In Iran gerühmt, in der Welt berühmt (49 – Rumi)
Liebe Freunde! In mehreren Folgen unserer Sendereihe wollen wir über den iranischen Dichter Rumi sprechen.Der Name Rumi ist weltbekannt. Aber eigentlich heißt dieser Dichter Maulana Dschalal ad-din Mohammad Maulawi, und im Iran wird er Maulana, was „unser Meister bedeutet“ oder Maulawi genannt.
Maulawi gilt als Wunder der Farsi-Dichtung. Er ist weltberühmt und seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt und haben zahlreiche Denker beeinflusst. Er wurde Anfang des 7. Jahrhundert nach der Hidschra, d.h. Anfang des 13. Jahrhundert nach Christus im damaligen iranischen Großraum geboren.
Der französische Dozent für Iranistik Henri Massé sagte, als er pensioniert wurde, auf seiner Abschiedsrede in der Sorbonne: „Ich habe mein Leben der Farsi-Literatur gewidmet. Um Ihnen, den Professoren und internationalen Denkern, erklären zu können, was wunderbare Literatur ist, komme ich nicht umhin, Vergleiche zu ziehen und zu sagen, dass die Farsi-Literatur sich auf vier Eckpfeiler stützt: Firdausi, Saadi, Hafiz und Maulawi. Firdausi kann sich mit dem Griechen Homer messen. Er kommt über ihn zu stehen. Saadi erinnert an den Philosophen Anatole France, Hafiz lässt sich mit dem Deutschen Goethe vergleichen, der von sich sagt, dass er ein Schüler des Hafiz sei, welcher von dem Windhauch lebt, der aus dessen Welt zu ihm herüberwehte. Aber für Maulana habe ich auf der Welt keine Persönlichkeit mehr gefunden, mit der er sich vergleichen ließe. Er ist einzigartig und wird es bleiben. Er ist nicht nur ein Dichter, sondern vielmehr ein Soziologe, insbesondere ein perfekter Psychologe, der genau das Wesen des Menschen und Gott kennt. Wisset ihn zu schätzen und lernt durch ihn euch selbst und Gott kennen.“
Der bekannte Mystiker und Dichter Dschalal ad-din Mohammad Balchi – im Iran bekannt als Maulawi und im Westen bekannt als Rumi - ist nach Ansicht einiger Forscher am 30. Dezember 1207 nach Christus – nach islamischer Zeitrechnung am ersten Rabi-ulAwwal des Jahres 604 nach der Hidschra- in Balch auf die Welt gekommen. Er war der Sohn des angesehenen Theologen Baha ad dinWalad. Bah ad Din Wald war ein bekannter Mystiker und Mutakallim – ein Gelehrter also, der mit logischen Argumenten die Glaubenslehre verteidigte. Zuhause war immer von Gott die Rede. Maulawi fühlte sich schon als Kind von dieser gnostischen Atmosphäre angezogen. Ein Schüler und Anhänger seines Vaters namens Burhan addinTermedhi, der auch als Mystiker und als Geistlicher bekannt war, unterrichte Maulawi schon als Kind. Gemäß Forschungsergebnissen hat dieser Lehrer Maulawi auch noch in Konya wissenschaftlich zur Seite gestanden.
In den Kindheitstagen von Rumi waren Chorasan und Transoxanien in der Hand von Sultan Muhammad Choresmschah. Er herrschte von Balch bis Samarkhand und von Choresm bis Neyschabur. Balch, welchesheute in Afghanistan liegt, war damals eine der vier großen und bedeutenden Städte von Chorasan. Neben Merw und Herat und Neyschabur galt es als wichtiges islamisches Wissenschaftszentrum und es gab in Balch soviele Moscheen und Madresseh (Theologieschulen) und Gelehrte und Geistliche, dass es Qubbehul Islam (die Kuppel des Islams) genannt wurde. Doch die Stadt geriet in eine Krise als die Rede von dem drohenden Angriff der Mongolen laut wurde.
Damals, als die Bedrohung der Mongolen für Zentralasien immer ernster wurde, war Maulawi gerade 13 Jahre alt. Als Charesmschah einige mongolische Händler töten ließ,rücktedie Gefahr rasch näher. Bevor die Mongolen in Balch einfielen, fasste der Vater von Maulawi den Entschluss, die Stadt zu verlassen und die Hadschreise anzutreten. Sein Weg führte ihn über Bagdad. Laut Biografen begleiteten ihn auch einige seiner Anhänger.
Unterwegs hielt sich die Familie kurz in Neyschabur (nahe der heutigen Stadt Maschhad) auf. Dort nahm der Vater von Maulawi seinen Jungen mit zu dem bekannten Dichter und Mystiker jener Zeit, Scheich Farid ad din Attar- . Dieser bemerkte die erstaunliche Begabung des Jungen und schenkte ihm ein Exemplar seines Werkes Asrarnameh.
