Dez 06, 2021 18:55 CET

Dieser Teil handelt von den Achämeniden und Arsakiden und der Seidenstraße.

 

 

Wir sagten, dass es im Vorfeld notwendig ist, einen Blick auf die historischen Wurzeln der Kultur und Identität bekannter iranischer Persönlichkeiten zu werfen und haben bereits von der Ansiedlung der Perser auf der iranischen Hochebene gesprochen. Sie ließen sich aus Richtung des Kaspischen Meeres kommend zuerst an den Ufern des  Urmia-sees im West-Iran nieder und wanderten danach weiter in die heutige Provinz Fars im Süden des Landes. Dort gründeten sie einen Staat, der von den Medern abhängig war.

                               

Auch die Meder gehörten zu den Völkern mit indoiranischer Sprache, die aus dem kalten Norden auf die Hochebene Irans gekommen waren. Die Perser  verkehrten zunächst friedlich mit den Medern aber dann gründeten sie ein selbständiges Reich -  das Reich der Achämeniden. Wie die Aufzeichnungen in Keilschrift auf Tontafeln, die man auf der Schlossanlage der Achämeniden gefunden hat, zeigen, lag Fars in der Mitte eines Kulturraumes, der sich von den Küsten Syriens bis nach Indien erstreckte.

 

Nachdem die Perser die Oberhand über die Meder gewannen, vereinten sie die ersten Kulturen auf dem iranischen Hochplateau, welche bereits seit mehreren Jahrtausenden bestanden zu einer gemeinsamen Zivilisation. Sie breiteten sich bis zum Zweistromland und bis Kleinasien, bis Mittelasien und an die Ufer des Indus in Indien aus und brachten in Wahrheit mit Ausnahme der Stadtstaaten Athen und Sparta sowie China die ganze damalige zivilisierte Welt unter ihre Kontrolle.  Dies verwirklichten sie nicht nur mit militärischen Kräften, sondern das iranische Heer wirkte in den meisten Fällen als Befreiungskräfte und eroberte die Gebiete in Zusammenarbeit mit den einheimischen Völkern. Die iranischen Völker verteilten sich als Verwalter des Reiches der achämenidischen Großkönige auf die gesamte zivilisierte Welt von damals. Es war der Höhepunkt ihrer Mobilität. Die Achämeniden bauten eine breite Straße, die von Schusch im Süden des Landes bis nach Lydien in Kleinasien und der heutigen Türkei reichte. Auf diese Weise ermöglichten sie zum ersten Mal einen besser materiellen und immateriellen Kontakt zwischen den verschiedenen Völkern der Menschheit.

                         

Das Achämenidenreich war pluralistisch gestaltet. Im Gegensatz zu den vorherigen kleinen Imperien wie Babylonien und Assyrien schickte es keine Truppen aus, um die anderen Völker und Kulturen zu vernichten und auszuplündern.  Nach jedem Sieg waren die Achämeniden darum bemüht zu beweisen, dass sie die Kultur und Zivilisation des unterlegenen Volkes unterstützen und fortsetzen und stellten es diesen Völkern bis zu einem gewissem Umfange frei, ihre gewohnte Lebensweise beizubehalten. Die Befehlshaber der Achämeniden rissen nicht das Eigentum der Bevölkerung in den eroberten Gebieten an sich, wie andere Eroberer es zu jener Zeit taten, sondern sie  beschützten als Gegenleistung für eine erhobene Steuer,  das Eigentum und die Kultur der Bevölkerung in diesen Gebieten. Sie gewährten den Einwohnern dieser Gebiete eine gewisse Freiheit in der Ausübung ihrer Religion, der wirtschaftlichen Tätigkeiten und dem Handel. Jahrhunderte lang hatten verheerende Kriege der Bevölkerung das Leben schwer gemacht. Aber davon blieb sie im Reich der Achämeniden verschont und konnte ein Leben in Frieden und Sicherheit genießen. 

                               

 

Die Griechen drangen schließlich unter Anführung von Alexander in das Reich der Achämeniden vor und stürzten es 330 vor Christus. Doch blieben die iranischen Völker größtenteils weiter auf die von Alexander eroberten Gebiete verstreut. Der griechische Feldherr begriff, nachdem er anfangs die Zivilisation der Iraner zerstörerisch behandelte,  bald, dass er für die Verwaltung der von ihm eroberten Gebiete die iranischen Heeresführer und Verwaltungskräfte braucht. Denn diese hatten innerhalb von mehreren Jahrhunderten Erfahrungen in der Verwaltung eines Weltimperiums gesammelt. Deshalb beließ Alexander, der Mazedonier, viele der iranischen Militärs und Verwaltungskräfte auf ihrem vorherigen Posten  und überließ nur die Städte, die er selbst errichtete, den Griechen, damit sie nach griechischem Muster verwaltet werden.  Nach dem Tod von Alexander  und der relativ kurzen Zeit, in der seine Nachfolger – die Seleukiden – das Ruder übernahmen, gelangten die Arsakiden im Iran an die Macht. Die Ära, in der es nur ein einziges Weltimperium gab, lief damit ab und die Welt wurde zwischen zwei Imperien aufgeteilt – dem Römischen Reich und dem Perserreich.   

Die Arsakiden stammten von den im Nordosten Irans ansässig gewordenen arischen Völkern ab, die in die iranische Hochebene eingewandert waren. Sie hatten im Reich der Achämeniden keine wichtige Rolle innegehabt. Ihr Gebiet lag abseits von jenen Teilen Irans, in denen die  achämenidische Kultur herrschte, nämlich der Süden und Westen und die zentralen Gebiete des Landes. 

