Lotsen zum göttlichen Hafen (und ihre Politik) (71)
Die Führung des Wali Faqih während der Zeit der Verborgenheit des Imam Mahdi (adsch.) wird Gegenstand dieses vorletzten Teils unserer Sendung sein.
Vielleicht ist über keinen der Unfehlbaren Imame so viel gesprochen und geschrieben worden wie über den Zwölften von ihnen: über seine Geburt und seine Attribute, die Zeit der Kleinen und die der Großen Verborgenheit, die Veränderungen während dieser Zeit sowie über den Zeitpunkt seines Aufstandes. Alle diese überlieferten Nachrichten lassen keine Zweifel mehr an der frohen Kunde davon übrig, dass er einmal erscheinen wird. Imam Hadi (Friede sei mit ihm), der 10. Imam aus dem Hause des Propheten, hat gesagt: „Nach mir wird der Sohn meines Sohnes, Hasan, jener Qaim (Aufständige) sein, dessen Gerechtigkeit die ganze Welt umfasst.“
Die Zeit der Großen Verborgenheit ist die Zeit, in der die Menschen auf die Probe gestellt werden. Diese Zeit ist gezeichnet von Unbeständigkeit in der Gesellschaft und Politik, der Kultur und Wirtschaft und von Krieg und blutigen Konflikten. Abgesehen von diesen Problemen und der wachsenden Benachteiligung, Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Verletzung von Rechten, dauert die Große Verborgenheit des Imam Mahdi sehr lang, so dass viele Menschen wankelmütig werden. Die Ausnahme bildet eine kleine Gruppe von Menschen, die dank ihrer religiösen und politischen Weitsicht nicht von den Lehren der Religion ablassen. Imam Hasan Askari hat dazu gesagt: „Wisset dass die Verborgenheit meines Sohnes so lange dauert, dass die Menschen in Zweifel geraten, bis auf diejenigen, deren Glauben Gott (vor Schaden)schützt.“
Gemäß Imam Sadiq wird der zwölfte Imam bei seinem Erscheinen, den Rücken zur Kaaba in Mekka gewandt, verkünden, dass er den Weg der Propheten und der Imame fortsetzt. Er wird sagen, dass sie in seinem Antlitz das Antlitz großer Propheten wie Noah, Abraham und Moses und des Propheten Mohammad und der anderen Makellosen Imame aus seinem Hause erblicken können. Dieser Hadith (diese Überlieferung) von Imam Sadiq (F) lautet: „Ihr Menschen! Wisset: Wer das Antlitz von Hadhrat-e Adam und Schith (Seth – der dritte Sohn von Adam) sehen möchte: ich bin dieser Adam und Schith. Wisset, wer das Antlitz von Nuh (Noah) und seinem Sohn sehen möchte: ich bin dieser Noah und Sam. Wisset wer das Antlitz von Hadhrat-e Ibrahim (Abraham) und Ismail sehen möchte: Ich bin Ibrahim und Ismail. Wisset wer das Antlitz von Hadhrat-e Musa (Moses) und Yuscha (Josua) sehen möchte, ich bin dieser Moses und dieser Yuscha (Josua). Wisset, wer das Antlitz von Hadhrat-e Mohammad (S) und Hadhrat-e Ali (F) sehen möchte: Ich bin dieser Mohammad (S) und dieser Ali(F). Wisset wer das Antlitz von Imam Hasan (F)und Imam Husain(F) sehen möchte: ich bin dieser Imam Hasan (F) und dieser Imam Husain (F). Wisset, wer das Gesicht der anderen Unfehlbaren Imame (F), aus der Nachkommenschaft Husains sehen möchte: ich bin das Antlitz dieser Unfehlbaren Imame (F). Erwidert also meinen Ruf, denn ich besitze Mitteilungen über die Dinge, über die ihr bereits gehört oder aber auch nicht gehört habt, und jeder der die himmlischen Bücher liest, der muss mir zuhören.“
Dann wird Imam Mahdi (adsch.) Ausschnitte aus den Büchern, die auf die großen Propheten Gottes herabgesandt wurden vortragen, und daraufhin Verse aus dem Koran zitieren. Da werden die Korankenner, die Erkenntnis und Wissen besitzen sagen: „Bei Gott! Dies ist genau der Koran, der auf den Propheten herabgesandt wurde. Nicht ein Wort davon hat er weggelassen oder umgestellt und es gibt keiner Abänderung darin!“
Imam Mahdi (F) setzt also den Weg der Propheten und des Gesandten des Islams und der von Gott auserwählten Imame fort. Wie aber sollten bzw. sollen die Gläubigen während der Kleinen und der Großen Verborgenheit mit ihm in Verbindung bleiben? Wie kann der Vorsteher der Muslime in der Zeit, in der er sich im Verborgenen aufhält, für die Rechtleitung und Lenkung der Gemeinschaft sorgen?
