In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (13 –Al-Biruni)
Herzlich willkommen zu einem weiteren Teil unserer Sendereihe „In Iran gerühmt, in der Welt berühmt“. In diesem Teil möchten wir Ihnen Abu Reyhan Biruni vorstellen. Er war in verschiedenen Wissensdisziplinen wie Mathematik, Geografie, Geologie, Volkskunde, Physik und Astronomie der größte Gelehrte seiner Zeit.
Al Biruni war der erste, der in seinen Werken die Vorgeschichte eines Gegenstandes der Wissenschaft behandelte. Bei 18 Metallen und Edelsteinen stellte er die Dichte fest und berechnete den Durchmesser und den Umfang der Erde. Er legte neue Methoden für die Anfertigung von geografischen Karten vor, maß die Entfernung zwischen Städten, forschte über die Ansichten und Geschichte der indischen Bevölkerung nach und schuf unvergängliche Werke. Kommen Sie nun mit in den iranischen Kulturraum, damit wir Sie mit diesem berühmten Mann vertraut machen.
Der iranische Gelehrte Abu Reyhan Mohammad Ibn Ahmad Biruni ist am 3. Dhu-l Hadscha 362 nach dem islamischen Mondkalender, 4. September 973 n. christlicher Zeitrechnung in der Stadt Kath zur Welt gekommen. Kath gehörte zu Choresmien, welches heute teils in Usbekistan, teils in Turkmenistan liegt.
Mohammads Vater Abu Dschafar Ahmad ibn Ali Andidschani war Astronom in der Gorganch-Sternwarte des Choresm-Schah. Gemäß Aussagen von Biruni wurde sein Vater des Königshofes verwiesen, weil Neider ihn schlecht gemacht hatten. Er ließ sich in einem Dorf nieder und da er dort ein Fremder war, wurde er von den Dorfbewohnern al-Biruni genannt. Birun bedeutet soviel wie „draußen, außerhalb“. Andere sagen, dass sein Sohn Abu Reyhan Mohammad diesen Namen erhielt, weil er außerhalb von Kath, der Hauptstadt Choresmiens, auf die Welt gekommen ist.
Mit dem Lernen begann Abu Reyhan schon als kleines Kind. Die Bekanntschaft mit dem iranischen Gelehrten Amir Nasr Mansur ibn Ali ibn Iraq, einer der Prinzen der Afriqiden Dynastie, verhalf al-Biruni an den Hof des Choresm-Schah. Er durfte dort die königliche Lehrstätte Sultani-Madraseh besuchen, die Amir Nasr Mansur gegründet hatte. In dieser Zeit nahm er im Alter von nur 17 Jahren mit Hilfe einer Gruppe, die sich Halqeh Schahiyeh (Schah-Zirkel) nannte, in der Stadt Kath die Vermessung des halben Längenkreises der Sonne um die Mittagszeit vor. Vier Jahre danach hat der Ghaznawide Mamun ibn Mahmud der Befehlshaber von Gorganch (Urganch) Kath angegriffen und den letzten Choresm-Herrscher der Afriqiden und Unterstützer Abu Rayhans, Abu Abdullah Mohammad ibn Ahmad, gestürzt.
Nach dem Sturz der Al-i Iraq (der Afriqiden) in Choresmien, soll sich Biruni eine Zeit lang versteckt gehalten haben oder an einen anderen Ort geflüchtet sein. Es heißt, dass er im Jahre 387 nach islamischer Zeitrechnung, als der Sohn von Mamun, nämlich Ali ibn Mamun die Herrschaft übernahm, nach Kath zurückgekehrt sei.
