Rohingya - die am meisten unterdrückte Minderheit auf der Welt (4)
Eine der schmerzlichsten Formen der Gewalt gegen die muslimische Minderheit in Myanmar besteht in den Übergriffen auf ihre Mädchen und Frauen.
Eine der schmerzlichsten Formen der Gewalt gegen die muslimische Minderheit in Myanmar besteht in den Übergriffen auf ihre Mädchen und Frauen. US-Fotojournalistin Allison Joyce hat sich längere Zeit in den Flüchtlingslagern in der Gegend von Cox` s Bazar in der Provinz Chittagong von Bangladesch aufgehalten und die englische IBTimes hat Bilder von den Frauen der Rohingya und die schrecklichen Erlebnisberichte über die kollektive Vergewaltigung veröffentlicht, um auf diese Weise den Hilferuf der Rohingya noch mehr Menschen zu Gehör zu bringen.
Nojiba lebt seit zwei Monaten in Bangladesch als Flüchtling. Vor drei Monaten war sie noch in ihrem friedlichen Heimatdorf Delpara in Myanmar. Das Leben änderte sich schlagartig für sie, als die Militärs eintrafen und mit der Misshandlung und der Ermordung der Dorfbewohner begannen. Nojiba berichtet: "Ich hatte große Angst,habe gebetet und im Koran gelesen und gehofft, dass alles wieder besser wird. Die Angst hat uns nie losgelassen. Einen Tag vor meiner Flucht nach Bangladesch sind die Armeekräfte in unser Dorf gekommen. Sie haben mich und die anderen Frauen in unserem Versteck zwischen den Büschen entdeckt. Die jungen Mädchen haben sie in die nächsten Häuser geschleppt, sie erst geschlagen und sich dann an ihnen vergriffen. Ich konnte ihre entsetzten Schreie hören. Dann richtete einer der Soldaten sein Gewehr auf meinen Kopf und sagte: lass uns gehen. Ich begann zu schreien und wehrte mich, aber..."
Am nächsten Tag beschließen Nojiba und ihre Familie, nicht länger mehr in Myanmar zu bleiben. Sie machen sich notgedrungen zu Fuß auf den Weg zum Grenzfluss Naf zwischen ihrem Land und Bangladesch. Sie zahlen Geld an einen Bootsmann und gelangen schließlich über den Fluss nach Bangladesch in das Flüchtlingscamp Kutapalang in Bangladesch. Nojiba erzählt von der Flucht:
"Mein ganzer Körper schmerzte und ich hatte das Gefühl ich kann nicht mehr weiter. Ich fühlte mich sehr sehr schwach. Im Flüchtlingslager gibt es nicht viel zu essen, aber wir können wenigstens gut schlafen und wissen, dass unsere Kinder in Sicherheit sind, wenn sie nach draußen gehen." Nojiba ist bei den Ärzten ohne Grenzen in Behandlung. Sie sagt: "Ich möchte alles vergangene Leid loswerden."
Farza ist 17 Jahre alt und kommt aus einem Dorf in Myanmar namens Scheichali. Sie sagt, dass sie vor dem Angriff der Armee auf ihr Dorf ein ruhiges Leben hatten. Aber am 16. Januar haben,so erzählt sie weiter, die Soldaten ihre Häuser gestürmt. Sie haben sie zusammen mit den anderen aus ihrer Familie auf den Haushof getrieben und mit Fäusten und Gewehrkolben auf sie eingeschlagen.
Farza berichtet davon wie die Soldaten sie ins Haus geschleppt und sich an ihnen vergriffen haben ...sie verliert schließlich das Bewusstsein und als sie wieder zu sich kommt, ist ihr Körper blutverschmiert. Die junge Frau flieht nach Bangladesch und gelangt schließlich in das dortige Flüchtlingscamp Balu Kali . Farza ist im sechsten Monat schwanger. Sie erwartet von ihrem Ehemann in Myanmar ein Kind. Aber sie konnte noch keinen Kontakt zu ihm aufnehmen. Über das Leben im Camp sagt sie: Vor vier Monaten habe ich in Myanmar immer in größter Angst leben müssen. Aber hier kann ich wenigstens abends in Sicherheit den Kopf aufs Kissen legen."
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Begum Jamalida aus dem Dorf Hadgudgapara in Myanmar ist gerade erst vor 15 Tagen in einem Flüchtlingscamp in Bangladesch eingetroffen, als die US-Journalistin Allison Joicy im Februar 2017 von ihr ein Foto macht. Zwei Monate zuvor ist die Armee von Myanmar in ihr Dorf eingedrungen. Die Soldaten töten ihren Mann und stecken dann ihr Haus und all ihr Hab und Gut in Brand. Am nächsten Tag umstellt die Armee das Dorf. Jamalida sagt: "Sie haben mich und die anderen Frauen ins Freie geschleppt und uns geschlagen. Ich schrie und habe Gott um Hilfe gebeten. Aber einer der Soldaten rief: "Wo ist denn dein Gott jetzt? Warum rettet er dich nicht?"
Drei Männer zerren die junge Frau ins Gebüsch. Alle drei richten ihre Gewehre auf sie. Sie drohen: "Wenn du dich wehrst schießen wir auf dich!"
Einige Wochen später kommen einige ausländische Reporter ins Dorf von Jamalida und interviewen sie und einige andere Opfer. Am gleichen Abend erscheint die Armee und beginnt mit einer Durchsuchung von Haus zu Haus, um den Übersetzer ausfindig zu machen. Der wird von den Nachbarn schnell informiert, doch die Armee macht ihn ausfindig und schneidet ihm die Kehle durch. Jamalida flieht und verbringt 5 Tage im Gebüsch, bis sie sich endlich auf den Weg nach Bangladesch machen kann. Sie sagt, dass sie jede Nacht Albträume von den Soldaten von Myanmar hat.
