Aug 04, 2017 12:10 CET

Unsere heutige Geschichte, liebe Hörerfreunde, stammt aus der Fabelsammlung Kalileh wa Demneh.

Eine junge Ente lebte in einem schönen Garten an einem Teich mit vielen Fischen. Sie hatte gehört, dass Fisch sehr gut schmeckt aber sie hatte noch nie einen Fisch gesehen. In einer Mondnacht entschloss sie sich endlich einen Fisch zu fangen und watschelte zum Teich. Als sie im Teich das Spiegelbild des Mondes sah, dache sie: Das muss ein Fisch sein. Sie sprang also ins Wasser und zwar genau auf die Stelle wo sie den vermeintlichen Fisch gesehen hatte. Aber so sehr sie versuchte diesen „Fisch“ zu greifen, es wollte nicht gelingen. Er schien verschwunden. Da schwamm sie müde ans Ufer. Dort angekommen sah sie jedoch den vermeintlichen Fisch wieder. Da versuchte sie erneut ihr Glück. Aber natürlich wieder ohne Erfolg. Sie dachte: Fischfang ist aber schwierig und ging erschöpft nach Hause.

Am nächsten Abend hatte sie wieder Heißhunger auf Fisch und eilte erneut alleine zum Teich. Wieder sah sie das Spiegelbild des Mondes und dachte erneut es sei ein Fisch. Auch an diesem Abend sprang sie ins Wasser um diesen „Fisch“ zu fangen. Natürlich wieder ohne Erfolg und schließlich kehrte sie auch an diesem Abend enttäuscht nach Hause zurück. Nun war sie sich ganz sicher, dass Fische sich nicht fangen lassen.

Am nächsten beriet sie sich mit einer alten erfahrenen Ente und verriet ihr: „Ich habe festgestellt, dass Fische sich gar nicht fangen lassen!“

Die weise Ente fragte: „Wieso das denn? Was hast du denn gemacht, dass du keinen Fisch fangen konntest?“

Da erzählte die junge Ente: „Ich hab etwas im Teich glänzen sehen und bin gleich ins Wasser gesprungen, um es mir zu fangen, aber war es plötzlich verschwunden. Und immer wenn ich das Wasser verlassen habe, ist es wieder aufgetaucht.“

Da lachte die alte Ente und erklärte der jungen Ente, dass es kein Fisch sondern das Spiegelbild des Mondes gewesen war. Sie sagte noch: „Erzähl niemanden davon, denn dann werden sie über dich lachen. Und merk dir, dass du nicht wieder versuchst, den Mond statt Fische zu fangen, denn wenn jemand einen Fehler, den er gemacht hat, wiederholt, wird er es bereuen.“

Die junge Ente antwortete:“Ja, Ihr habt Recht. Der Fehler liegt bei mir!“ Doch sie vergaß völlig, die alte Ente zu fragen, wie Fische eigentlich aussehen. Sie wusste nicht, dass es nicht schlimm ist, etwas zu fragen, was man nicht weiß. Hätte sie die anderen gefragt, hätten sie ihr bestimmt alles über Fische erzählt Aber das tat sie nicht und so bekam sie niemals einen Fisch zu essen, denn immer wenn sie wirklich einen Fisch im Wasser sah, dachte sie, es sei das Mondbild und sagte sich: Einen Fehler, den man einmal gemacht hat, soll man nicht wiederholen, denn das wird man bereuen.

Kodscha chosch ast? Andscha keh Del Chosch ast – So lautet unser heutiges Sprichwort.

Ein altes Mütterchen lebte mit ihrem Sohn zusammen. Sie waren sehr arm. Da entschloss sich der junge Mann in die Stadt zu ziehen um dort nach Arbeit zu suchen. Sein Mutter willigte ein und gab ihm noch die letzte Münze, etwas Brot und Wasser mit auf den Weg: „Geh, mein Sohn! Gott beschütze dich!“