Im Jahre 997 konnte al Biruni am 24. Mai in Kath eine Mondfinsternis beobachten. Gemäß zuverlässigen Quellen hatte Abu Rayhan zuvor mit dem großen iranischen Astronomen und Mathematiker Abu-al- Wafa Busdschani vereinbart, dass dieser diese Mondfinsternis in Bagdad beobachtet. Aufgrund des Zeitunterschiedes, den er auf diese Weise herausfand, konnte er den Unterschied zwischen den geografischen Längen beider Städte, Kath und Bagdad, feststellen. Der junge Abu Rayhan war also zu dem Zeitpunkt schon derartig anerkannt, dass der renommierte und betagte Abu al Wafa Busdschani bereit war, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Bald darauf reiste Abu Rayhan nach Rey (einer Stadt die nahe dem heutigen Teheran liegt). Dort traf er sich mit zwei bekannten Mathematikern und Astronomen, nämlich Kuschyar ibn Labban Gilani und Abu Mohammad Chodschandi und beschrieb in einer kurzen Abhandlung das astronomische Gerät, welches Chodschandi konstruiert hatte. Er legte ausführlich die Beobachtungen mit diesem großen präzisen Apparat, welchen er als das bis dahin genaueste Gerät bezeichnete, dar. Danach suchte er Abu-l-Abbas Marzuban ibn Rastam auf, der zur herrschenden Bawand-Familie gehörte und schrieb in seinem Namen das Buch Maqalid-Ilm- alhayah – die Schlüssel zur Astronomie.
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts nach der Hidschra, im 10. Jahrhundert nach Christus, begab Biruni sich nach Gorgan im Norden Irans und widmete im Alter von circa 30 Qabus ibn Wuschmagir, einem Dichter und Befehlshaber der herrschenden Ziyariden das Werk al-Athar- al Baqiya über die „Hinterlassenschaften früherer Jahrhunderte“. Zuvor hatte er bereits 7 Bücher geschrieben und mit Avicenna einen Briefwechsel über wissenschaftliche Fragen begonnen. Im Jahre 393 nach der Hidschra beobachtete er in Gorgan eine Sonnenfinsternis. Außerdem versuchte er die Länge eines Grades des halben Längenkreises der zwei Jahrhunderte vorher in Bagdad gemessen worden war, in der Umgebung von Gorgan genauer zu bestimmen. Aber aus unbekannten Gründen zeigte sein Unterstützer Qabus ibn Wuschmagir keine Interesse mehr an dieser Untersuchung und Biruni konnte sie nicht fortsetzen.
Biruni kehrte im Alter von 40, es war 399 oder 400 nach der Hidschra, nach Choresm zurück und lebte eine Zeitlang am Hofe des Abu-l Abbas Mamun ibn Mamun. Dank der Unterstützung dieses iranischen Herrschers konnte er wichtige astronomische Beobachtungen durchführen. Biruni konstruierte für Himmelsbeobachtungen einen großen Ring, auf dem die Imitation eines halben Längenkreises angebracht war. Außerdem fertigte er eine Halbkugel an, auf der er Ergebnisse von Entfernungsmessungen eintrug. Mamun wurde jedoch 407 nach der Hidschra (um 1000 n. Christus) von einem seiner Heeresleute getötet, und ein Jahr später griff der mächtige Sultan Mahmud der Ghaznawiden-Dynasty Gorganch an. Er nahm viele Persönlichkeiten, darunter Biruni mit an seinen Regierungssitz nach Ghazna (im heutigen Ost-Afghanistan).
Nizami Aruzi Samarqande, ein Poet und Literat des 12. Jahrhunderts hat in seinem Werk „Vier Diskurse“ eine bekannte Episode wiedergegeben. Er berichtet, dass Sultan Mahmud Ghaznawid den Mamun ibn Mamun beneidete, weil an seinem Hofe so viele Gelehrte lebten. Er stellte Mamun ein Ultimatum, nämlich er solle alle glänzenden Gelehrten sofort nach Ghazna schicken. Zwei Philosophen, die am Hofe des Mamun waren, flüchteten in Richtung Westen. Der eine war Ibn Sina (Avicena) und der andere Abu Sahl Isa Masihi. Aber Biruni verbrachte die letzten drei Jahrzehnte seines Lebens gezwungenermaßen im Dienste der Ghaznawidenherrscher Mahmud, Masud, Mawdud und ihren Nachfolgern.