Einerseits gebieten Vernunft und Religionsrecht, dass der Imam zur Verwirklichung der Ziele der Propheten Gottes und des Propheten des Islams und der Makellosen Imame persönlich die Islamische Gemeinde leitet. Andererseits sind alle Imame vor ihm von den Willkürherrschern der Umayyaden und der Abbasiden ermordet worden. Also bestand gleich bei Beginn seines Imamats die Gefahr, dass auch er von diesen unrechtmäßigen Herrschern zum Märtyrer gemacht werden würde. Dann hätte die Front des Rechtes für immer verloren und alle Anstrengungen und Kämpfe und alles Leid, welches die Propheten und die aufrichtigen Anführer des Islams ertragen hatten, wären umsonst gewesen.
Also wollte der Allmächtige, dass Imam Mahdi (adsch.) -seine letzte Reserve für den Endsieg der Wahrheit - verborgen bleibt, damit er vor Gefahren geschützt wird und aus der Verborgenheit heraus ,wie die Sonne hinter den Wolken, Leben spendet und den Menschen den rechten Weg weist. So kam es, dass Hadhrat-e Mahdi (adsch.) circa 40 Jahre lang zunächst in der Kleinen Verborgenheit , der Ghaiba al Sughra lebte und über vier besondere Stellvertreter, in Verbindung mit den Gläubigen stand, insbesondere mit den Schiiten – den Anhängern des Prophetenhauses. Diese vier besonderen Vertreter, die er nacheinander wählte, hießen der Reihe nach
Uthman ibn Said ibn Amr
Muhammad ibn Uthman ibn Said al Amri
Husain ibn Ruh an Nawbachti und
Ali ibn Muhammad al Sammari
Diese vier engsten Vertrauten standen mit dem Imam in Kontakt, übermittelten ihm die Fragen der Gläubigen hinsichtlich Moral und Überzeugung, Politik und Kultur und vermittelten dann seine Antworten. Doch da neue Gefahren auftraten, musste auch diese Zeit der Kleinen Verborgenheit beendet werden. Es begann die Zeit der Großen Verborgenheit.
In diesem Moment stellt sich natürlich die Frage, welche Pflichten die Islamische Welt während der Großen Verborgenheit hat. Darüber hat Imam Mahdi gesagt: „...wendet euch (immer) bei Ereignissen an diejenigen, welche von uns berichten (und die Religion gut kennen), sie gelten als mein Beweis und ich bin der Beweis Gottes für sie.“
Die Vertretung des Imams in der Zeit der großen Verborgenheit gilt dementsprechend generell und diese Überlieferung nennt keine Person namentlich. Wir müssen uns also in der langen Zeit der Großen Verborgenheit an die Religionsgelehrten mit tiefer Kenntnis von dem wahren Islam des Propheten (S) wenden, damit wir keine falschen Entscheidungen treffen und auf Abwege geraten. Wir müssen uns nach ihren religiösen Gutachten richten. Genauso wie wir auf jedem anderen Gebiet uns nach der Meinung von Experten erkundigen und dann einen Entschluss fassen und handeln, müssen wir in Angelegenheiten, die mit der Religion zu tun haben, ebenso einen kompetenten Experten zu Rat ziehen.
