Apr 29, 2023 12:10 Europe/Berlin

Im Monat Ramadan wetteifern die Gläubigen miteinander um Gott-Dienstbarkeit und gute Werke. Jede rechtschaffene Tat besteht zur einen Hälfte aus Gott-Dienen und zur anderen aus der Anrufung Gottes.

Das hat der Letzte Prophet Gottes, der Prophet des Islams (S) gesagt. Also lässt sich aus diesem Prophetenwort schließen, dass kein Gott-Dienen ein rechtschaffenes Werk ist, wenn es nicht mit dem  Bittgebet einhergeht,  oder zumindest lässt sich sagen, jedes Gott-Dienen ist nur dann eine vollendete rechtschaffene Handlung, wenn es von einer Anrufung Gottes begleitet ist – einem Dua. Anderenfalls ist dieses Gott-Dienen nicht vollendet und daher wird auch sein Ergebnis nicht vollendet sein. Das Herantragen von Bitten an Gott gehört zu den Mitteln,  den anderen in der Gott-Dienstbarkeit vorauszueilen. Der Prophet Gottes hat wie folgt gesagt:

Zwei Menschen, die dieselben religiösen Werke vollbracht haben, betreten das Paradies. Aber einer von diesen beiden sieht, dass der andere höher steht als er selber, und sagt: „O Herr! Warum hast du ihn höher stehen lassen, während wir doch beide dieselben religiösen Werke vollbracht haben? Da spricht Gott der Heilige und Höchsterhabene:

„Er hat Bitten an mich gestellt und du nicht, er hat mich angefleht und angerufen, und du hast dies nicht getan …“

 

Jeder von uns hat schon mal gesündigt und auch jetzt und in Zukunft sind wir nicht davor sicher,  einen moralischen Fehler zu begehen und zu straucheln.  Jedoch dürfen wir niemals, so schlimm diese Sünden auch immer waren, die Hoffnung auf die Allbarmherzigkeit und die Vergebung Gottes aufgeben. Gott hat uns verheißen, dass er langmütig und großzügig gegenüber den Sündern ist. Im Vers 53 der Sure Zumar (Sure  39  ) spricht er:

Sag: O Meine Diener, die ihr gegen euch selbst maßlos gewesen seid, verliert nicht die Hoffnung auf Allahs Barmherzigkeit. Gewiss, Allah vergibt die Sünden alle. Er ist ja der Allvergebende und Barmherzige.

Gott verheißt demjenigen Seine Vergebung, der  aus Unwissenheit eine Sünde begeht, sich nachträglich seiner Sünde bewusst wird und den Entschluss fasst, sich zu bessern. Laut einer Überlieferung des Erhabenen Propheten übermittelt der Prophet folgende Worte von Gott:

„Wenn Meine Diener, die sich von mir abgekehrt haben, wüssten, wie sehr Ich auf sie warte und möchte, dass sie Umkehr machen, würden sie vor lauter Freude den Geist aufgeben.“

 

Es gehört im Islam zu den schlimmsten Sünden, die Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes aufzugeben. Wie können wir die Hoffnung auf Sein Erbarmen aufgeben, wenn Seine Barmherzigkeit größer ist als Sein Zorn und bis auf eine alle Suren im Koran mit den Worten „Im Namen Gottes des Rahman und Rahim, des Allbarmherzigen, des Gütigen,“ eingeleitet werden und ungefähr 450 Mal im Koran Ableitungen dieser Gottesnamen vorkommen?! Die vielen Hinweise auf die Barmherzigkeit und Vergebung Gottes machen dem sündigen Menschen Mut, sich trotz all seines falschen Verhaltens Gott zuzuwenden und Ihn um Vergebung zu bitten.

Gibt es überhaupt jemand anderes außer Gott, der unsere Sünden vergeben kann?

Haben wir außer der Allbarmherzigkeit und Vergebung Gottes noch einen anderen Zufluchtsort, an den wir vor dem Feuer und der Strafe, die wir durch Sünden hervorgerufen haben, flüchten könnten?

Nein! Er – Gott – ist der einzige, wo wir Zuflucht finden. Wie können wir daher die Hoffnung auf Seine Großzügigkeit und Seine Vergebung aufgeben, während es doch der einzige rettende Weg ist, den es für uns gibt. Niemals wird Gott, der Allerbarmer und Gütige, uns diesen einzigen Weg versperren. Doch wir sollten folgende Worte von Imam Ridha (Friede sei mit ihm) in Erinnerung behalten, der gesagt hat:

„Jemand der bereut und Gott um Verzeihung bittet, aber zugleich weiter auf dem Sündigen besteht und sich nicht der Sünde  enthält, hat in Wahrheit sich selber auf den Arm genommen und lächerlich gemacht.“

 