Die Arsakiden bewiesen zu Beginn ihrer Herrschaft, dass sie sehr unter dem Einfluss der griechischen Kultur standen. Sie sprachen perfekt Griechisch und bestimmten Griechisch zu ihrer Amtssprache. Doch nachdem sie zusehends weiter in den Süden vorgerückt waren, schlüpften sie immer mehr aus der griechischen Haut und übernahmen  immer mehr  die wahre iranische Kultur.  Schließlich befreiten sie das Zweistromland aus den Händen der griechisch-seleukidischen Feldherren.  Genau gegenüber Seleucia, der Stadt der Seleukiden, erbauten sie auf der anderen Seite des Tigris die Stadt Tisfun (Ktesiphon) und ernannten sie zu ihrer Hauptstadt. Zu dem Zeitpunkt hatten sie sich in etwa von dem  griechische Einfluss freigemacht. Statt des Griechischen erklärten sie die iranische Pahlavie-Sprache zur Amtssprache  und wandten sich der traditionellen Religion des Irans – dem Zarathrustismus – zu.

Der wichtige Wandel in dieser Epoche war, dass die Gebiete im Osten und Nordosten Irans, welche in der Zeit der Achämeniden und der Seleukiden nur eine Nebenrolle spielten, unter den Arsakiden dem Hauptgebiet der iranischen Kultur und Zivilisation angeschlossen wurden.  

                 

Ein entscheidender Wandel in der arsakidischen Zeit war die Eröffnung der Seidenstraße. Iran wurde zentrales Verbindungsglied dieses wichtigen Handelsweges. Aus älteren Zeiten gab es im Lande viele kurze und längere Wege mit unterschiedlichen Funktionen die sich den großen kontinentalen Wegen anschlossen.  Einer dieser Hauptverbindungswege war die Seidenstraße. Sie reichte von Xi`an (Sian) im  Osten Chinas bis nach Mitteleuropa – insbesondere zu wichtigen Handelsstädten wie Venedig. Weltreisende, Händler und Missionare verkehrten auf dieser Straße und machten die Bewohner der verschiedenen Gebiete mit einer Vielfalt von Kulturen und Gedankengut bekannt.

Die Archäologen können heute einen Teil der Kulturen und Zivilisationen entlang der Seidenstraße rekonstruieren. Aus den erhalten gebliebenen Spuren lassen sich die kulturellen Beziehungen zwischen den verschiedenen Völkern entlang der mehrere Tausend km langen Strecke der Seidenstraße herauslesen.

Bei detaillierter wissenschaftlicher Untersuchung lassen sich die einzelnen Kulturen und Zivilisationen mit ihrer Eigenart und besonderen Identität von den anderen unterscheiden. Jede Zivilisation hat ihre besonderen Merkmale.

 

                        

 
 Entlang der  Seidenstraße, die von China bis nach Bosnien und Herzegowina  reichte sowie an den Ufern der Verbindungsgewässer breiteten sich Gebiete mit zahlreichen verschiedenen Kulturen aus: die chinesische, indische, iranische, griechische und römische sowie verstreute Zivilisationen der nordasiatischen Völker. Entlang der Seidenstraße und der umliegenden Schifffahrtswege konnten sich verschiedene Religionen verbreiten, wie der Buddhismus, der Brahmanismus, der Zarathrustismus, das Juden- und das Christentum und schließlich auch der Islam. 

Die Islamische Zivilisation, die an der Entstehung  der Völkervielfalt entlang der Wege, die zur Seidenstraße führten,  mitbeteiligt war, hat im Iran viele Spuren hinterlassen.  

In allen die Seidenstraße umgebenden Gebieten haben Iran und sein Kulturraum vom Fluss Syrdarya in Mittelasien bis zum Zweistromland im Irak und von Sindh in Pakistan bis nach Anatolien  als Verbindungsbrücke bestens  zum  Kulturaustausch beigetragen.  Die Iraner haben immer mit den benachbarten Völkern und mit deren Kultur und Sprache, Wissen und Religionen Verbindung aufgenommen: In der Antike mit den Sumerern, den Assyrern und Babyloniern  auf der einen Seite und mit Indien und China auf der anderen Seite.   Auch haben die Einwohner der Gebiete um Iran herum dank des verzweigten Wegenetzes mit den Iranern und ihrer Kultur Bekanntschaft geschlossen. Diese Verbindungswege waren auch politisch und wirtschaftlich gesehen wichtig. Natürlich war die  Seidenstraße im Vergleich zu allen anderen Wegen von überragender Bedeutung,  weil sie China im Osten des Irans mit dem Byzanz und den Ländern an der Mittelmeerküste im Westen des Irans miteinander verband. 

Viele Zivilisationsstätten entlang der Seidenstraße erinnern an die antike Kultur Irans und die Kultur im islamischen Iran und der benachbarten Völker. Dies sind  vor allen Dingen folgende Gebiete: Transoxanien in Mittelasien und Chorezm – ein Gebiet im heutigen  Usbekistan und Turkmenistan - Ferghana, Samarkand und Buchara und Termez (heutiges Usbekistan)  ,  Badachschan, Herat  und Balch (in Afghanistan) –       Chudschand (in Tadschikistan)  und Merw (in Turkmenistan), und viele weitere Städte, die heute als touristische Reiseziele gelten und das Interesse von Forschern erwecken.

                       

Beim nächsten Mal werden wir uns die Situation entlang der Seidenstraße in den verschiedenen geschichtlichen Epochen Irans anschauen.