Dez 14, 2021 11:20 CET

Die Sassaniden und Römer teilten sich die damalige zivilisierte Welt. Im Gegensatz zu ihren Vorgängern, den Arsakiden begegneten sie den Römern vornehmlich friedlich. Doch ihr Reich endete 651 n. Chr. - Die Iraner hatten sich der neuen Religion, dem Islam, zugewandt und begannen die islamisch-iranische Kultur zu verbreiten.

 

Wir haben über die geografischen Ausmaße Irans während der Zeit der Achämeniden und der Arsakiden gesprochen und Sie haben erfahren, dass das Gesamtgebiet des Einflusses der iranischen Kultur mehr als die Hälfte der damaligen Welt ausmachte. Als die Sassaniden nach den Arsakiden an die Macht kamen, beherrschten sie wieder zur Hälfte die zivilisierte Welt, während die andere Hälfte dem Römischen Reich gehörte. Während des Sassanidenreiches  lebten die Iraner von  Transoxanien  insbesondere von Soghdien  vor allen in den Städten  Samarkhan und Buchara und führten im chinesischen Turkestan  den Handel und kulturelle Tätigkeiten an, welche direkt von der iranischen Zivilisation beeinflusst waren. Das chinesische  Turkestan bildete zu der Zeit in Wahrheit einen Teil des „auswärtigen Irans“, welcher sich bis nach China ausdehnte.

                          

Im Gegensatz zur Zeit der Arsakiden, die den Römern vor allen militärisch begegneten, kam es zur Zeit der Sassaniden zu Beziehungen zwischen beiden Zivilisationen und einem Kultur- und Wissensaustausch. Römische Kriegsgefangene wurden in iranischen Städten untergebracht, die Fertigkeiten von römischen Baumeistern wurden für den Bau von infrastrukturellen Anlagen genutzt und römische Gelehrte insbesondere Ärzte  an wissenschaftlichen Stätten insbesondere an der bekannten großen Dschundi Schapur Universität im Süden des Landes eingesetzt.

 

Im zweiten Jahrzehnt nach der Hidschra und dem Mondkalender griffen die Muslime die westlichen Grenzen des Sassanidenreiches an. Und im Jahre 30 nach der Hidschra, d.h. 651 nach Christus wurde der letzte König der Sassaniden besiegt und das sassanidische Imperium endete.

Ein wichtiger Grund für diesen unerwarteten Zusammenbruch waren die zunehmende Korruption unter den Höflingen und die Verbreitung von Ungerechtigkeit sowie die Unterdrückung der Bevölkerung.  Die iranische Bevölkerung begrüßte daher den Islam, weil er Gerechtigkeit forderte. Nachdem ihr Land von den Muslimen erobert worden waren, haben die iranischen Völker noch größere Mobilität innerhalb der zivilisierten Welt gezeigt. Parallel zur zunehmenden Ausbreitung der neuen Weltreligion Islam und zu ihrer Unterstützung zogen sie  an die entferntesten Orte. 

Als im Westen das Römische Reich auseinanderfiel und die weniger entwickelten Anglosachsen und andere germanische Völker sowie die skandinavischen Wikinger Europa sich von der Weltzivilisation fernhielten, übernahmen die iranischen Völker mit islamischer Kultur die Aufgabe, die zivilisatorischen Errungenschaften auf der Welt zu behüten.  Sie nutzten die hohen Lehren des Islams, um zu verhindern, dass die asiatische und östliche Welt wie der Westen Europas in den Sog mittelalterlichen Denkens geraten und die Zivilisation der Welt stagniert.  

Die muslimischen Araber arbeiteten den Plan für ein neues großes Kulturreich in Zusammenarbeit mit den Iranern , insbesondere ihrer Elite, aus. So wurde der iranisch-islamische Kulturraum so weit ausgedehnt,  dass er vom Norden Turkestans (Transoxanien) bis in den Westen nach Kleinasien und bis nach Spanien reichte.

                          

Die Iraner leisteten keinen sonderlichen Widerstand gegen den Islam, sondern akzeptierten ihn bald. Da ihre Kultur schon viel weiter war als die der arabischen Beduinen konnten sie rasch höhere Verwaltungsposten und höhere kulturelle Positionen im Islamischen Reich einnehmen.  Sie verteilten sich auf das ganze islamische Reich, welches so groß war wie das ehemalige Imperium der Achämeniden und übernahmen wichtige Verantwortungen im Verwaltungswesen und in der Wissenschaft und Religion.

Fast ein Jahrtausend waren die Iraner hinsichtlich ihrer Herrschaft mit einem so starken Rivalen wie das Römische Reich konfrontiert gewesen und hatten es schwer gehabt, in die  andere Hälfte der damaligen zivilisierten Welt, die von den Römern beherrscht wurde, zu gelangen.  Aber mit Erstarkung des Islamischen Reiches, mussten die Römer, deren Imperium auf Kleinasien und Europa geschrumpft war, zusehends Teile ihres Einflussgebietes in Folge von militärischem Druck den Muslimen überlassen. Das Heer des muslimischen Imperiums erreichte sogar die Pforten der Hauptstadt von Byzanz, nämlich Konstantinopel, doch konnte es aus verschiedenen Gründen, darunter die starke Abwehrposition von Byzanz,  nicht weiter vordringen.

                            
Die Muslime gelang es längere Zeit nicht, das Oströmische Reich in Kleinasien zu stürzen aber durch Eroberung von Syrien und Libanon fanden sie Zugang zum Mittelmeer und damit eine Ausgangsbasis für das spätere Vordringen in Kleinasien. Sie eroberten Nordafrika und  brachten die nordafrikanischen Mittelmeerküsten, die lange Zeit von dem Römern beherrscht wurden, unter ihre Kontrolle und so wurde auch die Verbreitung der islamisch-iranischen Kultur möglich.    