Diejenigen Gottesdiener, die Ihn am besten kennen, stellen die meisten Bitten an Ihn. Sie wissen, dass Seine Barmherzigkeit und Großzügigkeit grenzenlos ist, daher werden sie nicht müde, ihre Bitten an Gott heranzutragen. Es ist nicht nötig, die theologische Hochschule zu besuchen, um Gott zu kennen. Wir brauchen nur unseren Blick auf die Zeichen Gottes in der Daseinswelt zu richten und unsere Ohren für die Stimme der Zeichen Gottes zu öffnen: Für das Rauschen des Wasserfalls und des Regens und den Gesang der Vögel …Wir sollten den Verstand und das Herz für all die Dinge, die wir sehen und hören, öffnen. Dann werden wir mit unserem ganzen Sein Dankbarkeit für Gottes Gaben empfinden und wie die Makellosen Imame im Gebet der Eröffnung des Fastens danken und sagen:

Aller Dank gebührt Allah, Der keinen Teilhaber bei Seiner Schöpfung hat und keinen (Ihm) Ähnlichen bei Seiner Größe, Dessen Befehl und Lobpreisung über die (ganze) Schöpfung verbreitet ist, Dessen Großzügigkeit durch Seinen Ruhm ersichtlich wird, Dessen Hand ausgestreckt mit Großzügigkeit ist, Dessen Schatzkammern nicht vermindert werden und Der bei vielem Geben nur großmütiger und großzügiger wird. Wahrlich Er ist der Erhabene, der Allgewährende.

 

Die Befehlshabe Gottes wird überall in der Daseinswelt deutlich. Wir müssen nur die Augen für die Zeichen Gottes in der Schöpfungswelt öffnen.  Der tiefgläubige Imam Ali (Friede sei mit ihm)  hat gesagt:

„Ich habe nichts gesehen, ohne mit ihm und in ihm und vor und nach ihm Gott zu sehen“

Aber wenn wir einem ungläubigen Menschen sagen: Schau zur Sonne!, schließt er die Augen und sagt: Ich will nicht. Und wenn wir sagen: Höre auf das Wort der Wahrheit und dann urteile!, dann sagt er wieder: Nein ich will nicht!` Zweifelsohne geht der Unglaube einer solchen Person nicht darauf zurück, dass ihm die Wahrheit des Glaubens nicht bewiesen wurde, sondern es hat damit zu tun, dass er nicht glauben will!

                               

In dem edlen Iftitah-Gebet zur Eröffnung des Fastens preisen und danken wir Gott, dessen Schatzkammern niemals leer werden und dessen Großzügigkeit nur noch größer wird.

Es heißt: Aller Dank gebührt Allah,…Dessen Schatzkammern nicht vermindert werden und Der bei vielem Geben nur großmütiger und großzügiger wird.

Wenn es hieße,  Gott würde noch großmütiger und großzügiger je mehr wie Ihn preisen, dann könnten wir vielleicht diese Stelle im Gebet besser verstehen, da doch seine Schatzkammern niemals leer werden. Warum spricht der Makellose Imam jedoch davon, dass Gott bei vielem Geben nur großmütiger und großzügiger wird? Vielleicht lässt sich die Antwort in den Worten von Imam Ali (Friede sei mit ihm) finden, wenn er sagt:

Jedes Gefäß, in das etwas gegossen wird, bietet immer weniger Platz bis auf das Gefäß des Wissens, welches immer mehr Platz bietet.

Um diesen Satz besser zu verstehen, sollten wir uns ein Gefäß vorstellen, dass zum Beispiel 10 Liter aufnehmen kann. Wenn wir 5 Liter Milch hineinschütten, nimmt  die Aufnahmefähigkeit ab und bleibt nur noch Platz für weitere 5 Liter. Aber mit dem  Wissen verhält es sich anders. Bei einem Schüler, der zunächst nur 10 Dinge lernen und verstehen kann, geht die Aufnahmefähigkeit, nachdem er diese 10 Dinge verstanden hat, nicht zurück, sondern sie nimmt zu. Das Gefäß „Wissen“ wird durch die Aufnahme von diesen 10 Dingen größer.

Ähnlich ist es mit dem Geben Gottes. Wenn Gott Wissen oder eine Tugend verleiht und eine Gunst erweist, dann nimmt die Aufnahmekapazität des Menschen nicht ab, sondern im Gegenteil zu und er kann noch mehr empfangen und Gott verleiht ihm – je nach seiner Aufnahmefähigkeit noch mehr. So kommt es, dass es in dem Gebet zur Eröffnung des Fastens heißt: Je mehr Gott  schenkt, desto großzügiger und großmütiger wird Sein Spenden.

                  

In diesen Nächten des Monats Ramadan, in denen Gott die Bittgebete erhört, erheben auch wir die Hände zum Himmel, um wie Imam Sadschad (F) am Arafat-Tag beten:

O Herr! Stärke uns durch Wissen und schmücke uns durch Langmut, mach uns durch Gottesfürchtigkeit beliebt und verleih uns durch Vergebung Schönheit.

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