Herbst in türkischen Medien
Die Regierung von Recep Tayyip Erdogan hat nach dem gescheiterten Militärputsch weitgehende Maßnahmen gegen diejenigen, denen vorgeworfen wird, mit den Initiatoren des Putsches in Verbindung zu stehen, ergriffen. Dazu gehören sowohl Intellektuelle als auch Journalisten und Medienmitarbeiter.

Zum fünften Mal in der Geschichte der Türkischen Republik fand ein Militärputsch statt. Aber er scheiterte. Dieser Putschversuch hielt die Menschen in der Türkei und an anderen Orten der Welt für eine Nacht wach. Sie verfolgten die Nachrichten in den Medien und Sozialnetzen. Elif Safak, eine türkische Schriftstellerin hat auf Twitter die Gefühle der türkischen Bevölkerung in dieser Nacht mit folgendem Satz beschrieben: "Es war als ob Millionen von Menschen gemeinsam einen Albtraum erlebten."

Die Nachricht von dem gescheiterten Militrputsch machte rasch international Schlagzeilen. Die Bevölkerung erschien auf der Straße. Oppositionsgruppen im Inland unterstützten die Regierungspartei AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) und verurteilten den Putschversuch. Intellektuelle in der Türkei, welche die ernsthaftesten Kritiker der Inlands- und Außenpolitik der AKP gewesen waren und wiederholt ihre Unzufriedenheit mit der Lage in der Türkei bekanntgegeben und Demokratie und Meinungsfreiheit gefordert hatten, lehnten in ihren Botschaften in den Sozialnetzen zusammen mit der Mehrheit der Bevölkerung den Putsch ab. Das Wort "Militärputsch" hat sehr düstere Erinnerungen in der Türkei hinterlassen.
Die türkische Schriftstellerin und Journalistin Elif Safak gab ihren Gefühlen und ihrer Besorgnis auf ihrer Twitterseite auf Englisch und Türkisch mit folgenden Worten Ausdruck: "Dieses schöne und kummervolle Land braucht weder eine absolutistische Politik noch einen Militärputsch. Wir brauchen nur eine pluralistische Liberaldemokratie."
Ahmad Omid ist ein weiterer türkischer Autor, der auf seinem Webblog schrieb: " Es ist schade für dieses Land und schade für die Menschen dieses Landes. Das einzige was uns retten wird, sind Demokratie und mehr Freiheit."
Aber die schärfste Botschaft kam von Can Dündar dem Autor und ehemaligen Redakteur der Zeitung Cumhuriyet. Seinen Kommentar überschrieb er mit "Wem nützt der Militärputsch etwas?" Dündar schrieb,er sei der Meinung, dass der Militärputsch, nur den Herrschern nützt, die ihn bei der Vorantreibung ihrer machtgierigen und unterdrückerischen Ziele ausnutzen.

Die mehrfachen Militärputsche in der Geschichte der Türkei haben nicht nur auf die politischen Entwicklungen in diesem Land eine Wirkung gehabt, sondern aus zwei Gründen auch die Intellektuellen, Medien, Künstler und Schriftsteller dieses Landes beeinflusst. Zunächst haben die Militärputsche wichtige literarische Werke in der Türkei mitgeprägt.
Orhan Pamuk , einer der bekanntesten zeitgenössischen türkischen Schriftsteller hat in vielen seiner Werken auf eine besondere Weise auf die Geschichte dieser mehrfachen Militärputsche verwiesen und seine Romane und Romanfiguren werden von dieser Geschichte geprägt. Pamuk gab vor einigen Tagen seine Meinung über den jüngsten Militärputsch bekannt und verurteilte ihn. Dieser Schriftsteller befasst sich nirgendwo direkt mit dem Kern von politischen Abenteuern, aber er benutzt sie als Anzeichen für einen gesellschaftlichen Wandel . Zum Beispiel gibt er in seinem Roman "Schwarzes Buch" die Atmosphäre der Unsicherheit in Folge des Militärputsches in den 70iger Jahren in der Türkei wieder. Dabei baut sein Roman auf der Suche nach dem verschollenen türkischen Journalisten Celal Salik auf.

Die Militärputsche hatten auch noch auf andere Weise Einfluss auf türkische Schriftsteller und Medien. Immer wenn ein solcher Putsch stattfand, wurden Intellektuelle und Journalisten als angeblich schädliches Individuum und Feind des Vaterlandes verbannt oder inhaftiert und manchmal sogar hingerichtet. Nach dem jüngsten Militärputsch wurde erheblicher Druck auf die Medien und Journalisten ausgeübt und dieser hält gemäß Mitteilungen an. Tausende von Personen wurden festgenommen, Gefängnisinsassen, die entlassen werden sollten, unter Druck gesetzt und den Reportern wurden Einschränkungen auferlegt. Dies zählt zu den Maßnahmen der türkischen Regierung und diese Maßnahmen haben die internationalen Besorgnisse gesteigert, dass Journalisten und Reporter in Gefahr geraten sind. Laut Press TV-Bericht hat ein Gericht in Istanbul 17 Zeitungsreporter erneut ins Gefängnis geschickt, und zwar unter dem Vorwurf, dass sie mit der Gülen-Bewegung in Verbindung stehen. Zu diesen Reportern gehören die bekannte Journalistin Nazli Ilicak und der ehemalige Reporter der Zeitung Zaman, Hanim Büsra Erdal.

