Moral – islamisch gesehen (22 - keine Unterdrückung geduldet!)
Was ist noch laut Islam zur Wahrung der Einheit in der Gemeinde zu beachten? Sie erfahren es in diesem Teil.
Liebe Freunde! Wir haben in den bisherigen Teilen öfters auf das Prinzip der Gerechtigkeit in der islamischen Gesellschafts- und Staatsordnung hingewiesen und gesagt, welche bedeutende Rolle die Gerechtigkeit in der Schöpfungsordnung und bei den von Gott aufgestellten Geboten spielt. Unrecht und Ungerechtigkeit bilden genau das Gegenteil zu diesem Grundsatz und wenn sie sich in den Grundfesten der Gesellschaft breitmachen, können sie ihr ernsthaft schaden und ihre Existenz in Gefahr bringen. Aber das politische und soziale System des Islams, welches auf Prinzipien wie Einheit, Friede und Freundschaft, Herstellung der Gerechtigkeit und Liebe zum Mitmenschen basiert, erlaubt keinerlei Unrecht.
Allerdings lassen die Verlockungen von Macht und Reichtum niemals die Opportunisten in Ruhe. Die Verwirklichung der Gerechtigkeit ist ihnen ein Dorn im Auge und daher bekämpfen sie mit den verschiedensten Intrigen und aufgrund heimtückischer Pläne das gerechte Islamische System. Sie tun dies, um durch Unrecht und Diskriminierungen die Gesellschaft aus der Bahn der Gerechtigkeit zu werfen und sich für ihre eigene Person oder ihre Gruppe Vorteile zu verschaffen. Aus genau diesem Grund hat der Islam Mohammads (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) es ernsthaft untersagt, zu solchen Unterdrückern zu tendieren. In der Sure 11 (Hud) mahnt Gott im Vers 113:
"وَلَا تَرْکَنُوا إِلَى الَّذِینَ ظَلَمُوا فَتَمَسَّکُمُ النَّارُ وَمَا لَکُمْ مِنْ دُونِ اللَّهِ مِنْ أَوْلِیَاءَ ثُمَّ لَا تُنْصَرُونَ"
Und nähert euch nicht denen, die Unrecht tun (und nehmt sie euch nicht zur Stütze, denn) sonst berührt euch das (Straf)feuer (für die Anerkennung von Unrecht) ; ihr habt (letztendlich) außer Allah keinen Freund und Schutzherren. Dann (wenn ihr euch den Unrechttuenden nähert) wird euch keine Hilfe zuteilwerden und ihr werdet keinen Helfer finden.
Zweifelsohne würde niemals ein ungerechtes System entstehen, falls die Menschen und Völker sich nicht zur Annäherung an die Unterdrücker durch deren Verlockungen und Drohungen verleiten ließen. Dann könnte kein einziger Unterdrücker ihr Schicksal beherrschen und ihnen seinen Willen aufzwingen.
Man beachte, dass der Koran im letzten Abschnitt des obigen Verses warnt, dass eine Gesellschaft, die sich der Herrschaft von Unrecht Tuenden beugt, nicht nur kein gutes Leben haben wird, sondern selber die bitteren Resultate dieser Einwilligung in Unterdrückung und Unrecht zu spüren bekommt und keiner den Menschen in dieser Gesellschaft helfen wird, wenn sie schließlich das Unrecht der Unterdrücker nicht mehr ertragen können. Sie werden selbst von Gott keine Hilfe erhalten, weil sie ja die gerechte, Gottes Willen entsprechende Ordnung und Gott, der der wahre Fürsorger und Freund der Menschen ist, außer Acht gelassen haben.
Einige oberflächlich denkende Leute hegen die Vorstellung, dass wenn die Unrechttuenden über das Schicksal der Gesellschaft herrschen, nur eine bestimmte Gruppe sich die Strafe einbrocken würde und sie selber verschont und heil blieben. Aber das ist eine Illusion.
Denn im Koran heißt es im Vers 25 der Sure 8 (Anfal):
وَاتَّقُوا فِتْنَةً لَا تُصِیبَنَّ الَّذِینَ ظَلَمُوا مِنْکُمْ خَاصَّةً ۖ وَاعْلَمُوا أَنَّ اللَّهَ شَدِیدُ الْعِقَابِ
Und hütet euch vor einer Versuchung, die nicht nur besonders diejenigen von euch treffen wird, die Unrecht taten, sondern alle (ob nun diejenigen, die den Unterdrückern halfen, oder diejenigen, die gleichgültig blieben und schwiegen). Und wisset, dass Allah streng im Bestrafen (all derer ist, die bei der Entstehung von Unrecht eine Rolle gespielt haben) ist!
Ein sehr wichtiger Punkt im eben angeführten Vers ist die Wahrheit, dass die Unterwerfung unter die Unrechttuenden und ihre Unterstützung nicht nur das Leben der Menschen bitter werden lässt sondern Gott auch nicht verzeiht, wenn jemand gegenüber dem Unrecht gleichgültig bleibt.
Gemäß unveränderlichem Gesetz Gottes geht Er gegen die, die unterdrücken, und jene, die die Unterdrückung akzeptieren, auf die gleiche Weise vor.
