Jan 23, 2022 05:57 CET
  • In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (8 – Aramäisch/ Griechisch, Pahlavi  und Arabisch)                  

Wir haben auf die Ausdehnung des Einflussbereiches der iranischen Kultur nach Annahme des Islams  hingewiesen und ebenso  kurz die Verbreitung der Farsi-Sprache in der damaligen Welt erwähnt. Dieses Thema wollen wir ab heute ausführlicher behandeln.

 

 

Die Sprache ist ein wichtiges und entscheidendes Element  für jede Kultur. Sie ist überhaupt eines der wichtigsten Mittel zur Vermittlung der Kultur von Generation zu Generation und spielt eine zentrale Rolle für der Erhalt einer Kultur. Das Auf und Ab und die Veränderung der Sprache spiegeln schöne und bittere Erfahrungen einer Kulturgesellschaft wieder. Die Betrachtung des  Wandels einer Sprache bietet die Möglichkeit, die Situation und Reaktion einer Kulturgesellschaft in ihrem Lebensraum und ihren Beziehungen untereinander zu beurteilen. 

Die Farsi-Sprache spiegelt  die besondere Eigenschaft der iranischen Kultur wieder, nämlich ihre Flexibilität bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Wesensart.  Die persische Sprache hat wie die iranische Kulturgesellschaft einige Tausend Jahre lang Veränderungen und Angleichungen akzeptiert, um sich den Bedingungen der verschiedenen Epochen anpassen und sich ihnen gegenüber behaupten zu können. Obwohl das heutige Persisch keine große Ähnlichkeit mehr mit dem Persisch und dem Pahlavi aus der Antike aufweist,  so hat es dennoch trotz der Wandlungen nicht seinen typisch iranischen Charakter verloren; dies trotzdem  es sowohl hinsichtlich des Wortschatzes als auch seiner Struktur von allen geschichtlichen  Epochen und von den verschiedenen Kulturen, welche die iranischen Völker  im Krieg oder im Frieden und im Kulturaustausch  kennenlernten, in gewisser Weise beeinflusst wurde.

 

 Die Farsi-Sprache war wie die gesamte Kulturgesellschaft Irans kontinuierlich zum Austausch mit anderen Kulturen und Sprachen bereit und hat gestützt, auf ihr Selbstvertrauen, die Tore für Wörter und Begriffe anderer Sprachen offen gehalten und auf diese Weise ihren Reichtum und ihre Ausdrucksmöglichkeiten erhöht. Genauso wie der nahe Kontakt  zu verschiedenen Völkern und Kulturen im Laufe der Geschichte Irans  der Charakteristik und dem Fortbestand der typisch iranischen Kultur nichts anhaben konnten, sondern ihre Bereicherung förderten, hat  auch die Aufnahme  all der Wörter und Begriffe aus verschiedenen anderen Sprachen die sprachliche Kapazität des  Persischen vergrößert so dass es schließlich im Mittelalter zu einer bedeutenden Kontaktsprache in einem großen  Teil der Welt wurde. 

                           

Farsi ist immer noch der Sprache der Ahnen zu Dank verpflichtet  und einige seiner Wörter sind über dreitausend Jahre alt und stammen von den ersten arischen Völkern ab. Es gibt heute noch Wörter, die von den Gemeinsamkeiten der  indo-germanischen darunter der iranischen Völker zeugen. Zum Beispiel das Wort „Baradar ( Bruder), Pedar (Vater) Madar (Mutter) Dochtar (Tochter) Lab – Lippe, Abru – Augenbraue und weitere.  Farsi hat auch hinsichtlich seiner Struktur die Eigenart indo-germanischer Sprachen  bewahrt und sich diesbezüglich nicht von den anderen Sprachen, welche sie im Laufe der Geschichte begegneten, beeinflussen lassen. Wie in anderen indoeuropäischen Sprachen   steht auch beim Farsi das Subjekt am Anfang und erst dann folgt das Verb.   Ebenso ähnelt die  Wortbildung weiterhin wie seit eh und je dieser Sprachgruppe und das Verb wird durch Vor- und Nachsilben konjugiert.  

Die Vermischung der iranischen Sprachen mit weit verbreiteten anderen Sprachen  setzte schon ein, als die ersten arischen Völker auf der iranischen Hochebene eintrafen. Bevor das große Imperium der Achämeniden entstand, war in der hiesigen Region das Aramäisch üblich. Diese semitische Sprache wurde von den Völkern in Mesopotamien gesprochen und war  in der antiken Welt sehr weit verbreitet. Im Achämenidenreich kamen zum ersten Mal  Sprachen und Schriften verschiedener Völker miteinander in Berührung. In Iran kannte man die griechische Sprache  aufgrund der militärischen und der kulturellen Begegnungen zwischen Griechen und Iranern in der Zeit vor Alexander. Sie wurde von den Nachfolgern des mazedonischen Feldherrn als Amtssprache anstelle von Aramäisch eingeführt.

                                   

Es gibt historische Belege dafür, dass die iranischen Völker, obwohl sie ihre eigene Sprache nicht aufgegeben hatten, so realistisch waren, dass sie eine Sprache als Amtssprache und Literatursprache  akzeptierten, wenn sie gegenüber der einheimischen Sprache weiterentwickelt war und ein größeres Potential für die Herstellung von Beziehungen in der Welt besaß. Zur Zeit der Achämeniden und der Arsakiden haben die iranischen Völker die  einheimischen Sprachen, nämlich das Alt-Persisch und das Pahlavie und Dari im Alltagsleben benutzt und ebenso die offiziellen Sprachen Aramäisch und Griechisch verwendet.