Die Umayyaden (die von 661 bis 750 n. Chr. herrschten) dehnten ihr Kalifat immer weiter in der damaligen zivilisierten Welt aus  und siegten in den meisten wichtigen Gebieten der damaligen Welt, mit Ausnahme von Mitteleuropa und China. Die Iraner, die gerade erst den Islam angenommen hatten, begleiteten die muslimischen Araber und vermittelten ihre Kultur, die diesmal vom Islam geprägt war, an viele andere Gebiete, so dass sich der Kulturraum Irans bis nach Turkestan in China, Kleinasien und bis Spanien ausdehnte. Das waren Gebiete, die vor dem Islam abseits des Einflussbereiches der iranischen Kultur gestanden  hatten.

 Im 8. Jahrhundert verdrängten die Abbasiden die Umayyaden. Die arabischen Abbasiden unterhielten  Verbindungen zu den Iranern und die Iraner erkannten, dass nun das islamische Reich für alle ihre kulturellen und künstlerischen Tätigkeiten und für ihre Handelsgeschäfte offenstand. Daher haben sie in dem neuen islamischen Imperium  nach einer relativ kurzen Pause wieder eine  historische, universale Rolle übernommen.   

Die teilweise Zusammenarbeit iranischer Persönlichkeiten mit den arabischen Muslimen hatte schon in der Zeit der Raschidun-Kalifen (Abu Bakr, Omar, Othman und Imam Ali (F)) begonnen. Sie   hielt auch nach  der Eroberung von Tisfun (Ktesiphon) und Fars an. Aber nachdem die Abbasiden zu herrschen begannen,  nahm diese Zusammenarbeit und der Einfluss  auf allen Ebenen in der Verwaltung, der Theologie und der Kultur erheblich zu. Es lässt sich sagen, dass die iranischen Völker, nachdem sie von der  Religion ihrer antiken Vergangenheit abgelassen und an eine dynamische und reichhaltige Religion wie den Islam gelangt waren, gestützt auf ihre fruchtbare Zivilisation mit der Zeit viele der Vorteile zurückgewannen, die sie vor dem Islam besessen hatten. Sie galten unter der Herrschaft der arabischen Abbasiden als würdige,  wohlhabende und einflussreiche Leute und sie waren in den verschiedenen Gebieten der damaligen Welt als Minister und Gelehrte, als Rechtsgelehrte und Hadithologen , Künstler und Lehrer tätig und verbreiteten auf diese Weise die islamisch-iranische Kultur.  Es gelang ihnen durch den Kulturaustausch  mit den verschiedenen muslimischen Völkern  und deren kreative Einbindung  in die islamisch-iranische Zivilisation,  die iranische Kultur zu stärken.

                     

Nach Verlegung der Hauptstadt des Islamischen Reiches von Damaskus in Schaam nach Bagdad im Irak, welches nahe der  ehemaligen iranischen  Hauptstadt Tisfun (Ktesiphon) lag , befand sich der Sitz des abbasidischen Reiches inmitten einer Region mit vornehmlich iranischer Bevölkerung. In gewisser Weise verlor es damit seine ursprüngliche völkisch begründete Beziehung zu den  arabischen Wüstenbewohner.  Zu den wichtigen Veränderungen in dieser Epoche gehörte, dass die Iraner nach Syrien und Libanon reisen konnten, was ihnen zur Zeit der Sassaniden nicht möglich gewesen war.  So kam es, dass sie nicht nur im Zweistromland, welches schon lange vorher für sie politisch von Bedeutung war und wo viele von ihnen lebten, präsent waren. Sie konnten sich nun auch in Schaam an der Mittelmeerküste niederlassen. Schaam war ein Gebiet, welches Syrien, Libanon und Palästina umfasste. Bereits unter den Umayyaden bestand die arabische Seeflotte zum großen Teil aus Iranern. Die Araber waren auf die Erfahrungen der Iraner in der Schifffahrt angewiesen.  Die iranischen Seeleute wurden  an der Südküste des Mittelmeeres sesshaft, vor allen Dingen in  den  alten Küstenstädten des Libanons Tyros,  Sidon und Tripoli, und so begann sich die iranische Mentalität kulturell in diesen Städten bemerkbar zu machen.  

Einige denken, die Iraner seien keine Seefahrer gewesen und nur die Völker im Westen hätten diese Fertigkeit besessen. Aber es gibt schriftliche Dokumente, wie zum Beispiel das kostbare Werk Mudscham-al-Buldan von Yaqut Hamawi  ebenso wie das Werk Ahsan al Taqasim  von Muhammad al-Maqdisi, die belegen,  dass die Iraner zu Beginn der Islamischen Ära bereits erfahrene Seefahrer waren. Vorher hatten sie mit ihren Schiffen vor allem den Indischen Ozean, das Rote Meer, den Golf von Oman und den Persischen Golf befahren.  Aber nach Beginn der Islamischen Ära dehnten sie ihre Seereisen auch auf die Südküsten des Mittelmeeres bis zum Gibraltar aus.  Es minderte nichts an der Macht und dem Ansehen der Iraner, dass sie den Islam angenommen hatten, sondern ließ sie sogar eine noch bessere Stellung erreichen. In den darauffolgenden Epochen haben sie bis auf die Nordküsten des Mittelmeeres, welche in der Hand europäischer Völker lagen, wichtige Küstengebiete der damaligen Welt betreten können und dort Spuren der iranischen Kultur hinterlassen.