Apr 12, 2022 03:40 CET

Der Koran und der Monat Ramadan können uns bei der Annäherung an einen islamischen Lebensstil helfen.

  

 

 

                                      

Wir sind im Fastenmonat. Möge das Fasten und Gott-Dienen aller Gläubigen in diesem Monat Gottes Wohlgefallen finden. In diesem Monat spüren wir die Gegenwärtigkeit Gottes im Leben mehr als sonst und uns wird intensiver bewusst: Wir befinden uns vor Gott. Unser Herz und unser Glaube und der Sinn unseres Lebens stehen im Ramadan in einem anderen Licht und unser Leben ist schöner geworden. Vieles ist anderes im Monat Ramadan und alles weist uns den Weg zu einem islamischen Lebensstil. Mehrere Dinge sind ausschlaggebend für einen solchen Lebensstil,  nämlich:  nicht nur die Äußerlichkeiten der religiösen Handlungen einzuhalten sondern  auch ihre innere Wahrheit zu beachten, dem Einzelnen und der Gesellschaft Wert beizumessen sowie die für die persönlichen und sozialen Angelegenheiten geltende Regeln zu berücksichtigen. 

 

Gemäß Islam besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Glauben des Menschen und seinem Verhalten.  Jemand der fest an Gott und das Jenseits glaubt, wird sich religiös verhalten. Wenn also jemand behauptet, er habe die verborgene Wahrheit religiöser Werke erfasst und brauche sie daher nicht mehr äußerlich zu vollbringen, ist dies nicht vertretbar. Der Prophet des Islams, der auf höchster Stufe den Sinn der Religion erfasst hat, hat niemals die religiösen Pflichten beiseitegestellt sondern beachtete sie allen voran am meisten.  Die Beachtung des tieferen Sinnes der Gottesgebote , lässt den wahrhaft Gläubigen nicht  von der äußerlichen Vollbringung gottesdienstlicher Werk abkommen, ebensowenig wie die sichtbare Erfüllung  religiöser Pflichten ihn nicht deren  innere Wahrheit vergessen lässt. Das Äußerliche und das Verborgene religiöser Handlungen sind zwei Stufen ein und der selben Wahrheit. Falls wir nur eine dieser Stufen ohne die andere ins Auge fassen, haben wir daher diese Wahrheit nicht richtig verstanden. Imam Sadiq (Friede sei mit ihm) sagt über den Zusammenhang zwischen der inneren Gesinnung und dem äußeren Erscheinen:

„Äußerliche Verdorbenheit geht auf innere Verdorbenheit zurück und wenn jemand sein Wesen und sein Inneres zum Guten hin ändert, wird Gott sein Äußeres auch zum Guten hin verändern.“

 

Gott hat im Heiligen Koran die Muslime aufgerufen, rechtschaffen zu handeln und dieses rechtschaffene Handeln geht aus dem Glauben an den Islam hervor. Damit ein rechtschaffenes Handeln vorliegt, müssen dieser Glaube und die aufrichtige Absicht in die Tat umgesetzt werden. Der korrekte Glaube reicht also alleine nicht für die Rechtschaffenheit aus, sondern der Gläubige muss nach ihm handeln und die religiösen Werke unter Berücksichtigung aller zeitlichen und örtlichen Voraussetzungen vollbringen. 

Das ist ein wichtiger Aspekt  eines islamischen Lebensstils.

                           

Im Islam wird nicht nur der Einzelne sondern auch die Gemeinschaft beachtet. Unsere Religion empfiehlt das gemeinschaftliche Gott-Dienen. Selbst wenn nur zwei Personen einen Gottesdienst zusammen vollbringen  ist es besser als wenn jemand alleine  es tut.  Die gemeinsame Verrichtung des Gebetsritual wird dringend empfohlen. Auch der  Hadsch – die Pilgerreise zur Kaaba – wird gemeinsam durchgeführt.  Das Gott-Dienen und insbesondere das gemeinschaftliche Gott-Dienen erfordert Disziplin und die Einhaltung von Regeln. Das gemeinsame Gebet und der gemeinsame Hadsch demonstrieren die Einheit des Islamischen Volkes. Diese Einheit muss aber auch in den Herzen der Gläubigen verspürt werden. Die Verbundenheit  zwischen den Herzen wird verwirklichbar, wenn die Muslime einen gemeinsamen Anführer haben, dessen Anweisungen und Befehlen sie gehorchen. Dieses Oberhaupt  muss natürlich frei von Sünden und Irrtum sein. .  Solange dieser unfehlbare Vorsteher, der Imam, sich im Verborgenen aufhält ist es notwendig, dass die muslimische Gemeinde zur Wahrung ihrer Einheit  jemanden befolgt, der die Religion und ihre Gebote kennt und praktiziert handelt,  die notwendigen Kennnisse über politische und gesellschaftliche Fragen  besitzt und den Mut hat, gegenüber Unterdrückung und Unrecht standzuhalten.  Die Befolgung einer solchen Persönlichkeit kann die muslimische Gesellschaft bis zu dem Zeitpunkt, an dem der unfehlbare Imam in Erscheinung tritt, schützen.