 

Zur Zeit der Sassaniden war die Sprache am Königshof und die Amtssprache das Pahlavi, das Mittelpersische -, und im Gegensatz zu den vorherigen Epochen war die offizielle Sprache also keine Fremdsprache mehr.  Aber die Übersetzung von fremdsprachigen Werken, wie sie von den Achämeniden begonnen worden war,  wurde auch unter den Sassaniden fortgesetzt. Dank dem  Interesse an Übersetzungen im Iran,  gingen die Errungenschaften der griechischen Kultur, nach deren Untergang in ihrer Heimat, nicht verloren. Sie wurden nach Beginn der Islamischen Ära aus dem Pahlavi ins Arabische übersetzt und wurden schließlich von der europäischen Zivilisationsära aufgenommen.

        

Die Iraner besaßen in den ersten Jahrhunderten der Islamischen Ära  keine ausgereifte Sprache, mit der sie die weite Islamische Welt bereisen und in ihr kulturell aktiv werden konnten. Die Pahlavi-Sprache war vornehmlich religiös von der Religion der Zoroastrier geprägt  oder betraf das höfische Leben und wegen einer schwierigen Schreib- und Redeweise war sie nicht als universale Sprache geeignet, so dass die Iraner diese Sprache  nicht in anderen Ländern einsetzen konnten.  Daher haben sie zuerst mit Hilfe iranischer Gelehrter und Literaten  das einfache gesprochene und geschriebene Arabisch in eine Sprache verwandelt, welche in der Islamischen  Welt anerkannt wurde, und diese  daraufhin als Mittel für ihre kulturellen Tätigkeiten in allen Ländern verwendet.

Abu Rihan Biruni, der große iranische  Gelehrte des 10. und 11. Jahrhunderts nach Christus, geboren in Charezm, hat selber erklärt, dass seine Muttersprache, nämlich Charezmisch und damit eine iranische Sprache, nicht die Wissenschaft der damaligen Welt darlegen konnte. Er sagte, dass es Verwunderung auslösen würde, wenn eine Wissenschaft in dieser Sprache festgehalten worden wäre. Al-Biruni beherrschte aber  mehrere Fremdsprachen, nämlich Arabisch und  die Hofsprache Dari-Persisch. Außerdem war er mit Sanskrit und Alt-Syrisch und Griechisch vertraut und konnte sie anwenden.

                    

In den ersten Jahrhunderten nach Beginn der Islamischen Ära wurde sowohl Arabisch als auch Persisch in den großen Städten mit muslimischer Bevölkerung  gesprochen. In den beiden Städten Basra und Kufa in Irak wurde sogar mehr auf Farsi, auf Persisch, gesprochen als auf Arabisch und die meisten Einwohner waren zweisprachig.

Die Iraner beherrschten das Arabische bald, nachdem sie es kennengelernt hatten,  genauso gut wie sie  unter den Arsakiden die Fremdsprache Griechisch erlernt hatten. Der Unterschied lag jedoch darin, dass die Kultur der Iraner komplexer als die der Araber war und dass sie bei der Hervorbringung von Kultur mehr Erfahrung besaßen.  Die Arabische Kultur war mehr eine verbale Kultur und die Araber legten weniger Wert darauf Wissen schriftlich festzuhalten. Bei ihnen genoss die mündliche Überlieferung eine größere Bedeutung. Der libanesische Autor und Historiker Dschurdschi Zaidan (1861-1914)  schreibt in seinem Werk „Geschichte der Islamischen Zivilisation“:

„Die Iraner reihten sich sogar in Wissenschaften, die mit der Arabischen Sprache und ihrem Wortschatz verknüpft waren, und obwohl Arabisch für sie eine Fremdsprache war, zu den Lehrmeistern des Arabischen  und die ersten Wörterbücher für Arabisch kamen aus dem (iranischen) Chorasan. Der erste Grundstein für die Syntax im Arabischen wurde von Sibawaih, einem Bürger der (iranischen) Provinz Fars gelegt. Und was später als Arabische Literatur bekannt wurde, wurde hauptsächlich von iranischen Gelehrten geschrieben.“

Mohammad Ibn Ahmad Moqqadasi, ein Geograf des 10. Jahrhundert nach Christus  hat bei seiner Reise durch die Islamischen Gebiete festgestellt, dass die Bürger in Chorasan (Nordostiran) das reinste Arabisch sprechen.  Im Cambridge Werk über die Geschichte Irans  steht zudem:

„Die Iraner haben als Übersetzer und als Autoren einen wichtigen Beitrag zur Arabischen Literatur geleistet und viele Schriftsteller und Gelehrte, die auf Arabisch schrieben waren, Iraner.“

In den ersten Jahrhunderten nach der Hidschra und dem Beginn der Islamischen Zeitrechnung wurden sowohl persische Wörter der Arabischen als auch arabische Wörter der Persischen Sprache hinzugefügt . Der Austausch zwischen der Sprache der Iraner und der Araber nahm zu. Der arabische Dichter Hadschiz  spricht von  einen Gedichtband, den er zur Preisung des Abbasidenherrschers Harun Ar-Raschid verfasst hat, und  in dem alle Reime auf Persisch sind.