So wird gesagt- Teil 27
Ein hungriger Fuchs strich ziellos durch die Steppe.
Es war ein schöner Tag. Der Wind streichelte sanft über die Gräser und diese wogen sich hin und her. Der Fuchs hat kein Auge für diese Augenweide, denn er war sehr hungrig. So lief er den Feldweg entlang, der ihn auf einen Hügel führte. Oben auf dem Hügel stand unter einer Weide eine große Trommel.
Der Fuchs, der noch nie einer Trommel begegnet war, dachte: „Diesem Tier sollte ich zu Leibe rücken.“ Sein Hunger hatte ihn heute besonders mutig gemacht. So schlich er sich vorsichtig an das beleibte Wesen heran. Eine Windböe kam, brachte Bewegung in die herabhängenden Zweige des Baumes und klopfte mit ihnen auf das Trommelfall . Ein kräftiger lauter Ton erklang . Der Fuchs blieb stehen: „O! Das muss ein gefährliches Tier sein. Aber das macht nichts. Ich werde es erlegen!“
Doch fand er es verwunderlich, dass sich dieses Tier überhaupt nicht vom Fleck rührte. Er beschloss es von hinten anzugreifen und schlich leise um den Baum herum. Es ärgerte ihn, dass dieses komische Tier so still blieb. Mit einem Satz sprang er auf das Trommelfell und dieses zerbarst mit einem entsetzlichen Knall. Der Fuchs wunderte sich, dass er ein so gefährliches Tier so schnell getötet hatte. Er begann den üppigen Leib seines Opfers nach Fleisch abzusuchen. Aber von Fleisch keine Spur!
Was ist das denn für ein Tier? So groß und mit so schrecklicher Stimme und dann überhaupt kein Fleisch! Dann sagte er sich: Ich glaube jedes Tier, das groß ist und eine laute Stimme hat, ist von innen leer ist. Dann trollte er sich. Wieder kam der Wind auf und schlug die Zweige des Baumes gegen die Trommel. Die aber schwieg diesmal.
Nach dieser Fabel aus Kalileh wa Demneh folgt nun unser Sprichwort, nämlich Scharike Dozd wa Rafiq Qafeleh.
In alten Zeiten brachten Handelskarawanen auf Pferden und Kamelen ihre Ware von einer Stadt zur anderen Stadt. Es war kein ungefährliches Unternehmen, denn unterwegs wurden die Karawanen oft von Räubern überfallen.
Auch in unserer Geschichte hatte sich eine große Karawane auf den Weg gemacht. Nun war sie schon zwei Tage unterwegs und näherte sich einer Stelle , an welcher der Weg sehr gewunden und die Gefahr eines Raubüberfalls größer war. Die Kaufleute gerieten in Sorgen. Weil es bald dunkel werden würde, schlug der Karawanenführer vor, dass sie vor der gefährlichen Wegstrecke halt machen und bis zum nächsten Tag warten. Die Kaufleute luden also die Waren von den Pferden und Kamelen ab und bereiteten ihr Bettlager und ein Abendessen vor. Der Karawanenführer schlug vor: „Versteckt die teuren Dingen dort zwischen den Felsen, damit die Räuber sie nicht stehlen können, falls sie uns angreifen.“
Die Leute in der Karawane begrüßten diesen Vorschlag und verbargen das Wertvollste in der felsigen Umgebung.
Unter diesen Kaufleute schien einer besonders hilfsbereit. Er half den anderen ihre wertvollen Güter zu verstecken, brachte aber seine Waren an einer Stelle ganz in der Nähe unter.
