Islam richtig kennenlernen (91 – die Mubahala )
Heute bringen wir die hörenswerte Geschichte der Mubahala –auf die sich der Prophet (S) mit den Christen aus Nadschran einigte.
Die Eroberung Mekkas im 8. Jahr nach der Hidschra durch die Muslime hatte neben dem Ruhm des Islams auf der Arabischen Halbinsel die Aufmerksamkeit vieler Anhänger anderer Religionen und religiöser und politischer Führer auf die Stadt Medina gelenkt, welches zu der Zeit als Zentrum der Islamischen Macht galt. Dadurch waren die Voraussetzungen für die weitere Verbreitung des Islams an alle Orte von Hidschaz und sogar über dieses westliche Gebiet um Medina und Mekka hinaus gegeben. Der Prophet des Islams (S) nutzte die Gelegenheit, um einen schriftlichen Aufruf zum Islam an die Oberhäupter der anderen Länder zu schicken. Bei einigen Empfängern erweckte er damit Interesse. Sie begaben sich nach Medina, dem Zentrum des Islamischen Staates, schlossen mit dem Propheten Gottes persönlich Bekanntschaft und konnten aus nächster Nähe den Status der Muslime kennenlernen.
Nadschran war ein Gebiet im Südwesten der Arabischen Halbinsel, grenzte an Jemen und war damals das einzige Gebiet des Hidschazes mit christlicher Bevölkerung. Der Prophet hatte in einem Schreiben an den Bischof von Nadschran ihn und die Bevölkerung von Nadschran zum Islam eingeladen. Seine Boten trafen in Nadschran ein und überreichten dem Bischof das Schreiben. Der Bischof von Nadschran beriet sich mit anderen Persönlichkeiten. Einer von ihnen, der für seine Weisheit bekannt war, sagte: „Wir haben dauernd aus dem Mund unserer Oberhäupter erfahren, dass einmal das Amt des Propheten von den Nachkommen des Ishaq (Isaac) auf die Nachkommen des Ismael übergehen wird. Es kann gut sein, dass Mohammad, ein Nachkomme Ismaels, dieser verheißene Prophet ist.“
Der Rat entschied schließlich die Entsendung einer hohen Delegation nach Medina.
Die Gesandten der Christen von Nadschran stellten in Medina dem Propheten zwei wichtige Fragen. Sie wollten zum einen wissen, wozu der Prophet Gottes sie einlädt und zum anderen wollten sie wissen, wie er über Jesus (gegrüßet sei er) denkt. In Beantwortung der ersten Frage rief der Prophet sie auf, nur den Einen Gott anzubeten und in Beantwortung der zweiten, sagte er: „Jesus war ein Diener Gottes und sein Gesandter. Aber er darf nicht als göttlich bezeichnet werden oder als der Sohn Gottes.“ Doch die Christen aus Nadschran erwiderten: „Wenn Jesus Christus der Diener Gottes und Gottes Geschöpf sein soll, wer ist dann sein Vater? Ein Mensch, der erschaffen wurde, muss einen Vater haben.“ Als Antwort auf dieses Argument der Christen rezitierte der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und seinem Hause) den Vers 59 der Sure 3 (Al-e Imran) nämlich:
„Gewiss, das Gleichnis Jesu ist bei Allah wie das Gleichnis (der Erschaffung) Adams. Er erschuf ihn aus Erde. Hierauf sagte Er zu ihm: „Sei!“ und da war er!“
Der Prophet fuhr fort: „Daher ist der geehrte Jesus in dieser Hinsicht genau wie der geehrte Adam, den Gott mit seiner unendlichen Macht ohne Vater und (sogar) ohne Mutter aus Erde erschaffen hat. Wenn also dies (ohne Vater erschaffen worden zu sein) der Grund für Göttlichkeit und übermenschlichen Rang wäre, dann müsste Adam doch über Jesus (F) zu stehen kommen und wäre würdiger für diesen Rang.“
Auf diese Weise hat der Prophet des Islams in seiner Diskussion mit den Christen von Nadschran gestützt auf logische Beweisführung und auf die Verse des Korans, verdeutlicht, dass die vaterlose Geburt des Jesus kein Beweis für seine angebliche Göttlichkeit ist. Aber trotz dieser logischen Argumentation wollten die Christen nicht die Wahrheit einsehen. Sie brachten weitere Einwände vor und bestanden weiter auf ihren Behauptungen, ohne diese mit triftigen Beweisen untermauern zu können und zweifelten an der Wahrheit des Islams.
Da wurde dem Propheten folgender Vers 61 der Sure 3 (Ale Imran) offenbart:
„Und wenn sich jemand mit dir über sie (die Wahrheit) streitet, nachdem das Wissen zu dir (oh Mohammad) kam, so sprich: 'Kommt her, lasst uns rufen unsere Söhne und eure Söhne unsere Frauen und eure Frauen und unsere Seelen und eure Seelen. Als dann wollen wir zu Allah flehen und mit Allahs Fluch die Lügner bestrafen'
Dieser Vers beauftragte den Propheten, die Mubahala durchzuführen…
Bei einer Mubahala beten zwei Parteien mit gegensätzlicher Meinung zu Gott. Sie bitten ihn inständig, dass er diejenige Seite, die lügt, bestraft und seinen Fluch über sie kommen lässt. Da die Christen aus Nadschran ohne logische Begründung auf ihrer falschen Ansicht bestanden und sich nicht der Wahrheit beugen wollten, war dieser Schritt der anschaulichste Weg um den Streit zwischen ihnen und dem Propheten zu beenden und die Muslime und Christen zu überzeugen.
