Aug 04, 2017 12:28 CET
  • So wird gesagt- Teil 49

Es war einmal ein sehr tyrannischer König, der den Menschen das Leben schwer machte. Keiner wagte es gegen ihn aufzumucksen.

Eines Tages schickte er seine Soldaten in die Dörfer und befahl, dass sie alle Esel herbeibringen sollten. Die armen Langohren mussten schwere Lasten für den König tragen und wurden schlecht ernährt. Als nach einer Weile eine große Zahl dieser Tiere verendet waren, wurden die Soldaten wieder ausgesandt, um neue zu holen. Die Dorfbevölkerung hatte keine andere Wahl und musste ihre Eselstiere ausliefern.

Eines Tages war der König auf die Jagd gegangen, doch als es Abend wurde, hatte er sich verirrt. Er war sehr müde ,legte sich den Sattel seines Pferdes als Kopfkissen zurecht, um auszuruhen und den Morgen abzuwarten . Im nächtlichen Dunkel hatte er nicht gemerkt, dass er sich ganz in der Nähe des Hauses eines alten Mannes befand. Der alte Mann aber hatte den König gesehen und sofort erkannt und war schnell zu seinem Sohn gelaufen. Der besaß nämlich einen Esel. Deshalb riet er ihm: „Wenn du deinen Esel behalten willst, dann nimm ihn morgen nicht mit in die Stadt. Die Soldaten des Schahs werden ihn dir wegnehmen.“ Der Junge sagte: Was soll ich denn tun? Bis zur Stadt ist es sehr weit und ich kann doch nicht zu Fuß gehen!?“ Da sagte sein Vater: „Gut!Wenn du nicht willst, dass sie dir das Tier abnehmen, dann bleibt dir nichts anderes übrig als dass du ihm einige Wunden zufügst. „ „Ich soll das arme Tier verletzen?“ fragte sein Sohn. Der Vater sagte: „Ja! Das ist der einzige Weg sein Leben zu retten. Denn wenn der König deinen Esel an sich reißt, wird er schwer arbeiten müssen und schließlich verhungern. Aber wenn du tust was ich dir sagen, wird keiner deinen Esel mehr wollen.“

Der Junge hörte schließlich auf den Vater, damit er sein Tier rettet. Dann verabschiedete er sich und ging. Und der alte Mann verrichtete sein Gebet und begann zu Gott zu sprechen. Er flehte, Gott möge die Menschen von allen Tyrannen befreien und den König so bald wie möglich sterben lassen.

Aber der König, der noch nicht ganz eingeschlafen war hörte diesmal die Worte des alten Mannes.

Der alte Mann bat Gott inständig die Menschen von diesem schrecklichen König zu erlösen und verwünschte ihn. Der König wäre beinahe vor Wut geplatzt aber er ließ sich nichts anmerken. Bis zum Morgen blieb er wach und musste über die Worte des alten Mannes nachdenken. Er bereute sogar kurz , dass er bislang so ungerecht zu den Menschen gewesen war. Doch als der Morgen angebrochen war, war seine Reue wieder verflogen und er war wieder der alte üble König von vorher.

Am Morgen hatten die Begleiter des Königs sich auf die Suche nach ihm begeben und das Dorf erreicht. Sofort bereiteten sie ein kräftiges Essen für ihn vor. Nachdem der König satt geworden war, fiel ihm der alte Mann ein und er befahl, ihn zu holen. Er wollte diesem Kerl einen tüchtigen Denkzettel verpassen.

Der König sagte also zu dem alten Mann:

„Du hast Gott um meinen Tod gebeten, nicht wahr?!“

Der alte Mann sagte unerschrocken: „Nicht nur ich sondern alle verwünschen dich! Du kannst nicht erwarten, dass das Volk dich verehrt!“

Da geriet der König noch mehr in Rage: „Anstatt mich um Vergebung anzuflehen, wirst du nur noch dreister?!“

Der alte Mann: „Warum soll ich dich um Gnade bitten? Das Leben des Menschen ist in Gottes Hand. Auch du wirst eines Tages sterben, ob du ungerecht bist oder gerecht! Wenn du gerecht bist, wirst du einen guten Namen von dir hinterlassen, und wenn du ungerecht warst, werden dich die Menschen auch noch nach deinem Tod verwünschen.