Es heißt im Vers 45 der Sure 22 (Hadsch):
"فَکَأَیِّنْ مِنْ قَرْیَةٍ أَهْلَکْنَاهَا وَهِیَ ظَالِمَةٌ فَهِیَ خَاوِیَةٌ عَلَىٰ عُرُوشِهَا وَبِئْرٍ مُعَطَّلَةٍ وَقَصْرٍ مَشِیدٍ
Wie viele Städte (und Orte) , deren Bewohner Unrecht taten, vernichteten Wir, so dass die Dächer ihrer Häuser einstürzten, und wie viele Brunnen wurden (bitter und) verlassen und hochragende Schlösser (der Unterdrücker) wurden zerstört und es blieb keine Spur (von den Inhabern von Macht und Reichtum) erhalten!-
Gemäß diesem Vers sind viele Zivilisationen deshalb zugrunde gegangen, weil sie Unrecht begingen.
Der Islam lehnt Unrecht und Unterdrückung ab. Im Islam gibt es keine Rechtfertigung für die Unterwerfung unter ungerechte gewaltsame Regimes: Entweder müssen sich die Gläubigen gegenüber den Unterdrückern erheben und sie bekämpfen oder sie müssen – falls dies absolut nicht möglich ist - das Gebiet zur Wahrung der Religion verlassen und von außen ihren Kampf fortsetzen, bis den Unterdrückern das Handwerk gelegt wurde. Darüber heißt es im Koran in der Sure 4 (Nisa) im Vers 97:
إِنَّ الَّذِینَ تَوَفَّاهُمُ الْمَلَائِکَةُ ظَالِمِی أَنْفُسِهِمْ قَالُوا فِیمَ کُنْتُمْ ۖ قَالُوا کُنَّا مُسْتَضْعَفِینَ فِی الْأَرْضِ ۚ قَالُوا أَلَمْ تَکُنْ أَرْضُ اللَّهِ وَاسِعَةً فَتُهَاجِرُوا فِیهَا ۚ فَأُولَٰئِکَ مَأْوَاهُمْ جَهَنَّمُ ۖ وَسَاءَتْ مَصِیرًا"
Diejenigen, die die Engel abberufen, während sie sich selbst Unrecht tun (indem sie das Unrecht der Unterdrücker akzeptieren), (zu jenen) sagen sie: „In welcher Lage habt ihr euch befunden?“ Sie sagen: „Wir waren Unterdrückte im Lande.“ Sie (die Engel) sagen: „War Allahs Erde nicht weit, so dass ihr darauf hättet auswandern (und euch aus der Macht der Unterdrücker befreien) können?“ Jene aber, (die weiter die Unterdrücker akzeptierten:) – ihr Zufluchtsort wird die Hölle sein, und (wie) böse ist der Ausgang!
Laut der Anti-Unterdrückungskultur des Islams ist es für alle eine Pflicht, Unterdrücker zu bekämpfen. Diese Verantwortung wächst, wenn irgendwo ein unterdrückerisches System die Menschen unter ihrer Fuchtel dermaßen ungerecht behandelt, dass sie laut um Hilfe rufen. Für einen solchen Fall hat Gott im Koran in der Sure 4 (Nisa) im Vers 75 klargestellt, welche Mission den Mitgliedern der Islamischen Gesellschaft obliegt. Er wendet sich in diesem Vers besonders an diejenigen, die keine richtige Verantwortung gegenüber den Unterdrückten verspürt und spricht:
وَمَا لَکُمْ لَا تُقَاتِلُونَ فِی سَبِیلِ اللَّهِ وَالْمُسْتَضْعَفِینَ مِنَ الرِّجَالِ وَالنِّسَاءِ وَالْوِلْدَانِ الَّذِینَ یَقُولُونَ رَبَّنَا أَخْرِجْنَا مِنْ هَٰذِهِ الْقَرْیَةِ الظَّالِمِ أَهْلُهَا وَاجْعَلْ لَنَا مِنْ لَدُنْکَ وَلِیًّا وَاجْعَلْ لَنَا مِنْ لَدُنْکَ نَصِیرًا
Sure 4(Nisa) 75:
Was ist mit euch, dass ihr nicht auf Allahs Weg, und (zwar) für die Unterdrückten unter den Männern, Frauen und Kindern kämpft, (die unter der Herrschaft der Unterdrücker leiden und) die sagen: „Unser Herr, bringe uns aus dieser Stadt heraus, deren Bewohner ungerecht sind, und schaffe uns von Dir aus einen Schutzherrn, und schaffe uns von Dir aus (zu unserer Rettung) einen Helfer.“
Abschließend gelangen wir insgesamt zu dem Ergebnis, dass die Islamische Gesellschaft dann ihre Einheit und ihren Zusammenhalt wahren kann, wenn die Hoffnung auf Herstellung von Gerechtigkeit besteht. Sie muss außerdem stark sein und in ihr muss eine Atmosphäre herrschen, die angefüllt ist mit Menschenliebe. Ihre politische und soziale Ordnung darf außerdem keine Spur von Unrecht und Unterdrückung aufweisen.