Im Islam sind beide wichtig: sowohl der Einzelne als auch die Gesellschaft. Sie erreichen gemeinsam  die  spirituelle und irdische Weiterentwicklung.  Alle gottesdienstlichen Handlungen des Islams haben eine individuelle und eine soziale Seite und diesbezüglich bildet auch das religiöse Fasten keine Ausnahme. Die individuelle Seite des Fastens ist die bereits erwähnte Veredelung des eigenen Charakters und der Verbesserung der Beziehung des Einzelnen zu Gott. Die soziale Seite des Fastens  kann in dem Mitgefühl für die Entbehrenden und die Bemühung zur Herstellung sozialer Gerechtigkeit gesehen werden.

 

Die Muslime können sich beim Fasten, wenn sie Hunger und Durst auf sich nehmen, besser in die Lage der Bedürftigen, welche nicht  für ihren Lebensunterhalt sorgen können, einfühlen und  werden dadurch besser der Verantwortung, die Gott ihnen hinsichtlich der Beseitigung von Armut auferlegt hat, nachkommen.  Im Monat Ramadan eilen die Muslime den Bedürftigen zur Hilfe eilen und speisen sie.  Sie legen Spenden zusammen, um Leuten, die wegen Schulden im Gefängnis sitzen, die Rückkehr zu ihren Familien zu ermöglichen, oder stellen die Mittel für junge Leute bereit, damit diese beruflich eigenständig werden können.  Solche soziale Angelegenheiten finden in diesem Monat besondere Aufmerksamkeit. Auf diese Weise haben sie sowohl der Gesellschaft einen Dienst geleistet und ihre Beziehungen zu den anderen Mitgliedern der Gesellschaft verbessert als auch das Wohlgefallen Gottes erzielt. Wer Gottes Wohlgefallen sucht, der erreicht es also inmitten der Gesellschaft und nicht isoliert von ihr.    

Das Gemeinschaftsgebet ist einer der gemeinsamen Gottesdienste in den islamischen Ländern

 

  

Der Islam legt Wert auf ordnungsgemäße Durchführung von Angelegenheiten. Für  jede gottesdienstliche Handlung  legt er bestimmte Zeiten und Orte fest. Allerorts auf der Welt beten die Muslimen innerhalb einer bestimmten Zeitspanne und in ein und die selbe Gebetsrichtung – die Kaaba in Mekka. In einem bestimmten Zeitraum  machen sie sich auf den Weg nach Mekka um dort unter Beachtung bestimmter Bräuche in einer festgelegten Zeitspanne den Hadsch durchzuführen. Alle Muslime fasten auf die gleiche Weise. Sie stehen im Monat Ramadan vor dem ersten Tageslicht auf, nehmen eine leichte Speise zu sich und verbringen die Zeit bis zum morgendlichen Gebetsaufruf  mit Gott-Dienen und verzichten dann bis zum abendlichen Gebetsaufruf auf Speis und Trank.  Die Beachtung der Regeln für das Gott-Dienen ist so wichtig, dass Imam Ali (Friede sei mit ihm) diese kurz vor seinem Ableben und nach der Empfehlung, gottesfürchtig und gläubig zu sein,  seinen Kindern  und Anhängern ans Herz gelegt hat. Wie alle anderen religiösen Werke hat auch die Beachtung der Regeln  eine äußere und eine verborgene Seite. In einem Brief an einen seiner besten Helfer, nämlich Malik Aschtar, hat Imam Ali geschrieben, er solle Dinge, deren Zeitpunkt noch nicht eingetroffen ist, nicht überstürzen und Dinge nicht vernachlässigen, für die die Möglichkeit sie zu verrichten zustandegekommen ist. An Angelegenheiten, die unklar sind, solle er nicht beharrlich festhalten und Maßnahmen dann erst ergreifen, wenn völlige Klarheit vorliegt.  Jede Sache solle er an ihrer zugehörigen Stelle vornehmen  und jede Maßnahme zu ihrem zugehörigen Zeitpunkt .

