Aug 09, 2022 04:04 CET

Dies ist nun der dritte Teil über Nasser Chosrau, den berühmten Dichter und Weisen Irans, der im 11. Jahrhundert  nach Christus, 5. Jahrhunderts nach islamischer Zeitrechnung, im damaligen Groß-Iran gelebt hat.

Sie erinnern sich: Nasser Chosrau diente erst als Amtsträger am seldschukischen Herrscherhof, erfuhr jedoch mit  43  aufgrund eines Traumes einen inneren Wandel. Er begab sich nach Mekka und kehrte nach 7 Jahren als ein anderer Mensch und Anhänger des ismailitischen Islams zurück. Den Herrscherhof verließ er und begann ein frommes Leben. Weil er für die isamelitische Lehre warb, bekam er viele Feinde. Schließlich brachte er sich im Yomgan-Tal bei Badachschan (Afghanistan) in Sicherheit . Die meisten seiner Werke entstanden innerhalb der 15 Jahre, die er in dieser einsamen Gebirgsgegend verbrachte.

Der Safarnameh von Nasser Chosrau gehört zu den bedeutendsten Werken des fünften Jahrhunderts nach der Hidschra. Es stammte aus der Feder eines Autors, der in dieser Zeit gelebt hat. Allerdings  ist dabei im Auge zu behalten, dass der Philosoph Nasser Chosrau auch nicht immer problemlos in seinem Werke über die Realität berichten konnte, zum Beispiel über die miserablen Zustände in der Gesellschaft und der Denkweise unter den Seldschuken.  Daher begegnen wir in seinem Safarnameh nur manchmal und auch nur in Form von Andeutungen Hinweisen auf diese Verhältnisse und sehen, dass er das Thema schnell wieder beiseite lässt.

Es ist schon in sich ein Zeichen für die damaligen  Missstände, dass Nasser Chosrau nicht gewillt ist, die Stadt Marw, Ausgangspunkt seiner Reise, näher zu beschreiben, sondern schnell über dieses Thema hinweggeht.  Unterdessen hat sich Nasser Chosrau, als er  das Gebiet Dailam an der südlichen Küste des Kaspischen Meeres erreicht hatte, anerkennend   über den dortigen Befehlshaber geäußert, der ein Anhänger von Imam Ali war, und dies zeigt, dass er  die Herrschaft solcher Muslime befürwortet.

Ähnliche Hinweise finden wir auch, geschickt formuliert,  in seinen Beschreibungen von Ägypten.

                         

Was die geografischen Informationen des Safarnamehs von Nasser Chosrau betrifft, so lässt sich behaupten, dass seine Beschreibungen der verschiedenen Ort und Städte, die er persönlich gesehen hat, von einmaligem Wert im Vergleich zu den anderen Büchern aus dieser Epoche  sind. Anhand seiner genauen Beschreibungen von Städten, die vor tausend Jahren errichtet wurden und von Orten und Gegenden, die er besucht hat, lässt sich ihr damaliges Aussehen vollständig rekonstruieren.  Dies gilt besonders für Kairo und Lahsa (Al Hasa)  und die heiligen Stätten Zamzam und Safa und Marwa in Mekka und die Stadt Mekka selber ebenso wie für Bait-ul Moqqadas (Jerusalem).

Als Erstes beschrieb Nasser Chosrau die geografischen Verhältnisse jeder Stadt oder jedes Gebietes, in welchem er neu eingetroffen war. Er schilderte das Klima, die Berge und die Ebenen, die Flüsse und die Quellen.  Dann nannte er die Entfernungen der Städte und Dörfer voneinander  und dann beschrieb er die Bauwerke, wie Wachtürme und Stadtmauern und Stadttore und die Moscheen und Ruhestätten von Persönlichkeiten und  die Bazare. Außerdem sprach er in seinem Safarnameh darüber, ob es in einer Gegend ertragreiche Ackerböden gab und was wie angebaut wurde,  oder ob Hungersnot herrschte . Er verwies auch auf Naturkatastrophen wie Erdbeben in einigen Gebieten.

                               

Nasser Chosrau begann den Bericht über seine 7-jährige Reise am 6. Dschumada al Uchra 437 nach der Hidschra in Marw und brachte ihn 444 im gleichen Monat zu Ende, als er nach Balch zurückkehrt war.  Diese circa 18 Tausend Kilometer lange Reise verhalf ihm zu geistiger Weiterentwicklung und bescherte uns seine wertvollen Notizen über seine täglichen Erlebnisse.   Seine Aufzeichnungen sind sehr klar und genau, ohne Übertreibung und Verschnörkelungen. Er stellte aus ihnen nach seiner Rückkehr ein Buch zusammen.  Mit Hilfe diese Reiseberichtes können wir mit der Islamischen Welt in der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts nach der Hidschra (11. Jahrhundert nach Christus) vertraut werden.  Wir erfahren über die Bräuche und Kultur der Völker und die Blütezeit islamischer Städte jener Tage, durch die Nasser Chosrau gereist ist.  In einem Teil dieser Gebiete herrschten die Seldschuken und andere Teile waren in der Hand von lokalen Herrschern . Er hat sowohl über die Kultivierung als auch über Verheerung  berichtet und einerseits überall, wo Sicherheit und Frieden herrschte, dies gelobt. Auf der anderen Seite beklagte er sich auch über unsichere Wege in dem iranischen Gebiet Fars und die Angriffe von Arabern auf der Strecke zwischen Mekka und Medina.

