Feb 13, 2016 15:38 CET

Liebe Freunde! Auch unser heutiger Beitrag aus der Reihe: So wird gesagt, beginnt wieder mit einer Geschichte.

Sie stammt aus dem Masnawie des Molana Rumi.


Es war einmal eine junge Maus, die dachte, sie wäre stärker und klüger als alle Mäuse auf der Welt.


Unsere junge Maus durchquerte gerade pfeifend und singend ein weites Tal, als sie ein Kamel grasen sah. Hochmütig dachte sie: Wir wär `s wenn ich dieses Kamel stehle?


Beglückt über diese Idee, schlich sie sich an das Kamel heran, und zog es am Zügel. Das Kamel hatte sich gerade reichlich an frischem Gras gütlich getan und wollte nun gerne wissen, was diese kleine Maus da vorhat. So begann es neugierig und gefügig hinter der Maus herzutrotten. Die Maus aber ahnte nicht, dass das Kamel ihr nur zum Spaß folgte und sie glaubte sie zöge dieses große Tier selber hinter sich her. Da wurde sie ganz stolz und sagte sich: Wer hat jemals erlebt, dass eine Maus wie ich ein Kamel abschleppt? Ich bin ja so stark. Natürlich bin ich die stärkste und klügste Maus auf der ganzen Welt!


Maus und Kamel zogen also immer weiter bis sie schließlich an einen Fluss gelangten. Böse überrascht schaute die Maus auf den rauschenden Fluß vor sich. Sie begann darüber nachzugrübeln, wie sie nur durch diese tiefe wilde Gewässer auf die andere Seite gelangen sollte.


Das Kamel musste innerlich schmunzeln, denn der Fluss war in Wirklichkeit nur ein Bach. Es sagte zur Maus: „Warum zögerst du! Geh mutig vorwärts und habe vor nichts Angst. Ich werde dir folgen!“


Doch die Maus wusste nicht was sie sagen sollte. Verlegen erwiderte sie schließlich: Dieser Fluß ist tief und wild. Ich fürchte ich werde ertrinken“.


Da lachte das Kamel und sagte: Du hast Angst, diesen kleinen Bach zu durchqueren? Du bist doch so stark und konntest sogar ein Kamel abschleppen. Wieso hast du nun Angst in einem so kleinen Bach zu ertrinken. Lass mich zuerst ins Wasser gehen und sehen wie tief es ist!“


Das sagte das Kamel und betrat den Bach. Der kleine Bach war nur so tief, dass das Wasser dem Kamel gerade bis zu den Knien reichte. Das Kamel sagte: Siehst du meine liebe Maus? Du brauchst keine Angst zu haben. Das Wasser reicht nur bis zu den Knien. Komm und überquer den Bach. Hab keine Angst.


Die Maus starrte das Kamel verwundert an: Was sagst du da! Das Wasser reicht bis zu deinen Knien, mein liebes Kamel. Aber weißt du was das heißt?


Das Kamel stellte sich erstaunt: Nein, was soll das denn heißen?


Da sagte die Maus kleinlaut: Ach weißt du: … es gibt einen großen Unterschied zwischen Kamels- und Mäuseknien!


Das Kamel musste über die kleine Maus lachen. Die Maus aber sah, dass sie niemals das Wasser heil durchqueren konnte. Da flehte sie das Kamel an: bitte bring du mich ans andere Ufer. Da trug das nette Kamel die Maus auf seinem Höcker ans andere Ufer. Dort angelangt machte es das Mäuslein liebevoll darauf aufmerksam, niemals überheblich zu sein und sich nie etwas vorzunehmen, was seine Kräfte übersteigt.


Nun kommt das iranische Sprichwort „Die Freundschaft eines Unwissenden ist wie die Freundschaft zu einem Bären“ an die Reihe


In einem alten Märchen heißt es:


Vor langer langer Zeit lebte ein kräftiger junger Bursche. Da sah er eines Tages, wie ein großer Drache einen armen Bären in seinen Tatzen gefangen hielt. Er zückte sein Schwert und erledigte den Drachen mit einem Schlag. Der Bär war dem jungen Burschen so sehr dankbar dafür, dass er sich nicht mehr von ihm trennen wollte. Anhänglich folgte er ihm auf Schritt und Tritt. Der junge Mann begann diesen dankbaren Bären richtig lieb zu gewinnen. Die beiden wurden feste Freunde.


Eines Tages begegnete ihnen ein Wanderer. Dieser wunderte sich sehr über die Kameradschaft zwischen einem Menschen und einem Bären und fraget: Junger Mann! Wie kommt es dass ihr beide Freunde seid? Ich habe noch nie einen Menschen zusammen mit einem Bären gesehen!


Der junge Bursche legte seinen Arm um den Bären und begann zu erzählen, wie er und dieser Bär Freunde geworden war. Der Wanderer hörte sich die Geschichte von A bis Z an. Dann empfahl er dem jungen Burschen: Hör auf meinen guten Rat, und lass von dieser Freundschaft ab. Freunde dich mit Menschen an. Die Freundschaft mit Dummköpfen ist eine Freundschaft mit Feinden.“


Aber der junge Mann starrte den Fremden nur erstaunt an und fragte: Was meinst du damit? Was ist denn gegen die Freundschaft mit einem Bären einzuwenden? Du bist ja nur neidisch, dass ich einen Bären zum Freund habe!


Es hatte keinen Zweck. Der junge Mann hatte kein Ohr für einen gut gemeinten Ratschlag. Er schrie den Fremden sogar an: Lass mich in Ruhe. Was geht dich meine Freundschaft mit diesem lieben Bären an?


Der Wanderer sah, dass er mit guten Ratschlägen nichts bei diesem jungen Mann erreichen konnte und so zog er weiter.


Der junge Bursche und der treue Bär verbrachten lange Zeit miteinander und ihre Freundschaft wurde immer fester.


Eines Tages war der junge Mann in den Wald gegangen um Bäume zu fällen. Nachdem er einige Bäume gefällt hatte, überkam ihn große Müdigkeit. So streckte er sich am Boden aus, schloss die Augenlieder und versank in einen tiefen Schlaf.


Der Bär aber hockte sich neben ihn. Plötzlich bemerkte er eine Fliege auf der Stirn seines jungen Freundes. Er verscheuchte sie ärgerlich, aber sie kehrte sofort wieder zurück. Da verscheuchte er sie wieder, aber wie Fliegen nun mal sind, war auch diese lästig und kam wieder zurück. Da wurde der Bär zornig und dachte bei sich: Du böse Fliege! Du willst wohl meinen Freund ärgern! Jetzt sollst du aber etwas erleben!


Er schleppte einen großen Stein heran und als er die Fliege immer noch auf dem Gesicht seines Freundes sitzen sah hob er den Stein ganz hoch und ließ ihn mit aller Wucht auf das Gesicht seines lieben Freundes herabsausen. In seiner Dummheit dachte er nur die Fliege getötet zu haben, aber er hatte auch seinem armen Freund den Garaus gemacht. 


Aufgrund dieser Erzählung heißt es: die Freundschaft eines Unwissenden ist wie die Freundschaft zu einem Bären.


Zum Abschluss wieder eine passende Weisheit aus der persischsprachigen Literatur:


Chadscheh Abdollah Ansari sagt: O Gott! Wenn das Heilkraut Zichorie auch bitter schmeckt: es stammt dennoch aus einem schönen Garten. Doch wenn Abdollah sündigt, so hat es mit seinen Freunden zu tun.