O König! Lass dir einen guten Rat geben. Du bist es gewohnt, dass sie dich preisen; obwohl du weißt, dass das alles Lüge ist.“

Und dann begann er alle Ungerechtigkeiten des Königs aufzuzählen und gab ihm schließlich den guten Rat, dem Volk zu dienen.

Die weisen Worte des alten Mannes blieben nicht ohne Wirkung! Der Schah begann nachzudenken und erkannte, dass dieser Mann Recht hat. Er verzieh ihm und ließ ihn gehen. Der letzte Rat des alten Mannes lautete: „Versuche dir bei den Weisen Rat zu holen und nicht bei den Unwissenden und den Gleichgültigen, die dich nur preisen, damit du sie belohnst.“

Diese Geschichte war aus dem Werk „Bustan“ von Saadi.

Ba dom-e Schir basi nakon - So lautet das heutige Sprichwort.

Es war ein schwüler Tag und der Löwe lag träge im Schatten eines Baumes und versuchte ein wenig zu schlafen, als eine Maus aus ihrem Loch hervorkroch. Sie war gerade von einem angenehmen Mittagsschlaf in ihrer kühlen Behausung aufgewacht und hätte nun gerne einen Spielkameraden gefunden. Da erblickte sie den Löwen und dachte: „Zwar ein bisschen zu groß aber sicher ein guter Spielkamerad. Nachdem sie ihn ein paar mal vergeblich gerufen hatte, kletterte sie ihm auf den Rücken, schaukelte an seiner Mähne hin und her und rutschte an seinem Schwanz hinunter. Der Löwe aber war wach und dachte erst: „Lass sie doch! Gleich wird sie genug haben und wieder gehen.“

Aber die Maus schien nicht müde zu werden.

Da riss dem Löwen schließlich der Geduldsfaden. Er sprang auf und packte sich den kleinen Störenfried. Das Mäuslein war so erschrocken, dass es ihm die Sprache verschlug. Der Löwe sagte wütend: „Jetzt kannst du etwas erleben: Du spielst mit meiner Mähne und meinem Schwanz! Was soll ich mit dir anstellen, du bist zu winzig als dass ich dich fressen könnte und auch nicht so artig, dass ich dich einfach laufen lassen kann. Ich muss dir eine Lehre erteilen, damit sich nie wieder ein Maus erlaubt, mit dem Schwanz eines Löwens zu spielen!“

Da flehte die Maus: „O Löwe! Ihr seid der König des Dschungels und ich dumme Maus wollte euch doch nicht ärgern und nur ein bisschen spielen!“

Jedenfalls jammerte die Maus so sehr, dass der Löwe Mitleid hatte. Er ließ sie frei. Die Maus bedankte sich und sagte: „Ich hoffe es ergibt sich bald eine Gelegenheit dies wettzumachen.“

Da musste der Löwe heftig lachen. Er dachte, was wird diese winzige Maus wohl für ihn tun können?!

Doch täuschte er sich.

Eines Tages geriet der Löwe in das Netz eines Fallenstellers. Da begann er fürchterlich zu brüllen und versuchte das Netz zu zerreißen. Der Jäger, der im Gebüsch lauerte, wich einige Schritte zurück . Er bemerkte nicht die Maus, die von dem Gebrüll des Löwens aufgewacht und herbeigeeilt war. Schnell begann sie das Netz zu zernagen. Der Jäger beobachtete aus einiger Entfernung den Löwen und wartete darauf, dass er ruhig wird, als er plötzlich sah wie die Raubkatze aus dem Netz heraussprang. Da bestieg er schnell einen Baum.

Das Sprichwort: Ba Dom-e Schir basi nakon, erinnert an diese Geschichte. Es bedeutet: „Spiel nicht mit dem Schwanz des Löwens“ und man sagt es zu jemanden, der etwas gefährliches vor hat, aber sich der Gefahr nicht bewusst ist.