Jun 17, 2016 11:18 CET

Wir haben über die Welt zwischen Tod und Jenseits -  die Welt des Grabes oder Barzach gesprochen und gesagt , dass der Mensch beim Tod den Sinn und die  Wahrheit des diesseitigen Lebens erkennt. Er erlebt die Manifestation seines Denkens und seiner Ansichten und ebenso seiner Handlungen.

 

 Wenn er im Leben grob und aggressiv war, dann wird diese schlechte Eigenschaft in der Zwischenwelt – dem Barzach – in einer besonderen Form in Erscheinung treten. Moralische Tugenden werden ebenso Gestalt annehmen.  Wenn jemand im Leben ein freundlicher Mensch war, wird diese gute Eigenschaft im Barzach in schöner Gestalt zu sehen sein. 

Über die Gestalt der Handlungen des Menschen im Barzach möchten wir diesmal mehr sagen.

Jede Tat im diesseitigen Leben, ob gut oder schlecht, geht auf eine Serie von Glaubens- und Denkwerten, Absichten, Zielen, Entscheidungen und den  Willen zurück.  Wer genauer über sein Handeln  nachdenkt, wird feststellen, dass er nichts tut, ohne dass ein Gedanke, eine Absicht oder ein Willen vorausgeht.

Wenn sich jemand bei einer Arbeit für einen Augenblick hinsetzt um auszuruhen, tut er dies aufgrund eines körperlichen Bedürfnisses und Dranges,  aufgrund seiner Entscheidung und zur Erreichung eines Ergebnisses.  Keine Handlung ist nur rein äußerlich, sondern bei genauerem Hinsehen kommt vielmehr jede Tat aus dem Innern heraus und ist in Wahrheit ein absolut innerer Schritt.

 Nehmen wir an, jemand leidet unter Durst und er empfindet Verlangen nach Stillen des Durstes und die dadurch erreichbare innere Ruhe.  Dieses  Verlangen ist eine innere Angelegenheit.

Seine äußere Handlung besteht nun darin, dass er zum  Wasser geht und davon trinkt. Aber diese äußere Handlung geht von dem inneren  Streben nach Stillung des Durstes aus.  Nach außen hin strebt der Mensch nach Wasser. Aber in Wahrheit strebt er innerlich nach der Befreiung  von dem, was ihn leiden lässt.  Sobald dann sein Durst gestillt ist, verliert das Wasser wieder völlig den vorherigen Stellenwert.  

Alle anderen Handlungen des Menschen verlaufen auf diese Weise, d.h. alles was in Form einer äußeren Handlung erfolgt, gilt im Grunde der Erreichung einer inneren Zufriedenheit, der Stillung eines inneren Bedürfnisses oder Herstellung eines Genusses.  Jemand für den der Besitz  einer hohen gesellschaftlichen Position und Macht   das große Glück und deren Nicht-Besitz großes Missgeschick bedeutet, strebt bei allen seinen Handlungen zur Erreichung seines Ideals  in Wirklichkeit nach der Stillung seines inneren Verlangens  nach dieser Position und der Erreichung von Zufriedenheit und Genuss durch sie.

Das tägliche  Ritualgebet ist eine Handlung. Es besitzt auch  eine spezifische  innere  Gestalt. Diese ist spiritueller Art und bleibt  nach außen hin verborgen. Dem religiösen Fasten entspricht gleichfalls wie bei jeder anderen gottesdienstlichen Handlung  eine besondere innere sinnbildliche Manifestation.

Beim Fasten für Gott lässt der gläubige Mensch die erlaubten Wünsche seines Ichs  unbeachtet, wie Essen und Trinken, und gibt auf diese Weise Gott seine Liebe und Dienstfertigkeit kund. Beim täglichen Gebetsdienst äußert er diese Dienstfertigkeit auf eine andere Weise, ebenso wie beim Hadsch und den anderen religiösen Werken. Bei jeder von  diesen gottesdienstlichen Handlungen möchte er auf eine besondere Weise das innere Bedürfnis  nach Nähe zu Gott stillen.

Im Barzach kommen die verborgenen inneren Manifestationen dieser Werke in einer Form zum Vorschein, wie sie den Bedingungen dieses Zwischenreichs entsprechen.  Aus  der Biografie und den Worten  des Propheten (Segen sei auf ihm und seinem Hause) und der  Makellosen Imame (gegrüßt seien sie) geht deutlich hervor, dass die  Handlungen des Menschen  verkörpert werden.