Der Junge machte sich auf den Weg. Unterwegs hörte er auf dem Bazar einen alten Derwisch rufen: „Wer zahlt mir eine Münze, damit ich ihm meine Lebenserfahrung mitteile?“ Der junge Mann dachte: „Ich besitze ohnehin nichts. Diese eine Münze kann ich ruhig dem alten Mann geben. Gott wird mir schon sein täglich Brot schicken!“ Er gab dem alten Derwisch die Münze und dieser verriet ihm seine Lebenserfahrung: nämlich „Niemand ist mit dem Ort, an dem er sich befindet zufrieden und denkt er müsse woanders hinziehen, damit es ihm gut geht. Aber ich denke, ein guter und schöner Ort ist dort, wo das Herz des Menschen froh ist. Die innere Zufriedenheit ist wichtig und nicht der Ort.“

Der junge Mann bedankte sich und ging weiter. Unterwegs sah er in der Steppe viele Menschen um einen Brunnen stehen. Eine Karawane war in der Hoffnung auf Wasser zu diesem Brunnen gekommen. Sie hatten mehrmals einen Eimer in den Brunnen herabgelassen, um Wasser hoch zu holen aber jedes Mal war der Eimer nicht mehr hochgekommen. Jemand war sogar herabgestiegen um die ganzen Eimer wieder hoch zu holen, aber er war nicht mehr zurückgekehrt.

Der junge Bursche, bot sich an in den Brunnen zu steigen und nachzuschauen. Keiner von den Reisenden und Händlern in der Karawane hätte dies gewagt. Sie banden dem jungen Mann ein Seil um und schickten ihn in den Brunnen

Der junge Mann hatte das Brunnenwasser erreicht und begann nach den Eimern zu suchen, als plötzlich ein schwarzer Dämon vor ihm auftauchte und schrie: „Was machst du hier?!“

Der junge Mann unterdrückte sein Angst. Er grüßte den Dämon. Der freute sich und sagte „Du bist ein wohl erzogener junger Mann. Ich möchte dich etwas fragen! Wenn du mir richtig antwortest lass ich dich Wasser schöpfen und wieder gehen. Aber wenn du wie der Kerl, der vor dir in den Brunnen kam und mich verletzt hat, eine unsinnige Antwort gibst, werde ich dich in der Tiefe des Brunnens einsperren.“

Der junge Mann wünschte er wäre nie in den Brunnen runtergekommen. Doch fasste er sich ein Herz, vertraute auf Gott und sagte dann zu dem Dämon: „Nun gut, frag mich!“

Der Dämon stellte folgende Frage: „Wo ist es schön?“ Da dachte der junge Mann: Ist doch klar: auf der Erde, in einem schönen Garten zum Beispiel. Aber dann überlegte er, dass der Dämon, der im dunklen Brunnen wohnt vielleicht über diese Antwort bekümmert wird und dann fielen ihm die Worte des Derwisch ein und er sagte schnell: „Das ist doch klar: Dort ist es schön, wo das Herz froh ist!“

Da freute sich der Dämon und sagte: „Du bist wirklich ein erfahrener junger Mann. Weißt du, der andere, der vor dir in den Brunnen runterkam hat mir geantwortet in den Gärten auf der Erde sei es schön . Aber mir gefällt es hier, weißt du. Nimm dir die Eimer mit Wasser mit. Hier sind noch drei Granatäpfel und sprich mit keinem über sie, bis du zu Hause ankommst.“

Der junge Mann bedankte sich, brachte die Eimer mit Wasser nach oben und erzählte den Leuten aus der Karawane was sich ereignet hatte, aber die Granatäpfel erwähnte er nicht. Dann kehrte er zusammen mit der Karawane in seine Stadt zurück. Die Leute belohnten ihn mit einer Kuh und einem Schaf und boten ihm an, dass er bei ihnen in der Karawane arbeitet, wenn sie die Stadt wieder verlassen.

Das alte Mütterchen freute sich sehr, dass ihr Sohn schon wieder zurück war und sogar eine Kuh und ein Schaf mitgebracht und Arbeit gefunden hatte.

Am Abend als die Mutter schlief schnitt der junge Mann einen Granatapfel auf. Es waren lauter kleine Smaragde drin. Am nächsten Tag verkaufte er sie, erstand mit dem Geld einen kleinen Geschäftsladen und begann ein gutes Leben

Aus dieser Geschichte entstand das Sprichwort: Kodscha Chosch ast? Andscha keh Del Chosch ast! was soviel heißt wie : Wo ist es schön? – Dort wo das Herz froh ist! Das sagt man zu jemanden, der kein gutes Leben hat aber dennoch fröhlich ist.