Leider sind die Details über die Ereignisse im Leben von Biruni und deren chronologischen Abfolge während der Ghaznawiden-Dynastie unklar. Er war offensichtlich in Ghazna als Astronom bekannt. Vermutlich hat er mindestens etwas mehr als 12 Jahre sich am Hofe des Ghaznawiden Mahmud damit beschäftigt, mehr über Indien zu erfahren, und Sanskrit und indische Sprachen zu erlernen und sich mit der Philosophie und dem Wissen der Hindus zu beschäftigen. Es heißt dass Biruni während der Feldzüge von Mahmud Ghaznawi von diesem nach Indien mitgenommen wurde und dass er auf diesen Reisen indische Gelehrte kennenlernte. Er sammelte auf seinen Reisen nach Indien die notwendigen Informationen für sein Buch „Tahqiqu Ma lilhind“ In jeder Stadt versuchte er die geografische Breite festzulegen und im Jahre 416 nach dem Mondkalender (1023) als er sich in der Festung von Nandana (im heutigen Pakistan) befand, ermittelte er dort von einem nahem Berg aus der Erddurchmesser der Erdkugel. Er verfasste eine Abhandlung über diese Untersuchung. Biruni berechnete einen Radius der Erdkugel von 6339,6 km, was dem realen heutigen Wert am Äquator von 6378,1 Kilometer recht nahe kommt.
415 nach der Hidschra , 1022 n.Christus, hatte der Befehlshaber des türkischen Volkes der Wolga-Tataren eine Delegation nach Ghazna geschickt. Diese Gruppe pflegte auch mit den Bewohnern in den Polargebieten Handelskontakte. Biruni bat sie, mehr über diese Gebiete zu berichten. Einer der Delegierten sagte, dass in den fern im Norden gelegenen Gebieten manchmal die Sonne viele lange Tage nicht untergeht. Als Sultan Mahmud dies hörte wurde er aufgebracht und verwarf seine Aussage als Gotteslästerung. Aber Abu Rayhan sagte ihm, dass dieser Mann Recht hat und es wissenschaftlich begründet ist, was er sagt. Er erklärte dem Sultan wieso.
Biruni hat alle Informationen, die er in diesen Jahren gesammelt hat, in seinem oben erwähnten Buch über Indien, namens Tahqiq ma lilhind angeführt. Dieses Buch wurde erst kurz nach dem Tod von Mahmud im Jahre 421 d.h. 1030 n. Christus fertig.
Zuvor hatte Biruni ein Buch über die Mathematik und Sternkunde geschrieben namens At Tafhim li Awail-i Sanat-tandschim. Nach dem Tod von Mahmud regierte dessen Sohn Masud. Al-Biruni schrieb ein Buch namens „Qanun-i Masudi“- zu Ende, das er Masud widmete und welches das gesamte bis dahin gewonnene astronomische Wissen enthielt. Sultan Masud wollte Abu Rayhan für dieses Buch mit Gold und Silber belohnen, aber Biruni schickte alles wieder in die Schatzkammer zurück. Er sagte Masud, dass er diese Belohnung nicht brauche, denn er habe sich sein Leben lang mit wenigem begnügt. Es würde ihm sehr schwer fallen diese Gewohnheit aufzugeben.
Die Nachfolger von Mahmud Ghaznawi, spornten den Gelehrten Al-Biruni an, weiter wissenschaftliche Arbeit zu betreiben und unterstützten ihn mit den nötigen Mitteln. Aus der Zeit der Herrschaft von Mawdud, dem Sohn von Masud Ghaznawi blieben Werke von Al-Biruni erhalten, nämlich eines über Mineralogie (mit dem Titel: Al Dschamahir fi ma`rifat- al Dschawahir) und ein Buch über Heilmittelkunde namens Al saydana fi-l tibb.
Im Jahre 440 nach der Hidschra (1048 nach Christus) verstarb Al-Biruni , kurz nachdem die Herrschaft der Nachfolger von Mawdud begonnen hatte, im Alter von 77 Jahren in Ghazna. Der bekannte Rechtsgelehrte Abu-l-Hasan Ali ibn Isa war bei ihm am Sterbebett. Er berichtet:
„ Als sein Atem schwerer ging, besuchte ich ihn. Da stellte er mir eine Frage zur islamischen Rechtslehre. Ich sagte: `Passt diese Frage jetzt?` Biruni sagte: `O Mann, was ist besser: dass ich die Antwort kenne und sterbe oder dass ich sie nicht kenne und die Welt verlasse?` Da beantwortete ich ihm seine Frage. Er erwarb das Wissen und ich ging. Ich war noch nicht den halben Weg zurückgekehrt als ich aus seinem Hause Klagerufe hörte.“ Al-Biruni war verschieden.