In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (8 – Aramäisch/ Griechisch, Pahlavi und Arabisch)
Wir haben auf die Ausdehnung des Einflussbereiches der iranischen Kultur nach Annahme des Islams hingewiesen und ebenso kurz die Verbreitung der Farsi-Sprache in der damaligen Welt erwähnt. Dieses Thema wollen wir ab heute ausführlicher behandeln.
Die Sprache ist ein wichtiges und entscheidendes Element für jede Kultur. Sie ist überhaupt eines der wichtigsten Mittel zur Vermittlung der Kultur von Generation zu Generation und spielt eine zentrale Rolle für der Erhalt einer Kultur. Das Auf und Ab und die Veränderung der Sprache spiegeln schöne und bittere Erfahrungen einer Kulturgesellschaft wieder. Die Betrachtung des Wandels einer Sprache bietet die Möglichkeit, die Situation und Reaktion einer Kulturgesellschaft in ihrem Lebensraum und ihren Beziehungen untereinander zu beurteilen.
Die Farsi-Sprache spiegelt die besondere Eigenschaft der iranischen Kultur wieder, nämlich ihre Flexibilität bei gleichzeitiger Wahrung ihrer Wesensart. Die persische Sprache hat wie die iranische Kulturgesellschaft einige Tausend Jahre lang Veränderungen und Angleichungen akzeptiert, um sich den Bedingungen der verschiedenen Epochen anpassen und sich ihnen gegenüber behaupten zu können. Obwohl das heutige Persisch keine große Ähnlichkeit mehr mit dem Persisch und dem Pahlavi aus der Antike aufweist, so hat es dennoch trotz der Wandlungen nicht seinen typisch iranischen Charakter verloren; dies trotzdem es sowohl hinsichtlich des Wortschatzes als auch seiner Struktur von allen geschichtlichen Epochen und von den verschiedenen Kulturen, welche die iranischen Völker im Krieg oder im Frieden und im Kulturaustausch kennenlernten, in gewisser Weise beeinflusst wurde.
Die Farsi-Sprache war wie die gesamte Kulturgesellschaft Irans kontinuierlich zum Austausch mit anderen Kulturen und Sprachen bereit und hat gestützt, auf ihr Selbstvertrauen, die Tore für Wörter und Begriffe anderer Sprachen offen gehalten und auf diese Weise ihren Reichtum und ihre Ausdrucksmöglichkeiten erhöht. Genauso wie der nahe Kontakt zu verschiedenen Völkern und Kulturen im Laufe der Geschichte Irans der Charakteristik und dem Fortbestand der typisch iranischen Kultur nichts anhaben konnten, sondern ihre Bereicherung förderten, hat auch die Aufnahme all der Wörter und Begriffe aus verschiedenen anderen Sprachen die sprachliche Kapazität des Persischen vergrößert so dass es schließlich im Mittelalter zu einer bedeutenden Kontaktsprache in einem großen Teil der Welt wurde.
Farsi ist immer noch der Sprache der Ahnen zu Dank verpflichtet und einige seiner Wörter sind über dreitausend Jahre alt und stammen von den ersten arischen Völkern ab. Es gibt heute noch Wörter, die von den Gemeinsamkeiten der indo-germanischen darunter der iranischen Völker zeugen. Zum Beispiel das Wort „Baradar ( Bruder), Pedar (Vater) Madar (Mutter) Dochtar (Tochter) Lab – Lippe, Abru – Augenbraue und weitere. Farsi hat auch hinsichtlich seiner Struktur die Eigenart indo-germanischer Sprachen bewahrt und sich diesbezüglich nicht von den anderen Sprachen, welche sie im Laufe der Geschichte begegneten, beeinflussen lassen. Wie in anderen indoeuropäischen Sprachen steht auch beim Farsi das Subjekt am Anfang und erst dann folgt das Verb. Ebenso ähnelt die Wortbildung weiterhin wie seit eh und je dieser Sprachgruppe und das Verb wird durch Vor- und Nachsilben konjugiert.
Die Vermischung der iranischen Sprachen mit weit verbreiteten anderen Sprachen setzte schon ein, als die ersten arischen Völker auf der iranischen Hochebene eintrafen. Bevor das große Imperium der Achämeniden entstand, war in der hiesigen Region das Aramäisch üblich. Diese semitische Sprache wurde von den Völkern in Mesopotamien gesprochen und war in der antiken Welt sehr weit verbreitet. Im Achämenidenreich kamen zum ersten Mal Sprachen und Schriften verschiedener Völker miteinander in Berührung. In Iran kannte man die griechische Sprache aufgrund der militärischen und der kulturellen Begegnungen zwischen Griechen und Iranern in der Zeit vor Alexander. Sie wurde von den Nachfolgern des mazedonischen Feldherrn als Amtssprache anstelle von Aramäisch eingeführt.
Es gibt historische Belege dafür, dass die iranischen Völker, obwohl sie ihre eigene Sprache nicht aufgegeben hatten, so realistisch waren, dass sie eine Sprache als Amtssprache und Literatursprache akzeptierten, wenn sie gegenüber der einheimischen Sprache weiterentwickelt war und ein größeres Potential für die Herstellung von Beziehungen in der Welt besaß. Zur Zeit der Achämeniden und der Arsakiden haben die iranischen Völker die einheimischen Sprachen, nämlich das Alt-Persisch und das Pahlavie und Dari im Alltagsleben benutzt und ebenso die offiziellen Sprachen Aramäisch und Griechisch verwendet.