Eine andere junge Frau heißt auch Jamalida und ist 16 Jahre alt. Die Militärs von Myanmar haben am ersten Freitag im Monat Dezember 2016 ihr Dorf Scheich Ali angegriffen und die Moschee besetzt. Wer die Moschee betreten wollte, wurde verprügelt. Jamalida berichtet: "Sie griffen unser Haus an. Ich konnte nicht rechtzeitig entkommen und saß in der Klemme. Die Soldaten haben mir Hände und Füße zusammengebunden, mir die Kleidung zerfetzt und mit Fäusten und Gewehren meinen Körper traktiert und dann... "
Jamalida erzählt wie sie wieder zu Bewusstsein kam und sich dann auf den Weg zum Naf machte und über diesen Fluss nach Bangladesch gelangte. Sie sagt: "Ich habe mich niemals in Birma (früherer Name von Myanmar) sicher gefühlt und das was vor kurzem passiert ist, war schrecklich. Aber hier in Bangladesch fühle ich mich sicher. Hier kann ich abends in Ruhe einschlafen und wenn ich rausgehe, bin ich sicher. Aber in Birma konnte ich nicht rausgehen und konnte mich noch nicht einmal zu Hause sicher fühlen. "
Doch wenn Jamalida eingeschlafen ist, plagt sie erneut die Erinnerung an ihre schrecklichen Erlebnisse in Form von schlimmen Träumen.
Nurjahan kommt aus dem Dorf Nerbil in Myanmar. Im Februar 2017 ist es zwei Monate her, dass sie sich nach Bangladesch herübergerettet hat. Sie berichtet, dass fünf Soldaten in ihr Haus eindrangen und ihr die Augen mit einem Kopftuch verbanden und sich dann vor den Augen ihrer Tochter an ihr vergangen haben. Nurjahan verliert das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kommt, sitzt ihre Tochter weinend neben ihr. Einige Tage später töten die Soldaten ihren Ehemann. Als sie erfährt, dass der Übersetzer in einem anderen Dorf getötet worden ist, flieht sie nach Bangladesch. Bevor sie die Grenze überquert muss sie sich 3 Tage lang in einem anderen Dorf verbergen.
Nurjahan sagt: "Ich bin 31 Jahre lang in Birma gewesen und habe so etwas noch nie erlebt. Mit meiner Familie stehe ich noch immer telefonisch in Verbindung. Sie hat mir gesagt, dass die Armee heute wieder ins Dorf gekommen ist. Sie haben meinem Onkel den Bart angezündet."
Nurjahan klagt ebenso über nächtliche Albträume von Angriffen der Armee. Sie hat auch im Flüchtlingscamp noch keine ruhige Nacht verbracht.
Jasmin ist aus Myanmar in Richtung Bangladesch geflohen nachdem die Armee ihr Heimatdorf überfallen hat. Die Militärs sind in ihr Haus eingedrungen und haben sie und ihren Ehemann verschleppt. Vier andere Soldaten haben die wehrlose Frau vergewaltigt. Sie floh und verborg sich 7 Tage lang in den Hügeln in der Nähe ihres Hauses. Einem Menschenschmuggler gab sie für die Fluchthilfe ungefähr 30 Tausend myanmarische Kyat (circa 22 Dollar). Von ihrem Mann hat sie nichts mehr gehört. Sie weiß nicht ob er überhaupt noch lebt.
Das myanmarische Dorf aus dem eine andere Frau namens Nurkalima Ende 2016 flieht, heißt Burgogi. Mehrere Nachbarn von Nurkalima wurden umgebracht. Sie ist rasch aus ihrem Dorf geflohen. Aber ihre Eltern konnten bislang noch nicht fliehen und nach Bangladesch kommen.
Die Gespräche mit einigen Muslimen, die aus Myanmar nach Bangladesch geflüchtet sind, liefern einiges Beweismaterial für die gewaltsamen Übergriffe auf die Mädchen und Frauen der Rohingya. Laut diesen Berichten sind die Militär- und Polizeikräfte von Myanmar an vielen Blut- und Schandtaten gegen die muslimische Bevölkerung in mindestens 9 Dörfern mitbeteiligt.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat die zuständigen Amtsträger in Myanmar aufgefordert, Armee- und Polizeibefehlshaber zu ahnden, die solche Übergriffe auf die Mädchen und Frauen der muslimischen Minderheit der Rohingya zulassen. Gemäß einer Nachrichtenquelle dieser Organisation geschehen diese Übergriffen nicht rein zufällig sondern sind Teil systematisch organisierter Angriffe auf die muslimischen Rohingya, und häufig geschehen sie aufgrund ethnischer Motive und weil die Rohingya Muslime sind.
Besonders verwunderlich ist , dass die UNO und einige Länder, die behaupten die Menschenrechte und Rechte der Frauen zu verteidigen, gegenüber diesen erschütternden Aussagen der wehrlosen Opfer schweigen und statt diese zu verteidigen , die Regierung von Myanmar sogar mit finanzieller Unterstützung verwöhnen. Dieses Verhalten sollte nachdenklich stimmen. Ist denn die ambivalente Definition der Menschenrechte im Zusammenhang mit den Interessen des eigenen Landes wirklich so bedeutend, dass die Ehre von Frauen und Töchtern verletzt werden darf und einige hemmungslos weiter gegen deren Menschenwürde verstoßen können?