In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (15 – Al Biruni 3)
In dieser Sendung geht es um einige schriftliche Werke des iranischen Universalgelehrten Abu Rayhan Al-Biruni.
Zu den bedeutendsten Werken von Al Biruni, zählt das Buch al-Athar-al Baqiya (an al Qurun al Chaliya ) Der Titel der deutschen Übersetzung lautet Hinterlassenschaften früherer Jahrhunderte. Athar al Baqiya wurde schon vor geraumer Zeit in Europa übersetzt und gilt als eines der Meisterwerke über die Weltgeschichte. Al-Biruni widmet sich an einer Stelle dieses Buches der Methode zur zylindrischen Darstellung der Weltkarte und legt einen neuen Weg für die Zeichnung von geografischen Karten vor. Aufgrund dieses Buches sind europäische Denker der Überzeugung, dass es Al-Biruni war, der die Grundlage für diese Art der Darstellung, die heute als Mercator-Projektion bekannt ist, schuf. Forscher sagen: Lässt man alle anderen Anstrengungen Abu Rayhans wie die Erforschung der Geschichte früherer Völker und der Kalender von antiken Reichen usw. beiseite und sieht man nur diesen einen großen Erfolg, so genügt es um seinen wissenschaftlichen Weitblick zu demonstrieren.
Al Biruni hat in seinem Werk al-Athar – al Baqiya „Hinterlassenschaften früherer Jahrhunderte“ über die verschiedenen Ansichten und Überzeugungen unter den Völkern und den Anhängern von Religionen und Sekten geschrieben und die Unterschiede und Ähnlichkeiten diesbezüglich angeführt. Im 6. Kapitel von Athar al-Baqiya bringt er die chronologische Reihenfolge und die Führungszeit der israelitischen Propheten und Könige, sowie der assyrischen, babylonischen und der iranischen Monarchen, aber auch der Pharaonen und der Römischen Kaiser und Byzantinischen Herrscher. Dieses Kapitel enthält auch die Chronologie der Namen der vorgeschichtlichen Könige Irans und der Könige der Achämeniden, Arsakiden und Sassaniden. Manchmal führt Biruni nicht nur die Jahreszahl sondern sogar den Monat und den Tag an. Er nennt die überlieferten Berichte, auch diejenigen, die er für falsch hält, äußert seine Bedenken und versucht, die zuverlässigsten Zeitangaben von allen herauszufinden. Natürlich irrt auch er sich - wie viele andere Forscher - manchmal bei seinen Einschätzungen. Der deutsche Orientalist Eduard Sachau hat 1887 die Übersetzung von Athar al Baqiya in London herausgegeben.
Ein weiteres Werk, das Abu Rayhan Biruni der Menschheit hinterließ ist Tahqiqu Ma lilhind (min maqūlah maqbūlah fī al-ʿaql aw mardhūlah (Überprüfung aller Berichte der Inder, Rationales und Irrationales). Dieses Werk zeigt den erstaunlichen Fortschritt in der Soziologie unter den muslimischen Gelehrten, welche sie auf ihren verschiedenen Reisen in alle möglichen Gebiete machten. Tahqiqu Ma Lilhind ist das Ergebnis der Bemühungen Abu Rayhans, mehr über die mathematischen und astronomischen Kenntnisse in Indien und die Denkweise und Weltanschauung der Hindus sowie über die besonderen geografischen Merkmale Indiens zu sammeln. Viele sind der Ansicht, dass die westliche Welt dank dieses Buches von Abu Rayhan zum ersten Mal mit Indien Bekanntschaft geschlossen hat. Der amerikanische Schriftsteller Will Durant bezeichnet in seinem Werk über die Zivilisationsgeschichte der Menschheit das Tahqiqu Ma Lilhind als eines der wichtigsten wissenschaftlichen Forschungswerke des Mittelalters.
Ma Lilhind ist ein herausragendes Werk über die Geschichte, Religion, das Brauchtum und das Wissen der Inder. Al-Biruni kann als einer der Wegbereiter der Anthropologie und vergleichenden Religionswissenschaft gelten. Bei seinen anthropologischen Forschungen begegnete er vielen Schwierigkeiten, denn er betrat als Muslim ein Gebiet, dessen Bevölkerung in keinem guten Verhältnis zu den Muslimen stand und deren Sprache schwierig zu erlernen war. Doch Biruni legte sich sehr gute Sanskrit-Kenntnisse zu und suchte den Kontakt mit der indischen Bevölkerung und ihren Gelehrten. Er reiste in alle Teile Indiens.
In dem Buch Ma Lilhind war Biruni bestrebt, als völlig unparteiischer Fachmann die Ansichten und Lehren der Hindus zu beschreiben. Er erklärt: „Dieses Buch habe ich über die Überzeugungen der Inder geschrieben und ich empfand es nicht als angebracht, ihnen unbegründete Vorwürfe zu machen, obwohl ihre Ansichten von den unsrigen verschieden sind. Ich habe es auch nicht im Widerspruch zu meiner Religiosität und meinem Muslim-Sein betrachtet, ihre Worte - wenn immer ich glaubte, dass es zur Klärung des Themas nötig war - ausführlich zu zitieren. Sollten diese Zitierungen als Gotteslästerung erscheinen und die Anhänger der Wahrheit, d.. h. die Muslime, den Einspruch dagegen als berechtigt betrachten, sage ich: Das ist es, was die Hindus glauben und diese wissen selber besser als jeder andere, wie sie auf solche Einsprüche antworten sollen.“
Biruni vergleicht in Ma Lilhind den Hinduismus mit den Überzeugungen anderer Völker. Da er der Ansicht ist, dass die Griechen vor Christus (Friede sei mit ihm) an die gleichen Dinge wie die Hindus glaubten, hat er die Überzeugungen der Griechen und Inder miteinander verglichen. An einer anderen Stelle in Ma Lilhind vergleicht er das Kastensystem in Indien mit dem Klassensystem zur Zeit der iranischen Sassaniden und stellt fest, dass beide Systeme einander sehr verwandt sind. Dort wo er über die Heiratssitten der Inder berichtet, geht er auch auf die Heiratsbräuche der Iraner, Juden und der Araber in der vorislamischen Zeit der Unwissenheit ein.