Mevlüt Çavuşoğlu - der türkische Außenminister verteidigte die Festnahme der Journalisten. Er nannte diese Putschisten und erklärte zwischen ihnen und den wahren Reportern sei eine Trennung vorzunehmen.
Das strenge Vorgehen Erdogans hat im Westen und sogar in der UNO Kritik hervorgerufen.
Das staatliche Presseorgan der Regierung gab bekannt, dass die Arbeit von 45 Zeitungen, 16 Fernsehsendern und 15 Journalen eingestellt wurde, sowie dass 47 türkische Journalisten gerichtlich verfolgt werden. Aber laut CNN-Türk wurde die Arbeit von 130 Medien eingestellt. Für einige Medien wurde gemäß Berichten die Schließung angeordnet, wie die Fernsehsender MC TV und Kanal Türk und die Zeitungen Zaman und Taraf sowie die Nachrichtenagentur Cihan " Dies ist die bislang größte gleichzeitige Schließungsaktion von Medien in der Türkei.

Bereits vor dem vorläufigen Stopp von Medien in der Türkei nach dem Militärputsch vom 15. Juli haben zahlreiche kritische Medien dem Staat die Einschränkung der Meinungsfreiheit vorgeworfen. Erst im März hatte ein Gericht den Wechsel an der Verwaltungsspitze der Zeitung Zaman angeordnet. Und nun gehören viele Reporter dieser Zeitung zu der staatlichen Liste der Personen, die gerichtlich verfolgt werden.
Im Herbst vergangenen Jahres stürmten die türkischen Sicherheitsbeamten das Büro von zwei Fernsehsendern und stoppten die Ausstrahlung ihrer Programme. Die Schließung der beiden Sender wurde vor allen Dingen mit dem Vorwurf begründet, dass sie Fethullah Gülen nahestehen.

Die Anatolische Nachrichenagentur teilte mit, dass die Anti-Terrorismus-Polizei der Türkei nach Herausgabe der Haftbefehle mit der Durchsuchung der Wohnungen von Zeitungsreportern, die mit der Organisation von Fethullah Gülen in Verbindung stehen, begonnen hat, und zwar unter dem Vorwurf der Teilnahme an dem jüngsten Putsch. Zurzeit ist die Türkei das Land, in dem sich die größte Anzahl von Zeitungsreportern im Gefängnis befinden. Schon vor dem Militärputsch hat die türkische Regierung in größerem Umfange in den staatlichen und militärischen Behörden Inhaftierungen und Entlassungen vorgenommen. Die Reisepässe von 1500 türkischen Bürgern wurden für ungültig erklärt, 1500 private Schulen und Lehrinstitute wurden unter dem Vorwurf, mit der Organisation von Fethullah Gülen in Verbindung zu stehen, verriegelt. Laut Bericht der Organisation Reporter ohne Grenzen über die Medienfreiheit befand sich die Türkei vor dem jüngsten Militärputsch bezüglich der Medienfreiheit unter 180 Staaten auf Platz 149.

Die Einschränkungen für journalistische Tätigkeiten in der Türkei und die unangemessene Situation von Zeitungsreportern in diesem Land wurden schon seit langem heftig von der Regierungsopposition kritisiert. Wie die Organisation Reporter ohne Grenzen hat auch ein Verantwortlicher des Internationalen Journalistenverbandes kürzlich wieder die Türkei als das größte Gefängnis für Reporter bezeichnet. Dieser Verband kritisierte in einer Erklärung den Druck auf die unparteiischen Medien in der Türkei und forderte die Verantwortlichen dieses Landes auf, die Rechte von Journalisten zu achten. Aber der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan mahnt alle, die das harte Vorgehen gegen Regierungsgegnern in diesem Land kritisieren , sich nicht in diesem Zusammenhang einzumischen. Unterdessen bezeichnet jemand wie Orham Pumak Erdogan als furchterregend und sagt: "In Wahrheit ist die türkische Regierung unter dem Vorwurf der Beleidigung von Erdogan bestrebt, alle ihre Kritiker zu bekämpfen. Der türkische Präsident will durch Heraufbeschwörung einer Atmosphäre voller Furcht und Schrecken verhindern, dass jemand sich traut, seine Regierung zu kritisieren, und zu diesem Zweck droht er offen seinen Gegnern."

Voriges Jahr teilte die in Libanon erscheinende Zeitung Al-Hayat mit, dass Erdogan einen Plan in der Hand hat, mit dem er die oppositionellen Reporter mundtot machen wird. Wie sich nun zeigt, war diese Mitteilung nicht völlig aus der Luft gegriffen.