Nach dem Abendessen legten sich die Reisenden hin. Aber alle fürchteten einen Angriff. Da sagte der Kaufmann, der den anderen geholfen hatte: „ Es ist besser wenn nacheinander einer von uns wach bleibt. Ich passe gerne als erster auf. Legt euch schlafen, ich werde in zwei Stunden einen von auch wecken, damit er mich ablöst.“
Die anderen waren nun beruhigt und legten sich dankbar schlafen. Als sich nun der Kaufmann sicher war, dass sie alle schliefen, schlich er leise davon und ging in Richtung der Wegstrecke, die so gefährlich war. Da sah er eine dunkle Silhouette in der Nähe und rief: „Wenn du ein Straßenräuber bist, dann bring mich zu deinem Chef. Ich möchte ihm ein wichtiges Geheimnis mitteilen.“
Mehrere Halunken hatten sich auf den Kaufmann gestürzt. Sie brachten ihn gefesselt vor den Räuberhauptmann. Da sagte er: „Ich gehöre zu der Karawane, die nicht weit entfernt von hier ihr Lager aufgeschlagen hat. Wenn ihr mir versprecht, auf mein Hab und Gut zu verzichten und einen Teil der Waren, die ihr beim Angriff auf diese Karawane erbeutet, mir zu geben, werde ich euch ein Geheimnis anvertrauen.“
Der Räuberchef willigte in den Handel ein und der Kaufmann begann zu berichten, dass seine Mitreisenden ihre wertvollen Gegenstände zwischen den Felsen am Wegrand versteckt haben. Er beschrieb dem Räubergesindel alle Verstecke.
Die Räuber ließen ihn frei.
Der Bösewicht kehrte zurück und weckte einen anderen in der Karawane, damit er ihn ablöst. Daraufhin legte er sich hin und stellte sich schlafend.
Kein halbe Stunde war vergangen, als plötzlich die Räuber über die Karawane herfielen. Alle waren sofort hellwach. Die Räuber aber gingen schnurstracks zu den Gütern, die zwischen den Felsen lagen. Die Waren des Händlers, der ihnen die Verstecke verraten hatte, rührten sie jedoch nicht an.
Die Räuber waren davongezogen und hinterließen eine Handvoll Händler, die so gut wie alles habe verloren hatten. Es wurde hell und die ausgeraubte Karawane bereitete sich auf den Aufbruch vor. Einige in der Karawane kündigten an, sie wollten wieder in ihre Heimatstadt umkehren. Andere meinten, vielleicht sollten wir doch zur nächsten Stadt und uns von Bekannten und Freunden Geld ausleihen.
Alle aber wunderten sich, dass diesem einen Händler nichts gestohlen worden war. Einer deutete dies so:“ Er hat uns allen geholfen. Zur Belohnung blieb seine Ware verschont.“ Ein anderer pflichtete ihm bei: Ja er ist ein guter Mensch. Dies ist der Lohn für seine gute Werke.“ Keiner schöpfte Verdacht.
Der vermeintliche gute Mensch verabschiedete sich. Er sagte: „Ich kann nicht mehr mit ansehen, dass meine Freunde ihre Habe verloren haben.“ Dann lud seine Ware auf ein paar Lasttiere und zog los. Als erstes ging er zu den Räubern und ließ sich die Hälfte der Beute geben. Dann zog er weiter in die Stadt.
Ein paar Tage später erreichte auch die ausgeraubte Karawane die Stadt und die Händler suchten ihre Freunde auf, um sich bei ihnen Geld auszuleihen und die billige Ware, die sie noch hatten zu verkaufen. Da begegneten sie auf dem Markt ihrem ehemaligen Reisegefährten. Dieser bot gerade Ware feil. Einer aus der Karawane erkannte, dass es sich um das Diebesgut handelte. Er erzählte es den anderen . Sie beklagten sich gemeinsam bei Kadi. Der Kadi ließ den Burschen festnehmen. Als der Kadi den Mann erblickte sagte er: Du bist also der Komplize der Räuber und der Kamerad der Karawane. Du kannst etwas erleben !
Seitdem sagte man zu heuchlerischen Menschen, die ihren eigenen Interessen alles opfern und sogar für den Feind spionieren: „Er ist der Komplize des Räubers und der Kamerad der Karawane.“