Aug 16, 2022 05:27 CET
  • Moral – islamisch gesehen (40-   Wirtschaftsethik- 2)

Wir haben bereits kurz  dargelegt, welchen Einfluss das Prinzip der Zentralität Gottes auf die islamische Wirtschaftsordnung nimmt und angedeutet, dass die Planung und die Strategien der islamischen Wirtschaft  ebenso vom Prinzip des Jenseitsglaubens geprägt wird.

 

 

Der Islam spornt einerseits die menschliche Gesellschaft zu Anstrengungen in allen Bereichen der Wirtschaft an. Er fordert sie auf, diesbezüglich nichts zu versäumen und nach wirtschaftlicher Unabhängigkeit zu streben. Andererseits erwartet er von den Menschen, dass sie neben der Erinnerung an Gott auch den Jüngsten Tag im Auge behalten. Sie sollen sich bewusst werden, dass sie ganz bestimmt vor dem Gericht Gottes für die Art und Weise, wie sie an Vermögen gelangt sind und wofür und mit welcher Absicht sie ihr Vermögen verwendet haben, Rede und Antwort stehen müssen. Dieses Bewusstsein veranlasst denjenigen, für den Gott immer im Mittelpunkt steht und der an das Jenseits glaubt, dazu, Maß zu halten und  auf eine Weise in der Wirtschaft vorzugehen , dass er auch in der jenseitigen Welt keinen Schaden nimmt.    

 

Imam Hasan (F) hat gesagt:

Strenge dich für dein Diesseits auf eine Weise an, als ob du immer leben würdest, und für dein Jenseits, sei derart, als ob du morgen sterben wirst. (Wasail, Bd. 2, S. 535).

Der Koran nennt die Muslime generell ein Volk, das den Weg der Mitte geht. Im Vers 143 der Sure 2 (Baqara) heißt es:

"وَکَذَٰلِکَ جَعَلْنَاکُمْ أُمَّةً وَسَطًا لِتَکُونُوا شُهَدَاءَ عَلَى النَّاسِ وَیَکُونَ الرَّسُولُ عَلَیْکُمْ شَهِیدًا..."

Und so haben Wir euch zu einer Gemeinschaft der Mitte gemacht, damir ihr Zeugen über die Menschen seid und damit der Gesandte über euch Zeuge sei (und euch als Vorbild diene, so dass ihr nicht den Weg der Mitte verlasst)

 

Der Prophet des Islams (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) hat - inspiriert von der göttlichen Offenbarung - den Weg der Harmonie und Ausgeglichenheit gewählt, der zwischen dem Hang zum Weltlichen  und dem Verlangen nach dem Jenseits verläuft. 

Einerseits hat er die Gemeinde angeregt produktiv zu sein, materielle Möglichkeiten einzusetzen und im Handel und der Landwirtschaft tätig zu werden, und andererseits  hat er die Grundlagen für den Glauben an die Zentralität Gottes und an das Jenseits gestärkt und auf diese Weise hohe moralische und menschliche Werte und das Streben nach Geistigkeit und Religiösität wiederbelebt. Der  Prophet des Islams (S) hat jegliche Abweichung von dem harmonischen Weg der Mitte getadelt.

                      

Einige der Helfer des Propheten hatten sich – um ihre Seele zu läutern und ihren Charakter zu veredeln,  von ihrer Familie getrennt,  tagsüber gefastet und die Nächte durchwacht. Umm Salama, die Gemahlin des Propheten, erfuhr davon und berichtete es dem Propheten. Da ging der Prophet zu diesen Leuten und sagte:

 „Ihr habt euch von eurer Familie und euren Frauen abgewandt?! Ich, als euer Prophet, verhalte mich nicht auf diese Weise! Ich lasse nicht davon ab, mich anzustrengen. Am Tag geh ich unter die Menschen und wie die anderen nehme ich Nahrung zu mir  und ruhe mich aus. Wer nicht meiner Sunna - meiner Vorgehensweise -  folgt, der  gehört nicht zu mir.“

(Wasail 5/2) 

 

