Jul 04, 2017 09:03 CET

Ab heute wollen wir in mehreren Teilen über die kunsthandwerkliche Verarbeitung von Glas im Iran berichten.

 

 

Zweifelsohne gehören überall auf der Welt Gegenstände aus Glas zum Alltag. Gebrauchs- und Dekorgegenstände aus Glas gibt es heute in allen Farben und in allen möglichen Formen. Glas dient zur Wärme-Isolierung und zum Temperaturausgleich sowie zur optimalen Lichtnutzung. Es kann feuerfest sein und Geräusche abdämmen. Seine Festigkeit reicht für viele  Gebrauchsfunktionen aus.

Natürlich war die Vielfalt der Verwendung von Glas in der Vergangenheit bei weitem nicht so groß.

Der Mensch hat zunächst nur natürliches Glas verwendet, wie  Obsidian, welches in vulkanischen Gegenden zu finden ist. Es wird vermutet, dass man in der Jungsteinzeit   solche natürliche Gläser zu verwenden begann und wahrscheinlich wegen der begrenzten Vorkommen auch damit gehandelt hat.

 

Durch Schmelzen von Mineralien gewonnenes Glas gab es gemäß  archäologischen Funden zum ersten Mal um  3600 vor Christus  im   Küstengebiet des heutigen Syriens, im Zweistromland (Mesopotamien) und in Ägypten. Dieses Glas war nicht durchsichtig und sah wegen Vermischungen farbig aus.  Den  ältesten Glasgegenstand, den man dabei bisher gefunden hat, ist eine Glasperle, die wahrscheinlich zufällig bei der Anfertigung von einem metallenen oder irdenen Gegenstand entstanden ist. 

Man nimmt an, dass damals Glasgegenstände luxuriösen Zwecken dienten.

 

Ende  des Bronzezeitalters kam es jedoch zu einem weitgehenden Rückgang der  Verarbeitung von Glas und diese   erlebte erst wieder im Mittelalter einen größeren Aufschwung, als  zum Beispiel in dieser Zeit in England vielfach buntes Glas für Fenster und Küchengegenstände und auch für  Ziergegenstände Anwendung fand.  Da Glas nicht mit Wasser reagiert, wurde es immer mehr als Werkstoff für Geschirr und Gefäße geschätzt und außerdem diente es zur Anfertigung von Linsen und astrologischen Geräten und schließlich auch für medizinische Hilfsmittel. 

Unter Glasmacherkunst (persisch:Schischehgari) wird üblicherweise die Fertigkeit  verstanden, kunstvoll Glas zu formen.  Der Glasmacher schmilzt den Glasrohstoff zu einer weichen Masse und bringt ihn  dann in eine schöne Form. Der wichtigste Grundstoff für die Glasmacherkunst sind Quarzsande und zum  Färben  des Glases werden Metalloxide wie Kobalt- Kupfer, Eisen-, Magnesium- oder Schwefel-Oxid mitverwendet.

Für die Verzierung von Glas   werden je nachdem verschiedene Werkzeuge und Farben benötigt oder mehrere Brenn- und Schmelzphasen vorgesehen.  Die Farben bestehen aus Pulver oder aus Lösungen von Metalloxiden. Beim Schmelzvorgang werden noch weitere Stoffe wie Soda und Pottasche erforderlich.

 

Die Glasmacherkunst ist eines der ältesten Kunsthandwerke und gemäß den archäologischen Untersuchungen im Iran war  sie hierzulande schon vor Christus zur Zeit der Achämeniden üblich. Überhaupt ist der älteste Gegenstand aus Glas in der Region des Nahen Ostens gefunden worden.  Die Archäologen sind der Überzeugung, dass  die Sumerer im 3. Jahrtausend vor Christus  bereits Gegenstände aus Glas anfertigten. Der französische Archäologe Roman Ghirshman  erwähnt Glasflaschen, die man bei Ausgrabungen an dem Tempel  Tschogha Zanbil aus der Zeit 1250 vor Christus  im Südwesten Irans nahe Schusch (Susa)  gefunden hat.

 

Die  ältesten Exemplare iranischer Glaskunst werden in das 2. Jahrtausend  vor Christus zurückdatiert.  Es handelt sich um Parfümflaschen, Armreifen, Schalen und Karaffen. Wie bei  Perlen,  Gefäßen und anderen Gegenstände, die man aus der späteren Achämenidenzeit  gefunden hat, war das Glas hellgrün. Der Schmelze dieses hellgrünen Glases wurde aber keine Farbe beigemischt wird, sondern die grüne Farbe stammte von einer Verunreinigung des Rohmaterials durch Eisen oder Eisenoxid.