Imam Ali (a)   hat gesagt: „Beim Betreten des Barzach erscheinen dem Menschen Verkörperungen seines  Besitzes und seiner  Kinder und Handlungen. Zu seinem Besitz sagt er: `Bei Gott! Im Leben habe ich nach dir begehrt und war geizig. Was hältst  du nun für mich bereit?` Und der Besitz antwortete: `Nimm dir von mir dein Leichentuch!`

Dann wendet sich der Verstorbene seinen Kindern zu und sagt: `Bei Gott, ich habe euch geliebt und euch unterstützt. Was nützt ihr mir jetzt?` Sie  antworten: `Wir bringen dich ans Grab und setzen dich dort bei.`

Dann wendet er sich seinem  Handeln zu und sagt: `Bei Gott ! Ich habe mich wegen dir angestrengt und Mühe gemacht. Du warst schwierig für mich! Was bekomme ich jetzt von dir?`

Sein Handeln  antwortet ihm: `Ich bin bei dir im Grab  und werde auch am Jüngsten Tag bei dir sein, damit wir beide vor den Herrn gebracht werden.`

Wenn nun der Verstorbene ein Freund Gottes und Sein  rechtschaffener Diener ist,  dann erscheint jemand bei ihm, der Wohlgeruch verströmt, mit einem wunderschönen Gesicht und von schöner Gestalt.  Er  sagt zu ihm: `Frohe Kunde sei dir, o Seele, und schöner Duft und Gottes Barmherzigkeit und das Paradies mit seinen Segnungen. Wenn du kommst bis du willkommen!` Da fragt ihn der Verstorbene: `Wer bist du?` Und er antwortet: `Ich bin dein rechtschaffenes Tun ….!`

Wenn nun aber der Verstorbene ein Feind Gottes ist, taucht bei ihm ein Wesen auf, das mit seinem Äußeren, seiner Kleidung und seinem Geruch, die übelste und schlimmste aller Kreaturen ist. Der Verstorbene fragt: `Wer bist du?` Und das Wesen antwortet: `Ich bin dein Handeln. Dir seien die heißen Gewässer und das Feuer der Hölle verheißen.`“ (aus dem Buch Amali, von Scheich Saduq).  

In der Zwischenwelt Barzach tritt also das Barzach-Gesicht der Handlungen in Erscheinung. Jedem  erscheinen seine Taten in einer Form, die dem Barzach angepasst ist.  Die  gottesdienstlichen Handlungen und guten Werke treten im Barzach in bezaubernder Gestalt auf und sind von Wohlgeruch begleitet, während im Gegensatz dazu die schlechten Taten wie Frevel und Unrecht   eine abstoßende sinnbildliche Gestalt haben und üblen ekelerregenden Geruch verbreiten. 

                               

Ein gutes gottesdienstliches  Werk besteht zum Beispiel darin einen Gläubigen fröhlich zu stimmen.  Ein solches Werk wird im Koran und der Überlieferung hervorgehoben und es wird davor gemahnt gleichgültig zu sein. Einen Gläubigen fröhlich zu stimmen, beinhaltet unter anderem, ihm bei Problemen zu helfen, oder ihn vor einer Gefahr oder einer Misshandlung, Erniedrigung, Beleidigung und Repressalien zu befreien. Schon ein höfliches Verhalten kann einem anderen eine Freude bereiten.  Wenn jemand auf der Suche nach Gottes Zufriedenheit, jemanden fröhlich stimmt, der traurig ist, dann wird diese Handlung in der Zwischenwelt in sinnbildlicher Gestalt zu ihm kommen.

Imam Sadiq  (gegrüßet sei er) sagt: „ Wer das Herz eines Gläubigen erfreut, für den erschafft Gott der Höchsterhabene von dieser Freude, die er diesem Herz bereitete, ein besonderes Geschöpf und dieses Geschöpf kommt beim Tod zu ihm und sagt: `O Freund Gottes! Frohe Kunde sei dir:  großzügiger Segen seitens Gottes und Sein Wohlwollen!` und dann betritt es zusammen mit ihm das Grab …. Der Verstorbene fragt ihn: `Wer bist du?` Und er antwortet: `Ich bin die Freude, die du dem Herzen des Soundso  bereitet hast.`“ (Usul-e Kafi, Bd. 3 ).

Beim Betreten der Zwischenwelt Barzach  wird das Innere des Menschen mit allen seinen Details offensichtlich.  Jede seelische Besonderheit des Menschen ist zu sehen und nimmt Gestalt an.  Wir finden  viele Einzelheiten darüber  in den Überlieferungen  zum Thema Barzach. Zum Beispiel stammt folgende Überlieferung vom Propheten: „ Jemand der im Grab vor den schädlichen Kreaturen der Erde, welche seine Ruhe stören, geschützt bleiben will, der muss oft in der Moschee sein.“

Wenn der Mensch die Wahrheit erkennt, dass die Aspekte des Barzachs alle auf die inneren Eigenschaften des Menschen zurückgehen, dann wird ihm klar, dass das obige Prophetenwort sich auf die seelischen Eigenschaften dessen bezieht, der aufrichtig den Moscheenbesuch pflegt.  Denn in Wahrheit geht  derjenige öfter in die Moschee, der sich innerlich von Gott angezogen fühlt.  Dieses Sich-Hingezogen-Fühlen zu Gott, wird keine verführerischen Gedanken über die stoffliche Welt mehr in die  Seele eindringen lassen. Der  häufige Moscheenbesuch hat–wie wir an dem  obigen Hadith sehen -  auch in der Zwischenwelt  seine besondere Wirkung. Eine besteht darin, dass im Barzach der Mensch von einer Reihe von abstoßenden Wesen, verschont bleibt.

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