Nasser Chosrau malt anschaulich aus, was er gesehen und gehört hat. So liefert jeder Abschnitt in seinem Safarnameh , wo er einen geografischen Ort beschreibt, ein vollständiges Bild.  Ein Beispiel kann die Beschreibung der iranischen Stadt Isfahan in seinem Reisebericht sein. Dort heißt es:

 

„Diese Stadt liegt in der Ebene und hat ein angenehmes Klima  und überall wo sie für einen Brunnen 10 Gaz (ungefähr 8-9 Meter) tief graben, sprudelt kühles gutes Wasser hervor. Die Stadt hat eine Schutzmauer und  sie haben in ihr Tore angelegt auf ihr Festungstürme und Zinnen gebaut.  Die Stadt wird von Bächen durchflossen und hat schöne hohe Bauten und in der Mitte der Stadt steht eine schöne große Freitagsmoschee.   Und es hieß, dass die Stadtmauer dreieinhalb Farsang (fast 20 Kilometer ) lang ist.  Und in der Stadt ist alles in gutem Zustand und ich habe nirgendwo Ruinen gesehen. Und es gibt zahlreiche Bazare und ich habe einen Bazar für Münzhändler mit 200 Münzhändlern gesehen und jeder Bazar hat ein Tor zum Abschließen und ebenso haben alle Viertel und Gassen feste Pforten  und es gab saubere Karawansereien. Es gab eine Straße, die sie Kutaraz  nannten  und in dieser Straße gab es schöne Karawansereien und in jeder Karawanserei gab es viele Makler und Ladeninhaber. Und die Karawane, in der wir uns befanden führte eine Last von eintausend und  300 Charwaar   mit sich  (gleich 390 Tonnen) , aber als wir in diese Stadt einzogen, kam kein Kontrolleur, um zu überprüfen  wie sie unterkommt  und es gab nirgendwo Schwierigkeiten.“

Dank der  Aufzeichnungen von Nasser Chosrau  lässt sich leicht über viele Dinge in der damaligen Zeit erfahren: über die Lage der Landwirtschaft, die Art der Agrarprodukte, die Bewässerungsmethode, das Handwerk, die Persönlichkeiten und Gelehrten, die Festungen, die Verwaltungsmethoden in den Städten, die Handelsbeziehungen, den Glauben und die Überzeugungen der Bevölkerung, wichtige historische Ereignisse und viele Merkmale der muslimischen Bevölkerung und der muslimischen Gebiete.

               

Mit Hilfe des Safarnamehs von Naser Chosrau können Forscher wertvolle Informationen  über verschiedene Bereiche sammeln; darunter über die Möglichkeiten, die es im fünften Jahrhundert nach der Hidschra in den Städten und Ländern mit muslimischer Bevölkerung gab. Zum Beispiel schreibt Nasser Chosrau über den Münzhandel und das  Bankwesen in der irakischen Stadt Basra und berichtet, dass jedes Handelsgeschäft über die Münzhändler verlief . Diese waren eine Art Bankier. Wenn jemand etwas kaufen wollte wurde es über einen dieser Bankier bezahlt  und er quittierte es schriftlich. 

 

Überall wo Nasser Chosrau hinkam, gab es Qanaat (unterirdische Wasserkanäle),  Aab Anbaar (Wasserspeicher) und Dulab (Rad, an dem ein Behälter zum Wasserschöpfen aus dem Brunnen aufgehängt wird).

Über  Ägypten schreibt er: „Wenn man von weitem die ägyptische Stadt erblickt, denkt man, dass dort ein Berg steht. Es gibt dort  Häuser mit 14 Stockwerken und Häuser mit sieben Stockwerken übereinander. Ich habe gehört, dass jemand im siebten Stockwerk auf dem Dach einen Garten angelegt und ein Kalb dort hingebracht und großgezogen hat.“ Dann habe, so schreibt Nasser Chosrau weiter,  die Kuh ihm dort auf dem Dach dazu gedient, Wasser mit Hilfe des Dulab zu schöpfen und hochzuholen, und er habe auf dem Dach Apfelsinen und Zitronenbäume und Bananen und andere Obstbäume und alle möglichen Blumen angepflanzt. Die Obstbäume hätten alle Früchte getragen.

                  

Es gibt zwei handschriftliche Exemplare von dem Safarnameh des Nasser Chosrau. Sie werden beide in Frankreich aufbewahrt.

Der französische Orientalist Charles Schefer hat den Safarnameh 1881 ins Französische übersetzt und veröffentlicht und danach wurde dieses Buch in Indien lithografisch vervielfältigt. Das dritte Mal wurde der Reisebericht zusammen mit dem Divan (dem Gedichtband) von Nasser Chosrau in Teheran und auf Initiative des Zain-ul Abidin Al Scharif Al Safawi mit dem Steindruckverfahren aufgelegt und auf den Büchermarkt gebracht, d.h. im Jahre 1312 nach der Hidschra , um 1895 nach Christus.  Auf Initiative des Iraners  Ghanizadeh ging das Buch  zusammen mit den Gedichtbänden Roschanainameh und Saadatnameh  1923 in Berlin in den Druck. Die bekannteste Druckausgabe des Safarnamehs  ist die, welche der Iraner Dr. Mohammad Dabirsiaqi im Jahre 1956 herausgegeben hat (1335 nach dem iranischen Sonnenkalender).

                    

Im kommenden Teil dieser Sendereihe über historische iranische Persönlichkeiten werden Sie, liebe Hörerfreunde, noch mehr über Nasser Chosrau erfahren.   

 

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