Auf der relativ langen Reise von Balch über Neyschabar und Baghdad nach Damaskus und nach Mekka und Medina auf der arabischen Halbinsel bot sich nicht so oft die Gelegenheit zum Wissenserwerb in einer theologischen Lehrstätte und so lernte Maulawi bei seinem Vater und seinen Schülern und studierte die Prosa und die Poesie der großen Literaten der Persischen und Arabischen Sprache. Teilweise besuchte er auch in großen Städten wie Halab (Allepo) und Bagdad, wenn er sich dort mit seiner Familie aufhielt, eine Theologische Lehrstätte.
Die FamilieMaulawis traf schließlich - nach der Pilgerreise nach Mekka und der Weiterreise –– 617 nach der Hidschra – in Zentralanatolien ein. In Anatolien herrschten damals die Rumi-Seldschuken. Daher wird Maulawi auch im Westen Rumi genannt. Eine Weile blieb seine Familie in dem Ort Laranda, heute Karaman, und dann ließ sie sich in Konya nieder. In dieser Region sprach die Bevölkerung Neupersisch – Farsi –und so fanden die Ansprachen und Lehrstunden von Baha ad dinWalad – dem Vater von Maulawi - sehr guten Anklang. Maulawi selber erweiterte seine Kenntnisse über die islamische Rechtswissenschaft, den Koran und seine Auslegung, die Geschichte der Propheten und die Lyrik in Farsi und Arabisch. Auf Ansporn seines Vaters und seiner Anhänger gab er selber Unterricht und wurde nach dem Tod von Baha ad dinWalad im Jahre 628 nach der Hidschra( 1231 nach Christus) zu dessen Nachfolger bestimmt. Er hatte viele Schüler und Anhänger, die aus allen Bevölkerungsschichten kamen. Zu dem Zeitpunkt war er nur 24 Jahre alt. Neben seinen Ansprachen befasste er sich weiter mit den Wissenschaften, die damals üblich waren. Gleichzeitig hat Maulawi- unterstützt von seinem Kindheitslehrer Seyed Burhan ad dinTermedhi , der zu einem großen Gelehrten aufgestiegen war, in Geisteswissenschaften studiert. Zu diesem Zweck reiste er nach Damaskus und nach Bagdad um dort die Seminare von Lehrmeistern der Literatur, Linguistik, Koranauslegung, Überlieferung, Religionsrecht und Kalaam– der Wissenschaft von der logischen Begründung der Religion - zu besuchen.
Sieben Jahre lange widmete sich der junge Maulana seinen Studien bis er sich zu einem Religionsgelehrten und zugleich einem gottgläubigen Mystiker entwickelt hatte. Seine Lehrgänge und Ansprachen waren von denen der anderen Gelehrten verschieden, denn er bereicherte sie mit Erzählungen und seinem dichterischen Talent. Dr. Abdul Husain Zarinkub, ein zeitgenössischer iranischerLiteraturforscher hat in seinem Buch „PelehpelehtaMalaqatChoda“ – Stufe um Stufe bis zur Begegnung mit Gott – das Leben von Dschalal ad din Mohammad Maulawi beschrieben. Er sagt, dass Maulawi (Rumi) mit seinen Ansprachen seine Zuhörer in den Bann, denn er bereicherte sie mit seinen Kenntnissen über verschiedene Wissenschaften. Seine Ansprachen waren faszierend, weil er ausgezeichnet im Koran und der Überlieferung bewandert war und eine große Begeisterung bei Erzählungen, Gedichten und Beispielen an den Tag legte. Auch waren die Antworten, die er auf offene Fragen gab, voller feinsinniger Gedanken. Von seinen Sitzungen sind Manuskripte erhalten geblieben. Das Buch Madschalise Sabah (Sieben Ansprachen) welches Lehrstunden von ihm an seiner eigenen und an anderen theologischen Schulen in der Stadt umfasst, zeigt, dass auch seine Ausführungen für die Theologiestudenten von besonderer Anziehungskraft waren. Dr. Zarinkub schreibt:
„Wenn Maulawi (Rumi) sich zu einer Madressah begab, folgten ihm zahleiche Wissensbegierige... und begleiteten ihn den ganzen Weg dort hin ... In seinen Predigtsitzungen waren alle Bevölkerungsschichten vertreten. Zum Beispiel saß neben einem Jüngling wie Hisamad dinTschalapi auch ein begeisterter Greis wie Salah ad dinZarkubKonyai, der keine höhere Ausbildung erfahren hatte.“
Mehr aus dem Leben und Wirken von Maulawi (Rumi) werden Sie, liebe Hörerfreunde, in der nächsten Folge erfahren.