Im Gegensatz zu der Gruppe von Leuten, die sich für die Abgeschiedenheit entschieden hatten und welche der Prophet tadelte, gab es noch eine andere Gruppe von Leuten, die genau im Gegenteil dazu handelten. Sie waren dermaßen mit den materiellen Seiten des Lebens beschäftigt, dass Gott zu seinem Propheten in den Versen 103 bis 105 der Sure 18 (Kahf) spricht:

 

"قُلْ هَلْ نُنَبِّئُکُمْ بِالْأَخْسَرِینَ أَعْمَالًا(103)الَّذِینَ ضَلَّ سَعْیُهُمْ فِی الْحَیَاةِ الدُّنْیَا وَهُمْ یَحْسَبُونَ أَنَّهُمْ یُحْسِنُونَ صُنْعًا(104)أُولَٰئِکَ الَّذِینَ کَفَرُوا بِآیَاتِ رَبِّهِمْ وَلِقَائِهِ فَحَبِطَتْ أَعْمَالُهُمْ فَلَا نُقِیمُ لَهُمْ یَوْمَ الْقِیَامَةِ وَزْنًا"

 

 

Sag: Sollen Wir euch Kunde geben von denjenigen, die an ihren Werken am meisten verlieren,

deren Bemühen im (Auf und Ab des ) diesseitigen Leben fehlgeht, während sie meinen, dass sie (auf diese Art) gut handeln würden?

Das sind diejenigen, die die Zeichen ihres Herrn und die Begegnung mit Ihm leugnen. So werden ihre Werke (im flüchtigen Diesseits letztendlich)  hinfällig, und so werden Wir ihnen am Tag der Auferstehung kein Gewicht beimessen.

                     

Insgesamt gesehen kommen wir zu dem Schluss, dass im Rahmen der Kultur der islamischen Wirtschaftsethik immer der angemessene Weg der Mitte zu gehen ist. Das bedeutet einerseits, dass wir weder auf wirtschaftliche Aktivitäten verzichten und uns dadurch selber ein würdiges Leben verwehren, und andererseits, dass wir nicht - weil wir die Welt nach dem  Tod vergessen haben - dermaßen  dem flüchtigen Glanz des Diesseits verfallen, so ob es das Jenseits  gar nicht gäbe.

Unser edles religiöses Vorbild, der geehrte Prophet des Islams (S) , hat, um zu verhindern dass wir den harmonischen Weg der Mitte verlassen, gesagt:

“Wer unter dem Vorwand der Religiosität die Augen gegenüber (den Gaben  in) seinem diesseitigen Leben schließt oder seine Religion wegen (der flüchtigen Vorteile) dieser Welt beiseitelässt, gehört nicht zu uns.”(Tuhaf-ul Uqul)

                      

Aus der Sicht der unversehrten Lehre des Propheten (S) müssen die Gläubigen neben Bemühungen um den Unterhalt und die Wirtschaft  auch Anstrengungen unternehmen, um für das ewige kommende Leben vorzusorgen, so dass wir sowohl unser Diesseits gut  gestalten als auch auf ein fruchtbares Jenseits hoffen können. Der Prophet würdigt solche Gläubigen mit folgenden Worten:

Von allen Leuten ist derjenige am ehrsamsten und höher einzustufen, der gläubig ist und sich für sein Diesseits und sein Jenseits anstrengt.

Wenn wir – ausgehend von dieser Sichtweise - den Prinzipien der islamischen Wirtschaftsethik treu bleiben, können wir aus der irdischen Welt den besten Nutzen zugunsten unseres Jenseits ziehen. 

Imam Ali (F) hat zu einem Mann, der sich über das Diesseits beklagte, (laut Weisheit 131, Nahdsch-ul Blagha) gesagt:

Das Diesseits ist die Stätte der Niederwerfung für die, die Gott lieben…. Es ist der Marktplatz für die Allah Nahestehenden (auliya). Sie erwerben darin die Barmherzigkeit und gewinnen darin das Paradies.“

           

                                                    

Wenn wir alles nach Gott ausrichten und an  das Jenseits glauben, so können wir also sowohl die Annehmlichkeiten des Lebens genießen als auch in dem Leben nach dem Tod  an den Genuss von unvergänglichen Freuden und auf hohe spirituelle Stufen gelangen. 

 

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