Im Zusammenhang mit der obigen Überlieferung fragt es sich auch, was mit neuen Ereignissen gemeint ist. Sind nur religionsrechtliche Fragen damit gemeint oder alle neuen Ereignisse in der Gesellschaft, Kultur, Politik, Wirtschaft und im Militärwesen? Imam Chomeini der Begründer der Islamischen Republik Iran sagt hierzu: „ Wenn mit Ereignissen nur Fragen der Jurisprudenz für Religionsgebote gemeint wären, dann hätte der Prophet Gottes eine Abhandlung aufgestellt und alle wären beruhigt gewesen. Aber es sind mit (neuen) Ereignissen diese alltäglichen politischen und sozialen Ereignisse gemeint, die auf der Welt auftauchen.“
Allerdings gibt es einige Rechtsgelehrte, die sich aus der Politik, Wirtschaft, Kultur und Kunst und anderen Bereichen des menschlichen Lebens heraushalten und sich nur mit der religionsbezogenen Jurisprudenz befassen. Sie verhalten sich so, als trügen sie keinerlei Verantwortung gegenüber den Ereignissen in der Gegenwartsgeschichte. Imam Chomeini verwirft diese Denkweise. Er hat in einer historischen Botschaft gesagt, dass bei der selbständigen Urteilsfindung eines Rechtsgelehrten auch die Variablen Ort und Zeit berücksichtigt werden müssen. Er hat erklärt, dass in einigen Angelegenheiten, für die früher vielleicht eine bestimmte Regelung genügte, neue Regelungen für die derzeit herrschenden politischen, sozialen und wirtschaftlicher Beziehungen eines Systems erforderlich werden können. Imam Chomeini sagt: „Ein Mudschtahid – d.h. ein Rechtgelehrter der zur selbständigen Urteilsfällung befugt ist - muss also die Probleme in seiner Zeit überblicken. Er muss klug sein und das Wissen für die Lenkung einer Gesellschaft besitzen, und neben der Aufrichtigkeit, Gottesfüchtigkeit und Enthaltsamkeit ,welche einem Mudschtahid gebühren, außerdem wirklich ein guter Verwalter und Planer sein. In den Augen eines wahren Mudschtahids bedeutet das Regieren die Praktizierung des gesamten Religionsrechtes in allen Lebensbereichen. Das Regieren verbildlicht die praktische Seite des Religionsrechtes bei der Begegnung mit den gesellschaftlichen, politischen, militärischen und kulturellen Fragen. Fiqh ist die richtige und umfassende Theorie von der Leitung der Gesellschaft und Wegführung des Menschen, von der Wiege bis zum Grab.“
Aufgrund dieser Sichtweise hat Imam Chomeini das elementare Thema der Verwaltung durch den befugten Rechtsgelehrten – Wilayat-i Faqih - schon vor der Islamischen Revolution erörtert und er hat diesem Grundsatz nach dem Sieg der Revolution konkrete Formen gegeben und ihn praktiziert. Der Front des internationalen Unglaubens war und ist das Prinzip der Wilayat-i Faqih ein Dorn im Auge: das Prinzip nämlich, dass ein geeigneter Religionsgelehrter der politische Weisheit und Weitblick besitzt, an der Spitze des Verwaltungssystems des muslimischen Landes steht.
Imam Chomeini , der Gründer der Islamischen Republik hat auch gesagt: „Solange das Fiqh – das Religionsrecht - in der Brust der Gelehrten verborgen bleibt, schadet es (einerseits) denen nicht, die die ganze Welt für sich haben wollen. Den Geistlichen bleibt (andererseits), solange sie nicht an den (allgemeinen) Problemen und Angelegenheiten teilnehmen, die Erkenntnis verwehrt, dass der rein idiomatische Idschtihad für die Verwaltung einer Gesellschaft nicht ausreicht. Die Theologischen Lehrstätten und die Geistlichkeit müssen immer den Puls zukünftiger Denkweisen und Bedürfnisse der Gesellschaft spüren. Sie müssen immer einige Schritte den Ereignissen voraus und auf eine geeignete Reaktion vorbereitet sein. Wie oft ändern sich die Verwaltungsmethoden für die Angelegenheiten eines Volkes in den nachfolgenden Jahren und brauchen die menschlichen Gesellschaften zur Beseitigung ihrer Probleme neue Lösungen des Islams! Die verehrten Islamgelehrten müssen bereits jetzt darüber nachdenken.“
Wir werden im nächsten und letzten Teil dieser Sendereihe das Thema Welayat-e Faqih weiterführen und ergänzen.