baafi)  ist heute noch üblich und  fest mit dem Leben der Hafenbewohner verknüpft.  Ein schon etwas betagter Vertreter dieses Handwerkes ist  Kapitän Abdul Asis Gholami. Er hat dieses Handwerk 1963 als Zwölfjähriger erlernt und sagt, dass man früher die Reusen mit dem Holz der Dattelpalme angefertigt hat, woraus sich jedoch zwei große Mängel ergaben.  Erstens konnten einige Fische nicht damit gefangen werden und zweitens ging diese Reuse schnell entzwei.  Für diese Reusen aus dem Holz der Dattelpalme wurden die Blätter an den Palmenzweigen entfernt, mit einer scharfen Klinge eingeschnitten und in  Meerwasser eingeweicht,  damit sie biegsam werden. 

Als später die großen motorisierten Boote – sie werden Lendsch genannt– Hölzer aus Indien in die wichtigen Häfen am Persischen Golf – wie Abadan und Bushher brachten, wurden diese für die Anfertigung der Reusen benutzt. Diese Hölzer wurden Ney Bas genannt. Sie waren sehr biegsam und wenn man sie ins Wasser legte, krümmten sie sich zu einem vollständigen Kreisbogen. Die Reusenflechter  schnitten diese Hölzer in der passenden Länge zurecht und legten sie nach dem Glattschleifen  für eine Woche gebündelt in Meerwasser. Dann flochten sie aus diesen Zweigen  zwei Reusenteile. Diese Reusen hatten  zwei Öffnungen.  Durch die eine Öffnung kamen die Fische hineingeschwommen und durch die andere wurden sie  mit einem Haken von den Fischern herausgeholt.

Doch auch diese  hölzernen Gargur-Reusen waren trotz dem Arbeitsaufwand nicht von großer Haltdauer und deshalb ging man später darauf über, statt Holzzweige  Metalldrähte zu benutzen.

 Heute werden in den Städten und auf den Dörfern an der Südküste Irans solche Reusen nur noch aus Draht geflochten. Die  Herstellung erfordert allerdings Körperkraft und Geschicklichkeit.

                                  

Die Größe der Reusen ist verschieden. Die großen Fischerboote brauchen große Reusen und in kleinen Fischerbooten haben nur kleine Reusen Platz.

Es sei erwähnt, dass sich mit diesen Reusen Fische fangen lassen, die in einer Meerestiefe von 60 bis 50 m leben. Weil man mit dem Gargur nur bestimmte Fische fischen kann, werden diese Fische auch Mahi Garguri  genannt (Garguri-Fische). Die Einheimischen bezeichnen die Gargur-Reuse als Spardose und sagen: „Je länger sie unter Wasser bleibt, desto mehr Fische fängt sie ein“.

                                  

Zu Hormozgan gehört auch die Insel Qischm.  Diese Insel hat sich zu einem wichtigen Tourismus- und Wirtschaftszentrum in der Region herausgemacht.

Seit vielen Jahren werden dort verschiedene Kunsthandwerke von den Einheimischen gepflegt, wie das Flechten von Matten und Körben und Gebrauchsgegenstände aus Palmenfasern, die Anfertigung von kleinen Bootsmodellen, ebenso das Knüpfen  von Fischernetzen und Flechten von Reusen.

Das Kunsthandwerk auf dieser großen Insel vor dem Hafen  Bandar Abbas reicht von Muschelschmuck bis zu  Küstendenkmälern, der Burka-Anfertigung und des Stoff-Webens bis zur traditionellen Herstellung von Räucherware.   Traditionelle Drechslerarbeiten   und traditionelles Schmiedewerk, Häkelware und Anfertigung von kleinen Puppen sind weitere Arten des Kunsthandwerkes, welche auf dieser Insel üblich sind.

Qischm  ist außerdem schon immer als wichtigstes Zentrum für den Bau von  Lendsch bekannt gewesen, dieser  großen hölzernen Passagier- und Lastkähne. Mit den Holzresten, die dabei abfallen,  werden Schiffsmodelle gebaut – ein Kunsthandwerk, mit dem sich die junge Generation von Qischm gerne beschäftigt. Außerdem werden diese   Holzreste auch für die Anfertigung von   hölzernen Zehenschlappen, große und kleine  Holzfische, Gebetskränze (Tasbih) und Armbänder, Spazierstöcke usw. verwertet.  Das Interesse der Besucher von Qischm an dieser bunten Auswahl  von handwerklichen Produkte hat dazu beigetragen, dass das Kunsthandwerk in seiner Vielfalt auf dieser Insel weiterlebt.