Ein weiteres wichtiges Werk von Al Biruni ist das Qanun-i Masudi (fī al-hayʾah wa-al-nujūm). Es ist ein wissenschaftliches Werk über Astronomie, Geografie und Mathematik und in 11 Teile gegliedert und ein klares Zeugnis für den wissenschaftlichen Fortschritt der muslimischen Astronomen. In diesem Werk versucht Biruni die komplizierte Bewegung der Sterne zu untersuchen. Er demonstriert in diesem Buch erstaunliche Neu-Erkenntnisse in der Trigonometrie. Die Formel, die er im 11. Jahrhundert nach Christus für die Sinusfunktion gewinnt, kommt der Formel von Newton sehr nahe. Die geografischen Messangaben in Al-Birunis Werk Qanun-i Masudi basieren nur auf Forschung, Erfahrung und Erproben und daher verdienen die Tabellen in diesem Buch besondere Aufmerksamkeit. Dr. Zeki Velidi Togan, ein türkischer Forscher, hat den Tabellenteil im Qanun-i Masudi getrennt zusammen mit Ausschnitten aus weiteren Werken Birunis veröffentlicht und nach ihm hat der amerikanische Forscher George Sarton sie wissenschaftlich beurteilt.
Qanun Masudi wurde 1919 seitens der Islamischen Universität von Aligarh in Indien ins Englische übertragen.
Al Biruni gehört zu den Gelehrten, die sich nicht mit den Aussagen und Schriften vorhergehender Gelehrter begnügten. Er hat mehrmals die Theorien von Vorgängern in Frage gestellt, insbesondere die von Aristoteles. Um die Aussagen von anderen sachgemäß zu beurteilen und seine eigenen Theorien zu überprüfen, stellte er genaue Beobachtungen an.
Wie heutige Forscher war auch er bei dem Vergleich zwischen den Eigenschaften von zwei Stoffen bestrebt, die gleichen Untersuchungsbedingungen herzustellen. Um die Theorie von Aristoteles zu überprüfen, dass warmes Wasser schneller gefriere als kaltes, hat Biruni einen Versuch angestellt und ihn wie folgt beschrieben:
„Ich habe zwei Gefäße mit der gleichen Form und der gleichen Größe genommen und in jedes Gefäß die gleiche Menge Wasser geschüttet – in das eine warmes und in das andere kaltes Wasser. Beide Gefäße habe ich kaltem und trockenem Wetter ausgesetzt. Die Oberfläche des kalten Wasser gefror, während in dem warmen Wasser noch immer Wärme zu verspüren war. Ich habe das Ganze noch einmal ausprobiert und es ergab sich dasselbe.
Biruni ist der erste, der in allen seinen Schriften auf die Vorgeschichte von Gelehrtentheorien eingegangen ist und sie miteinander verglichen hat. Er hat manchmal ein vollständiges Buch der Geschichte der Wissenschaft gewidmet. Zum Beispiel hat er im Athar al Baqiyah die Kalenderrechnungen der Inder, Araber, Griechen, Juden und Iraner verglichen. Oder in einem weiteren Buch über Sternkunde (arabischer Titel: تمهید المستقر و التحلیل و التقطیع )hat er über drei Lehrschulen - die griechische, indische und iranische - und den Einfluss den sie auf deren verschiedenen Gelehrten hatten, gesprochen. Daher hat das Studium seiner Schriften den Forschern auf dem Gebiet der Geschichte der Wissenschaft einen neuen Weg geöffnet, um die Veränderungen und Entwicklungen der Wissenschaft im Laufe von mehreren Jahrhunderten kennenzulernen.
Zu den weiteren Besonderheiten der Forschungsarbeit von Al-Biruni gehört seine Bekanntschaft mit mehreren Sprachen. Er beherrschte das Neupersisch (Farsi), Türkisch, Arabisch, Hebräisch, Alt-Syrisch und Sanskrit und besaß ebenso Griechischkenntnisse. Er hatte erkannt, dass für die Erforschung der Kultur anderer Völker und dem Wissen verschiedener Zivilisationen, erst deren Sprache zu erlernen ist und es bei tiefgehender Forschung nicht viel nützt, sich auf Übersetzungen zu stützen. Deshalb hat er sich als erstes auf seiner Reise durch Indien Kenntnisse in Sanskrit angeeignet. Nach eigenen Aussagen war diese Sprache schwierig zu erlernen. Aber er hat die Mühe auf sich genommen und schließlich diese Fremdsprache dermaßen gut beherrscht, dass er mehrere Bücher aus dem Sanskrit ins Arabische übersetzte und gemäß einiger Autoren hat er auch einige Bücher aus dem Griechischen ins Sanskrit übertragen.
Es gäbe noch viel über diesen iranischen Universalgelehrten zu berichten, und wir konnten ihnen nur einen Teil seiner Verdienste schildern. Beim nächsten Mal möchten wir einen weiteren bedeutenden iranischen Denker vorstellen.