So wird gesagt- Teil 15
Liebe Hörerfreunde! Wir begrüßen sie wieder bei uns in der Erzähllaube. Sie hören heute eine weitere Episode aus dem Masnawie von Molawie. Sie ist etwas länger und deshalb müssen wir heute auf ein Sprichwort verzichten. Dafür hören Sie aber nach unserer Geschichte noch das Zitat eines berühmten Europäers. Hier nun die Erzählung:
Es war einmal ein junger Mann. Er war sehr arm, aber auch sehr faul, doch er liebte das Gebet. Von morgens bis abends betete er zu Gott und bat ihn um ein gutes Einkommen. Es vergingen Jahre, ohne dass Gott dem jungen Faulenzer etwas geschickt hätte und er lebte die ganze Zeit vom Betteln. Schließlich hatte er einen Traum.
Im Traum begegnete er einem Mann. Der sagte ihm: Du alter Faulenzer! Hör! Ich zeige dir einen Schatz: Wenn du nicht mehr faulenzt kannst du an ihn gelangen! Im Ladengeschäft des Nachbars wirst du unter den Papieren, die er zum Wegwerfen beiseite gelegt hat einen zerrissenen Zettel finden. Diesen musst du finden. Auf ihm steht, wie du an diesen Schatz gelangst. Geh genau danach vor, was auf dem Zettel steht. Diesen Schatz kannst nur du finden und kein anderer, dennoch erzähl niemandem davon!“
Der junge Mann wachte auf und war überglücklich. Er ging zum Geschäft des Nachbarns und kramte unbemerkt in den Papieren, die dieser beiseite gelegt hatte. Schließlich fand er den Papierfetzen. Er versteckte ihn unter seinem Hemd und verließ schnell die Stadt, um ihn fern von allen Augen zu studieren. In dem Schatzbrief stand: „Geh zu der alten Burgruine hinter der Stadt, stell dich mit dem Rücken zu dem alten Kuppelgewölbe in Richtung Mekka, stecke einen Pfeil in den Bogen und dann lass den Pfeil los. Er fällt auf die Stelle, wo der Schatz im Boden verborgen liegt.
Der Junge machte sich auf den Weg zur Ruine. Er steckte einen Pfeil in den Bogen, spannte ihn mit aller Kraft und ließ dann den Pfeil los. Der sauste durch die Luft und fiel in einiger Entfernung zu Boden. Erfreut eilte der junge Mann zu der Stelle. Doch so sehr er auch im Boden wühlte, einen Schatz fand er nicht. Da dachte der junge Busche: Ich sollte es noch einmal versuchen und in eine andere Richtung schießen. Also schoss er wieder einen Pfeil ab, aber wieder fand er nichts. Dennoch wollte er nicht so schnell aufgeben. Alle Faulheit war vergessen. Jeden Tag ging er zu der alten Ruine und schoss Pfeile ab. Allerdings fand er nichts. Aber allmählich hatte er die anderen auf sich aufmerksam gemacht. Sie merkten, dass er einen Schatzbrief in der Hand hat . Eilig brachten sie dem König dies zu Gehör.
Der König ließ den jungen Mann gefangen nehmen und herbeibringen. Er sagte: „Ich habe gehört du hast einen Schatzbrief gefunden. Du musst ihn mir geben und auch den Schatz, den du gefunden hast. Dann lass ich dich frei.“
Der junge Bursche beteuerte: „Es gibt gar keinen Schatz“ Und dann erzählte er ihm die ganze Geschichte. Doch der König glaubte ihm nicht. Er ließ das Haus des jungen Buschens von oben bis unter durchwühlen. Aber seine Leuten fanden nichts.
Darauf hin der Könige den jungen Mann frei.
Der König befahl, man solle ihm den besten Pfeil und Bogen bringen. Dann machte er sich auf den Weg zu der Ruine, um selber den Schatz zu finden. Er schoss einen Pfeil ab und befahl, an der Stelle an der er einschlug, nach dem Schatz zu graben. Natürlich fand er nichts. Dann schoss er den zweiten Pfeil ab und wieder fand man nichts. Das ging so weiter bis der geldgierige König 6 Monat lang ergebnislos Pfeile abgeschossen hatten und die ganze Gegend voller kleiner und großen Gruben geworden war. Schließlich gab der König die Hoffnung auf und befahl aller Erdlöcher wieder mit Erde anzufüllen. Als er den jungen Burschen sah, warf er ihm den Schatzbrief vor die Füße und rief: „Hier! Nimm deinen dummen Schatzbrief. Du hast mir 6 Monate meiner wertvollen Zeit geraubt.“ Der junge Mann sagte: „Majestät, ich habe doch gesagt, dieser Schatzbrief ist nichts wert!“
Der junge Bursche nahm den Schatzbrief und kehrte nach Hause zurück . Er dachte: Es muss aber einen Schatz geben. Ich werde es morgen noch einmal ausprobieren. Er ging, schoss einige Pfeile ab und kehrte enttäuscht mit leeren Händen nach Hause zurück. Abends betete er zu Gott: „O Gott verzeih mir, ich wollte ohne Mühe an einen Schatz gelangen. Nun bereue ich meine Faulheit. Verzeih mir und lass mich nicht mehr solche Wünsche hegen.“
Es vergingen viele Tage, bis der junge Mann wieder einen Traum hatte. Er begegnete im Traum wieder demselben Mann wie vorher, und der sagte zu ihm: „Du hast den Schatzbrief falsch verstanden und überstützt gehandelt. In diesem Brief stand: Leg den Pfeil in den Bogen ein und lass ihn los.` Das war alles. Es war nicht die Rede davon, dass du den Bogen spannen sollst. Du darfst den Bogen nicht spannen sondern du sollst nur den Pfeil loslassen. Wo er hinfällt liegt der Schatz.“
Als der junge Bursche aufgewacht war, las er noch einmal den Schatzbrief und sah: Da steht tatsächlich nichts davon, dass er den Bogen spannen und den Pfeil abschießen soll. Also ging er wieder zu der Ruine, steckte den Pfeil in den Bogen und ließ ihn dann einfach wieder los. Der Pfeil fiel ihm vor die Füßen und genau dort lag der Schatz.
In dieser Geschichte von Molawie will er auf folgendes aufmerksam machen: Der wahre Schatz liegt im Menschen selber und nicht an anderen Orten oder bei anderen. Der Mensch soll in sich selber suchen, um die Schätze die er in seinem Inneren besitzt, aufzuspüren und zu nutzen.
Nun noch wie versprochen ein Zitat. Es stammt von Napoleon der gesagt hat: Stell dir vor, jeder würde nur so viel reden, wie er weiß, welch eine Ruhe würde auf der Welt herrschen!