Zur Zeit der Sassaniden war die Sprache am Königshof und die Amtssprache das Pahlavi, das Mittelpersische -, und im Gegensatz zu den vorherigen Epochen war die offizielle Sprache also keine Fremdsprache mehr. Aber die Übersetzung von fremdsprachigen Werken, wie sie von den Achämeniden begonnen worden war, wurde auch unter den Sassaniden fortgesetzt. Dank dem Interesse an Übersetzungen im Iran, gingen die Errungenschaften der griechischen Kultur, nach deren Untergang in ihrer Heimat, nicht verloren. Sie wurden nach Beginn der Islamischen Ära aus dem Pahlavi ins Arabische übersetzt und wurden schließlich von der europäischen Zivilisationsära aufgenommen.
Die Iraner besaßen in den ersten Jahrhunderten der Islamischen Ära keine ausgereifte Sprache, mit der sie die weite Islamische Welt bereisen und in ihr kulturell aktiv werden konnten. Die Pahlavi-Sprache war vornehmlich religiös von der Religion der Zoroastrier geprägt oder betraf das höfische Leben und wegen einer schwierigen Schreib- und Redeweise war sie nicht als universale Sprache geeignet, so dass die Iraner diese Sprache nicht in anderen Ländern einsetzen konnten. Daher haben sie zuerst mit Hilfe iranischer Gelehrter und Literaten das einfache gesprochene und geschriebene Arabisch in eine Sprache verwandelt, welche in der Islamischen Welt anerkannt wurde, und diese daraufhin als Mittel für ihre kulturellen Tätigkeiten in allen Ländern verwendet.
Abu Rihan Biruni, der große iranische Gelehrte des 10. und 11. Jahrhunderts nach Christus, geboren in Charezm, hat selber erklärt, dass seine Muttersprache, nämlich Charezmisch und damit eine iranische Sprache, nicht die Wissenschaft der damaligen Welt darlegen konnte. Er sagte, dass es Verwunderung auslösen würde, wenn eine Wissenschaft in dieser Sprache festgehalten worden wäre. Al-Biruni beherrschte aber mehrere Fremdsprachen, nämlich Arabisch und die Hofsprache Dari-Persisch. Außerdem war er mit Sanskrit und Alt-Syrisch und Griechisch vertraut und konnte sie anwenden.
In den ersten Jahrhunderten nach Beginn der Islamischen Ära wurde sowohl Arabisch als auch Persisch in den großen Städten mit muslimischer Bevölkerung gesprochen. In den beiden Städten Basra und Kufa in Irak wurde sogar mehr auf Farsi, auf Persisch, gesprochen als auf Arabisch und die meisten Einwohner waren zweisprachig.
Die Iraner beherrschten das Arabische bald, nachdem sie es kennengelernt hatten, genauso gut wie sie unter den Arsakiden die Fremdsprache Griechisch erlernt hatten. Der Unterschied lag jedoch darin, dass die Kultur der Iraner komplexer als die der Araber war und dass sie bei der Hervorbringung von Kultur mehr Erfahrung besaßen. Die Arabische Kultur war mehr eine verbale Kultur und die Araber legten weniger Wert darauf Wissen schriftlich festzuhalten. Bei ihnen genoss die mündliche Überlieferung eine größere Bedeutung. Der libanesische Autor und Historiker Dschurdschi Zaidan (1861-1914) schreibt in seinem Werk „Geschichte der Islamischen Zivilisation“:
„Die Iraner reihten sich sogar in Wissenschaften, die mit der Arabischen Sprache und ihrem Wortschatz verknüpft waren, und obwohl Arabisch für sie eine Fremdsprache war, zu den Lehrmeistern des Arabischen und die ersten Wörterbücher für Arabisch kamen aus dem (iranischen) Chorasan. Der erste Grundstein für die Syntax im Arabischen wurde von Sibawaih, einem Bürger der (iranischen) Provinz Fars gelegt. Und was später als Arabische Literatur bekannt wurde, wurde hauptsächlich von iranischen Gelehrten geschrieben.“
Mohammad Ibn Ahmad Moqqadasi, ein Geograf des 10. Jahrhundert nach Christus hat bei seiner Reise durch die Islamischen Gebiete festgestellt, dass die Bürger in Chorasan (Nordostiran) das reinste Arabisch sprechen. Im Cambridge Werk über die Geschichte Irans steht zudem:
„Die Iraner haben als Übersetzer und als Autoren einen wichtigen Beitrag zur Arabischen Literatur geleistet und viele Schriftsteller und Gelehrte, die auf Arabisch schrieben waren, Iraner.“
In den ersten Jahrhunderten nach der Hidschra und dem Beginn der Islamischen Zeitrechnung wurden sowohl persische Wörter der Arabischen als auch arabische Wörter der Persischen Sprache hinzugefügt . Der Austausch zwischen der Sprache der Iraner und der Araber nahm zu. Der arabische Dichter Hadschiz spricht von einen Gedichtband, den er zur Preisung des Abbasidenherrschers Harun Ar-Raschid verfasst hat, und in dem alle Reime auf Persisch sind.