 

  Es ist historisch belegt, dass  die Glaserei unter den Achämeniden ( 6. bis 4. Jahrhundert vor Christus ) eine Blütezeit erlebt hat. Der griechische Dichter Aristophanes (5. Jahrhundert vor Christus)  erwähnt in einem seiner Theaterstücke die gläsernen Kelche am Königshofe der Achämeniden. Die Glasscherben, die man in Tachte Dschamschid (Persepolis) gefunden hat, bestätigen, dass es solche gläserne Kelche in dem Palast dieser Herrscherdynastie gegeben hat. 

 

In dem historischen Hügel Marlik-Tepeh im Norden Irans  hat man Glasperlen gefunden, die 3400 Jahre alt sind und bei Ausgrabungen in der westiranischen Provinz Lorestan  sind milchfarbige Glasgefäße entdeckt worden.  Zur Zeit der  Sassaniden (3. bis 7. Jahrhundert nach Christus) verstanden sich die Künstler sehr  auf das kunstvolle Schleifen von Glas. Ihre Kunst fand auch in China  viele Anhänger, insbesondere Gegenstände aus Lapislazuli Glas.  Bei Ausgrabungen hat man auch mit einem Fuß versehene Glaskelche gefunden, die mit Reliefringen  verziert waren. 

Nach Beginn der Islamischen Ära im Iran waren Glasgefäße weiterhin beliebt. Die muslimischen Künstler  brachten aber neue islamische Verzierungen in die Glaskunst ein oder gestalteten frühere Motive gemäß den islamischen Geboten um.

In Gorgan im Norden Irans wurden vom Seldschukenreich bis zum Einfall der Mongolen, wunderschöne Glasgefäße angefertigt. Sie waren so dünnwandig   wie Papier und wurde geschickt geschliffen. Die Seldschukenzeit gilt überhaupt als Höhepunkt in der Geschichte des Handwerkes mit Glas. Angefertigt wurden Gefäße in allen Größen, sehr feine Parfümbehälter, Kelche und Vasen in verschiedenen Formen und kleine Ziergegenstände in Form von Tierfiguren usw. Aber die Glaskunst erlitt durch den Einfall der Mongolen wie viele andere Künste einen schweren Schlag, während Töpferei und Keramik-Kacheldekor wieder einen Aufschwung erfuhren.

Nachdem die Timuriden (1370-1507)  an die Macht gelangten war die Glasbläserei erneut gefragt. Aus Ägypten und Syrien kamen Glasmacher in den Iran, um dieses Handwerk zu erlernen und in ihre Länder zurückzukehren.  Die wichtigsten Glasmacherzentren waren die beiden Städte Samarkand (heutiges  Usbekistan    ) und Schiras (Provinz Fars).

 

Eine weitere wichtige Epoche der Glaskunst fällt in die Zeit der Saffawiden, die von  1502 bis 1736  nach Christus herrschten.   Schah Abbas gab die Anfertigung von schönen Leuchtern für die Moscheen und von schönen bunten Flaschen in Auftrag und verhalf dieser Kunst erneut zur Widerbelebung. Er ließ aus  dem italienischen Venedig Glasmacher nach Iran kommen.

 

Die Vielfalt der Gegenstände aus Glas, die in der Saffawidenzeit angefertigt wurden, ist groß.  Für Hohlgläser wurde eine Blase der Glasschmelze in eine Form gedrückt. Manchmal wurde Glas auch wie Diamanten zurechtgeschliffen. Es wurden Bilder auf Glas eingeschliffen oder man verzierte zusätzlich mit Illuminationen und Mina´i – (Emaille). Auf diese Weise entstanden sehr schöne Exemplare.

Die Glaskunst war in vielen Städten, darunter in Isfahan, Schiras und Kaschan üblich.

Nach den Saffawiden und bis zum Beginn der Qadscharen-Herrschaft (1779)  erlebte dieses Handwerk jedoch keine Weiterentwicklung mehr, und unter den Qadscharen, die bis 1925 herrschten, verlor es zusehends  an Bedeutung , was durch die Einfuhr von ausländischen Glaserzeugnissen begünstigt wurde.

Heute ist das Kunsthandwerk mit Glas in der Hauptsache auf kleine Ziergegenstände beschränkt  und wird das Potential für diese Kunst noch nicht richtig genutzt.

  Übrigens sind die Methoden für die Anfertigung von kunsthandwerklichen Glasgegenständen immer noch bodenständig. Die kunsthandwerklichen Gegenstände aus Glas haben  noch ihren typisch iranischen Charakter.    Mehr über die Glaskunst in unserem Lande beim nächsten Mal.