Alle Religionen haben nicht nur auf das Leben des Einzelnen sondern auch auf das gemeinschaftliche Leben und sowohl auf das Äußere der gottesdienstlichen Handlungen und ihre ordentliche Durchführung als auch auf ihren tieferen Sinn aufmerksam gemacht. Dennoch gab es unter ihren Anhängern auch immer solche, die durch Über- oder Untertreibung Abweichungen hervorgerufen haben. Vielleicht wollte Gott wegen dieser Abweichungen die Menschheit  im Rahmen des Islams wieder an Seine wahren Gebote erinnern.

                         

Der Lebensstil des Einzelnen und einer Gesellschaft wird von ihren Überzeugungen oder der Weltanschauung und den dominierenden Werten beeinflusst. Eine materiell ausgerichtete Weltanschauung und Werte, die auf der Suche nach Genuss oder Gewinn beruhen, lassen einen besonderen Lebensstil entstehen. Genauso ist es mit der religiös ausgerichteten Weltanschauung und den Werten, die die seelische Vervollkommnung und Seligkeit beinhalten. Auch sie führen zu einem  eigenen besonderen Lebensstil.

 Ein wichtiger Eckpfeiler in einem islamischen Lebensstil ist das Vertrautsein mit dem Koran und die Praktizierung seiner Anweisungen.  Gleich zu Beginn der Verkündung seiner Botschaft als universale Lehre hat der Prophet des Islams die schönen Verse des Korans genutzt. In einer Zeit, wo die dichten Wolken von Vielgötterei, Unrecht und Unwissenheit den Himmel der Menschheit verdunkelten, hat das Licht dieser himmlischen Verse den Weg aus der Dunkelheit gewiesen. Der Koran hat mit seinen vitalen Lehren die Herzen angezogen und der Menschheit gezeigt, wie sie an den rechten Lebensstil gelangt.

Das Handeln nach der Lehre des Heiligen Korans ist zweifelsohne die wichtigste Stufe des Vertrautseins mit ihm. Dieses Himmelsbuch enthält sehr wertvolle Weisungen für die Rechtleitung des Einzelnen und der Gesellschaft.  Wenn diese richtig erkannt und durchgeführt werden, wird die Welt viel besser aussehen und von den jetzigen Übeln befreit werden. Ayatollah Khamenei hat alle aufgefordert, gemäß dem Koran zu handeln und betont:

„Wenn wir der Überzeugung sind, dass das Handeln gemäß Koran Grundlage und Dreh- und Angelpunkt für die Wiederbelebung des Korans darstellt  und es nicht bei der Rezitation und beim Lesen des Korans bleiben soll, müssen wir unsere Gesellschaft korankonform gestalten und unser Handeln korankonform werden lassen. Wir müssen vom Koran überzeugt sein und wissen, dass seine Verheißungen die Wahrheit sind.“ 

                              

Der Koran hat von Anfang an viele Herzen angezogen und bis heute haben Menschen aller Bevölkerungsschichten  die Rezitation des Korans, das Nachdenken über seinen Inhalt und die Beschäftigung mit Korankommentaren sowie die  Einprägung des Korans ins Gedächtnis genutzt, um  sich an dem - die Wahrheit erhellenden -  Licht des Korans zu erfreuen.  Korankenner  sagen, wenn die Menschheit begreift, welche Botschaften der Heilige Koran für das ideale menschliche Leben enthält,  wird sie sich ihm begeistert zuwenden.  Vielleicht werden wir in diesem segensreichen Monat Ramadan,  indem wir uns nach den Versen des Korans richten, einem islamischen Lebensstil, der mit dem Koran konform geht, näher kommen. Das wäre wünschenswert.