So wird gesagt- Teil 17
Unsere Geschichte stammt heute aus dem Mathnawie von Molana.
Ein Löwe gab einem Wolf und einem Fuchs die Ehre, gemeinsam mit ihm auf die Jagd gehen zu dürfen. Sie erlegten einen Büffel, eine Ziege und einen Hasen. Diese schleppten sie in den Wald und versteckten sie. Nun wollten sie darüber beraten, wie die Beute zu verteilen sei. Der Wolf und der Fuchs wollten gerne auch einen Anteil von den gemeinsam erjagten Tieren haben und dachten, der Löwe würde eine gerechte Aufteilung vornehmen. Aber den Löwen ärgerte es, dass der Wolf und der Fuchs anscheinend einen möglichst großen Bissen abgekommen wollten und dachte: „Denen werde ich es zeigen. Sie wissen nicht den Rang eines Königs wie mich zu achten.“ Doch er ließ sich nichts anmerken . Er sagte zum Wolf: „Komm und teile an meiner Stelle die Beute auf. Du sollst mir zeigen, was Gerechtigkeit bedeutet!“
Der Wolf gehorchte und sagte: „Der fette Büffel ist Anteil des Löwen, der der prächtigste von uns dreien ist, und die Ziege, die nicht so groß ist, ist mein Anteil. Den Hasen soll der Fuchs bekommen. So ist alles gerecht verteilt!“
Der Löwe ärgerte sich gewaltig über den Wolf und brüllte: „Du bist ein Nichtsnutz. Wie kannst du es wagen, einen Vergleich zu mir zu ziehen.“ Dann befahl er dem Wolf, näher heranzukommen. Und als er nahe genug war, zerfetzte er ihn mit einem Prankenschlag.
Daraufhin wandte er sich dem Fuchs zu: „Nun, lieber Fuchs! Teil du die Beute auf!“
Der Fuchs hatte mit eigenen Augen erlebt, wie es dem Wolf ergangen war und wollte auf der Hut sein. Er sagte daher zum Löwen: „O Löwe! Dieser fette Büffel ist für euer Mittagessen, und die Ziege für eure Vesper. Der Hase aber ist für das Abendmahl des Königs gedacht. Außer dir, o mächtiger Löwe, hat keiner einen Anteil an der Beute!“
Diese Antwort des Fuchses wollte dem Löwen wohl gefallen. Er sagte: „ Von wem hast du all diese Gerechtigkeit gelernt ?“ Der Fuchs antwortete: „Von dem Wolf, den die mächtigen Pranken des Löwens zerfetzten . Von ihm hab ich gelernt, dass alle Beute , wer sie auch erlegt, nur dem König der Wildnis gebührt und kein anderer einen Anspruch darauf hat.“
Dem Löwen gefiel die Schlauheit des Fuchses und seine Schmeichelei und er sagte: „Nun, du schlauer Fuchs, weil du dich nicht mit mir auf eine Stufe gestellt und dich für geringfügig betrachtest hast, , darfst du auf Lebzeiten mein Helfer sein. Du hast auf deinen Anteil verzichtet, damit ich für den Tag voll versorgt bin. Und nun schenke ich dir die ganze Beute. Büffel, Ziege und Hase gehören dir. Du stehst bei mir in Ehren, denn du hast von dem eingebildeten Wolf gelernt und deine Erfahrung angewandt.“
Der Fuchs dankte im stillen Gott dafür, dass der Löwe erst den Wolf aufgefordert hatte, die Beute aufzuteilen. Er dachte bei sich: „Wenn der Löwe mich als erster gefragte hätte, wie ich die Beute aufteile, dann wer ich jetzt tot wie der Wolf. Wie gut, das ich aus der Unüberlegtheit des Wolfes eine Lehre ziehen und mich retten konnte!“
Unsere heutiges Sprichwort liest sich auf Persisch wie folgt: Kalagh michast rah raftan Kabak ra yad begirad, rah raftan chodesch ra ham faramusch kard. Hören Sie die Geschichte zu diesem Sprichwort:
Es war einmal ein schöner Fasan. Der verstand es sehr elegant daher zu stolzieren und alle Vögel waren von seiner geschmeidigen Gangart fasziniert. Wenn sie den Fasan von weitem sahen, brachen sie ihren Flug ab, ließen sich auf einen Zweig nieder und schauten nur noch dem schönen Fasan, wie er durch die Gegend stolzierte, zu. Unter den Zuschauern des Fasans war auch ein Rabe. Anfangs hatte er wirklich nur dem Fasan aus Bewunderung zugeschaut und sich an ihm erfreut. Aber nach ein paar Tage dachte er: „Warum sollte ich nicht auch wie der Fasan bewundert werden. Bin ich weniger als er?! Ich habe doch auch zwei Flügel und wie er zwei Füße und einen Schnabel. Mein Körper ist genauso groß wie seiner. Warum soll ich also nicht auch wie der Fasan so schön daherstolzieren können?!
Der Rabe war richtig neidisch auf den Fasan, den alle Vögel bewunderten, geworden. Und so entschloss er sich, etwas zu unternehmen, damit die anderen Vögel auch ihm Beachtung schenken. Er begann genau die Gangart des Fasans zu beobachten, um herauszufinden, wie er so elegant daherstolziert, so dass es allen eine Freude ist. Der Rabe lauerte also dem Fasan überall auf, um ihm seine Gangart abzugucken. Er lief heimlich hinter dem Fasan her, wobei er ihn nachzuahmen versuchte.
So vergingen einige Tage.
Der Rabe hatte viel geübt und dachte, nun habe er die Gangart des Fasans erlernt. Eines Tages, als wieder alle Vögel auf das Eintreffen des Fasans warteten, tauchte plötzlich der Rabe vor ihnen auf und begann an ihnen in der Art des Fasans vorüber zu stolzieren – . Die Vögel hatten den Raben noch nie so laufen sehen und waren sehr verwundert. Sie schauten einander an und begann sich zu amüsieren. Der Rabe aber, der mit Beifall gerechnet hatte, wurde ganz verwirrt, als er Spott zu Hören bekam. Da kam er ganz aus dem Konzept, trat sich selber auf die Füße , stolperte und kippte um. Jetzt begannen die Vögel erst recht zu lachen. Einer von ihnen rief: „Seht euch den an! Nach so vielen Jahren Flug, kann er nicht zwei Schritte richtig gehen.“ Ein anderer riet ihm: „Lieber Rabe. Du brauchst nicht wie der Fasan zu laufen! Es ist besser wenn du genauso läufst wie vorher.“
Da gingen dem Raben die Augen auf und er schob auf der Stelle den Gedanken beiseite, die Gangart des Fasans zu erlernen. Doch als er wieder wie früher laufen wollte, konnte er das plötzlich nicht mehr, als ob er es vergessen hätte.
Aus dieser Geschichte entstand unser heutiges Sprichwort nämlich: „Der Rabe wollte wie der Fasan laufen, da vergaß er sogar wie er selber einmal gelaufen ist.“ Dieses Sprichwort verwendet man auf jemanden, der nur die anderen nachahmt und darüber sogar seine eigene Lebensweise vergisst und vergisst wie er selber richtig leben sollte.
Wir schließen mit einem Wort von Sokrates. Er hat gesagt: Nachsicht ist ein Zeichen für hohes Denken, und Rache spricht für Niedrigkeit und zeugt für Kleinmütigkeit.