Die Delegation aus Nadschran hatte mit dem Propheten vereinbart, dass die Mubahala an einem bestimmten Tag außerhalb von Medina stattfinden sollte. Schließlich war dieser Tag angebrochen. Der Bischof, der die Delegation aus Nadschran anführte, sagte, bevor die Zeremonie stattfinden sollte, zu seinen Begleitern: „Wenn ihr seht dass Mohammad mit einer großen lauten Schar zur Mubahala kommt, so wird daran zu erkennen sein, dass er nicht die Wahrheit sagt, denn dann will er nur Aufsehen erregen. In einem solchen Fall solltet ihr die Mubahala mit ihm durchführen. Aber wenn er mit seinen Kindern und denen, die ihm nahe sind, kommt, dann ist klar, dass er nicht nach dem Weltlichen trachtet. Dann ist er ein Prophet, den Gott ausgesandt hat und sein Ziel ist die Rechtleitung der Menschen und ihre Befreiung von Unglauben und Götzentum, und er glaubt so sehr an seine Religion, dass er bereit ist, seine Allerliebsten deswegen in Gefahr zu bringen. Wenn das der Fall ist, dann verzichtet auf die Mubahala, denn sie ist gefährlich.“
Die Sonne war über Medina aufgegangen und alle waren gespannt, was passieren würde.
Die Muslime, die von dem Treffen zur Mubahala wussten, hatten sich versammelt, und die Christen aus Nadschran warteten ungeduldig darauf, wie und mit wem der Prophet zur Mubahala erscheinen wird. Da sahen die Versammelten den Propheten kommen. An seiner Seite waren nur ein junger Mann und eine junge Frau zu sehen sowie zwei kleine Kinder. Dies war die Familie des Propheten – seine Ahl-e Bait. Der Bischof wollte wissen: „Wer sind die, die Mohammad begleiten?“ Und ihm wurde geantwortet: „Das ist sein Vetter und Schwiegersohn und der Mensch, den er besonders liebt, Ali Ibn Talib . Und diese beiden Kinder sind die Söhne seiner Tochter, die er besonderes liebt, und diese Frau ist seine Tochter Fatima, welche er besonders liebt. (Dies sind die Menschen, die er am meisten liebt).“
Als der Prophet zu dem Ort der Mubahala kam, hielt er die beiden Söhne Fatimas (Friede sei mit ihr) Hasan und Husain (Friede sei mit ihnen) an der Hand, während Fatima und Ali (Friede sei ihnen beiden) ihn begleiteten. Bevor er die Stelle, an der das Mubahala erfolgen sollte, erreichte, sagte er zu seinen Lieben: „Immer wenn ich etwas gebetet habe, sagt Amin.“
Die Delegierten der Christen von Nadschran erblickten die strahlenden Gesichter der Familie des Propheten. Sie sahen, dass dieser Edle seine Allerliebsten zur Mubahala mitgebracht hat und bekamen einen Schrecken. Denn der Prophet hatte damit großen Mut und seine tiefe Überzeugung demonstriert. Der Bischof von Nadschran erklärte: „Ich sehe Gesichter, die - wenn sie die Hand zum Gebet erheben und von Gott erbitten, dass er Berge ausreißt, dies geschehen wird. Es ist daher auf keinen Fall richtig, dass wir mit diesen Menschen ein Mubahala durchführen. Denn es kann gut sein, dass wir alle vernichtet werden.“
Angesichts dieser Tatsache, zog sich die Delegation aus Nadschran von der Mubahala zurück und sie schlug eine Schlichtung vor. Sie waren bereit, jedes Jahr einen Betrag als Steuer an die Islamische Regierung zu entrichten. Diese sollte im Gegenzug das Leben und den Besitz der Christen von Nadschran verteidigen. Der Prophet (S) erklärte sein Einverständnis. Der Schlichtungsvertrag wurde schriftlich festgehalten und so konnten die Christen von Nadschran unter der islamischen Regierung neben den Muslimen leben und Sicherheit genießen. Der Prophet hat über das Mubahala gesagt: „Die Strafe hatte ihren üblen Schatten über den Häuptern der Delegierten des Volkes von Nadschran geworfen und wenn sie das Mubahala durchgeführt hätten …. dann wäre ein Feuer in der Wüste entflammt, und sie wären verbrannt.“
Die Geschichte um die Mubahala wird den Wundern des Propheten (S) zugerechnet. Außerdem war sie ein eindeutiger Beweis für die Wahrhaftigkeit und Berechtigung der edlen Familie des Propheten. Die meisten Korankommentatoren und Hadithologen nicht nur der Schiiten sondern auch der Sunniten sagen, dass sich der Vers der Mubahala im Koran auf die Familie des Propheten bezieht und dass der Prophet nur seine Enkel Hasan und Husain und seine Tochter Fatima (F) und Ali (F) zur Mubahala mitgebracht hat.
Qasi Nurullah Schuschtari schreibt im dritten Band seines Buch „Ihqaq ul Haq“: Die Korankommentatoren sind einstimmig der Meinung, dass das Wort „unsere Söhne“ in Vers 61 der Sure Ale Imran ein Hinweis auf Hasan (F) und Husain(F) ist und der Begriff „unsere Frauen“ auf Fatima (F) und „unsere Seelen“ auf Ali (F) hinweist. In den Fußnoten in diesem Buch nennt der Autor 60 Personen von bekannten sunnitischen Persönlichkeiten, die betonen, dass der Mubahala-Vers in Bezug auf diese Ahl-e Bait des Propheten herabgesandt wurde.
Az-Zamakhschari, der Autor der Koranexegese Al Kaschaf und eine renommierte Persönlichkeit der Sunniten, hat unter dem Vers 61 der Sure 3 wie folgt angemerkt: „Dieser Vers ist der stärkste Beweis für die Vorzüglichkeit der Ahl-e Bait.“